Wochenspruch: Christus spricht: Was ihr getan habt einem von diesen meinen geringsten Brüdern, das habt ihr mir getan. (Matthäus 25,40b)
Psalm: 112
Reihe I: Markus 3, 31 - 35
Reihe II: Apostelgeschichte 6, 1 - 7
Reihe III: 1. Mose 4, 1 - 16 a
Reihe IV: Lukas 10, 25 - 37
Reihe V: 1. Johannes 4, 7 - 12
Reihe VI: 3. Mose 19, 1 - 3.13 - 18.33 - 34
Eingangslied: EG 295 Wohl denen, die da wandeln
Wochenlied: EG 632 Wenn das Brot, das wir teilen
Predigtlied: EG 268 Strahlen brechen viele
Schlusslied: EG 171 Bewahre uns, Gott
1 In diesen Tagen aber, als die Zahl der Jünger zunahm, erhob sich ein Murren unter den griechischen Juden in der Gemeinde gegen die hebräischen, weil ihre Witwen übersehen wurden bei der täglichen Versorgung.
2 Da riefen die Zwölf die Menge der Jünger zusammen und sprachen: Es ist nicht recht, dass wir das Wort Gottes vernachlässigen und zu Tische dienen.
3 Darum, liebe Brüder, seht euch um nach sieben Männern in eurer Mitte, die einen guten Ruf haben und voll Geistes und Weisheit sind, die wollen wir bestellen zu diesem Dienst.
4 Wir aber wollen ganz beim Gebet und beim Dienst des Wortes bleiben.
5 Und die Rede gefiel der ganzen Menge gut; und sie wählten Stephanus, einen Mann voll Glaubens und Heiligen Geistes, und Philippus und Prochorus und Nikanor und Timon und Parmenas und Nikolaus, den Proselyten aus Antiochia.
6 Diese stellten sie vor die Apostel; die beteten und legten ihnen die Hände auf.
7 Und das Wort Gottes breitete sich aus, und die Zahl der Jünger wurde sehr groß in Jerusalem. Es wurden auch viele Priester dem Glauben gehorsam.
Liebe Gemeinde,
so schnell geht es. Aus offenen Fragen wird ein Amt. Aus der Frage, wie man das leben kann, was man glaubt und es anderen weitersagt, glaubwürdig. Wie man auf der einen Seite auf die achtet, die am Rande stehen, die nicht haben, was sie bräuchten. Die schutz- und hilfebedürftig sind. Die nicht wissen, wie und wovon ihr Leben zu bestreiten. Wie die Witwen damals, noch ohne Rente und auf sich allein gestellt. Wie man ihnen gerecht werden kann und das gut organisiert und so, dass alle versorgt werden?
Wie die Arbeit so verteilen, dass bei wachsender Anhängerschar, doch alles gut und gerecht zugeht? Wie man darauf achtet, dass die einen nicht mehr bekommen als die anderen. Die einen gut und die anderen mehr schlecht als recht leben müssen und diese Unterschiede auch noch entlang der Herkunft verlaufen, entlang der sprachlichen und kulturellen Trennlinien und wie man solche Unter-schiede mit großer Sprengkraft so bearbeiten kann, dass die Dinge nicht trennend werden? Und wie bei allem sozialen Engagement, allem notwendigen Einsatz, dennoch Zeit bleiben kann für’s Gebet, für’s Hören und Weitersagen der guten Botschaft?
Damals gab es eine pragmatische Lösung, die Arbeit wurde aufgeteilt. Zwischen denen, die für die Verkündigung zuständig sind, die sich der Mission widmen, dem Weitergeben der guten Botschaft. Den Aposteln. Und denen, die sich um die Witwen kümmern, das Soziale, die Fürsorge für die, die Hilfe brauchen. Die Diakone.
Arbeitsteilung als Lösungsansatz. Das kennen wir, sehr gut. In einer Zeit, in der diese sogar über Ländergrenzen hinweg funktioniert. Global.
Eben auch bei uns in der Kirche. Seit damals schon. Eine Aufteilung nach Aufgaben, zunächst. Mit der Berufung der 7 Diakone, sind später daraus eigene Berufe geworden. Zu-nächst noch eng an die Gemeinden angebunden, als ein Zweig des gleichen Stamms. Als ein Arbeitsbereich der christ-lichen Gemeinde, als eine Aufgabe unter mehreren. Die aber direkt zu jeder Gemeinde gehörte. Mit den Gemeinde-schwestern oder den Diakonissen in den Gemeinden haben das manche von Ihnen auch so noch erlebt. Sie waren für das Soziale zuständig, für das Gemeinwohl, für das gute Miteinander in der Gemeinde, im Dorf. Neben dem Pfarrer, damals waren das noch ausschließlich Männer, die sich ganz den Gottesdiensten und dem Unterricht widmen konnten. Das waren noch Ausläufer der alten Vorstellung, dass Verkündi-gung und Diakonie zusammengehören, ganz eng, ganz dicht beieinander. Aber, doch aufgeteilt, zwei Aufgaben, zwei Sei-ten derselben Medaille.
Im 19. Jh hat die soziale Arbeit neuen Schwung bekommen. Die Industrialisierung, der Zug in die Städte, mit all den Problemen dort, mit Elend und Armut, machte auch der evangelischen Kirche wieder deutlich, dass Reden allein, nichts an der konkreten Not der Menschen ändert. Dass Kirche sich auch einsetzen muss, dran bleiben, mitarbeiten, an den konkreten Fragen der Menschen, ihrem Leben, ihrem Dasein. Und die Diakonie entstand, als eigener Arbeitszweig der Kirche. Und mit der zunehmenden Professionalisierung auch der sozialen Arbeit, der Notwendigkeit der weiteren Spezialisierung und Aufteilung von Arbeitsgebieten, auch die Entstehung ganzer Werke und diakonischer Einrichtungen wie wir sie heute kennen.
Sucht-, Lebens, Erziehungs- und Schwangerenkonfliktberatung, Sozialstationen und Krankenhäuser, Behinderten-, Jugend- und Entwicklungshilfe um nur ganz unsortiert einige der Arbeitsbereiche zu nennen.
Das war und ist gut, dass wir uns so engagieren, auf so vielen Gebieten einsetzen. Auf so vielen Feldern die Hin-wendung zum Nächsten sichtbar werden lassen. Aber, es hatte auch zur Folge, dass Diakonie und Kirche sich weiter voneinander entfernt haben, als das vielleicht sinnvoll und gut gewesen ist. Dass die örtliche Gemeinde wenig Berührung hat und Kontakt mit denjenigen, die um die Ecke für die Diakonie arbeiten oder dort Rat und Hilfe suchen. Diakonie ist ein sehr eigenständiges Arbeitsgebiet geworden und hat mit Gemein-de und Kirche oft nur noch wenig zu tun haben.
Erst mühsam versucht man wieder aufeinander zuzugehen, deutlich zu machen, dass beides zusammengehört und das eine nicht ohne das andere gehen kann. Und beides Ausdruck ist für unseren christlichen Glauben, für unsere Nachfolge, für christliche Gemeinschaft.
Arbeitsteilung in der Kirche, die zweite: In den 70er und 80er Jahren, als „die Zahl der Jüngerinnen und Jünger zunahm“ oder ehrlicher: die Menge der Kirchensteuereinnahmen, da gab es viele Ideen, welche Arbeitsgebiete Kirche sich noch erschließen könnte bzw. welche Aufgaben noch wichtig sind. In welchen Lebensabschnitten oder gesellschaftlichen Themen Kirche dabei sein und einen wichtigen Betrag leisten könnte.
Und auch daraus wurden Ämter: Spezielle Pfarrämter. Für Kindergottesdienst, Jugend- und Konfirmanden, Frauen, die Arbeitswelt und Bildung, Seelsorge in der Polizei, der Bundeswehr, Altenheimen, Schulen usw. Eine große Verästelung der Arbeit in immer neue Bereiche hinein. Wichtig und gut und jeder mit einer sehr eigenen Begründung und Notwendigkeit. Und sicher vielem, was sie beigetragen haben, eine bunte, eine vielfältige Kirche zu sein und zu bleiben.
Und doch, mit zurückgehenden Finanzmitteln und weniger starken Pfarrerjahrgängen wird die Diskussion aufflammen, was wir uns davon noch leisten können, und welche Arbeits-formen sich vielleicht inzwischen überholt haben und so nicht mehr möglich sein werden.
Arbeitsteilung ist allgegenwärtig und wahrscheinlich not-wendig und heute auch nicht mehr wegzudenken. Auch nicht bei uns in der Kirche. Und sie begann schon damals, in biblischer Zeit. In der Kirche, für die Organisation, für verschiedene Aufgaben.
Für uns als Einzelne, als Christen, als Menschen in der Nach-folge Jesu, gilt sie aber nicht. Da gehört alles zusammen. Das Gebet, das Hören, das Lesen in der Bibel, das Weitersagen dessen, was einem selbst Halt gibt und Sicherheit. Und das Tun des Notwendigen, dessen, was einem vor die Füße fällt und machbar ist.
Da sollte es keine Arbeitsteilung geben: Die einen gehen in den Gottesdienst und machen, was sie wollen. Die anderen betreten keine Kirche, sind aber, nach eigenem Verständnis, gute Christen, weil sie das Richtige tun.
Idealerweise sollte bei uns all das zusammengehören. Weil wir hören, weil wir verstehen, wie groß Gottes Zuwendung zu uns ist, weil wir spüren, wie sehr wir von Gott geliebt werden, mit all unseren Fehlern und Unzulänglichkeiten. Weil wir das glauben und darauf vertrauen, können wir einander auch das geben, was andere schuldig bleiben, uns zuwenden, hinwenden, dem anderen tun, was ihm guttut und fehlt.
Können wir diese Liebe weitergeben und leben und demjenigen beistehen, der oder die uns als Nächste in den Blick ge-raten. Seinen Glauben kann man nicht arbeitsteilig leben. Er gilt für uns insgesamt.
Paulus hat das bezeichnet als den „Gottesdienst im Alltag der Welt“. Nicht nur der Gottesdienst am Sonntag, der so heißt, hat diesen Namen verdient. Auch, das was ich am Montag tue, tue ich als eine(r), der/die auf ihn vertraut und aus seiner Liebe lebt. Sich am Sonntag die Kraft holen, damit ich am Montag nicht wegsehen und weghören muss, sondern aus dieser Kraft leben und meinen Alltag meistern kann und tun, was getan werden muss und dran ist und der Mensch auf meinem Weg nötig hat. Das ist – zusammen - Gottes-Dienst.
Keinen Tag soll es geben, an dem du sagen musst,
keiner ist da, der mich hält.
Keinen Tag soll es geben, an dem du sagen musst,
keiner ist da, der mich schützt.
Keinen Tag soll es geben, an dem du sagen musst,
keiner ist da, der mich liebt.
Der Friede Gottes, welcher höher ist als all unsere menschliche Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Jesus Christus.
Amen
Verfasser: Oberkirchenrat Marc Reusch, Herrenhäuser Str. 12, 30519 Hannover
Referat Ehrenamtliche Verkündigung
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