Gottes Ruf gilt gebrochenen Existenzen
von Iris Schmitt (Einöllen)
Predigtdatum
:
28.01.2018
Lesereihe
:
ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr
:
Septuagesimae
Textstelle
:
Jeremia 9,22-23
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Wochenspruch:
"Wir liegen vor dir mit unserem Gebet und vertrauen nicht auf unsere Gerechtigkeit, sondern auf deine große Barmherzigkeit." (Daniel 9, 18)
Psalm: 31 (EG 716)
Lesungen
Reihe I: Matthäus 20, 1 - 16 a
Reihe II: 1. Korinther 9, 24 - 27
Reihe III: Lukas 17, 7 – 10
Reihe IV: Jeremia 9, 22 - 23
Reihe V: Matthäus 9, 9 - 13
Reihe VI Römer 9, 14 - 24
Liedvorschläge
Eingangslied: EG 166, 1 - 3 Tut mir auf die schöne Pforte
Wochenlied: EG 409, 1 - 8 Gott liebt diese Welt
Predigtlied: EG 355, 1 - 5 Mir ist Erbarmung widerfahren
Schlusslied: EG 288, 5 - 7 Nun jauchzt dem Herren
Predigttext Jeremia 9, 22 - 23
Das rechte Rühmen
22 So spricht der Herr: Ein Weiser rühme sich nicht seiner Weisheit, ein Starker rühme sich nicht seiner Stärke, ein Reicher rühme sich nicht seines Reichtums.
23 Sondern wer sich rühmen will, der rühme sich dessen, dass er klug sei und mich kenne, dass ich der Herr bin, der Barmherzigkeit, Recht und Gerechtigkeit übt auf Erden; denn solches gefällt mir, spricht der Herr.
Anmerkung: Der Predigttext wird sowohl am Anfang vor der Predigt als auch noch einmal im ersten Teil der Predigt selbst gelesen!
Liebe Gemeinde,
mit den Präparandinnen und Präparanden, die sich zur Kon-firmandenarbeit jedes Jahr anmelden, starten wir immer mit einer Einheit über unseren Gottesdienst. Um sich gleich „an-genommen“ und „angekommen“ zu fühlen, finde ich das auch wichtig. Hier kommt Gemeinde zusammen, Kleine und Große, Alte und Junge.
Wir sehen uns gemeinsam die Liturgie, den Gottesdienstab-lauf, an und probieren auch vieles davon aus. Eine/r der Ju-gendlichen leitet die Psalmlesung, sie sprechen Gebete im Wechsel, gemeinsam stimmen wir ins Glaubensbekenntnis und Vater unser ein, wir singen gemeinsam.
Hier spüren die Jugendlichen schon etwas von Gemeinschaft und Gabenvielfalt. Und es kommen dann auch erste Fragen und Anmerkungen auf.
Was macht Christ-Sein eigentlich aus?
[Bis zur Frage „Was macht Christ-Sein eigentlich aus?“ können auch andere, eigene Beispiele aus dem persönlichen Umfeld ge-nommen werden!]
Und die jungen Menschen merken, dass Christen für eine endgültige Antwort ein Leben lang auf der Suche und auf dem Weg sind – immer wieder auch mit notwendigen „Kurskorrekturen“.
Aber es tut auch gut, vorläufige Antworten zu finden.
Eine unerschöpfliche Quelle auf der Suche und zum Finden von Antworten ist die Bibel – für Christen die „erste Adresse“ bei der Suche!
Im Ersten, im Alten Testament, schreibt einer der Propheten – Jeremia – in den letzten Jahren seines selbständigen Staa-tes Juda.
Und er versucht seinen Leuten klar zu machen, was nun, kurz vor dem Untergang des Volkes, notwendig ist:
22 So spricht der HERR: Ein Weiser rühme sich nicht seiner Weisheit, ein Starker rühme sich nicht seiner Stärke, ein Reicher rühme sich nicht seines Reichtums.
23 Sondern wer sich rühmen will, der rühme sich dessen, dass er klug sei und mich kenne, dass ich der HERR bin, der Barmherzigkeit, Recht und Gerechtigkeit übt auf Erden; denn solches gefällt mir, spricht der HERR.
Mitten in der schwierigen Situation schreibt der Prophet klar und deutlich, was wesentlich ist in seinem Leben.
Er sieht die Mächtigen seiner Zeit – quasi im Dauerwahl-kampf – sich selbst rühmen.
Und zwar nicht nur die Politiker, nein, auf allen Ebenen spielt sich dieses Verhalten ab.
Wer in Wissenschaft, Politik, Wirtschaft oder Religion etwas ist, verbringt viel Zeit damit, etwas herzumachen.
Am Ende unseres Textes steht das Entscheidende ‚So spricht der Herr‘.
Der Prophet kann nicht aus eigener Kraft reden.
Er kann nur reden, weil Gott ihn sendet.
Und auch dann nicht mit Macht und Pracht, sondern in Demut und in der gebührenden Bescheidenheit und Selbstzurück-nahme.
Und trotzdem – oder doch wohl gerade deshalb – trifft sein Wort. Es trifft und betrifft die, die Macht haben und weist sie in ihre Schranken. Solche Worte zu finden, ist eine Gabe Gottes.
Der Prophet weiß sich bei all seinem Reden von „oben“ gelei-tet.
„So spricht der Herr!“
Das ist die prophetische Einleitung der Verkündigung des göttlichen Boten.
„So spricht der Herr!“
Für uns Christen ist das Erste, Alte Testament Bestandteil unserer Heiligen Schrift.
Im Neuen Testament wird diese prophetische Einleitung von Jesus Christus verkörpert: „Jesus Christus spricht!“
Der Motor, der Reden und Tun am Laufen hält, der Motor, der gesellschaftliches Leben trägt und gedeihen lässt, ist da-bei die Liebe. Im Doppelgebot der Liebe fasst Jesus die 10 Gebote – Gottes Richtschnur für seine menschlichen Ge-schöpfe – zusammen:
„Du sollst den HERRN, deinen Gott, lieben von ganzen Her-zen, von ganzer Seele, mit aller Kraft und mit ganzem Ge-müt; und du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.“
In diesem Dreiklang leben wir als einzelne Christen und in der christlichen Gemeinschaft am Ort und weltweit.
Wenn wir uns selbst angenommen wissen, geliebt wissen, dann fällt es auch nicht schwer, auf den und die Anderen zuzugehen – ihnen die Hand zu reichen, ihnen Hilfe und Un-terstützung zukommen zu lassen.
Solche Wohltaten werden dann auch – im Geiste der Nächs-tenliebe – uns selbst zukommen, wenn wir diese Unterstüt-zung brauchen.
Kirche und christliche Gemeinschaft lebt von Gottes Wort der Heiligen Schrift und der Liebe zu den Nächsten wie zu sich selbst.
Kirche ist immer „Kirche für Andere“, wie es Dietrich Bonho-effer in den finsteren Zeiten unseres Landes gesagt. Sein Kontext damals war der Umgang mit und das Eintreten für die jüdischen Brüder und Schwestern des ersterwählten Vol-kes Israel. „Nur wer für die Juden schreit, darf auch grego-rianisch singen!“ In diesem Zusammenhang ist diesem Wort bis heute nichts hinzuzufügen!
Schöne Gottesdienste feiern darf nur der, der nicht zu Un-recht schweigt.
23 Wer sich rühmen will, der rühme sich dessen, dass er klug sei und mich kenne, dass ich der HERR bin, der Barm-herzigkeit, Recht und Gerechtigkeit übt auf Erden; denn sol-ches gefällt mir, spricht der HERR.
Zum Leben gehört mehr als Essen und Trinken!
Insgesamt möchte der Prophet die Menschen zum Leben verlocken, das höhere Ansprüche stellt, als den, dass es nur dem Einzelnen gut geht.
Der Prophet leidet unter dem Auftrag Gottes.
Aber er muss ihn ausführen.
Gottes Wille steht in Konkurrenz zu all den Tempelpropheten, die sich selbst einen guten Namen machen wollen.
Jeremia verkündet Gottes „Wunschliste“:
Dass im Mittelpunkt unseres Selbstbewusstseins nicht wir selber stehen, sondern das Bewusstsein, dass wir wissen, dass wir einen Herrn haben.
Damit dürfen wir angeben.
Dessen können wir uns wirklich rühmen.
Das ist ein kompletter Perspektivwechsel.
Zu erkennen, dass eigene Leistungen wichtig, aber nicht we-sentlich sind, sondern das, was Gott an uns tut, mit uns macht.
Eigenlob stinkt – heißt es zu Recht.
Sich seiner selbst rühmen ist nichts Anderes als angeben – und doch müssen wir auch zugeben, dass wir das gerne tun.
Vielleicht nicht so großspurig, aber unterschwellig: „Habe ich das nicht gut gemacht?“
Ich denke, wir Menschen brauchen ab und zu die Bestätigung auch unseres Tuns und Schaffens. Ich persönlich finde, dass das auch nicht von Grund auf verwerflich ist. Wichtig ist, dass wir das richtige Maß und das richtige Ziel auch dabei nicht aus den Augen verlieren, nämlich:
Gottes Willen in seinen Geboten und in den Worten und Taten Jesu in unserem Leben wirksam werden zu lassen – uns und allen, die uns anvertraut sind, zugute!
Der Prophet Jeremia nennt dies „Sich des Herrn rühmen“.
Übersetzt für uns heißt das:
Gott danken für seine Liebe zu uns.
Unserer Gemeinde danken für das gemeinsame Gebet und die gemeinsam gelebte Liebe im Gottesdienst und überall dort, wo Gemeinde darüber hinaus zusammen kommt.
Dankbar bleiben für die Gaben Gottes und mit ihnen leben!
23 Wer sich rühmen will, der rühme sich dessen, dass er klug sei und mich kenne, dass ich der HERR bin, der Barm-herzigkeit, Recht und Gerechtigkeit übt auf Erden; denn sol-ches gefällt mir, spricht der HERR.
Es ist ein beeindruckendes Wort der Leidenschaftlichkeit Got-tes, der um sein Volk kämpft. Der darunter leidet, dass zwar Ochs und Esel wissen, wo sie hingehören, sein Volk, die Men-schen, die zu ihm gehören, aber orientierungslos umherlau-fen und tun, was sie wollen.
Ihnen sendet er seinen Propheten, um sie wieder auf die richtige Fährte zu setzen.
Nicht angeben mit der eigenen Schönheit, Weisheit oder Ver-nunft.
Auch nicht mit der tollen Sportlichkeit, Geschicklichkeit oder dem Erfindungsreichtum.
Sondern:
• Dankbar sein, dass ich Familie, Freundinnen und Freunde habe.
• Dankbar, dass ich Gaben habe, mit denen sich Leben gut gestalten lässt für mich selbst und für die Gemeinschaft.
• Dankbar bleiben, dass Gott mir so Vieles schenkt an Liebe und Freundschaft.
In jedem Gottesdienst singen wir das Lob Gottes, wenn wir sein Wort gehört haben, wenn seine Botschaft angekommen ist bei uns. Wir dürfen loben mit Worten und Taten – Men-schen und Gott.
Wichtig bleibt, dass im Mittelpunkt allen Dankes und Lobens nicht wir selber stehen, sondern der, der uns mit Gaben ver-sehen hat, sodass wir sie entfalten und leben können.
Halleluja – und Amen!
Verfasserin: Pfarrerin Iris Schmitt
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