Schriftlesung: 1. Mose 2,4b-9 (10-14) 15 oder 1. Petrus 5,5c-11
Wochenspruch: Alle eure Sorge werft auf ihn; denn er sorgt für euch. (1.Petr 5,7)
Wochenlied: EG 345 oder 369
Weitere Liedvorschläge: EG 361; 365; 368; 372; 380 ; 612; 619
25 Darum sage ich euch: Sorgt nicht um euer Leben, was ihr essen und trinken werdet; auch nicht um euren Leib, was ihr anziehen werdet. Ist nicht das Leben mehr als die Nahrung und der Leib mehr als die Kleidung? 26 Seht die Vögel unter dem Himmel an: sie säen nicht, sie ernten nicht, sie sammeln nicht in die Scheunen; und euer himmlischer Vater ernährt sie doch. Seid ihr denn nicht viel mehr als sie? 27 Wer ist unter euch, der seines Lebens Länge eine Spanne zusetzen könnte, wie sehr er sich auch darum sorgt?
28 Und warum sorgt ihr euch um die Kleidung? Schaut die Lilien auf dem Feld an, wie sie wachsen: sie arbeiten nicht, auch spinnen sie nicht. 29 Ich sage euch, daß auch Salomo in aller seiner Herrlichkeit nicht gekleidet gewesen ist wie eine von ihnen.
30 Wenn nun Gott das Gras auf dem Feld so kleidet, das doch heute steht und morgen in den Ofen geworfen wird: sollte er das nicht viel mehr für euch tun, ihr Kleingläubigen?
31 Darum sollt ihr nicht sorgen und sagen: Was werden wir essen? Was werden wir trinken? Womit werden wir uns kleiden? 32 Nach dem allen trachten die Heiden. Denn euer himmlischer Vater weiß, daß ihr all dessen bedürft. 33 Trachtet zuerst nach dem Reich Gottes und nach seiner Gerechtigkeit, so wird euch das alles zufallen. 34 Darum sorgt nicht für morgen, denn der morgige Tag wird für das Seine sorgen. Es ist genug, daß jeder Tag seine eigene Plage hat.
Liebe Gemeinde,
mit 70! mit 70! Ja, das darf doch nicht wahr sein! Fahr doch endlich, du Schnecke! Meinst du vielleicht, du hast die Straße für dich gepachtet! Und immer noch Überholverbot! 70! Dabei könnte man hier 130 fahr’n!
Herr X ist auf der Fahrt zu seiner Bank. Und dort hat er einiges abzuklären. Ob er auch alles ausreichend versichert hat? Und vor allen Dingen plagt ihn der Gedanke an die Finanzierung des Neubaus. Seinem Sohn will er neben seinem eigenen Haus ein zweites Haus bauen, daß er später dort wohnen kann - neben ihm. So wird der Kontakt nicht abreißen, und ich werde im Alter versorgt sein, sagt sich Herr X. Schon aus Dankbarkeit muß mein Sohn mich dann versorgen.
Liebe Gemeinde, sorget nicht, sagte Jesus zu seinen Jüngern. Er sagte dies zu ihnen als Aufforderung, ihre bisherige Arbeit aufzugeben, um ihn auf seinem Weg durch Israel zu begleiten. Die Verkündigung des Reiches Gottes war ihre neue, ihre eigentliche Aufgabe und nicht mehr der bisherige Beruf. Den aufzugeben war riskant. Waren sie doch fortan auf die Unterstützung anderer angewiesen. Jesus zeigte anschaulich, wie Gott die Vögel ernährt, wie er die Lilien auf dem Feld auch ohne Arbeit wachsen läßt - und die Jünger konnten Vertrauen fassen, daß er das erst recht auch für sie tun wird.
Später hielt Matthäus diesen Text für die christlichen Gemeinden fest. Da gab es bereits Christen, die seßhaft waren und nicht mehr wie Jesus und die Jünger durch das Land wanderten. Matthäus schrieb zumindest auch für Leute, die weiterhin ihrer bisherigen Tätigkeit nachgingen. Aber er wollte das Vertrauen auf Gott und sein Reich wecken und lädt Christen ein, in diesem Vertrauen mutige Schritte zu gehen. Denn Vertrauen in Gott macht Menschen lebendig, aber Sicherheitsstreben kann Menschen gefangennehmen und lähmen.
Wieviel Mühe macht sich wohl Herr X, um seinen Sohn in seiner Nähe zu halten! Er soll mit einem Haus nebenan dazu gebracht werden, immer in seiner Nähe zu sein. Dieser Plan kostet ihn viel Zeit und Energie. Er bringt ihn in Hektik und Streß. Doch so sehr er sich auch bemühen mag, Sicherheit kann er da nicht erreichen. Sein Sohn ist ein freier Mensch. Und nie kann Herr X sicher sein, daß sein Sohn sich um ihn kümmern und ihm dabei auch menschlich nahe sein wird.
Mag sein, daß in dem Auto vor ihm, das da so langsam fährt, ein Pärchen sitzt, das frisch verliebt die gemeinsame Fahrt in Ruhe genießt. Soviel Zeit möchte ich auch einmal haben!, tobt da Herr X. Aber vielleicht fällt ihm dabei auch ein, daß sein Sohn eigene Wege gehen wird. Und vielleicht wird sein Sohn sich für eine Partnerschaft anders orientieren als es Herrn X in sein Konzept paßt. Bei dem Gedanken könnte Herrn X klarwerden, wie vergeblich sein Streben, den Sohn festzuhalten, ist.
Sorgen können Menschen erdrücken. Das Streben, das Leben möglichst ganz im Griff zu haben - die Ziele sicher zu erreichen - macht uns starr und leblos. Wir sind nicht mehr beweglich, sondern ganz auf Sicherheit fixiert. Nicht wir haben dann mehr die Sache im Griff, sondern vielmehr die Sache uns.
Viele meinen, liebe Gemeinde, sie müßten ihr Leben ganz und gar im Griff haben. Doch das kann eh und je keiner. Die totale Sicherheit gibt es nicht. Und wenn es sie gäbe, dann wären wir auch ganz und gar festgelegt auf ein Verhalten, ein Leben, das ihr entspricht. Unsere Freiheit ginge damit verloren.
Gut, wenn die Blumen oder die Vögel am Straßenrand Herrn X an den Predigttext erinnern. Der Gedanke daran, daß Gott Blumen und Vögel auch ohne Sicherheitsstreben erhält, kann auch ihm neues Vertrauen schenken. Und dieses Vertrauen mindert die Angst - auch die Angst, später einmal verlassen zu sein. Gott hat viele Wege, Herrn X Nähe und Unterstützung für sein Alter zu schenken. Dazu braucht es nicht unbedingt ein Haus nebenan. Noch nicht einmal unbedingt seinen Sohn. Und es braucht schon gar nicht die List, seinen Sohn mit solch einem Haus zu ködern und festzuhalten.
„Trachtet zuerst nach dem Reich Gottes und nach seiner Gerechtigkeit“, so steht es im Predigttext. Sicherheitsstreben kann uns die richtige Ausrichtung kaputtmachen. Denn wir dürfen uns ausrichten auf das, was Gott bei uns wachsen lassen will. Nicht Wut über unerreichbare Sicherheit soll uns bestimmen, sondern das Vertrauen, daß Gott bei uns Frieden und Gerechtigkeit wachsen läßt. Sein Reich kann bei uns schon anfangen.
Mag sein, daß Herr X jetzt endlich einmal ein offenes Gespräch mit seinem Sohn wagt und von seiner Angst vor dem Älterwerden spricht - und von seiner Angst, dann allein zu sein. Mag sein, daß der Sohn dann seinen Vater endlich einmal ehrlich erlebt und nicht nur hektisch und vielbeschäftigt. Möglich, daß so ein gutes Miteinander wächst - wie Gott es uns schenken kann. Und Herr X muß nicht mehr so hetzen und wüten. Vielleicht kann er sich sogar an dem jungen Paar im Auto vor sich freuen.
Jesus forderte von seinen Jüngern, die Arbeit aufzugeben, um mit ihm durch das Land zu gehen. So ist er heute nicht mehr bei uns, daß wir mit ihm durch das Land ziehen könnten. Aber die Einladung, im Vertrauen auf Gott zu leben, wie sie auch Matthäus weitergibt, die bleibt: Laßt euch nicht von den Sorgen und vom Sicherheitsstreben gefangennehmen. Wagt es, als freie Kinder Gottes mutige Schritte auf sein Reich hin zu tun. Gott ist für euch wie ein guter Vater und eine gute Mutter. Ihr dürft vertrauen.
„Seht die Vögel unter dem Himmel an: sie säen nicht, sie ernten nicht, sie sammeln nicht in Scheunen; und euer himmlischer Vater ernährt sie doch. Seid ihr denn nicht viel mehr als sie?“
Amen.
Pfarrvikar Stefan Koch
Kirchgasse 39, 55234 Kettenheim
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Markgrafenstraße 14, 60487 Frankfurt/Main,
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Pfarrer Dr. Matthias Rost
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