Gottes Macht über den Tod
von Paul-Ulrich Lenz (63679 Schotten-Einartshausen)
Predigtdatum
:
20.09.2015
Lesereihe
:
ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr
:
14. Sonntag nach Trinitatis
Textstelle
:
Johannes 11,1.(2).3.17-27.41-45
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Wochenspruch:
„Christus Jesus hat den Tode die Macht genom-men und das Leben und ein unvergängliches Wesen ans Licht gebracht durch das Evangelium.“ (2. Timotheus 1, 10 b)
Psalm: 68, 4 - 7 a.20 - 21
Lesungen
Altes Testament: Klagelieder 3, 22 – 26.31 – 32
Epistel: 2. Timotheus 1, 7 – 10
Evangelium: Johannes 11, 1 (2) 3.17.27 (47 – 45)
Liedvorschläge
Eingangslied: EG 450, 1 - 4 Morgenglanz der Ewigkeit
Wochenlied: EG 364, 1 - 2 Was mein Gott will, gescheh allzeit
Predigtlied: EG 526, 1 - 4 Jesus, meine Zuversicht
Schlusslied: EG 347, 4 - 6 Ach, bleib mit deinem Segen
Schauplatz der Erzählung, auf die wir hören, ist Bethanien, ein Ort am Ostabhang des Ölbergs. Dort leben die Geschwister, Maria, Marta, Lazarus.
Lazarus, „der, dem Gott hilft“ – so kann sein Name übersetzt werden - ist krank. Woran er krank ist, wird nicht gesagt, auch nichts über die Schwere der Krankheit. Die Schwestern schicken zu Jesus. Sie lassen ihn informieren. In der Botschaft wird etwas über die Beziehung Jesu zu diesem Haus sichtbar. Lazarus ist der, den du lieb hast. Zumindest so viel sagen sie damit: das wird dir nicht gleichgültig sein.
Damit rechnet die Liebe immer, dass sie nicht gleichgültig ist, dass sie in Bewegung setzt, in Beschlag nimmt. So ist es ja auch bei uns: für einen, den wir mögen, setzen wir uns ein, nehmen Unannehmlichkeiten in Kauf, verzichten auf unsere Ruhe und unsere Pläne. Für einen, der uns gleichgültig ist, tun wir das alles nicht. Es ist, soviel schon hier, eine der Hoffnungen der Christen: wir sind Gott nicht gleichgültig.
Unsere Textauswahl überspringt. Jesus hört die Boten, ihre Botschaft und reagiert, mit einer Ferndiagnose. So wirkt es auf den ersten Blick. „Halb so schlimm.“ könnte man hören. Aber er sagt ja anderes. Er sieht diese Krankheit begrenzt. Oder muss man nicht sogar sagen: Er setzt dieser Krankheit mit seinem Wort eine Grenze?
Schließlich und endlich, nach einigen Intermezzi kommt Jesus in Bethanien an. Zu spät. Vier Tage liegt Lazarus schon im Grab. Es gibt nichts mehr zu tun und zu retten. Nur noch so viel: In der Nähe Jerusalems ist eine große Trauergemeinde zusammen. Viele Juden. Was sie wollen, ist trösten. Menschliche Nähe im Leid zeigen. Helfen, sich ab-zu finden mit dem Unabänderlichen. Es ist schon viel, wenn man in der Trauer nicht gemieden wird, sondern Zuwen-dung erfährt.
Die Ankunft Jesu hat sich herumgesprochen. Es wird sorg-fältig vermerkt: Marta geht ihm entgegen. Es kommt zum Gespräch.
Es klingt in meinen Ohren eher traurig als vorwurfsvoll, was Marta zu Jesus sagt: Herr, wärst du hier gewesen, mein Bruder wäre nicht gestorben. Sie weiß um die Wundermacht Jesu. Aber jetzt ist es zu spät. Und dennoch meldet sich da eine vage Hoffnung. Aber auch jetzt weiß ich: Was du bittest von Gott, das wird dir Gott geben. Das ist keine Bitte um ein Wunder. Aber es ist in der „Anfechtungssituation“ ein Festhalten an einem Glauben, „der Gott alles überlässt und auch da vertraut, wo kein Weg und Steg mehr zu sehen ist und man nicht einmal mehr weiß, was man bitten soll.“
Auf diesen Glauben geht Jesus ein in seiner Antwort. Marta hört, wie sollte sie auch anders hören, was sie gelernt hat und was ihr auch Halt gibt: den Trost der Auferstehung am Jüngsten Tag. Sie hört, dass Jesus ihr den Blick weiten will auf die Zukunft Gottes, in der alles gut werden wird. Und sie will sich davon trösten lassen.
Jesus aber will sie nicht an die Zukunft verweisen. Er will ihren Blick auf die Gegenwart richten. Auf sich. Ich bin die Auferstehung und das Leben. Es ist gewollt, dass wir mithören, dass hier das „Ich bin“ Gottes mitschwingt, vom brennenden Dornbusch des Mose. Mit ihm Jesus steht die Auferstehung und das Leben vor Marta. Wo er ist, ist sie nicht mehr Zukunftsmusik, sondern Gegenwart, machtvoll, todesüberwindend.
Im Glauben an Jesus hat der Glaubende, die Glaubende, an dieser Überwindungskraft Jesu und seinem Leben Anteil. Darum richtet Jesus die Frage an Marta: Glaubst du das? Das ist nicht Abfragen eines Dogmas, wie wir das leicht hören. Das ist vielmehr ein Fragen nach dem Vertrauen jetzt und hier.
Wenn sie sich ihm jetzt, der sich vor ihr so offenbart, sich als der Offenbarer – ich sage lieber: als der Sohn Gottes - zu erkennen gibt, anvertraut, ihm vertraut, so gewinnt sie darin das Leben. Und mit diesem Leben die Auferstehung. Ganz steil kann es der Exeget sagen: „Wer noch im irdischen Leben weilt und ein Glaubender ist, für den gibt es keinen Tod im endgültigen Sinne; das Sterben ist für ihn wesenlos geworden.“ (R. Bultmann) Damit sind die Tränen des Todes nicht überflüssig geworden, die Trauer wird nicht Ausdruck von Unglauben. Aber der letzte Schrecken des Todes ist gefallen. Es gibt Hoffnung über den Tod hinaus.
Marta antwortet mit einem Ja, Herr ich glaube. Danach formt der Evangelist ihre Antwort weiter in der Sprache der ersten Gemeinde. Gott ist der Gemeinde Jesu Christi keine überweltliche Wirklichkeit, nicht nur Transzendenz. Wir glauben nicht mehr an den Gott jenseits der Welt. Er ist in Jesus in die Welt gekommen. Er teilt Raum und Zeit mit uns, den Schmerz des Lebens und die Hoffnung.
Es ist das Bekenntnis, das die Christenheit spricht. Aber es ist zugleich ihr persönliches Bekenntnis. Das ist ja der Weg, den wir als Christen gehen sollen, dass wir aus dem Bekennen der Brüder und Schwestern unser eigenes Be-kennen und unseren eigenen Glauben gewinnen. Dazu will uns das Wort der Schrift, auch dieser Evangelist Johannes anleiten. Und indem wir uns diese Worte leihen, sie uns vorsagen lassen und sie nachsprechen, wächst in uns unser eigener, ganz persönlicher Glauben.
Begleitet von Tränen, begleitet von der Hoffnungslosigkeit, begleitet vom Schmerz kommt Jesus zum Grab. Ein Höhlengrab, eingelassen in die Felsen und gesichert durch einen Rollstein. Johannes vergisst über aller theologischen Bedeutung des Augenblicks nie die einfache Wirklichkeit.
Jesus befiehlt. Und Marta, jetzt ist sie wieder da, nicht mehr im Haus, widerspricht. Glaubt sie, dass Jesus den Leichnam nur sehen will? Sie will ihn bewahren vor dem Geruch des Todes. Es ist, als hätte sie ihr Gespräch mit diesem Christus, dem Sohn Gottes völlig vergessen, als wäre ihr Bekenntnis ihr weggerutscht.
Aber so ist es wohl wirklich: Wir sagen einen Glaubenssatz und in der nächsten Situation des Lebens ist er uns ent-glitten. Wir glauben an den Christus – und bringen doch die Ängste unsres Lebens mit ihm nicht zusammen. Wir rech-nen mit ihm und können es doch nicht glauben, dass er etwas ändern wird an dem, was uns Schmerzen macht, leiden lässt, kränkt. Wir bleiben ein Leben lang Anfänger des Glaubens, so wie Marta, die am Grab des Bruders nicht mehr weiß, was sie zuvor erkannt und bekannt und ge-glaubt hat.
Dieser so menschlichen Haltung stellt Jesus sein Wort ent-gegen. Habe ich dir nicht gesagt: Wenn du glaubst, wirst du die Herrlichkeit Gottes sehen? Er erspart es ihr nicht: Du darfst nicht bei deiner Trauer stehen bleiben. Du musst dich nicht von ihr gefangen nehmen lassen. Da wartet mehr auf dich, dass Du die Herrlichkeit Gottes siehst. Auch unter Trä-nen.
Der Stein ist weg gerollt. Das Grab geöffnet. Und Jesus be-tet. Er gibt dem Vater die Ehre. Das tut er ja immer. Auch jetzt. Es ist nicht nur eine Gebets-Demonstration – trotz der Formulierungen des Johannes. Es ist ein wirkliches Beten. Auch um des Volkes willen. Damit sie erfahren, was das Ge-bet vermag. Damit sie erfahren, wie der Sohn Gottes dadurch verherrlicht (11, 4) werde. Jesus ist kein Schau-spieler Gottes. Aber indem er so öffentlich betet, nimmt er sie alle mit ihrem Schmerz, mit ihrem Kummer, mit ihrem Irritiert-sein und Fragen mit hinein in sein Beten. Nimmt sie mit zum Vater.
Nun ruft Jesus Lazarus aus dem Grab. Und Lazarus kommt. Gebunden in die Tücher des Todes kommt er. Ein Wunder. Gewiss. Und doch, wie erzählt Johannes hier. Vierzig lange Verse nimmt er Anlauf und dann zwei knappe Sätze. Und so sachlich! Der aus dem Grab Gekommene muss befreit wer-den von seinen Binden, Banden, vom Geruch des Todes.
Lasst ihn gehen! Vor Lazarus liegt wieder ein Weg. Zukunft. Und er darf jetzt, Schritt für Schritt ins Leben zurück finden. Das Leben ist ihm neu geschenkt. So wie den Lazarus das Grab nicht halten darf, so darf auch die, die an Christus glauben, das Grab nicht halten. Es gilt, sich von Gräbern zu lösen, in die Zukunft zu gehen, die uns über den Tod hinaus eröffnet ist. Im Glauben an Jesus, der ruft: Lazarus, komm heraus! Und der sagt: Lasst ihn gehen!
Ich lese das so: An Jesus glauben ist auch, sich von Gräbern lösen. Nicht freiwillig in der Gefangenschaft des Todes blei-ben. Die Zukunft ergreifen, auch dann, wenn wir vom Tod, dem zeitlichen Tod gezeichnet sind. Der ewige Tod ist ja in ihm überwunden, der die Auferstehung und das Leben ist.
Jesus,
Du Gottessohn
Du bist das Leben
Du bist der Auferstandene
In Dir ist uns unsere Auferstehung gewiss
Das Leben
auf das kein Todesschatten mehr fällt
Gib,
dass wir das glauben,
dass wir daraus Kraft gewinnen in der Welt
in der der Tod so viel Macht beansprucht
uns knechten will.
Gib uns,
dass wir Deine Wirklichkeit sehen,
dass wir Dir vertrauen
und leben mit Dir
in Dir
in dieser Zeit und in Ewigkeit.
Amen
Verfasser: Pfarrer Paul-Ulrich Lenz
Im Litzenau 17, 63679 Schotten
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