Wochenspruch: Lobe den Herrn, meine Seele, und vergiss nicht, was er dir Gutes getan hat. (Psalm 103,2)
Psalm: 146
Reihe I: 1. Mose 28,10-19a(19b-22)
Reihe II: Lukas 19,1-10
Reihe III: 1. Thessalonicher 5,14-24
Reihe IV: Jesaja 12,1-6
Reihe V: Lukas 17,11-19
Reihe VI: Römer 8,14-17
Eingangslied: EG 449, 1-3 Die güldne Sonne
Wochenlied: EG+ 87 Lobe den Herrn, meine Seele
Predigtlied: EG 395 Vertraut den neuen Wegen
Schlusslied: EG 170 Komm, Herr, segne uns
10 Aber Jakob zog aus von Beerscheba und machte sich auf den Weg nach Haran
11 und kam an eine Stätte, da blieb er über Nacht, denn die Sonne war untergegangen. Und er nahm einen Stein von der Stätte und legte ihn zu seinen Häupten und legte sich an der Stätte schlafen.
12 Und ihm träumte, und siehe, eine Leiter stand auf Erden, die rührte mit der Spitze an den Himmel, und siehe, die Engel Gottes stiegen daran auf und nieder.
13 Und der HERR stand oben darauf und sprach: Ich bin der HERR, der Gott deines Vaters Abraham, und Isaaks Gott; das Land, darauf du liegst, will ich dir und deinen Nachkommen geben.
14 Und dein Geschlecht soll werden wie der Staub auf Erden, und du sollst ausgebreitet werden gegen Westen und Osten, Norden und Süden, und durch dich und deine Nachkommen sollen alle Geschlechter auf Erden gesegnet werden.
15 Und siehe, ich bin mit dir und will dich behüten, wo du hinziehst, und will dich wieder herbringen in dies Land. Denn ich will dich nicht verlassen, bis ich alles tue, was ich dir zugesagt habe.
16 Als nun Jakob von seinem Schlaf aufwachte, sprach er: Fürwahr, der HERR ist an dieser Stätte, und ich wusste es nicht!
17 Und er fürchtete sich und sprach: Wie heilig ist diese Stätte! Hier ist nichts anderes als Gottes Haus, und hier ist die Pforte des Himmels.
18 Und Jakob stand früh am Morgen auf und nahm den Stein, den er zu seinen Häupten gelegt hatte, und richtete ihn auf zu einem Steinmal und goss Öl oben darauf
19 und nannte die Stätte Bethel; vorher aber hieß die Stadt Lus.
20 Und Jakob tat ein Gelübde und sprach: Wird Gott mit mir sein und mich behüten auf dem Wege, den ich reise, und mir Brot zu essen geben und Kleider anzuziehen
21 und mich mit Frieden wieder heim zu meinem Vater bringen, so soll der HERR mein Gott sein.
22 Und dieser Stein, den ich aufgerichtet habe zu einem Steinmal, soll ein Gotteshaus werden; und von allem, was du mir gibst, will ich dir den Zehnten geben.
Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserm Vater, und dem Herrn Jesus Christus! Amen.
Da ist einer auf der Flucht, liebe Gemeinde. Auf der Flucht vor seiner Familie, auf der Flucht vor sich selbst. Auf der Flucht aus seiner Heimat Beerscheba nach Haran, tausend Kilometer weit. Und das vor tausenden von Jahren. Voller Unruhe rennt und stolpert er vorwärts.
Jakob heißt der Mann, der auf der Flucht ist. Im Ausland glaubt er sich sicher vor dem, was er angerichtet hat. Esau heißt sein Bruder. Der ist hinter ihm her und könnte ihn glatt ermorden. Denn Jakob hat ihm wohl das Schlimmste zugefügt, was es damals gab. Er hat ihn auf hinterhältigste Art und Weise um sein Erbe gebracht. Er hat ihn um sein Erstgeburtsrecht und damit um seine Zukunft betrogen.
Über diesen Streit um das Erbe fällt die ganze Familie auseinander. Bruder steht gegen Bruder, die Söhne gegen den Vater, der Vater gegen den Sohn, die Mutter gegen den anderen Sohn und dieser wiederum gegen die Mutter. Ein einziges Drama.
Jakob steht vor dem Nichts. Die Heimat verloren, die Familie kaputt. Ohne ihren Rechtsschutz ist er ein Nichts, ein Niemand. Er wollte alles haben und hat alles verloren, auch sich selbst. Nun liegt er am Boden. Im übertragenen Sinne und im wörtlichen Sinne. Er kann nicht mehr. Er ist nur durch die Welt gerannt. Jetzt ist er am Ende. Nicht nur am Ende des Tages, sondern auch am Ende mit seinem Leben, am Ende der Welt. Er schläft und träumt.
Im Schlaf versinkt ihm die Welt und der Himmel öffnet sich. In der Nacht wird sein Leben für Erfahrungen durchsichtig. Durchsichtig für das, wofür uns am hellen Tage der Blick und die Zeit fehlen. Träume können Boten einer Wirklichkeit sein, die wir am Tage nicht wahrnehmen. Manchmal weisen sie auf einen Weg, der mir bisher verborgen war.
In der dunklen Nacht, am fremden, fernen Ort sieht Jakob eine Leiter, "die rührte mit der Spitze an den Himmel, und siehe, die Engel Gottes stiegen daran auf und nieder. Und der HERR stand oben darauf." Doch nicht allein das. Nun hört Jakob auch noch Gottes Stimme: "Ich bin der HERR, der Gott deines Vaters Abraham, und Isaaks Gott; das Land, darauf du liegst, will ich dir und deinen Nachkommen geben. Und dein Geschlecht soll werden wie der Staub auf Erden, und du sollst ausgebreitet werden gegen Westen und Osten, Norden und Süden, und durch dich und deine Nachkommen sollen alle Geschlechter auf Erden gesegnet werden."
Schier unglaublich, liebe Gemeinde! Mit keiner Silbe wird etwas von der dunklen Geschichte erwähnt, die hinter Jakob liegt. Keine Vorhaltungen, keine Beschuldigungen. Nur Verheißungen! Ein ganzes Bündel voller Zusagen. Gott will diesen Menschen nicht in seinem Chaos zugrunde gehen lassen, sondern einen Weg in die Zukunft zeigen. Es ist ein Weg, der weit über das hinausgeht, was sich Jakob vorzustellen vermag. Sogar die Völker der Erde geraten in den Blick.
Und weiter verheißt Gott: "Ich bin mit dir und will dich behüten, wo du hinziehst, und will dich wieder herbringen in dies Land. Denn ich will dich nicht verlassen, bis ich alles tue, was ich dir zugesagt habe." Gott will mit Jakob auf dessen Wegen mitgehen.
Aber was für Wege werden das sein? Gewiss nicht immer eben, sondern mitunter steinig und rau. Manchmal sind es Umwege, Irrwege oder Sackgassen, wo man wieder umdrehen muss. Zwanzig schwere Jahre werden vor Jakob liegen. Er wird erfahren, was es heißt, selber von der eigenen Verwandtschaft betrogen zu werden. Dann wird er seinen Bruder Esau begegnen. Der zieht ihm mit einer riesigen Streitmacht entgegen. Noch einmal wird alles lebendig werden, was er zu verdrängen versucht hatte. Es kommt nicht alles gleich zum guten Ende. Doch dann geschieht das Wunder. Esau erschlägt ihn nicht. Ohne Waffen geht er ihm entgegen und reicht ihm die Hand.
Doch das, liebe Gemeinde, ist noch Zukunftsmusik, so schön sie jetzt auch klingen mag. Noch ist der Traum nicht wahr. Darum soll Jakob jetzt aus seinen süßen Träumen geweckt werden. Als er aus dem Schlaf erwacht, erschrickt er. Er fürchtet sich und spricht: "Wie heilig ist diese Stätte!" Jakob erschauert und fasst es nicht. So viel unverdiente Gnade trifft ihn im Innersten. Es kann wieder gut werden. Die Güte Gottes erschüttert ihn bis in die Tiefe seiner Seele. Ein heiliger Schauer kommt über ihn. Er spürt Gottes gewaltige Macht. So, wie wir es erleben, wenn etwas Unerwartetes in unser Leben kommt, etwas, worauf wir nicht zu hoffen gewagt haben.
"Wahrhaftig!" Gott ist an dieser Stätte, und ich wusste es nicht. Gott ist da und man wusste es nicht. Gerade wo man es nicht vermutet hat. In dieser Einöde, wo es Steine gibt und Geröll; wo man eigentlich gar nicht hinwollte! Menschen rufen immer wieder voller Staunen aus: "Gott ist hier, und ich wusste es nicht." Da ist schon einmal der Dornbusch zur heiligen Stätte geworden oder ein Baum. Ein Garten oder eine Kirche wird zum Heiligtum, das Haus der Freunde oder der Großmutter. Der entfernte Ort im Urlaub ist heilig, weil Gott mir dort begegnet ist, ohne dass ich`s vorher wusste oder auch nur ahnte. Hätten wir nicht derartige Erlebnisse gehabt, wären wir heute nicht hier.
All diese Orte und das Erlebnis von Jakob zeigen uns, dass unser Weg mit Gott nicht einfach im Irgendwo endet, schon gar nicht im Nirgendwo. Nicht, dass sich alles auf einmal ändert, gleich und jetzt. Es wird wie bei Jakob auch keine Prachtstraße sein, auf der wir durch das Leben ziehen, liebe Gemeinde. An manchen schönen Tagen wohl eine angenehm beschattete Allee, auf der wir spazieren und verweilen können.
An anderen Tagen wird die Sonne brennen oder der Wind wird fegen. Doch es ist in jedem Fall ein gangbarer Weg, wenn Gott sagt: "Ich will dich nicht verlassen, bis ich alles tue, was ich dir zugesagt habe." Der Weg ist mal gut zu gehen, dann mit Biegungen und Hindernissen und Steinen herum. Bald mal ein lauschiges Plätzchen am frischen Wasser und schöner Aussicht, dann wieder der schmale Pfad, der zum Leben führt. In jedem Fall ist es mein Weg mit Gott.
Diese Zuversicht will Jakob sich bewahren. Die braucht es auch. Damit ihm weder die Erfahrung noch der Ort verloren gehen, richtet er einen Gedenkstein auf, als Zeichen dafür, dass die Verheißung Gottes steht. Es ist nicht nur ein Traum!
Wenn man aufmerksam die Bibel im Zusammenhang liest, kann man beobachten, dass oftmals der für den Ausgang der Geschichte ganz entscheidende Satz erst am Anfang des nächsten Kapitels steht und unbedingt dazugehört. Und wie ist es bei unserer heutigen Geschichte? Was lesen wir am Anfang des nächsten Kapitels? "Da machte sich Jakob auf den Weg." Was als Flucht begann, ist zum Weg geworden. Ein Aufbruch ins Leben mit Gottes Verheißung.
Amen
Gott, du Quelle der Gnade,
du gewährst uns viel Gutes.
Öffne unser Herz, dass wir dies erkennen
und dir für deine Güte und Barmherzigkeit danken,
solange wir leben
Durch unsern Herrn Jesus Christus, deinen Sohn,
der mit dir und dem Heiligen Geist lebt und Leben schafft
in Ewigkeit.
Amen
(Evangelisches Gottesdienstbuch, S. 377)
Gott, immer wieder ist die Sorge da,
die Herausforderungen des Lebens ganz allein durchstehen zu müssen.
Deshalb bringen wir unsere Bitten vor dich.
Wir bitten dich für alle, die hier in ... und in unserem Land politische Verantwortung übernommen haben.
Steh ihnen bei, wenn sie Entscheidungen zu treffen haben.
Gemeinsam rufen wir zu dir: Herr, erhöre uns.
Wir bitten dich für alle, die Angst vor der Zukunft haben, weil sie den Arbeitsplatz wechseln oder
ihre bisherige Wohnung verlassen müssen.
Stärke sie für die Schritte auf den neuen Wegen.
Gemeinsam rufen wir zu dir: Herr, erhöre uns.
Wir bitten dich für alle, die Abschied von einem geliebten Menschen genommen haben.
Tröste sie in der Trauer und zeige ihnen Wege in das Leben.
Gemeinsam rufen wir zu dir: Herr, erhöre uns.
Wir bitten dich für deine weltweite Kirche und für unsere Gemeinde. Bewahre uns in Anbetracht sinkender Mitgliederzahlen vor Resignation. Stärke uns in der Hoffnung auf dein kommendes Reich. Schenke uns Fröhlichkeit im Glauben, die ausstrahlt und einlädt.
Gemeinsam rufen wir zu dir: Herr, erhöre uns.
In der Stille bringen wir vor dich, was uns ganz persönlich bewegt.
- Gebetsstille -
Gemeinsam rufen wir zu dir: Herr, erhöre uns.
Alles Ausgesprochene und Unausgesprochene legen wir in die Worte deines Sohnes:
Vater unser im Himmel ...
Amen
Verfasser: Pfarrer Ronny Hillebrand, Salzwedeler Straße 18, 39106 Magdeburg
Referat Ehrenamtliche Verkündigung
Markgrafenstraße 14, 60487 Frankfurt/Main,
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Pfarrer Dr. Matthias Rost
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Telefon: 036202.7717-97