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Gottes Herrlichkeit entdecken

von Ernst Michael Dörrfuß (Bad Urach)

Predigtdatum : 18.01.2015
Lesereihe : ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr : 2. Sonntag nach Epiphanias
Textstelle : Johannes 2,1-11
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Wochenspruch:
"Das Gesetz ist durch Mose gegeben; die Gnade und Wahrheit ist durch Jesus Christus geworden." (Johannes 1, 17)

Psalm: 105, 1 - 8

Lesungen
Altes Testament: 2. Mose 33, 17 b - 23

Epistel: Römer 12, (4 - 8) 9 - 16

Evangelium: Johannes 2, 1 - 11

Liedvorschläge
Eingangslied: EG 70, 1. 4. 7 oder EG 71, 1. 2 .6 Wie schön leuchtet der Morgenstern oder O König aller Ehren
Wochenlied: EG 398, 1. 2 oder EG 5, 1 – 5 In dir ist Freude oder Gottes Sohn ist kommen
Predigtlied: EG 66 oder EG 305 Jesus ist kommen, Grund ewiger Freude oder Singt das Lied der Freude über Gott
Schlusslied: EG 34, 4 Jesu, nimm dich deiner Glieder

Hinführung
Das Weinwunder ist das erste Wunder Jesu, von dem der Evangelist Johannes erzählt. Ihm zufolge macht Jesus hier ein erstes Mal seine Herrlichkeit sichtbar.

Die erinnernde Vergegenwärtigung dieses „Geschenk-“ oder „Überflusswunders“ hat ihren Ort im Kirchenjahr seit alters im Zusammenhang des Erscheinungsfestes. Am zweiten Sonntag nach Epiphanias wird dabei gehört und gefeiert, wie Menschen Gottes ‚Herrlichkeit’ und seine ‚Fülle‘ schmecken und sehen.

Im Predigttext klingen eine Vielzahl biblischer Texte des Alten und des Neuen Testaments an, die die Erfahrungen der biblischen Zeuginnen und Zeugen mit der Fülle Gottes vor Augen führen.
Die Predigt folgt dieser Fülle biblischer Tradition(en). Spuren der Fülle Gottes können im Gottesdienst von seinem Anfang bis zum Ende in Texten und Liedern aufleuchten:
„Ich bin gekommen, damit sie das Leben in Fülle haben.“ (Johannes 10,10b [Zürcher Bibel]) / „Ich bin gekommen, damit sie das Leben und volle Genüge haben sollen“ (Luther Übersetzung) / „Ich bin gekommen, um […] das Leben zu bringen, das Leben in seiner ganzen Fülle“ (BasisBibel).
Auch vom Evangelisten Johannes her legt sich das Thema „Fülle“ als Predigtthema nahe.

Gliederung
I. Wasser zu Wein – ein Wunder von Fülle und Überfluss
II. Wasser zu Wein – Erinnerung an Gottes Gastfreundschaft und Vorgeschmack auf Gottes Reich
III. Aus der uns geschenkten Fülle Gottes heraus leben

Predigt

„Ich bin gekommen, damit sie das Leben und volle Genüge haben sollen“ (1) – so kann der Evangelist Johannes Jesus sein In-die-Welt-Kommen begründen lassen, liebe Gemeinde.
„Ich bin gekommen, um […] das Leben zu bringen, das Leben in seiner ganzen Fülle“ (2) – so übersetzt die BasisBibel das Jesuswort aus Johannes 10.

„Volle Genüge“, „Fülle“ – diese Worte beschreiben, was es auf sich hat mit dem in-unsere-Welt-kommen Jesu, das wir an Weihnachten gefeiert haben und, was mit dem Bei-den-Menschen-Sein Gottes gemeint ist, das uns das Erscheinungsfest vor Augen stellt.

„Volle Genüge“, „Fülle“ – diese Worte beschreiben, was es mit der Herrlichkeit auf sich hat, die wir sahen, die wir uns hier und jetzt vor Augen führen können, die wir am Ende der Zeiten sehen werden.

„Volle Genüge“, „Fülle“ – weil das Wort Fleisch geworden ist, weil „das Wort, ER Gott, Mensch wurde, ein wirklicher Mensch von Fleisch und Blut – und Wohnung mitten unter uns genommen hat“ (3).

Von „voller Genüge“, von „Fülle“ erzählt auch der uns für den heutigen Sonntag gegebene Predigttext. Ich lese aus dem Evangelium nach Johannes im zweiten Kapitel die Verse 1 - 11.

[Lesen des Predigttexts]

I.
Eine Hochzeit wird gefeiert in einem galiläischen Dorf namens Kanaa, liebe Gemeinde – und Jesus und seine Jünger feiern ebenso mit wie Maria, die Mutter Jesu und viele andere Gäste!

Wie es zugeht, beim Hochzeit feiern, das erzählt uns Johannes in den Versen, die wir eben gehört haben, nicht. Aber es braucht wenig Phantasie, um die Szene auszumalen: Junge und Alte sind versammelt, zwei Familien begegnen sich, nahe und ferne Verwandte, Freunde sind gekommen. Menschen, die sich noch nie oder lange nicht mehr gesehen haben, erkennen sich wieder, lernen sich neu kennen. Da wird geschwatzt und gelacht, auch Tanz und Rätselraten gehören zum Hochzeit feiern (4) – und es wird gegessen und getrunken. Die Tische sind reich gedeckt mit Köstlichkeiten. Brot und Oliven gehören dazu, Kuchen oder auch für das Fest geschlachtetes Fleisch.

So „schmecken und sehen“ alle Hochzeitsgäste ganz elementar „wie freundlich Gott ist“ (5). Heute am Fest lassen sie sich die Fülle seiner guten Gaben gefallen. Lassen den Alltag mit seinen Entbehrungen hinter sich, lassen Mühsal und Arbeit ruhen – lassen sich unterbrechen in dem, was sie umtreibt an Kummer und Sorgen.

Zur Fülle der guten Gaben Gottes gehört, so weiß es Johannes, so ist‘s in der Bibel immer wieder nachzulesen, zur Fülle der guten Gaben Gottes gehört auch der Wein, der des Menschen Herz erfreut (6). Und deshalb steht nicht nur Wasser auf dem Tisch, wenn die Liebe in vollen Zügen gefeiert wird und das Leben.

Dann aber passiert, was nicht passieren soll, was jedem Gastgeber peinlich sein muss, jede in Panik versetzt, die für ein Fest Verantwortung trägt: Mitten drin im Fest geht der Wein aus. Die Fülle droht vom Mangel abgelöst zu werden, der festliche Überfluss droht in Kargheit umzuschlagen.

Und Jesus?
Als seine Mutter ihn besorgt aufmerksam macht auf drohen-de Kargheit, peinlichen Mangel, weist er sie schroff zurück. „Meine Stunde ist noch nicht gekommen“, sagt er zur Begründung seiner Abfuhr. Noch an anderen Stellen findet sich dieser Gedanke (7). – „Meine Stunde“, das ist die Todesstunde Jesu; die Stunde, in der Jesus am Kreuz stirbt – und in seinem Tod Gott selbst verherrlicht wird. Weil auf Golgatha Menschentod und menschliche Ohnmacht zu einem Zeichen göttlicher Macht werden, Zeichen der Fülle von Gottes Liebe, Zeichen seines überfließenden Erbarmens.

Schroff weist Jesus seine Mutter zurück, um kurz darauf doch Anweisungen zu geben: Sechs große Wasserkrüge sollen die Leute füllen – randvoll mit Wasser. Voll füllen sollen die Leute die sechs Krüge, aus denen heraus die Hochzeitsgäste das Wasser zum Händewaschen genommen haben. Mindestens 500 Liter fassen sie; eine Riesenmenge. Und wieder wird Überfluss greifbar. Mehr als Überfluss.

Denn als der für das Essen und Trinken verantwortliche Speisemeister vom Inhalt der Krüge kostet, ist aus Wasser Wein geworden. Und: Nicht irgendein Wein findet sich da in den randvoll gefüllten Krügen, sondern der Beste. Unerwartet ist das und gegen die Regeln ist es, dass der schlechtere Wein zuerst angeboten wird und der beste erst später folgt. Gegen die Regeln ist das, anders als erwartet – und doch zum Nutzen aller Gäste, Erfüllung von Lebensfreude.

II.
„Ich bin gekommen, um das Leben zu bringen, das Leben in seiner ganzen Fülle“. (1)
Das erste Wunder, das Jesus dem Evangelisten Johannes zufolge tut, es ist ein Wunder von Fülle und Überfluss. Mit ihm offenbart er seine Herrlichkeit. Mit ihm macht er seine Herrlichkeit sichtbar. – Er lässt Menschen ganz anschaulich und augenfällig erfahren, was es auf sich hat mit ihm. Mit diesem Wunder wird deutlich, was es auf sich hat mit dem Gott, der des „Lebens Mangel“ ausfüllt. (8), Er tut es allem Augenschein und vielen Wirklichkeiten zum Trotz immer wieder neu.
So wird das Überflusswunder, bei dem Wasser zu Wein wird, zum Zeichen. Zum Zeichen für die besondere Zeit der Gegenwart Jesu bei den Menschen.

Ja: Mit diesem Füllewunder klingen all die Mahlzeiten an, die Gott selbst durch die Zeiten hindurch seinem Volk Israel zubereitet und ihm gewährt hat – „Du bereitest vor mir einen Tisch im Angesicht meiner Feinde, du salbest mein Haupt mit Öl und schenkest mir voll ein“. Auch wir beten so mit den Worten des 23. Psalms.
Mit dem Überflusswunder aus dem zweiten Kapitel des Johannesevangeliums erhalten wir, die wir von der mit dem Verstand nicht begreifbaren Wandlung von Wasser in „besten Wein“ hören, einen Vorgeschmack auf die himmlischen Festmähler, von denen die Bibel immer wieder neu zu erzählen weiß. Vorgeschmack auch auf die uns in der Bibel vor Augen gestellte Fülle des Reiches Gottes.

Aller Kargheit und allem Mangel wird da ein Ende gesetzt werden. Hunger und Not wird es nicht mehr geben, Krieg und Gewalt haben keinen Ort mehr, Tränen werden getrocknet und der Tod wird nicht mehr sein. Gerechtigkeit und Friede werden einander küssen (9).

III.
„Ich bin gekommen, dass sie das Leben und volle Genüge haben.“ (1)
Das Überflusswunder, das der Evangelist Johannes an den Anfang der Wirksamkeit Jesu in dieser unserer Welt stellt, es kann uns die Augen dafür öffnen, liebe Gemeinde, dass wir Menschen schon jetzt aus Gottes Fülle leben.

Wir leben aus der Fülle von Gottes Herrlichkeit, dem Überfluss seiner Kraft, seiner Liebe und seiner Barmherzigkeit, wenn wir fröhlich Feste feiern und wenn wir in unserem Alltag unterwegs sind: im Alltag, zuhause, am Arbeitsplatz, in Schule und Vereinen. Es mag ein Alltag sein, der sich in diesen Tagen für manche vielleicht mühsam gestaltet, weil eine Krankheit ihren Tribut fordert, oder Sorgen einem die Kehle zuschnüren, weil Ärger über etwas oder jemanden gefangen hält.

In dem allem und auch trotz alledem kann die Erinnerung an das Füllewunder der Verwandlung von Wasser in Wein uns die Augen öffnen. Augen öffnen für die Spuren der überfließenden Barmherzigkeit und Liebe, die sich in unserem Leben finden lassen. Zeichen seiner Fülle werden uns hier und heute geschenkt.
In dem allem und auch trotz alledem können wir uns durch die Erinnerung an das Überflusswunder bei der Hochzeit von Kanaan einladen und ermutigen lassen, im Vertrauen auf Gottes Fülle unser Leben zu gestalten. – Wir werden ermutigt, uns vom Licht der in Jesus Mensch gewordenen Herrlichkeit Gottes anrühren zu lassen.

Der starre Blick auf manchen Mangel, der zu unserem Leben gehören mag, wird verwandelt vom Blick auf Gottes Fülle. Da mag es geschehen, dass wir uns verwandeln und unterbrechen lassen – und dann dem lebendigen Gott „Danke!“ sagen. Danke für die Fülle der Gaben, mit denen er seine Menschen beschenkt – Große und Kleine, Alte und Junge, Frauen und Männer, jede und jeden.

Wir sagen „Danke!“ für das tägliche Brot auf dem Tisch, für geschenkte Lebenskraft, für ein schützendes Dach. Wir danken für fröhliche Feste, für unsere nahen und die fernen Nächsten, für den Frieden in unserem Land.

Das Wunder der Fülle in Kana will uns unterbrechen und verwandeln. Verwandelt bitten wir den lebendigen Gott genau darum: Um das Notwendige und das Schöne, um das Selbstverständliche und das Besondere. Wir bitten um das, was wir brauchen und um das, was wir von Herzen wünschen.

Wir danken und bitten im Vertrauen darauf, dass der, der uns geschaffen hat, unser Leben erhält und dieses unser Leben mit der Fülle seiner Gnade umfängt und uns reich beschenkt.
Amen.


Gebet zum Eingang
Herr, unser Gott, da sind wir vor dir.
Es ist Sonntag und wir feiern Gottesdienst.
Du bist bei uns.
Wir hören auf dein Wort und bitten dich,
lass du es wirken in uns.
Dir sagen wir in der Stille, was uns bewegt …
Chr. Hirsch


Fürbittengebet
Herr, ewiger und allmächtiger Gott,
wir danken dir für das Licht und die Kraft deines Wortes.
Du hast Jesus Christus, deinen Sohn,
durch den Tod ins Leben geführt.
Du hast die Macht des Bösen,
das Menschen beherrscht und Leben zerstört,
gebrochen und Freiheit gebracht.
Dir allein gilt unser Vertrauen.
Gib uns deinen Geist, dass wir leben lernen.
Deine Macht, Herr, ist die Hoffnung aller Ohnmächtigen.
So bitten wir dich
für Arme und Arbeitslose,
für Hungernde und Verfolgte,
für Ausgebeutete und Entrechtete,
für Einsame und Verzweifelte,
für Kranke und für Sterbende:
Hilf einem jeden in seiner Not.
Herr aller Herren, beweis deine Macht.
Deine Macht, Herr, ist die Grenze derer,
die unter uns Macht verwalten.
So bitten wir dich für Männer und Frauen
in Wirtschaft und Politik und Verwaltung,
in der Justiz und in den Medien,
in den Kliniken, in den Schulen und Hochschulen,
in den Familien:
Erhalte den Frieden.
Wehre aller Panikmache.
Schaffe Recht.
Schenke Besonnenheit.
Herr aller Herren, beweis deine Macht.
Deine Macht, Herr, ist die Kraft aller,
die ein neues Leben versuchen.

So bitten wir dich für alle,
die dein Wort ohne Menschenfurcht
rein und klar zu verkündigen haben.
Wir bitten dich für die, die dich suchen,
dass sie nicht nur diskutieren,
sondern lebenswichtige Erfahrungen machen.
Wir bitten dich für die, die aus ihrer Sucht herausfinden
und ihre Abhängigkeit überwinden wollen,
die für die Erhaltung der Schöpfung,
für die Rettung bedrohter Arten
und unterdrückter Völker kämpfen:
Vertreibe die Gier nach Geld und Macht aus den Menschen.
Beweis deine Macht, Herr aller Herren.
Weil wir aus deiner Gnade leben und auf dein Reich hoffen,
bitten wir dich in Ungeduld und in Demut:
Vergiss nicht, was du versprochen hast.
Tu endlich das, was dein Wort immer gesagt hat.
Rette und erhalte uns.
Denn dir allein gebührt der Ruhm und die Ehre und die Anbetung, dem Vater und dem Sohn und dem Heiligen Geist,
jetzt und immerdar.
Amen.
Aus: Manfred Josuttis: Erleuchte uns mit deinem Licht.
Gedanken und Gebete zu den Gottesdiensten des Kirchenjahres, 2009 Gütersloher Verlagshaus




Verfasser: Pfarrer Dr. Ernst Michael Dörrfuß
Bismarckstraße 12, 72574 Bad Urach


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