Gottes Heil kennt keine Grenzen
von Cornelius Mann ( 35423 Lich)
Predigtdatum
:
21.01.2007
Lesereihe
:
ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr
:
3. Sonntag nach Epiphanias
Textstelle
:
Johannes 4,5-14
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Wochenspruch:
Es werden kommen von Osten und Westen, von Norden und von Süden, die zu Tisch sitzen werden im Reich Gottes.
(Lukas 13, 29)
Psalm:
86, 1 – 11.17 oder100 (EG 740)
Lesungen
Altes Testament:
2. Könige 5, (1 – 8) 9 – 15
Epistel:
Römer 1, ( 14 – 15 ) 16 – 17
Evangelium:
Matthäus 8, 5 – 13
Liedvorschläge
Eingangslied:
EG 71
O König aller Ehren
Wochenlied:
EG 293
Lobt Gott den Herrn, ihr Heiden all
Predigtlied:
EG 396
Jesu meine Freude
Schlusslied:
EG 241,8
Du wirst dein herrlich Werk vollenden
Johannes 4, 5 - 14
5 Da kam er in eine Stadt Samariens, die heißt Sychar, nahe bei dem Feld, das Jakob seinem Sohn Josef gab. 6 Es war aber dort Jakobs Brunnen. Weil nun Jesus müde war von der Reise, setzte er sich am Brunnen nieder; es war um die sechste Stunde. 7 Da kommt eine Frau aus Samarien, um Wasser zu schöpfen. Jesus spricht zu ihr: Gib mir zu trinken! 8 Denn seine Jünger waren in die Stadt gegangen, um Essen zu kaufen. 9 Da spricht die samaritische Frau zu ihm: Wie, du bittest mich um etwas zu trinken, der du ein Jude bist und ich eine samaritische Frau? Denn die Juden haben keine Gemeinschaft mit den Samaritern. - 10 Jesus antwortete und sprach zu ihr: Wenn du erkenntest die Gabe Gottes und wer der ist, der zu dir sagt: Gib mir zu trinken!, du bätest ihn, und er gäbe dir lebendiges Wasser. 11 Spricht zu ihm die Frau: Herr, hast du doch nichts, womit du schöpfen könntest, und der Brunnen ist tief; woher hast du dann lebendiges Wasser? 12 Bist du mehr als unser Vater Jakob, der uns diesen Brunnen gegeben hat? Und er hat daraus getrunken und seine Kinder und sein Vieh. 13 Jesus antwortete und sprach zu ihr: Wer von diesem Wasser trinkt, den wird wieder dürsten; 14 wer aber von dem Wasser trinken wird, das ich ihm gebe, den wird in Ewigkeit nicht dürsten, sondern das Wasser, das ich ihm geben werde, das wird in ihm eine Quelle des Wassers werden, das in das ewige Leben quillt.
Hinführung
In der Geschichte Joh. 4, 5-14 wir beispielhaft gezeigt, wie ein Mensch, in diesem Fall eine heidnische Samariterin, in der Begegnung mit Jesus zum Glauben findet. Der Ort der Begegnung ist ein Brunnen, zu dem beide in der größten Mittagshitze kommen, um ihren Durst zu stillen. Jesus wird hier als einer gezeigt, der wie jeder andere Mensch auf Wasser angewiesen ist, und weil er kein Gerät zum Schöpfen hat, bittet er die Frau um Hilfe. Das Gespräch, das dabei entsteht, ist voller Spannungen und Missverständnisse, doch Jesus öffnet der Frau Schritt für Schritt die Augen für einen anderen, existentiellen Durst und er führt sie über alle Missverständnisse und Widerstände hinweg zu der Erkenntnis, dass er selbst, Jesus, die Quelle ist, aus der Wasser ewigen Lebens strömt.
Liebe Gemeinde!
Dass Wasser zu den notwendigen Grundlagen unseres Lebens zählt, das ist für uns eine Selbstverständlichkeit, das weiß schon jedes Kind im Kindergarten. Und genauso selbstverständlich ist es für uns, dass wir nur den Wasserhahn aufdrehen müssen, und dann kommt warmes und kaltes Wasser geflossen, unbegrenzt, soviel wir wollen – oder jedenfalls solange wir unsere Wasserrechnung bezahlen können.
„Wasser ist Leben“, sagen wir. Wasser ist lebensnotwendig. Und wir wissen, dass kein Baum und keine Blume wachsen könnte ohne Wasser, und kein Mensch und kein Tier könnte ohne Wasser leben.
Allerdings, wie wertvoll und kostbar Wasser ist, dafür haben wir das Gefühl eigentlich verloren. Das wissen wir zwar im Kopf, aber wirklich spüren tun wir es kaum. Das lernen wir eigentlich erst dann, wenn wir in andere Länder fahren, in denen das Wasser knapp ist, z. B. in Süditalien oder im nördlichen Afrika oder im Nahen Osten.
Um den Zusammenhang von Wasser und Leben geht es auch in unserem Predigttext. Hier wird erzählt, wie Jesus durch Samarien zieht. Der Weg ist trocken und staubig, und um die Mittagszeit, als die Sonne am höchsten steht, kommt er zu der kleinen Ortschaft Sychar am Berg Garizim. In Sychar gibt es einen uralten, tiefen Brunnen, den sogenannten Jakobsbrunnen. Und weil Jesus müde und erschöpft ist von der Reise, darum setzt er sich an dem Brunnen nieder. Der Brunnen hat Wasser, frisches, sauberes Wasser – aber Jesus hat kein Gefäß, um das Wasser aus dem tiefen Brunnen herauszuholen.
- Jesus wird hier ganz und gar menschlich dargestellt. Er ist kein Halbgott, der über der Erde schwebt und dem Hunger und Durst nichts anhaben. Er ist kein Wundertäter, der einfach an einen Stein klopft und schon fließt das Wasser heraus ... Jesus ist vielmehr müde und durstig wie jeder normale Mensch und er ist auf die Hilfe anderer Menschen angewiesen. Als dann eine Frau, eine Samariterin, an den Brunnen kommt, um Wasser zu holen, spricht er sie an und bittet: „Gib mir zu trinken!“
Wenn wir an Samariter denken, dann fällt uns immer gleich der barmherzige Samariter ein, ein Musterbeispiel für Hilfsbereit-
schaft und Mitmenschlichkeit. Dabei vergessen wir oft, welche Schranken hier eigentlich zwischen dem Juden Jesus und der samaritanischen Frau bestehen.
Zunächst einmal war es damals völlig ungewöhnlich, dass ein Mann, und dazu noch ein Rabbi, eine fremde Frau anspricht und um etwas bittet. - Und als am Ende der Geschichte die Jünger Jesu zurückkehren, die zwischendurch einkaufen waren, da wird ausdrücklich berichtet, wie sie sich darüber wundern, dass Jesus mit einer Frau spricht.
Schlimmer aber ist noch eine zweite Schranke, nämlich die Tatsache, dass die Frau keine Jüdin, sondern eine Samariterin ist. Und das Verhältnis zwischen Juden und Samaritern war (und ist bis heute) geprägt von Verachtung, Hass und Feindschaft. Die Samariter stammen ursprünglich vom Judentum ab.
Sie glauben an denselben Gott - der ja auch unser Gott ist - und sie haben als Heilige Schrift die 5 Bücher Mose.
Aber die Samariter haben sich im Laufe der Geschichte mit anderen Völkern und Kulturen und Religionen vermischt und so wurden sie vom offiziellen Judentum ausgegrenzt. Sie wurden für unrein erklärt und durften den Tempel in Jerusalem nicht mehr betreten. Und so entstand im Laufe der Zeit ein tiefer, hässlicher Graben zwischen den beiden Gruppen.
Kein Jude ließ sich freiwillig mit einem Samariter ein, und man vermied es nach Möglichkeit, überhaupt das Gebiet der Samariter zu betreten. (Und wenn ein frommer Jude von Galiläa nach Jerusalem wollte, dann machte er lieber einen Umweg durch das Jordantal).
Weiter unten wird dann auch noch erzählt, dass die Frau fünfmal verheiratet gewesen ist und dass sie jetzt mit einem sechsten Mann zusammen lebt. Und damit ist sie jemand, mit dem kein anständiger Mensch mehr etwas zu tun haben wollte.
Jesus aber setzt sich über diese Grenzen und Tabus hinweg. Er nimmt seinen Weg durch Samarien und er spricht diese samaritanische Frau ganz unbefangen an und bittet sie um Hilfe. –
Aber auch die Samariterin hat ihren Stolz. Sie weiß, dass sie einen Juden vor sich hat. Und sie versäumt es nicht, ihre Verwunderung über die Frage Jesu auszudrücken. „Wie“, sagt sie, „ihr Juden wollt doch sonst mit uns nichts zu tun haben – und jetzt auf einmal brauchst du mich?“ Die Spitze in dieser Frage ist nicht zu überhören, und sie genießt es sichtlich, dass dieser müde und durstige Mann von ihrem guten Willen abhängig ist, weil er kein Gefäß zum Schöpfen hat.
Aber an dieser Stelle nimmt das Gespräch eine überraschende Wendung. Jesus, der eben noch um Hilfe gebeten hat, macht ihr nun selbst ein Angebot. Er sagt: “Wenn du wüsstest, worin die Gabe Gottes besteht, und wenn du wüsstest, wer der ist, der zu dir sagt: Gib mir zu trinken, dann hättest du ihn gebeten und er hätte dir lebendiges Wasser gegeben“.
Mit dieser Wendung des Gespräches aber die Frau kommt nicht mit. Sie versteht Jesus nicht. Da hat dieser Jude nicht einmal ein Schöpfgerät, um das Wasser aus dem Brunnen zu holen, und jetzt behauptet er auch noch, er hätte besseres, lebendiges Wasser – sie meint damit wohl: fließendes Quellwasser anstelle von stehendem Brunnenwasser. Aber: Wo soll dieses Wasser denn herkommen?
Und gereizt fügt sie hinzu: Der Erzvater Jakob, von dem ihr doch auch herkommt, der hat uns diesen Brunnen gegeben. Und wir Samariter leben seit Jahrhunderten von diesem Wasser. Und jetzt soll dieser Brunnen auf einmal nicht mehr gut genug sein. „Bist du denn mehr als unser Erzvater Jakob?“
Man kann auch hier wieder den Stolz und die Verletztheit der Samariterin heraushören.
Aber Jesus nimmt diesen Angriff nicht auf. Für ihn spielt die Feindschaft zwischen Juden und Samaritern keine Rolle, und was er zu sagen und anzubieten hat, das gilt für alle Menschen, ohne jeden Unterschied. Und so wiederholt Jesus lediglich seine Einladung und sein Angebot, und er versucht, der Frau die Augen zu öffnen für einen anderen, größeren Durst.
Jesus stellt ganz nüchtern fest: Es gibt einen Durst nach Wasser, denn ohne Wasser kann niemand leben. Diesen Durst kann man stillen, indem man Wasser aus dem Brunnen trinkt, wobei dieser Durst immer wieder kommt, genauso wie der Hunger immer wieder kommt oder unser Bedürfnis nach Schlaf.
Es gibt aber noch einen anderen Durst, und den kann man nicht mit Wasser stillen, und auch nicht mit anderen Dingen.
Dieser andere Durst aber, das ist die Sehnsucht nach Leben.
Es ist die Sehnsucht nach einem Leben, das mehr ist als Essen und Trinken, als Arbeiten und Geldverdienen und Fernsehgucken. Es ist die Sehnsucht nach einem Sinn. Es ist die Sehnsucht nach Glück und Erfüllung für unser Leben und nach einer Hoffnung, die nicht mehr vergeht. Für diesen Durst nach Leben braucht man ein anderes, ein lebendiges, ein lebenstiftendes Wasser. Und dieses Wasser bietet Jesus an, ja, er selbst ist dieses Wasser. Er selber ist der Geber und die Gabe, und wir müssen uns eigentlich nur von ihm beschenken lassen. Jesus selbst ist das Wasser, das unseren Durst nach Leben stillen will. Und so ist diese Geschichte letztlich nichts anderes als eine Einladung zum Glauben und zum Vertrauen.
Es steht in Frage, ob wir diese Einladung Jesu überhaupt hören können. – Wir haben uns so fest in den Gewissheiten und Sachzwängen unseres Alltags eingerichtet, und wir sind so stark an den äußeren Dingen des Lebens orientiert, dass wir gar nicht mehr fragen, was unser Leben eigentlich lebendig und lebenswert macht. Keineswegs geht es darum, äußere und innere Dinge gegeneinander auszuspielen. Im Gegenteil. So wie Jesus uns in der Geschichte ganz menschlich begegnet, so hat er auch immer den ganzen Menschen im Blick.
So gehört es sehr wohl zu unserem Glauben, dass wir aufmerksam werden auf die Bedürfnisse des natürlichen, geschöpflichen Lebens. Und es gehört sehr wohl zu unserem Glauben, dass wir Mangel und Unrecht und Not in der Welt wahrnehmen und dass wir mithelfen, dass zum Beispiel alle Menschen auf der Erde Zugang bekommen zu sauberem Trinkwasser.
Aber vielleicht sind wir, die wir in einem sehr reichen Land leben, vielleicht sind wir ja besonders sensibel dafür, dass es eben auch diesen anderen Durst gibt, der sich oft genug in Müdigkeit, in Einsamkeit und Traurigkeit und dem Gefühl einer inneren Leere äußert.
Die samaritanische Frau lässt am Ende ihren Krug am Brunnen stehen. Sie, die gekommen war, um in der Mittagshitze ihren Durst zu stillen, sie bekommt in der Begegnung mit Jesus einen
viel tieferen Durst und eine viel tiefere Sehnsucht gestillt.
In Jesus begegnet sie jemandem, der sie viel besser versteht als sie sich selbst jemals verstehen konnte.
In Jesus begegnet ihr die Liebe Gottes, der sie über alle Grenzen hinweg und ohne jeden Vorbehalt annimmt, der sie bejaht und der ihrem Leben einen Sinn und eine Richtung schenkt. Sie erfährt, dass sie von Gott geliebt und angenommen ist und dass sie ihrerseits lieben kann und soll. Damit aber hat diese Frau jenes Lebenswasser geschmeckt, das allen Lebensdurst für immer stillt. Wo sie aber von diesem Trank gekostet hat, da erwacht in ihr ein neues, überfließendes und überströmendes Leben. Und so springt sie los, um alle Bewohner ihres Dorfes zu dieser Quelle zu holen. „Kommt und seht“, sagt sie, und keiner soll abseits stehen.
Und so sind auch wir eingeladen, zu der Quelle des Lebens zu kommen, zu Christus, dem lebendigen Wort Gottes. Wir sind eingeladen, an dieser Quelle zu trinken und Kraft zu tanken.
Und wir sind eingeladen, das Wasser des Lebens zu teilen und es weiterzugeben an alle, die danach dürsten. Amen.
Pfarrer Cornelius Mann, Garbenteicher Str. 8, 35423 Lich
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