Heilung an Leib und Seele
von Stefan Volkmann (69488 Birkenau)
Predigtdatum
:
28.09.2008
Lesereihe
:
ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr
:
18. Sonntag nach Trinitatis
Textstelle
:
2. Mose 34,4-10
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Wochenspruch:
Heile du mich, Herr, so werde ich heil; hilf du mir, so ist mir geholfen.
(Jeremia 17,14)
Psalm: 32,1-5.10-11 (EG 717)
Lesungen
Altes Testament:
2. Mose 34,4-10
Epistel:
Epheser 4,22-32
Evangelium:
Markus 2,1-12
Liedvorschläge
Eingangslied:
EG 637
Alle Knospen springen auf
Wochenlied:
EG 320
Nun lasst uns Gott dem Herren Dank sagen und ihn ehren
Predigtlied:
EG 289
Nun lob mein Seel, den Herren
Schlusslied:
EG 304,5-6
Lobet den Herren
Hinführung:
Der Predigttext ist ein Ausschnitt aus dem größeren Erzählzusammenhang der Exoduserzählung und des Lagerns des Volkes Israel am Sinai. Zum Kontext: Die Israeliten lagern am Berg Sinai, und Mose empfängt dort die 10 Gebote als Wegweisung zum Leben von Gott. Doch während Mose noch bei Gott auf dem Sinai weilt, stellen die Israeliten unter der Führung Aarons ein goldenes Kalb her, das sprichwörtlich in unsere Umgangssprache als Redewendung eingegangen ist. Mit dem goldenen Kalb hat das Volk einen sichtbaren Gott oder vielmehr einen greifbaren Götzen. So verstößt das Volk Israel, kaum hat es die Gebote empfangen, gegen das erste Gebot in flagranti. Der Predigttext ist Fortsetzung und Gegengeschichte gegen die Erzählung vom Goldenen Kalb – Fortsetzung, da Gott den vom Volk Israel gebrochenen Bund von sich aus erneuert, freilich nicht, ohne auf Strafe zu verzichten – Gegengeschichte, da Mose dem lebendigen Gott begegnen darf, doch so, dass Mose im Gegensatz zum toten goldenen Kalb das Angesicht Gottes nicht sehen darf, aber Gott in seinem Wort und seinen Geboten begegnet.
Liebe Gemeinde!
Manchmal reden wir vom „Tanz um das goldene Kalb“. Der „Tanz um das goldene Kalb“ – das ist eine biblische Geschichte, die in den Schatz unserer alltäglichen Redewendungen in der deutschen Sprache eingegangen ist. Wie war noch die Geschichte vom goldenen Kalb in der Bibel? Zur Erinnerung: Das Volk Israel war unter der Führung des Mose nach dem Auszug aus Ägypten am Berg Sinai in der Wüste angelangt. Am Sinai nun steigt Mose auf den Berg hinauf, verweilt dort 40 Tag und Nächte und empfängt von Gott die beiden Steintafeln mit den 10 Geboten als Wegweisung zum guten Leben. Diese 10 Gebote, die Mose empfängt, beginnen bekanntlich mit: „Ich bin der Herr, dein Gott, der ich dich aus Ägyptenland, aus der Knechtschaft geführt habe. Du sollst keine anderen Götter haben neben mir.“
Zur gleichen Zeit am Fuße des Berges: Das Volk Israel, nun ohne Mose schon viele Tag und Nächte führungslos und unsicher, fleht Moses Bruder Aaron an, einen sichtbaren Gott zu schaffen. Und so machen sie sich ein sichtbares Götzenbild aus dem Gold goldener Ohrringe und feiern ein rauschendes Fest mit Tanz und Trank, der berühmte „Tanz um das goldene Kalb“. Während Mose auf dem Berg die zwei Steintafeln mit den 10 Geboten empfängt, werden diese im Tal schon gebrochen. So erzählt es die Bibel.
Dass diese biblische Geschichte vom „Goldenen Kalb“ zur Redewendung vom „Tanz um das goldene Kalb“ geworden ist, zeigt, dass die Geschichte nicht nur etwas erzählt, was in grauer Vorzeit geschehen ist, sondern etwas erzählt, was auch heute geschieht. Auch wir heute stellen unsere „Goldenen Kälber“ auf und setzen sie an die Stelle, an der Gott eigentlich sein sollte. Aber was sind denn unsere „Goldenen Kälber“ heute? Da fällt uns möglicherweise vieles ein, über das wir schimpfen können: Protz und Reichtum, schwere Geländewagen. Aber was ist denn daran eigentlich das „goldene Kalb“, das an der Stelle Gottes steht? Dazu müssen wir besser fragen: „Was ist den Gott?“ Denn so gefragt, erkennen wir, was an unseren Dingen heute das „Goldene Kalb“ ist. Also: „Was ist Gott?“
Martin Luther hat dies einmal so erklärt: „Woran du dein Herz hängst, dass ist dein Gott.“ – „Woran du dein Herz hängst, dass ist dein Gott.“ Einmal Hand aufs Herz: ist das Wichtigste in deinem Leben das gefüllte Bankkonto und orientierst du dein Handeln an deinem gefüllten Bankkonto, dann ist das Geld dein Gott, – oder wie es Marius Müller-Westernhagen einmal gesungen hat: „Glaubst du an den lieben Gott? Ich glaube an die Deutsche Bank, denn die zahlt aus in bar.“ Oder: Bestimmen dein Herz und dein Handeln die Horoskope in den Zeitungen, dann sind die Sterne dein Gott. Wir können natürlich noch andere Kandidaten für den Posten „mein Gott“ oder „mein goldenes Kalb“ ansehen: Ruhm, Ehre, Erfolg, Karriere, das Ergebnis ist immer das gleiche: Woran wir unser Herz hängen, das ist unser Gott oder unser „Goldenes Kalb“. Wenn ich mein Herz doch lieber an Macht und Ehre hänge als an Gott und seinen Willen, dann ist Geld und Macht mein Gott. „Mein Haus, mein Boot, mein Schaukelpferd.“ Das ist mein Gott.
Das Schaukelpferd des Volkes Israel war das Götterbild des „Goldenen Kalbes“. Und Mose, hinabgestiegen vom Berg, zerschmettert im Anblick des „Tanzes um das goldene Kalb“ die beiden Steintafeln in heiligem Zorn, da liegen die Gebote gleich doppelt zertrümmert auf dem Boden, zertrümmert durch das Handeln das Volkes Israel und zertrümmert als Steintafeln.
Doch eine Frage steht offen: Wie verhält sich Gott nun gegenüber der Missachtung seiner Gebote, damals und heute? Bildlich liegen Gottes Gebote zertrümmert am Boden: Was geschieht nun mit Gottes Geboten? Und was geschieht mit denen, die Gottes Gebote empfangen haben und sie nicht achten? Also: Wie verhält sich Gott gegenüber der Missachtung seiner Gebote, damals und heute?
Dort setzt der heutige Predigttext ein. Der heutige Predigttext steht im 2. Buch Mose, im 34. Kapitel, die Verse 4- 10. Gott bestellt Mose ein weiteres Mal auf den Berg, um die Tafeln mit den Geboten neu zu schreiben:
4 Und Mose hieb zwei steinerne Tafeln zu, wie die ersten waren, und stand am Morgen früh auf und stieg auf den Berg Sinai, wie ihm der HERR geboten hatte, und nahm die zwei steinernen Tafeln in seine Hand.
5 Da kam der HERR hernieder in einer Wolke, und Mose trat daselbst zu ihm und rief den Namen des HERRN an. 6 Und der HERR ging vor seinem Angesicht vorüber, und er rief aus: HERR, HERR, Gott, barmherzig und gnädig und geduldig und von großer Gnade und Treue, 7 der da Tausenden Gnade bewahrt und vergibt Missetat, Übertretung und Sünde, aber ungestraft lässt er niemand, sondern sucht die Missetat der Väter heim an Kindern und Kindeskindern bis ins dritte und vierte Glied!
8 Und Mose neigte sich eilends zur Erde und betete an 9 und sprach: Hab ich, HERR, Gnade vor deinen Augen gefunden, so gehe der Herr in unserer Mitte, denn es ist ein halsstarriges Volk; und vergib uns unsere Missetat und Sünde und lass uns dein Erbbesitz sein. 10 Und der HERR sprach: Siehe, ich will einen Bund schließen: Vor deinem ganzen Volk will ich Wunder tun, wie sie nicht geschehen sind in allen Landen und unter allen Völkern, und das ganze Volk, in dessen Mitte du bist, soll des HERRN Werk sehen; denn wunderbar wird sein, was ich an dir tun werde.
Wie verhält sich Gott gegenüber der Missachtung seiner Gebote, damals und heute? Auf diese Frage, die ich gestellt habe, gibt der Predigttext Antwort. In drei Schritten möchte ich die Antwort entfalten:
1. Gottes Gebote gelten auch weiterhin!
Gott hält an seinen Geboten fest, er lässt sie nicht zertrümmert im Staube liegen. Er lässt Mose die Gebote noch einmal aufschreiben. Gott sagt zu sich nicht: „Das Volk ist sowieso nicht in der Lage, diese Gebote zu halten, also gebe ich ihm leichtere Gebote oder gar keine.“ Nein, Gottes Gebote sind zwar zertrümmert worden, aber sie gelten weiter, weil sie gut sind und weil sie Wegweiser zu einem wirklich guten Leben sind. Die 10 Gebote führen zu einem guten Leben. Ohne die Beachtung der 10 Gebote führen wir Menschen ein schlechtes Leben. Deshalb gelten ja die 10 Gebote, weil unser Leben als Gesellschaft nur dann gut sein kann, wenn wir die 10 Gebote beachten, dann, wenn wir nicht töten, nicht stehlen, den Feiertag achten, usw. Gottes Gebote gelten, weil sie gut sind, auch wenn die Israeliten damals und wir heute gegen sie verstoßen.
Was ist aber mit den Israeliten und uns, die wir immer wieder Gottes Gebote missachten. Das Volk Israel hat mit dem „Goldenen Kalb“ gegen Gottes Gebote verstoßen, verstößt Gott nun auch das Volk?
2. Gott lässt die Übertretung nicht ungestraft!
Gott übersieht nicht die schlechte Tat der Israeliten, ihren Tanz um das Goldene Kalb. Und Gott übersieht auch nicht einfach unsere schlechten Taten. Denn es ist für Gott nicht einfach egal, was ich tue oder lasse. Gottes Gebote gelten. Wenn ich mir mein „Goldenes Kalb“ errichte, wenn ich mein Herz an Dinge hänge, die den Platz Gottes nicht verdient haben, weil sie dies nicht wert sind, dann kann dies Gott nicht recht sein. Deshalb kann das Schlechte, unsere „Goldenen Kälber“, vor den Augen Gottes nicht bestehen bleiben. Gott muss darüber richten. Die Schuld kann er nicht einfach übersehen. Dies gilt für das Volk Israel damals wie für uns heute: „Ungestraft lässt er niemand“, sagt Gott zu Mose am Sinai. Die Übertretung seiner Gebote muss Gott ernst nehmen und strafen.
Aber die Strafe ist für Gott nicht das Letzte und Entscheidende. Wir sind für Gott mehr als die Summe unserer Taten, schon gar nicht unserer schlechten. Wir sind für ihn mehr als die „Goldenen Kälber“, die wir errichten. Gott will uns nicht vernichten, sondern er will bei uns sein, trotz unserer „Goldenen Kälber“. Gott bleibt bei uns und vergibt uns, weil er barmherzig ist. Dies ist das Entscheidende: Gott hält am Volk Israel und an uns fest, weil er in seinem Wesen barmherzig und gnädig ist. Das ist die dritte und wichtigste Antwort auf die Frage: Wie verhält sich Gott gegenüber der Missachtung seiner Gebote, damals und heute?
3. Gott ist barmherzig und gnädig, weil dies seinem Wesen entspricht!
Für Gott ist nicht die menschliche Schuld, für Gott sind nicht unsere „Goldenen Kälber“, die wir umtanzen, das Letzte und Entscheidende, und dann ist Schluss in der Beziehung zwischen Mensch und Gott. Nein, Gottes Liebe ist größer als unsere „Goldenen Kälber“, weil dies Gottes Wesen entspricht. Gott ist in sich selbst Liebe, und er ist in sich selbst barmherzig und gnädig. Wie Gott in sich selbst ist, so verhält er sich auch. Deshalb ist er auch gegenüber dem Volk Israel, das seine Gebote mit dem „Goldenen Kalb“ mit Füßen getreten hat, barmherzig und verstößt es nicht, sondern vergibt die Schuld, ja noch vielmehr: Gott will dem Volk Wunderbares zeigen.
Das ist das Wunderbare an Gott: vor Gott zählt nicht die Schuld, alles das, was die Israeliten falsch gemacht haben, das „Goldene Kalb“, das sie sich errichtet haben. Dies nimmt Gott sehr wohl wahr und duldet es nicht. Aber Gottes Liebe ist größer. Er vergibt ganz von sich aus. Vielmehr: Gott will in seiner Treue Wunderbares zeigen. Gottes Beziehung mit Israel endet nicht mit dem „Tanz um das Goldene Kalb“. Gott tut Wunderbares: er führt Israel trotzdem vom Sinai in das gelobte Land, weil er in sich selbst barmherzig, gnädig und treu ist.
Und wir? Wir können vertrauen und Ausschau danach halten, wo Gott uns barmherzig, und gnädig führt trotz unserer vielen „Goldenen Kälber“, weil Gott in sich selbst barmherzig und gnädig ist.
Amen.
Verfasser: Pfarrer Dr. Stefan Volkmann, Schimbacher Str. 4, 69488 Birkenau
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