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Gottes Liebe und unsere Barmherzigkeit

von Henning Lang (76872 Minfeld)

Predigtdatum : 26.08.2018
Lesereihe : ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr : 13. Sonntag nach Trinitatis
Textstelle : 1. Mose 4,1-16a
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Wochenspruch: „Christus spricht: Was ihr getan habt einem von diesen meinen geringsten Brüdern, das habt ihr mir getan.“ (Matthäus 25, 40)

Psalm: 112, 5 – 9

Lesungen

Reihe I: Lukas 10, 25 - 37
Reihe II: 1. Johannes 4, 7 - 12
Reihe III: Markus 3, 31 – 35
Reihe IV: 1. Mose 4, 1 - 16 a
Reihe V: Matthäus 6, 1 - 4
Reihe VI Apostelgeschichte 6, 1 - 7

Liedvorschläge

Eingangslied: EG 409 Gott liebt diese Welt
Wochenlied: EG 343 Ich ruf zu dir Herr Jesu Christ
Predigtlied: EG 432 Gott gab uns Atem
Schlusslied: EG 419
EG 610 Hilf Herr meines Lebens
Herr wir bitten komm und segne uns

Predigttext 1. Mose 4, 1 - 16 a

Kains Brudermord

1 Und Adam erkannte seine Frau Eva, und sie ward schwanger und gebar den Kain und sprach: Ich habe einen Mann ge-wonnen mithilfe des HERRN.

2 Danach gebar sie Abel, seinen Bruder. Und Abel wurde ein Schäfer, Kain aber wurde ein Ackermann.

3 Es begab sich aber nach etlicher Zeit, dass Kain dem HERRN Opfer brachte von den Früchten des Feldes.

4 Und auch Abel brachte von den Erstlingen seiner Herde und von ihrem Fett. Und der HERR sah gnädig an Abel und sein Opfer,

5 aber Kain und sein Opfer sah er nicht gnädig an. Da ergrimmte Kain sehr und senkte finster seinen Blick.

6 Da sprach der HERR zu Kain: Warum ergrimmst du? Und warum senkst du deinen Blick?

7 Ist's nicht so: Wenn du fromm bist, so kannst du frei den Blick erheben. Bist du aber nicht fromm, so lauert die Sünde vor der Tür, und nach dir hat sie Verlangen; du aber herrsche über sie.

8 Da sprach Kain zu seinem Bruder Abel: Lass uns aufs Feld gehen! Und es begab sich, als sie auf dem Felde waren, erhob sich Kain wider seinen Bruder Abel und schlug ihn tot.

9 Da sprach der HERR zu Kain: Wo ist dein Bruder Abel? Er sprach: Ich weiß nicht; soll ich meines Bruders Hüter sein?

10 Er aber sprach: Was hast du getan? Die Stimme des Blutes deines Bruders schreit zu mir von der Erde.

11 Und nun: Verflucht seist du auf der Erde, die ihr Maul hat aufgetan und deines Bruders Blut von deinen Händen empfangen.

12 Wenn du den Acker bebauen wirst, soll er dir hinfort seinen Ertrag nicht geben. Unstet und flüchtig sollst du sein auf Erden.

13 Kain aber sprach zu dem HERRN: Meine Strafe ist zu schwer, als dass ich sie tragen könnte.

14 Siehe, du treibst mich heute vom Acker, und ich muss mich vor deinem Angesicht verbergen und muss unstet und flüchtig sein auf Erden. So wird mir's gehen, dass mich totschlägt, wer mich findet.

15 Aber der HERR sprach zu ihm: Nein, sondern wer Kain totschlägt, das soll siebenfältig gerächt werden. Und der HERR machte ein Zeichen an Kain, dass ihn niemand erschlüge, der ihn fände.

16 So ging Kain hinweg von dem Angesicht des HERRN und wohnte im Lande Nod, jenseits von Eden, gegen Osten.

Lesung der Perikope vor der Predigt, ganz „klassisch“.

Liebe Gemeinde,

„Ich will Menschen ermutigen und ihnen helfen ein gutes Leben zu führen“ so beschreibt Bodo Janssen seine Arbeit in einem Radio-Interview. Er ist kein Arzt, kein Therapeut oder Pfarrer. Bodo Janssen ist Top-Manager und Chef der familieneigenen Hotelkette Upstalsboom, die betreibt 12 Hotels und vermietet über 600 Ferienwohnungen, erfolgreich. In nur drei Jahren hat er die Produktivität gesteigert und den Umsatz verdoppelt und er wurde für seinen Erfolg mehrfach ausgezeichnet!

Warum ich von ihm erzähle? Weil ich in seiner beeindruckenden Geschichte vieles von dem wiederfinde, was die Bibel von Kain erzählt!

Der Herr sah gnädig an Abel und sein Opfer, aber Kain und sein Opfer sah er nicht gnädig an. – Von dieser schmerzhaften Erfahrung, erzählt nämlich auch Bodo Janssen. Als der 31 Jahre alt ist, verstirbt sein Vater und plötzlich fühlt sich Bodo Janssen verpflichtet, die Führung der Hotelkette seiner Familie zu übernehmen.

Er bringt große Opfer: Lange Stunden im Büro, unzählige Termine. Und er sieht sich hohen Erwartungen ausgesetzt: Er trägt Verantwortung für viele hundert Mitarbeiter, muss als Kopf der Firma die Richtung vorgeben und er muss sich durchsetzen und schwere Entscheidungen allein treffen, weil man das von ihm als Chef erwartet, - so glaubt er zumindest.

Er kämpft ehrgeizig um gute Profite, um Anerkennung bei den Mitarbeitern und um Achtung in der Branche. – Nur ohne Erfolg!

Der Herr sah gnädig an Abel und sein Opfer, aber Kain und sein Opfer sah er nicht gnädig an. Da ergrimmte Kain und senkte finster seinen Blick. - Warum? Fragt sich der junge Unternehmer und bleibt mit seinen vielen Fragen und Selbstzweifeln ziemlich allein. Er gibt alles, um dem Bild vom erfolg-reichen Top-Manager zu entsprechen. Warum ohne Anerkennung und ohne Erfolg? Muss er noch härtere Entscheidung treffen, um mehr aus der Firma rauszuholen? Muss man auf dem Weg zum Erfolg vielleicht wirklich bereit sein, sprichwörtlich über Leichen zu gehen? Mit Fragen und Zweifeln zieht sich Bodo Janssen immer mehr zurück in sein Chefbüro.

Der Herr sah gnädig an Abel und sein Opfer, aber Kain und sein Opfer sah er nicht gnädig an. Da ergrimmte Kain und senkte finster seinen Blick. Da sprach der Herr zu Kain: Warum ergrimmst du? Warum senkst Du deinen Blick? Wenn du fromm bist, kannst du frei den Blick erheben. Bist du aber nicht fromm, so lauert die Sünde vor der Tür, und nach dir hat sie verlangen“

Mit dieser Frage begegnet Gott in der Bibel Kain. Er hält ihm regelrecht einen Spiegel vor: „Ich sehe dich. Ich sehe, was in dir vorgeht. Schau dich mal selbst an: Warum bist du so verschlossen? Du lebst nicht frei und ehrlich, nicht glücklich! Zieh dich nicht zurück in deinem Groll gegen mich, gegen die Anderen, gegen die ungerechte Welt. Das führt dich nur weiter in die Einsamkeit, weg vom Leben. Das kann kein gutes Ende nehmen!“ Und wir wissen, wie die Geschichte ausgeht, wie Kain wirklich über Leichen geht.

Warum senkst Du deinen Blick? – Ertappt! Die beschämende Erfahrung beim Blick in den „Spiegel“, erlebt Bodo Janssen bei einer Mitarbeiterbefragung. Nach fünf Jahren unter seiner Führung steht das Unternehmen wirtschaftlich am Abgrund. Viele Mitarbeiter sind krank oder kündigen. Um das Geschäft zu optimieren, befragt das Management die Mitarbeiter, wo Verbesserungen nötig wären. Und die Antwort ist für den Chef der Blick in einen Spiegel: „Wir brauchen einen anderen Chef“ bringt ein Mitarbeiter das Problem auf den Punkt.

Es kommt raus, dass die Mitarbeiter ihren Chef regelrecht hassen. „Auf einmal war ich kein allwissender Top-Manager mehr, sondern ein Flop-Manager“ beschreibt Bodo Janssen sein Versagen heute.

Warum senkst Du deinen Blick? Wenn du fromm bist, kannst du frei den Blick erheben. Bist du aber nicht fromm, so lauert die Sünde vor der Tür ...“ - Die Unternehmenskrise ist für Bodo Janssen auch eine Lebenskrise. Es ist beschämend, sein eigenes Versagen und seine Schwäche so offen und öffentlich gezeigt zu bekommen.

Aber heute beschreibt es der Unternehmer als Moment der Entlastung, ja, Befreiung! Endlich ist es raus!

Bodo Janssen schaut nicht beschämt weg, sondern findet den Mut, der Wahrheit ins Gesicht zu sehen. Statt sich weiter hinter seiner Chefrolle zu verstecken, sucht er Kontakt zu den Angestellten. Er stellt sich seinen Mitarbeitern in langen Gesprächen, er hört sich offen und schonungslos ihren Sorgen und ihre Kritik an. Vor allem erzählt der Chef seinen Untergebenen von seiner eigenen Not und seiner Angst. Er spricht offen aus, dass er eben nicht der allwissende Anführer ist, sondern sich oft überfordert fühlt. „Ich brauche Hilfe! Damit unsre Firma nicht den Bach runter geht“ gibt er offen zu.

Und plötzlich nimmt da die Geschichte einen ganz anderen Verlauf. Wo er seine Schwäche eingesteht und vor allem selbst annimmt, findet er plötzlich Verständnis und Hilfe bei seinen Mitarbeitern, die mit ihm gemeinsam Lösungen suchen.

Bodo Janssen entdeckt, dass es nicht um ihn geht, auch nicht um Gewinne oder Erfolge eines Konzerns. Eine Firma ist kein Selbstzweck, sie soll Menschen dienen. Seine Firma soll Menschen helfen, ein gutes Leben zu leben. Kunden, Mitarbeitern und Management, - allen!

„Ich will Menschen ermutigen und ihnen helfen ein gutes Leben zu leben“ ist sein neues Lebens- und Arbeitsmotto, der Mensch steht im Mittelpunkt!

Statt andere klein zu halten, um selbst groß da zu stehen, macht er seine Mitarbeiter stark! Mit jeder und jedem fragt er nach individuellen Stärken und Begabungen, was sie an ihrer Arbeit begeistert, und er stärkt und fördert seine Leute, sich genau darin weiter zu entwickeln.

Der Unternehmer zahlt auch den unteren Gehaltsklassen mehr Geld, Manager-Boni streicht er Stück für Stück. Für mehr Gleichheit unter Gleichen.
Der Krankenstand geht zurück, weil die Arbeit wieder Freude macht und erfüllt. Die Mitarbeiter fühlen sich wohl, geachtet und angesehen, als Menschen.

Die neue Kultur der Gemeinschaft zahlt sich doppelt aus, für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und für das Unternehmen, das die Umsätze verdoppelt.

„Wertschöpfung durch Wertschätzung“ nennt es Bodo Janssen und freut sich. Der Erfolg gibt ihm recht, und heute ist er glücklich, dass er damals den Schritt gewagt hat, raus aus der Einsamkeit zu einem ehrlichen und offenen Miteinander, oder wie er sagt, zu einem Leben in Freiheit.

„Wertschöpfung durch Wertschätzung“ - Für andere da sein, weil ich mich selbst angenommen weiß, bei Gott geliebt, so wie ich bin. Der Gedanke steckt auch in der Geschichte von Kain hinter der Frage: Soll ich meines Bruders Hüter sein?

Wo Menschen meinen, Anerkennung verdient zu müssen, treibt die Angst Menschen auseinander. Da werden Geschwister zur Konkurrenz, jeder kämpft auf sich alleingestellt. Plötzlich zählt Eigeninteresse mehr als das Leben des Bruders.

Geschichten davon erzählen die Nachrichten unserer Welt täglich. Gewalt und Hass. Wir sehen, was Menschen einander antun, wie aus Schwestern und Brüdern, Konkurrenten oder sogar Feinde werden.

(„Gerade gestern... Hier sind Beispiele aus der Zeitung/Nachrichten möglich)

Soll ich meines Bruders Hüter sein? - Kain versucht sich mit der Frage aus der Verantwortung zu reden, aber er weiß tief in sich genau, was die einzig richtige Antwort ist. Ganz ehrlich, jeder weiß das doch.

„Meine Strafe ist zu schwer, als dass ich sie tragen könnte“ sagt Kain später. Will er sich wieder aus der Verantwortung reden? Gott und der Welt die Schuld in die Schuhe schieben, seiner schweren Kindheit, den unfairen Umständen, die ihn gezwungen haben, so zu handeln? Vielleicht beklagt er die in seinen Augen unfaire Strafe, die Gott ihm aufbrummt: Damit leben zu müssen?

Wer weiß. Vielleicht ist es auch der Anfang von etwas Neuem? Dass Kain zum ersten Mal offen seine Schuld und Einsamkeit ausspricht. Als erster Schritt in ein neues und eigenverantwortliches Leben ...

Die Chance zumindest gibt ihm Gott. Sogar den Mörder Kain soll Gottes Schutz begleiten. Weil Auge um Auge noch lange keinen Frieden schafft.

Wie Gott sich wahren Frieden für uns alle vorstellt, das zeigt später eine ganz andere Geschichte der Bibel, die Geschichte Jesu. Der wird Menschen ganz neu in die Gemeinschaft einladen und ermutigen in seinem Geist als Brüder und Schwestern zu leben. Und statt: „Soll ich meines Bruders Hüter sein?“ gilt sein Mut-mach-Motto: Was ihr einem meiner geringsten Brüder und Schwestern getan habt, das habt ihr mir getan.

Wie das heute konkret aussehen kann? Davon erzählt für mich die Geschichte von Bodo Janssen, der mit seinem Unternehmen „Menschen ermutigen und helfen will, ein gutes Leben zu leben“

Eine Geschichte, die gut tut. Eine Gegengeschichte zu Kain und Abel. Und eine Mutmachgeschichte für uns, die mir zeigt: Es lohnt sich ehrlich mit sich selbst zu sein und miteinander: Dazu lädt Gott uns ein und macht uns in Jesus Christus Mut, so liebevoll menschlich und frei zu leben. Als Erfolgsrezept, für ein gelingendes Leben, nicht nur in Unternehmen.

Amen

Verfasser: Pfarrer Henning Lang, Kirchgasse 4, 76872 Minfeld

(Bodo Jenssen war am 28.01.2018 Gast in der SWR 1 Sendung „Leute“. Im Internet gibt es viele Infos und Interviews zu ihm zu finden, und er hat seine Geschichte als Buch veröffentlicht „die Stille Revolution“ sowie ein Buch für menschliches Führen und Leiten zusammen mit Anselm Grün.)


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