Im Danken Gott finden
von Martina Schefzyk (63303 Dreieich)
Predigtdatum
:
13.09.2009
Lesereihe
:
ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr
:
12. Sonntag nach Trinitatis
Textstelle
:
Lukas 17,11-19
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Wochenspruch:
Lobe den Herrn meine Seele und vergiss nicht, was er dir Gutes getan hat. ( Psalm 103, 2)
Psalm: 68,4-7a.20-21 oder 146 (EG 757)
Lesungen
Altes Testament:
1. Mose 28, 10 – 19a
Epistel:
Römer 8, (12-13) 14 - 17
Evangelium:
Lukas 17, 11 - 19
Liedvorschläge
Eingangslied:
EG 449
Die güldne Sonne voll Freud und Wonne
Wochenlied:
EG 365
Von Gott will ich nicht lassen
Predigtlied:
EG 320
Nun lasst uns Gott, dem Herren
Schlusslied:
EG 170
Komm, Herr, segne uns
Einleitung zu Lukas 17, 11-19
In dem heutigen Predigttest geht es nicht nur um eine Heilungsgeschichte im klassischen Sinn. Die leprakranken oder aussätzigen Männer - (der kleine Exkurs über die Krankheit Lepra kann auch verkürzt werden) - bitten Jesus zwar um Heilung, aber diese geschieht nicht unmittelbar durch Jesus selbst wie wir es sonst in den Erzählungen gewohnt sind, sondern durch die Aufforderung Jesu, sich den Priestern zu zeigen. Denn diese durften allein über die Reinheit der Betroffenen entscheiden. Es geht demnach in dem Text um Vertrauen, Vertrauen in Jesus, dem ich zu traue, dass er es gut mit uns meint.
Das zweite Thema des Textes ist die Dankbarkeit, denn nur einer der Geheilten kommt zurück, um sich bei Jesus zu bedanken. Daraus ergibt sich die Frage, wie wir heute mit Dank und Undank umgehen, auch und gerade in Bezug auf Gottes Hilfe für unser Leben.
In zahlreichen Geschichten im Lukasevangelium geht es immer wieder darum, dass gerade bei fremden Menschen, von denen es niemand erwartet hätte, ein größerer Glaube zu finden ist als unter dem eigenen Volk. So auch hier.
Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserem Vater und unserem Herrn Jesus Christus!
Predigt über Lukas 17, 11-19
Text
Und es begab sich, als Jesus nach Jerusalem wanderte, dass er durch Samarien und Galiläa hin zog. Und als er in eine Dorf kam, begegneten ihm zehn aussätzige Männer, die standen von ferne und erhoben ihre Stimme und sprachen: Jesus, lieber meister, erbarme dich unser.
Und als er sie sah, sprach er zu ihnen: Geht hin und zeigt euch den Priestern! Und es geschah, als sie hingingen, da wurden sie rein.
Einer aber unter ihnen, als er sah, dass er gesund geworden war, kehrte er um und pries Gott mit lauter Stimme und fiel nieder auf sein Angesicht zu Jesu Füßen und dankte ihm. Und das war ein Samaritaner.
Jesus aber antwortete und sprach: Sind nicht die zehn rein geworden? Wo sind aber die neun? Hat sich sonst keiner gefunden, der wieder umkehrte, um Gott die Ehre zu geben als nur dieser Fremde?
Und er sprach zu ihm: Steh auf, geh hin, dein Glaube hat dir geholfen.
Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserem Vater und unserem Herrn Jesus Christus!
Liebe Gemeinde!
Mühsam habe ich den Wagen nach rechts gelenkt, angestrengt geschaut, ob ich noch nirgendwo eine Lücke entdecke, in die ich ausweichen kann. Es gelingt mir und die Frau in dem großen silbergrauen Auto kann bequem an mir vorbeifahren. Ich sehe sie gespannt und fröhlich an. Eigentlich hätte ich ja Vorfahrt gehabt, aber warum sollte ich ihr nicht dieses Recht einräumen. Ich sehe die Frau an. Sie schaut mich unfreundlich an und zwängt dann ihr Auto an mir vorbei. Kein freundliches Nicken, keine Lächeln, kein Heben der Hand zum Dank. Ich bin enttäuscht: warum habe ich mir die Mühe gemacht, warum habe ich nicht auf meinem Recht bestanden. Wäre ein kleines Dankeschön wirklich zu viel gewesen?
Eigentlich nicht! Denn dann hätte unser Tag schöner ausgesehen, wenn wir uns beide vor Freude angelächelt hätten. Wie leichter könnte das Leben aussehen, wenn wir dankbarer miteinander umgehen würden. Ob ich beim nächsten Mal wieder rumrangiere, um anderen Platz und Vorfahrt ab zu treten?
Ich habe die Familie schon oft besucht. Sie befinden sich zurzeit in einer schwierigen Situation. Der Mann ist arbeitslos geworden, die Großmutter plötzlich so schwer erkrankt, dass sie auf ständige Hilfe angewiesen ist. Die Lage erscheint für die Familie ausweglos. Ich weiß auch keinen Rat. Aber ich kann da sein und zu hören. Sie können mich jederzeit auf meiner Privatnummer anrufen, sage ich ihnen. Ich bin für sie da, wenn sie mich brauchen. Mein Angebot findet Anklang und wird entsprechend angenommen. Wir reden viel darüber, ob Gott wirklich da ist, ob er sich der Sorgen dieser Familie annimmt, ob der Glaube wirklich hält und trägt. Wir dürfen Gott auch unsere Zweifel und unsere Hilflosigkeit sagen, wir dürfen klagen und fragen, ermuntere ich sie.
Wir erleben intensive Gespräche, und oh Wunder, es findet sich eine Lösung. Der Mann bekommt wieder eine Arbeitsstelle und damit bahnt sich auch eine Lösung für die alte Frau an. „Da haben wir noch einmal Glück gehabt“, höre ich. Manchmal gibt es eben im Leben Höhen und Tiefen. Kein Wort des Dankes, von Gott ist überhaupt nicht mehr die Rede. Alles scheinen sie plötzlich nur noch der eigenen Leistung und einem glücklichen Umstand zu verdanken.
Selbstverständlichkeiten, Glück gehabt!
Jesus, liebe Gemeinde, ist es in unserem heutigen Predigttext genauso ergangen. Er zieht durchs Land und kommt dabei auch durch Samarien. Mit Samaritanern verbindet Juden wenig. Sie schauen verächtlich auf sie herab. Da trifft Jesus auf aussätzige Männer. Der Aussatz, auch Lepra genannt, ist eine hoch infektiöse Erkrankung. Bei den betroffenen Menschen sterben die Nerven ab, so dass sie das Gefühl für Schmerz, Kälte oder Hitze verlieren. Ohne Behandlung verletzen sich die Patienten oft unbemerkt und infizieren sich oft unbemerkt über die Wunden mit lebensgefährlichen Krankheiten wie z.B. Tetanus. Heute ist die Krankheit dank hygienischen Mitteln und medizinischer Möglichkeiten heilbar. Mit einer Kombination aus mehreren Antibiotika kann die Krankheit gut behandelt werden. Schwierigkeiten bereitet noch immer die Inkubationszeit, die zwischen Monaten und Jahren liegen kann.
Leprakranke wurden von den anderen, gesunden Menschen ausgeschlossen und mussten sich mit Glöckchen oder durch Zurufe „Unrein“ zu erkennen geben.
Als Jesus den Männern begegnet, da verhalten sich diese Aussätzigen aber ganz anders. Sie scheinen Jesus zu kennen oder haben zumindest schon etwas von ihm gehört. Denn sie rufen: „Jesus, lieber Meister, erbarme dich unser!“ Sie haben eine bestimmte Erwartungshaltung gegenüber ihm. Sie trauen Jesus zu, dass er ihnen irgendwie helfen kann. Vielleicht haben sich andere Wunder- oder Heilungsgeschichten auch zu Ihnen herum gesprochen.
Wie aber verhält sich der Meister? Jesus sagt: Geht und zeigt euch den Priestern!
Jesus heilt die 10 Männer nicht, indem er ihnen Hände auflegt oder ihnen etwas Heilendes zuspricht. Jesus, liebe Gemeinde, fordert sie auf, sich auf den Weg zu machen. Und indem sie das tun, werden sie geheilt.
Es geht also in unserem heutigen Predigttext zunächst einmal um Vertrauen. Jesus erwartet von den aussätzigen Männern, dass sie, so krank wie sie sind, zu den Priestern gehen. Eigentlich dürften sie das nicht. Eigentlich erwartet Jesus etwas Unerhörtes. Denn zu den Priestern darf nur der von der Lepra geheilte Kranke gehen. Der Priester stellt dann die Genesung fest und erlaubt dem Geheilten, sich wieder unbeschränkt und ohne Auflagen unter Menschen zu bewegen. Doch nun sagt Jesus: Geht zu den Priestern – obwohl sie noch krank sind. Was mag in den Köpfen dieser zehn Kranken vor sich gegangen sein? Können sie ihm vertrauen? Können sie den Gang wagen, wird dieser Weg gut enden? Oder kommt es zu einem Fiasko und sie werden unter Strafe wieder vor die Stadt gejagt? Bei den Kranken siegt das Vertrauen. Gegen alles Misstrauen. Sie gehen, alle gemeinsam und zeigen sich den Priestern – und diese stellen fest: „Ihr seid gesund!“ Sie sind geheilt. Ihr Vertrauen zu Jesus hat die Krankheit besiegt.
Die aussätzigen Männer tun, was Jesus verlangt, und durch ihr Vertrauen werden sie geheilt.
Wem vertrauen wir uns an, liebe Gemeinde? Wir wissen heute, wie wichtig es ist, dass Arzt und Patient in einem vertrauensvollen Verhältnis zueinander stehen. Wir wissen, dass wir z.B. auf die Heilkräfte der Natur vertrauen können. Durch Vertrauen in jemand oder in etwas können manchmal regelrecht Wunder geschehen.
Glaube bedeutet Vertrauen, bedeutet sich fallen zu lassen und sich ganz und gar in die Hand eines anderen begeben. So wie kleine Kinder uns anschauen, in dem festen Vertrauen, dass wir es gut mit ihnen meinen. Wie Liebende darauf vertrauen, dass ihre Liebe sie durch das ganze Leben begleiten wird und sie sich aufeinander verlassen können.
Können wir uns auch Jesus so anvertrauen, liebe Gemeinde? Seinem Wort glauben und darauf vertrauen, dass er uns so hilft?
Und das andere, das wir dieser Erzählung heute entnehmen können, das bezieht sich auf die Dankbarkeit. „Undank ist der Welt Lohn“. Wir kennen alle dieses Sprichwort. Wir erleben es immer wieder oft genug in unserem Leben. So auch Jesus: Nur einer kommt nach seiner Heilung zu ihm zurück, um sich zu bedanken. Es ist ausgerechnet der Samaritaner. Einer, von dem wir es bestimmt nicht erwartet hätten.
Ein Freund erzählte uns einmal folgende Begebenheit. Eines Morgens suchte er sein Portemonnaie. Er konnte es nicht finden, obwohl er alles gründlich durchsucht hatte. Er überlegte sich genau, wo er zuletzt gewesen und Geld ausgegeben hatte. Aber der Geldbeutel tauchte nicht auf. Er musste sich damit abfinden, dass er es verloren hatte und es nicht wieder auftauchen würde. Ein paar Tage später hatte er einen merkwürdigen Anruf. Es war schon später Abend nach 23 Uhr und der Anrufer war kaum zu verstehen. So viel aber verstand unser Freund, dass es sich wohl um sein verloren gegangenes Portemonnaie handeln musste. Der Anrufer bat ihn am kommenden Abend nachts am Bahnhof in Mainz zu treffen. Unser Freund war unsicher? Was sollte er tun? Der Mann samt Anruf erschien ihm unheimlich. Sollte er sein Geld drangeben samt Geldkarten etc. oder den merkwürdigen Mann treffen? Wollte der ihn vielleicht erpressen?
Schließlich entschied er sich, hin zu gehen, nahm aber einen Freund mit, der sportlich gut durchtrainiert war. Gemeinsam fuhren sie zum Bahnhof und fanden sich an dem vereinbarten Platz ein. Dort erwartete sie ein älterer Mann samt dem vermissten Geldbeutel. Wie sich herausstellte war der Mann ein Ausländer und konnte sich in der deutschen Sprache nicht so gut ausdrücken. Er putzte nachts die Straßenbahnen und hatte dort das Portemonnaie samt Inhalt gefunden.
Er wollte auch keinen Finderlohn und lud unseren Freund sogar zu sich nach Hause ein, damit er die ganze Familie kennen lernen würde.
Welch eine unerwartete Wendung hat die Geschichte genommen. Ausgerechnet der etwas unheimlich erscheinende Ausländer stellte sich als ehrlicher Finder heraus.
Danke sagen fällt oft schwer. Auch Jesus ist enttäuscht, das können wir nachvollziehen, liebe Gemeinde. Nur einer von zehn ist zurückgekommen, um sich zu bedanken, Neun haben das nicht für nötig gehalten. Natürlich können wir ihr Verhalten erklären: sie mussten es erst anderen Menschen zeigen oder sie haben es vor Freude einfach vergessen.
Erleben wir nicht immer wieder, das wir dort, wo wir für andere Menschen uns einsetzen und engagieren oft über unsere Kraft hinaus, gar keinen Dank bekommen, obwohl wir es doch zumindest insgeheim erhofft haben. Und dort, wo wir gar nichts erwatet haben, wo wir vielleicht nur ein wenig helfen konnten, Menschen mit einem Blumenstrauß oder einem kleinen Geschenk kommen und sich bedanken.
Wie oft erlebe ich, dass ich Gott ganz fest um etwas bitte, immer wieder dafür bete. Und wenn es dann so gekommen ist, wenn sich meine Bitte erfüllt hat, dann vergesse ich es, dieses Dankeschön. Manchmal geht es einfach im Moment unter. Und mein Dank kommt erst ein wenig später. Aber manchmal bleibt er auch ganz aus. Alles erscheint eher selbstverständlich gewesen zu sein.
Wie reagieren wir, wenn unsere Bitte in Erfüllung geht? Bleiben wir beim Glück gehabt? Dann ist die Reaktion doch eher oberflächlich. Wie bei den 9 Geheilten, die verschwinden Oder sagen wir: Aus eigener Kraft geschafft? Ja, das mag sein, dass wir unsere ganze Kraft einsetzen mussten, um unseren Beitrag zur Erfüllung der Bitte zu leisten. Das mussten die Aussätzigen auch. Der Gang zum Priester hat ihnen sicherlich viel abverlangt. Sie mussten alles geben, was sie leisten konnten. Das ist auch gut so. Diese Geschichte macht deutlich, wie viel Gott von uns verlangt, wenn wir ihn um etwas bitten, nämlich alles, was wir selbst tun können. Aber dann bleibt noch etwas, ein Anteil, der nicht in unserer Macht steht, wo wir nichts mehr tun können, wo wir nur noch alles von Gott erwarten können. So wie bei denn 10 Kranken. Sie bewältigen den Weg zum Priester und da heilt Jesus sie. Dort war ihr Anteil zu Ende und Gott handelt. So reagiert Gott auf unsere Bitten. Er erwartet, dass wir alles tun, was wir können, damit die Bitte erfüllt wird. Nur das, was nicht geht, das ist sein Teil. Und der ist oft groß genug. Und ist die Bitte wirklich erfüllt, dann ist ein klarer Blick notwendig. Ein Blick, der sieht, wie Gott gehandelt hat und der nicht bei der eigenen Leistung stehen bleibt. Ein Blick, der zum Dank führt: Danke Gott für das, was ich schaffen konnte und Danke Gott, für das, was Du getan hast. Es ist nicht leicht, diesen doppelten Blick zu lernen. Bei Jesus hat es auch nur einer von Zehn geschafft. Aber man kann ihn lernen. So, wie uns unserer Eltern das „Danke“ beigebracht haben, weil es eben nicht von selbst kommt, so kann uns die Bibel helfen, unser Leben unter diesem doppelten Blick zu sehen: Danke für das, was ich schaffe, wo ich etwas geleistet habe, wo ich unter Aufbietung meiner ganzen Kräfte, etwas Gutes zustande gebracht habe. Und Danke, Gott, dass Du es zu einem Ganzen vollendet hast, dass viel mehr daraus geworden ist, als ich begonnen habe und dass damit viel mehr bewirkt hat, als ich erhoffen wollte.
Ich finde es etwas wunderschönes, am Ende des Tages, am Ende einer Arbeit, bei etwas unvorhersehbaren Schönem staunend wahrzunehmen, was daraus geworden ist. Und dann den Blick zu wenden, die Blickrichtung zum Dank zu bewegen. Erst dann ist die Erfahrung wirklich gut geworden und gibt Kraft für das, was kommt.
Danke Gott.
Amen.
Martina Schefzcyk, Rheinstr. 33, 63303 Dreieich
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