Hingabe - einer für alle
von Ronny Hillebrand (99638 Kindelbrück)
Predigtdatum
:
18.03.2018
Lesereihe
:
ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr
:
Lätare
Textstelle
:
4. Mose 21,4-9
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Wochenspruch:
"Der Menschensohn ist nicht gekommen, dass er sich dienen lasse, sondern dass er diene und gebe sein Leben zu einer Erlösung für viele." (Matthäus 20, 28)
Psalm: 43 (EG 724)
Lesungen
Reihe I: Markus 10, 35 - 45
Reihe II: Hebräer 5, 7 - 9
Reihe III: 1. Mose 22, 1 – 13
Reihe IV: 4. Mose 21, 4 - 9
Reihe V: Johannes 11, 47 - 53
Reihe VI Hebräer 13, 12 - 14
Liedvorschläge
Eingangslied: EG 93 Nun gehören unsre Herzen ganz dem Mann von Golgatha
Wochenlied: EG 76 O Mensch, bewein dein Sünde groß
Predigtlied: EG 97 Holz auf Jesu Schulter
Schlusslied: EG 171 Bewahre uns, Gott
Predigttext 4. Mose 21, 4 - 9
Mose richtet die eherne Schlange auf
Da brachen sie auf von dem Berge Hor in Richtung auf das Schilfmeer, um das Land der Edomiter zu umgehen. Und das Volk wurde verdrossen auf dem Wege und redete wider Gott und wider Mose: Warum habt ihr uns aus Ägypten ge-führt, dass wir sterben in der Wüste? Denn es ist kein Brot noch Wasser hier, und uns ekelt vor dieser mageren Speise.
Da sandte der HERR feurige Schlangen unter das Volk; die bissen das Volk, dass viele aus Israel starben. Da kamen sie zu Mose und sprachen: Wir haben gesündigt, dass wir wider den HERRN und wider dich geredet haben. Bitte den HERRN, dass er die Schlangen von uns nehme. Und Mose bat für das Volk. Da sprach der HERR zu Mose: Mache dir eine eherne Schlange und richte sie an einer Stange hoch auf. Wer gebissen ist und sieht sie an, der soll leben. Da machte Mose ein eherne Schlange und richtete sie hoch auf. Und wenn jemanden eine Schlange biss, so sah er die eher-ne Schlange an und blieb leben.
Predigt
Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserm Vater, und dem Herrn Jesus Christus! Amen.
"Die Würde des Menschen", liebe Gemeinde, "ist unantast-bar." So heißt es im 1. Artikel unseres Grundgesetzes. (Sehr anschaulich wäre es, wenn an dieser Stelle eine Ausgabe des Grundgesetzes hochgehalten werden könnte.) "Die Würde des Menschen ist unantastbar." Wie mögen Menschen zu solchen erhabenen Worten gefunden haben? Indem sie sich zurücknehmen. Denn genau betrachtet steht ja diesem Ge-setz noch etwas voran, oder besser: über diesem allen, nämlich die Präambel. Dort lesen wir: "Im Bewusstsein sei-ner Verantwortung vor Gott und den Menschen, ... hat sich das deutsche Volk ... dieses Grundgesetz gegeben."
Unsere einzelnen Paragraphen, von Menschen geschrieben, berufen sich gleichsam auf ein höheres Recht. Das große erhabene Recht und die einzelnen Gesetze: im Idealfall ent-sprechen sie einander. Für den Juristen ist es ein besonderer Augenblick, wenn es ihm durch den Paragraphendschungel hindurch gelingt, einem Menschen und gar Justitia selbst, zum Recht zu verhelfen. Justitia, die Göttin des Rechts. Dar-gestellt mit einer Waagschale und mit verbundenen Augen. Denn sie urteilt ohne Ansehen der Person.
Und wie oft bin ich dennoch selbst versucht, Justitia meine eigenen gewichtigen Gründe in die Waagschale zu werfen. Recht wird mitunter ganz legal mit Hilfe der Gesetze ge-beugt. Auch die Nationalsozialisten hatten Gesetze. Menschen jüdischen Glaubens wurden damit ganz legal ausgegrenzt. Rechtens war das allerdings nicht. Recht haben und Recht kriegen kann daher zweierlei sein.
Wie bald kann ich zum Nörgler werden und verdrießen. "Wa-rum hast du uns aus Ägypten geführt?" So fährt das Volk Mose an. Und weiter: "Dass wir sterben in der Wüste. Uns ekelt vor dieser Speise! Wären wir doch in Ägypten geblie-ben, bei den Fleischtöpfen." Heute, liebe Gemeinde, heißt es dann: "Wäre nur alles beim Alten geblieben, dann wüssten wir wenigstens, woran wir sind, wie schlecht wir dran sind. Und schließlich war zu DDR-Zeiten (oder: in früheren Zeiten) ja nicht alles schlecht."
Mich, liebe Schwestern und Brüder, erschrecken diese Äuße-rungen, so menschlich sie auch sein mögen. Denn sie schau-en nicht nach vorn auf das höhere Recht, die Verantwortung vor Gott und den Menschen. Sie vergiften vielmehr das Kli-ma. Manchenorts ziehen sich 50 % der Menschen aus ihrer Verantwortung als Wählerinnen und Wähler zurück. Fast schon mit Stolz sagt dann jemand: "Ich bin auch nicht zur Wahl gegangen." Mir liegt dann auf der Zunge, zu fragen, ob er oder sie dies zu DDR-Zeiten (oder: in früheren Zeiten) auch so getan und gesagt hat.
Die Stimmung, liebe Gemeinde, ist vergiftet, wenn Menschen sich von der Verantwortung zurückziehen, aber dann gleich-zeitig über die herziehen, die Verantwortung übernehmen. Und, ja, liebe Schwestern und Brüder, auch bei verantwortli-chem Handeln kann ich Fehler machen. Doch sich ganz aus allem herauszuhalten, ist der weit größere Fehler. Denn die Stimmung wird vergiftet. Bei Mose heißt es ganz plastisch: "Der HERR sandte feurige Schlangen unter das Volk; die bis-sen das Volk."
Immerhin ist dann zu lesen, dass ein Unrechtsbewusstsein aufkam, wenn es weiter heißt: Da kamen sie zu Mose und sprachen: Wir haben gesündigt, dass wir wider den HERRN und dich geredet haben. Bitte den HERRN, dass er die Schlangen von uns nehme." Im weiteren Text lesen wir: "Und Gott spricht: Mache eine eherne Schlange und richte sie an einer Stange hoch auf. Wer gebissen ist, und sieht sie an, soll leben."
Hoch aufgerichtet wird das Recht, wenn einzelne Gesetze nicht dem Eigennutz geopfert werden, sondern Justitia und der Verantwortung vor Gott und den Menschen dienen. Selbstverständlich ist dies keinesfalls. Als im Stasigefängnis in Berlin-Hohenschönhausen ehemalige politische Häftlinge und ihre Peiniger zusammentrafen, zeigten die Stasimitarbei-ter keinerlei Unrechtsbewusstsein. Sie glaubten vielmehr, weil die Gesetzeslage damals so war, dass sie bis heute Recht haben.
Mit Justitia, die mit verbunden Augen das Urteil ohne Anse-hen der Person spricht, hat das nichts zu tun. Ebenso wenig mit dem großen Recht und der Verantwortung vor Gott und den Menschen. Doch Gottes Recht steht und wird stehen bleiben.
Judica - "Schaffe mir Recht!" Letztlich wird es zu Recht ge-bracht, mit Gottes Recht, bei dem der Zeuge wie der Staatsmann schwört. Und wenn ich nicht mehr weiterweiß, wenn ich nicht mehr zwischen Recht und Unrecht schlichten kann, dann möge ER mir zur Seite stehen, der gerecht rich-tet; so wahr mir Gott helfe!
Und der Friede Christi, der höher ist als all unsere Vernunft, der bewahre uns in Christus Jesus, unseren Herrn.
Amen
Tagesgebet
Vater im Himmel,
du bist die Hoffnung der Bedrängten:
Sieh freundlich auf deine Gemeinde / Kirche,
bewahre sie in der Zeit und leite sie in die Ewigkeit.
Darum bitten wir dich durch Jesus Christus, deinen lieben Sohn, der mit dir und dem Heiligen Geist lebt und regiert
von Ewigkeit zu Ewigkeit.
Amen
(Evangelisches Gottesdienstbuch, S. 305)
Fürbittgebet
Gott, eine neue Woche beginnt.
Und wieder sind wir als Menschen herausgefordert bei dem, was wir zu tun und zu lassen haben. Dafür bringen wir unse-re Bitten vor dich.
Wir bitten dich für alle, die in unserem Ort (unserer Stadt) und in unserem Land politische Verantwortung tragen.
Steh ihnen bei, dass sie zum Wohl der hier lebenden Men-schen wirken.
Gemeinsam rufen wir zu dir: Herr, erhöre uns.
Wir bitten dich für die Entscheidungsträger in der Justiz, beim Militär und bei der Polizei.
Steh ihnen bei, dass sie das Recht stärken und die Menschen schützen.
Gemeinsam rufen wir zu dir: Herr, erhöre uns.
Wir bitten dich für die Ärzte und das Pflegepersonal,
für Kranke und für Sterbende.
Steh ihnen bei, dass sie die richtigen Entscheidungen
treffen.
Gemeinsam rufen wir zu dir: Herr, erhöre uns.
Wir bitten dich für unsere Gemeinde und deine weltweite Kirche.
Steh uns bei, dass wir dein Wort recht hören und es weiter-sagen.
Gemeinsam rufen wir zu dir: Herr, erhöre uns.
In der Stille bringen wir vor dich, was uns ganz persönlich bewegt.
- Gebetsstille -
Gemeinsam rufen wir zu dir: Herr, erhöre uns.
Alles Ausgesprochene und Unausgesprochene legen wir in die Worte deines Sohnes:
Vater unser im Himmel ...
Amen
Verfasser: Pfarrer Ronny Hillebrand
Salzwedeler Straße 18, 39106 Magdeburg
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Pfarrer Dr. Matthias Rost
Zinzendorfplatz 3 (Alte Apotheke), 99192 Neudietendorf
Telefon: 036202.7717-97
Pfarrer Thomas Borchers
Missionarisch-Ökumenischer Dienst
Westbahnstraße 4
76829 Landau
Telefon: 06341.928912
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