Wochenspruch:
„Lobe den Herrn, meine Seele, und vergiss nicht, was er dir Gutes getan hat.“ (Psalm 103, 2)
Psalm: 146
Lesungen
Altes Testament: 1. Mose 28, 10 – 19a
Epistel: Römer 8, 14 – 17
Evangelium: Lukas 17, 11 – 19
Liedvorschläge
Eingangslied: EG 445,1.2.5. Gott des Himmels und der Erden
Wochenlied: EG 333, 1 - 6 Danket dem Herrn
Predigtlied: EG 326, 1 - 7 Sei Lob und Ehr dem höchsten Gut
Schlusslied: EG 243, 1.2.6 Lob Gott getrost mit Singen
Hinführung
Der Leitgedanke des 14. Sonntags nach Trinitatis lautet entsprechend dem Sonntags-Evangelium Lk 17, 11 - 19 und dem Wochenspruch Psalm 103,2: „Vergiss nicht den Dank an Gott!“ Man könnte auch sagen: „Vergiss nicht – bei allem, was dir als Last auf der Seele liegt – dass es Gott gibt und denk daran, was er für dich tun kann!“ Als Beispiel soll in der Predigt die Einleitung zum 1. Thessalonicherbrief dienen.
Paulus beschreibt hier seine Beziehung zur dortigen Gemeinde mit Wendungen, die zunächst wie reichlich übertriebene Komplimente wirken. Der Abschnitt ist nur verständlich, wenn man das Wort „Bedrängnis“ in V. 6 beachtet (vgl. dazu auch Kap. 2,13-20 und Apg 17, 1-10a). Es bezeichnet die äußere Situation der christlichen Gemeinde in Thessalonich. Vergleichbar wäre in der heutigen Zeit also der Kontakt zu Christen, die in ihrer Heimat um ihres Glaubens willen unterdrückt und verfolgt werden. Neben und inmitten von Diskriminierung und Gewalt gibt es aber oft auch hoffnungsvolle Zeichen, die wir nicht übersehen sollten. Der Apostel deutet die Aufnahmebereitschaft und den Mut der dortigen Christen als ein solches Zeichen für Gottes Wirken. Daher sein Dank an Gott.
Der Blick auf Verhältnisse, die wir kaum ändern können, kann uns lähmen. Der Blick auf Ereignisse, die wir dem Wirken Gottes zuschreiben können, kann uns neuen Mut machen. Deshalb stellt uns das Beispiel des Apostels vor die Frage, welche Ereignisse es heute sind, für die wir Gott danken können. Der Aufbau der Predigt-Vorlage folgt diesem Gedankengang.
Liebe Gemeinde,
es muss um das Jahr 51 herum gewesen sein. Der Apostel Paulus befindet sich auf seiner zweiten Missionsreise vermutlich in Korinth oder schon in Ephesus. Da erreichen ihn Anfragen aus der Gemeinde von Thessalonich, dem heutigen Saloniki, die er einige Jahre zuvor gegründet hat. Die dortigen Christen bitten ihn um Antwort auf Fragen des Glaubens, bei denen sie sich unsicher oder uneinig waren. Schon oft hat er sich vorgenommen, die Gemeinde wieder einmal zu besuchen. Doch immer ist etwas dazwischen gekommen. Und auch jetzt geht es nicht. So setzt er sich hin und schreibt einen Brief. Er beginnt so:
Text 1. Thess. 1, 1-10
Ist es nicht erstaunlich, liebe Gemeinde, mit welch überschwänglichen Worten Paulus sein Verhältnis zu der Gemeinde von Thessa-lonich beschreibt? „Allezeit“ würde er im Blick auf sie Gott danken und „ohne Unterlass“ würde er im Gebet an sie denken. Er spart im Blick auf die Gemeinde, an die er schreibt, nicht mit Komplimenten: „Ihr seid ein Vorbild geworden für alle Gläubigen in Mazedonien und Achaja! Im ganzen Land spricht man von eurem standfesten Glauben!“
Ein alter Ratschlag für Redner besagt: „Sag am Anfang über die Leute, denen du etwas sagen willst, etwas Nettes, dann hast du gleich von Anfang an ihre Sympathie!“ Der Apostel Paulus hielt sich, wie es scheint, an diesen Ratschlag. Aber sind seine Komplimente nicht reichlich übertrieben? Was würden Sie, liebe Gemeinde, denken, wenn ein Gastprediger seine Predigt so beginnen würde: „Wie schön, dass ich mit Ihnen heute Gottesdienst feiern darf, spricht man doch von Ihnen in unserer ganzen Landeskirche als von einem Vorbild für alle Gemeinden!“? Würden Sie den Schmeichelworten glauben? Oder darin eher eine plumpe Anbiederung sehen? Paulus hatte doch sicherlich nicht nötig, mit Komplimenten um die Gunst seiner Leser zu werben. Er hatte die Gemeinde von Thessalonich ja einst selbst gegründet. Er war für die dortigen Christen noch immer eine maßgebliche Autoritätsperson und soll jetzt antworten auf Fragen, die sie ihm gestellt haben.
Der Grund für den sehr persönlichen und sehr emotionalen Einstieg liegt vermutlich in der schwierigen Situation, in der sich die Gemeinde von Thessalonich damals befand. Sie lebte ihren Glauben, wie Paulus schreibt, „in großer Bedrängnis“. Sie wurde angefeindet. Sie wurde bedroht. Die Christen waren in ständiger Gefahr – so wie heute die Christen in Ägypten, im Irak oder in Nigeria (aktuelle Beispiele wählen). Deshalb muss der Apostel immer wieder an sie denken. Deshalb bewundert er ihren großen Mut und gedenkt ihrer ständig in der Fürbitte. Und was sich zunächst als ein reichlich übertriebenes Kompliment anhört, ist Ausdruck der Freude des Apostels über die erstaunliche Tatsache, dass es diese Gemeinde überhaupt noch gibt.
Wenn Sie schon einmal Menschen persönlich kennen gelernt haben, die in ihrer Heimat ihren christlichen Glauben nicht frei leben können, dann wird es Ihnen ähnlich wie Paulus ergehen. Die politischen Nachrichten aus dem betreffenden Land können Sie nicht hören, ohne unwillkürlich an die dortigen Freunde und Bekannten zu denken. Wenn es schlechte Nachrichten sind, werden Sie die bedrängten Mitchristen in Ihre Fürbitte einschließen, und wenn Sie von deren Mut, deren Hoffnung und deren Ausdauer Nachricht erhalten, werden Sie Gott dafür danken. (Hier können eigene Erfahrungen eingefügt werden.)
Um des eigenen Glaubens willen schikaniert, verleumdet und bedroht zu werden – das war dem Apostel selbst nicht fremd. Nach dem Bericht des Lukas in Apostelgeschichte 17 hatten er und sein Begleiter Silas bei ihrem Aufenthalt in Thessalonich sowohl überraschend erfreuliche als auch überaus leidvolle Erfahrungen machen müssen. An nur drei Sabbaten konnte er ungehindert in der Synagoge bei der Auslegung der Schrift die Botschaft verkündigen, Christus sei der von den Propheten verheißene Messias. Dann war die Spaltung komplett: Eine beträchtliche Zahl der Gläubigen ließ sich von seiner neuen Auslegung der Schrift überzeugen, besonders die Griechen, die zum Judentum übergetreten waren und darunter auch einige reiche Frauen der Oberschicht. Aber Paulus hatte sich mit seiner Botschaft auch viele Feinde gemacht. In kurzer Zeit war eine christliche Gemeinde entstanden. Zugleich aber schlug dem Verkünder des Evangeliums offene Feindschaft entgegen. Seinen Widersachern war seine Predigt ein ständiger Dorn im Auge. Sie zettelten schließlich einen Aufruhr im Volk an und verleumdeten ihn vor den römischen Behörden als Staatsfeind. Am Ende war die Situation für ihn und Silas so gefährlich geworden, dass sie in der Nacht Hals über Kopf die Stadt verlassen mussten. Doch ein relativ kleiner Kreis von Sympathisanten der neuen Lehre blieb zurück.
Wenn Paulus auf diese Weise Anfeindungen erhielt, ja mit dem Tode bedroht wurde, wusste er sich in einer Gemeinschaft des Leidens mit Christus selbst. Warum sollte es ihm, dem Boten, besser gehen als seinem Herrn? „Ich trage das Sterben Jesu an meinem Leibe, damit auch das Leben Jesu an mir offenbar werde“, schrieb er einmal (2.Kor 4,10). Aber zugleich bereitete ihm das Schicksal der Gemeinden, die er auf seinen Reisen gegründet hatte, doch große Sorgen. Wie mochte es den Christen in Thessalonich ergehen? Wer sich weiterhin zu dem neuen Glauben bekannte, musste wohl ebenso mit Schikanen rechnen, mit einer Anklage wegen Volksverhetzung, mit Verleumdungen aller Art. Die Unsicherheit muss den Apostel derart umgetrieben haben, dass er, wie er schreibt, „ständig“ an die Zurückgebliebenen dachte. Doch eines Tages erreichten ihn gute Nachrichten. Zu seiner großen Freude hörte er, dass sich die junge christliche Gemeinde dem Druck nicht beugte, sondern den Mut bewies, sich nach wie vor, wenn auch nicht in der Synagoge, so doch in privaten Hauskreisen, zu treffen. Und er stellte fest, dass andere Gemeinden in Griechenland sich an dem Mut der Gemeinde von Thessalonich ein Beispiel nahmen. So ist sein Herz, als er den Brief zu schreiben beginnt, erfüllt von großer Freude und Dankbarkeit.
Wo immer Menschen um ihrer religiösen Überzeugung willen diskriminiert, bedrängt und verfolgt werden, sind wir zu solidarischem Handeln herausgefordert. Und wenn wir obendrein noch Menschen persönlich kennen, die unter der Unterdrückung leiden, überträgt sich ihr Leiden auf uns selbst. Wir versuchen zu helfen, so gut es geht. Wir schreiben Briefe an die Botschaften dieser Länder, sammeln Unterschriften, versuchen Kontakt zu halten mit denen, die dem politischen Druck Stand halten müssen – und müssen doch immer wieder erkennen, wie wenig wir letztlich ausrichten können. Doch dann kann es sein, dass wir neben den beklagenswerten Zuständen, die wir nicht ändern können, Spuren von Gottes Wirken entdecken, die uns Mut machen. Für Paulus war es zum einen die erstaunliche Tatsache, dass seine Botschaft viele, die ihn in der Synagoge gehört hatten, spontan überzeugte. Und es war zum anderen der ebenso erstaunliche Umstand, dass diese jungen Christen auch später bei ihrem Glauben blieben und sich durch die Verleumdung, sie seien Feinde des römischen Staates, nicht beirren ließen. Beides war für ihn nicht selbstverständlich. Beides war für ihn ein Grund, Gott zu danken, dessen Kraft er hier am Werk sah.
„Vergiss nicht den Dank!“ sagt der Dichter des Psalmes 103 zu sich selbst mit dem Vers, der für die nächste Woche als Wochenspruch ausgewählt wurde. Ein kluger Rat! Manchmal ist ja das Gute, das Gott uns schenkt, offen am Tage. Aber manchmal wird das Gute durch widrige Umstände, die uns große Sorgen machen, verdeckt. Sorgen und Ängste haben allemal die Tendenz, uns völlig zu beherrschen. Dann kommt es darauf an, dass wir nicht übersehen, was Gott im Verborgenen tut. Es hat die Tendenz, uns von aller Angst und Sorge zu befreien. „Vergiss nicht den Dank!“ Denn alles, wofür wir Gott danken können, kann uns aufs Neue Mut machen, wenn wir es nur wahrnehmen und – bei aller Sorge – für uns gelten lassen.
Amen
Fürbitten
Lasst uns an Menschen denken, deren Schicksal uns am Herzen liegt, und sie Gottes Fürsorge anbefehlen. Zwischen den einzelnen Fürbitten singen wir den Liedvers „Meine Hoffnung und meine Freude“ EG 576
I.
Herr, unser Gott, himmlischer Vater, wir bitten dich heute besonders für Christen, die in ihrer Heimat um ihres Glaubens willen schikaniert und verfolgt werden. Schenke ihnen die nötige Geduld und Kraft. Zeige ihnen, wie sie sich gegenüber den Anfeindungen, denen sie ausgesetzt sind, am besten verhalten. Und zeige uns, wie wir ihnen beistehen können.
II.
Wir denken auch an unsere Gemeinde hier in Deutschland. Wir können unseren Glauben ungehindert leben. Er ist höchstens bedroht durch innere Gefahren: durch Gewöhnung, Abstumpfung und Gleichgültigkeit. So bitten wir dich: Halte uns wach und aufmerksam, damit wir die Bedürfnisse der Menschen unserer Umgebung wahrnehmen. Zeige uns, wann und wo wir herausgefordert sind, unseren Glauben zu bezeugen.
III.
Wir denken an junge Menschen, die in eine Zeit hineinwachsen, in der vieles unsicher geworden ist, was früher noch sicher und verlässlich war. Wir möchten sie unterstützen, ihnen den Rücken stärken, mit ihnen im Gespräch bleiben. Gib, dass sie entdecken, wie der Glaube ihnen Halt und Orientierung geben kann im Leben.
IV.
Wir denken an Eltern und Erzieher, an ihre Mühe und ihre Sorgen im Umgang mit Kindern und Jugendlichen. Gib ihnen Freude an dieser Aufgabe, dazu die nötige Weisheit und Geduld, dass sie das rechte Wort finden zur rechten Zeit und Vorbilder sein können für die jungen Menschen, die ihnen anvertraut sind.
V.
Wir denken daran, dass viele Menschen aufgrund ihrer Lebenssituation besonders viel Kraft brauchen, um ihren Alltag zu bewältigen: an Menschen, die unter einer Behinderung leiden, an Kranke, an Menschen im Herbst des Lebens und solche, die auf ihren nahen Tod zugehen. Sie sind besonders auf Deinen Beistand angewiesen. Führe Du sie sicher auf dem Weg, den sie zu gehen haben.
VI.
Wir denken schließlich an Angehörige und Freunde, an Menschen, die uns besonders nahe stehen und nennen Dir in der Stille ihre Namen. …… Halte Du Deine schützende Hand über sie und segne sie.
Verfasser: Pfarrer Dr. Eberhard Grötzinger
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