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Gottes Macht über den Tod

von Friedhelm Jakob (Ludwigshafen)

Predigtdatum : 16.09.2018
Lesereihe : ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr : 16. Sonntag nach Trinitatis
Textstelle : Apostelgeschichte 12,1-11
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Wochenspruch: „Christus Jesus hat den Tode die Macht genommen und das Leben und ein unvergängliches Wesen ans Licht gebracht durch das Evangelium.“    (2. Timotheus 1, 10 b)

Psalm: 68, 4 - 7 a.20 - 21

Lesungen

Reihe I: Johannes 11, 1 (2) 3. 17 - 27 (41 - 45)
Reihe II: 2. Timotheus 1, 7 - 10
Reihe III: Klagelieder 3, 22 – 26.31 – 32
Jesaja 58, 7 - 12
Reihe IV: Apostelgeschichte 12, 1 - 11
Reihe V: Lukas 7, 11 - 16
Reihe VI: Hebräer 10, 35 - 36. (37 - 38). 39

Liedvorschläge

Eingangslied: EG 450 Morgenglanz der Ewigkeit
Wochenlied: EG 113 O Tod, wo ist dein Stachel nun?
Predigtlied: EG 137 Geist des Glaubens, Geist der Stärke
Schlusslied: EG 398 In dir ist Freude in allem Leide

Predigttext Apostelgeschichte 12, 1 – 11

Der Tod des Jakobus und die Befreiung des Petrus

1 Um diese Zeit legte der König Herodes Hand an einige von der Gemeinde, sie zu misshandeln.

2 Er tötete aber Jakobus, den Bruder des Johannes, mit dem Schwert.

3 Und als er sah, dass es den Juden gefiel, fuhr er fort und nahm auch Petrus gefangen. Es waren aber eben die Tage der Ungesäuerten Brote.

4 Als er ihn nun ergriffen hatte, warf er ihn ins Gefängnis und überantwortete ihn vier Abteilungen von je vier Soldaten, ihn zu bewachen. Denn er gedachte, ihn nach dem Passafest vor das Volk zu stellen.

5 So wurde nun Petrus im Gefängnis festgehalten; aber die Gemeinde betete ohne Aufhören für ihn zu Gott.

6 Und in jener Nacht, als ihn Herodes vorführen lassen wollte, schlief Petrus zwischen zwei Soldaten, mit zwei Ketten ge-fesselt, und die Wachen vor der Tür bewachten das Gefäng-nis.

7 Und siehe, der Engel des Herrn kam herein und Licht leuch-tete auf in dem Raum; und er stieß Petrus in die Seite und weckte ihn und sprach: Steh schnell auf! Und die Ketten fielen ihm von seinen Händen.

8 Und der Engel sprach zu ihm: Gürte dich und zieh deine Schuhe an! Und er tat es. Und er sprach zu ihm: Wirf deinen Mantel um und folge mir!

9 Und er ging hinaus und folgte ihm und wusste nicht, dass das wahrhaftig geschehe durch den Engel, sondern meinte, eine Erscheinung zu sehen.

10 Sie gingen aber durch die erste und zweite Wache und kamen zu dem eisernen Tor, das zur Stadt führt; das tat sich ihnen von selber auf. Und sie traten hinaus und gingen eine Gasse weiter, und alsbald verließ ihn der Engel.

11 Und als Petrus zu sich gekommen war, sprach er: Nun weiß ich wahrhaftig, dass der Herr seinen Engel gesandt und mich aus der Hand des Herodes errettet hat und von allem, was das jüdische Volk erwartete.

(Vorbemerkung: Ich empfehle den Predigttext Apg 12, 1 - 11 als Lesung zu wählen und als Predigttext Apg 12, 12 - 17 zu lesen. Das Engelswunder und die Reaktionen gehören zusammen. Wegen der Länge des ganzen Textes empfehle ich diese Teilung)

 

Liebe Gemeinde,

Beim ersten Lesen

Ich weiß nicht, wie es ihnen beim Hören der Altarlesung gegangen ist? Es ist ja insgesamt eine sehr wundersame Ge-schichte, die uns da aus der frühchristlichen Gemeinde ge-schildert wird. Alles ist gut. Der Engel ist da. Er befreit den Petrus aus den Klauen der herrschenden Macht. Alles ist gut. Wirklich alles?

Ich habe dazu eine kleine spaßige Geschichte gefunden: Zwei Kinder sammeln im Herbst im Hof unseres Gemeindehauses Kastanien: richtig schön große, mit denen man wunderbar basteln kann. Es war windig. Die Früchte fielen nur so vom Baum. Plötzlich fiel eine dem Jungen auf den Kopf. „Aua!“, schrie der auf. Da sagte das Mädchen ganz trocken zu ihm: „Ich habe zu Gott gebetet, dass er auf mich aufpasst. Siehst du, er hat’s getan. Mir fiel keine auf den Kopf.“ Kindliches Vertrauen zeigt sich da. Aber was wäre, wenn die Kastanie dem Mädchen auf den Kopf gefallen wäre?

Erquickend?

Auch wir haben ja eine richtig schöne erbauliche Geschichte gehört. Wunderbar für Herz und Gemüt. Alles ist gut. Aber haben wir da nicht etwas überlesen? Ich jedenfalls; denn die Geschichte beginnt mit der Ermordung des Jakobus, einem anderen Jünger Jesu. Also längst nicht alles gut. Und wir wissen ja: Auch Petrus Leben wird gewaltsam enden.

Entmutigend!

Tatsache ist, dass viele Gefängnistore verschlossen bleiben. Tatsache ist auch, dass die Tyrannen nach wie vor in der Welt ihr Unwesen treiben, dass Menschen eingeschüchtert und verfolgt werden wegen ihres Glaubens, ihrer Hautfarbe, ihrer Gesinnung ganz allgemein. Und dennoch gefällt mir diese Geschichte von Petrus und sie ermutigt mich auch ein Stück weit. Aber der Reihe nach!

Erschütternd

Zunächst berührt mich die Geschichte und erschüttert mich zugleich. Sie ist zuerst eine Geschichte der Verfolgung und Nachstellung. Die ersten Christen kamen in kleinen Gemein-schaften zusammen. Sie haben keine Macht. Sie leben aus der Liebe zu dem, der sie geleitet hat: Jesus, der selbst ans Kreuz gehen musste. In seinem Geist wollen sie weiter leben und tatsächlich auch in die Welt hinein wirken. Sie ver-schreiben sich seiner Macht, der Macht der Liebe. Das passt den Herrschern der Zeit nicht. Beten sie doch nicht sie an, sondern den Sohn Gottes. Ein Dorn im Auge im fernen Rom dem Kaiser Nero und in unserer Geschichte dessen Statt-halter Herodes Antipas. Für ihn sind diese Christen Stören-friede. Sie untergraben die Autorität der Herrschenden. Und deswegen werden sie verfolgt. Ihre Leitfiguren müssen mit allem rechnen, sogar mit dem Tod wie Jakobus.

Bis heute werden Menschen wegen ihres Glaubens verfolgt. Der nahe Osten, die Wiege des Christentums ist schon fast christenfrei. Nicht alle haben die Kraft des Martyriums. Viele sind geflohen. Wenige Standhafte bleiben unter Lebensge-fahr. Ich denke auch an unsere koptischen Geschwister in Ägypten, die immer wieder Nachstellungen und leibhaftigen Tod erleiden müssen.

Aber wir müssen auch bedenken, dass in der Geschichte des Christentums gerade Christen immer wieder zu Verfolgern wurden. Ich möchte diese Perversion der Liebe keineswegs unter den Tisch kehren.

Und es sind auch ganz anders Gläubige, die weltweit Verfol-gungen ausgesetzt sind. Ich erinnere beispielhaft nur an die Rohingya in Myanmar, sunnitische Muslime, die in schreck-licher Weise verfolgt wurden. Und der so hoch sensible Papst Franziskus durfte bei seinem Besuch nicht einmal ihren Namen aussprechen.

Ich bin immer neu erschüttert, mit welcher Brutalität weltweit Menschen von jeweiligen Herrschaftssystemen wegen ihres Glaubens, ihrer Hautfarbe, ihrer Ethnie oder auch ihrer Ein-stellung verfolgt werden.

Und doch ermutigend!

Eingekerkert wie Petrus. An ihm fasziniert mich zunächst, wie ruhig er sein Gefangenensein annimmt. Trotz Ketten und Häschern um sich schläft er gut. Ob es sein Glauben ist, der ihm diese Unerschütterlichkeit gibt? Der Petrus, wie er hier beschrieben wird, kann uns schon Mut machen. Er schläft in der Kraft seines Glaubens, seines Vertrauens. Diese Vorbilder des Glaubens hat es immer wieder gegeben:

Pater Maximilian Kolbe hat sich in Ausschwitz sozusagen im Austausch zur Verfügung gestellt. Ein Familienvater sollte wegen der Flucht einiger KZ-Häftlinge aufgehängt werden. Maximilian Kolbe gibt sein Leben für einen anderen hin und rettet diesem das Leben.

Von Dietrich Bonhoeffer erzählt man, dass er im Wissen um seine Hinrichtung im KZ Flossenbürg seinen Mithäftlingen Mut und Kraft zusprach. Und aus dieser inneren Kraft heraus schreibt er auch seine Briefe mit jenem wunderbaren Wort: „Von guten Mächten wunderbar geborgen erwarten wir ge-trost, was kommen mag. Gott ist mit uns am Abend und am Morgen und ganz gewiss an jedem neuen Tag.“

Und da ist noch etwas ganz Anderes im Text, das Mut macht: die Gefangenen sind nicht allein. Die Gemeinde draußen betet für sie – unerschütterlich. Das Gebet ist das verbindende Mo-ment, das Menschen in Not immer wieder Mut machen kann. Die Bitten werden nicht automatisch zur Wirklichkeit, aber sie haben große Wirkung in Solidarität. Es waren auch die welt-weiten Gebete, die zum Beispiel ein Apartheidsregime in Süd-afrika gestürzt haben.

Und schließlich ermutigt mich, dass Gott in das Weltge-schehen eingreift, auch wenn wir es kaum verstehen können. Auch die betende Gemeinde glaubt nicht an das Wunder. Und doch schickt Gott einen Engel mitten hinein in die Kerker-mauern, mitten hinein in die Welt der Betonköpfe und der Verfolger.

Liebe Gemeinde,

es ist nicht alles gut – ganz und gar nicht. Wo wir auch hin-blicken, sehen wir Unterdrückungen und Nachstellungen, er-leben wir den Kampf gegen die Liebe und Gewalt gegen alle Friedensbemühungen. Und dennoch macht mir der heutige Predigttext Mut, unerschütterlich meinen Glauben zu leben und für die Liebe einzutreten, die keine Grenze kennt. Eine Liebe, die allen Menschen gilt. Für sie einzutreten ist unsere Christenaufgabe. Ich weiß, dass längst nicht alles gut ist. Saint Exupery schreibt einmal: „Bewahre mich vor dem nai-ven Glauben, es müsste im Leben alles glatt gehen. Schenke mir die nüchterne Erkenntnis, dass Schwierigkeiten, Nieder-lagen, Misserfolge, Rückschläge eine selbstverständliche Zu-gabe zum Leben sind, durch die wir wachsen und reifen.“ Auch der Tod des Jakobus war ein solcher Rückschlag in unserer Geschichte. Und trotzdem haben sich Menschen nicht davon abbringen lassen, in der Nachfolge Jesu Christi auf Gott zu setzen, auf die unerschütterliche Macht der Liebe, die selbst Kerkermauern sprengt.

Es ist nicht alles gut, wahrlich nicht; aber ich bin gewiss: Gott wird es gut machen.

Amen

Verfasser: Pfarrer Friedhelm Jakob


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