Wochenspruch:
Bei dir ist die Vergebung, dass man dich fürchte.
Ps 130,4
Psalm: Psalm 143, 1 - 10
Lesungen
Altes Testament: Micha 6, 6 - 8
Epistel: Philipper 1, 3 - 11
Evangelium: Matthäus 18, 21 - 35
Liedvorschläge
Eingangslied: EG 168, 1 - 3 Du hast uns, Herr, gerufen
Wochenlied: EG 404 Herr Jesu, Gnadensonne
Predigtlied: EG 76 O Mensch, bewein dein Sünde groß
Schlusslied: EG 168, 4 - 6 Wenn wir jetzt weitergehen
Der Predigttext wird während der Predigt gelesen
Liebe Gemeinde,
das Evangelium ist uns noch im Ohr. Wenn man diese Geschichte vom so genannten „Schalksknecht“ hört, dann denkt man gleich: So geht es nicht. Es versteht sich von selbst, dass jemand, dem eine große Schuld erlassen worden ist, sich großzügig gegenüber denen zeigt, die bei ihm in der Schuld stehen. Was hier erzählt wird, ist ein Skandal. Dass dieses Verhalten bestraft wird, ist richtig.
Und doch sind die Verhaltensmuster, die in der Geschichte vorkom-men, uns nicht fremd. Wir kennen sie gut. Zuerst fallen uns vielleicht Beispiele aus der Gesellschaft, aus der Öffentlichkeit ein. Da sind zum Beispiel die Finanzjongleure- Wallstreet, London und Frankfurt uns so ... Sie versenken vielleicht Milliarden und bringen Menschen um ihr Vermögen. Aber sie sitzen fest im Sattel, es passiert ihnen nichts und wenn wirklich mal einer gehen muss, dann mit einer fet-ten Abfindung. Und da ist die Kassiererin im Supermarkt, die mal einen Pfandbon falsch abrechnet oder vielleicht tatsächlich unter-schlägt. Sie verliert ihren Job und gerät schnell in eine existenzge-fährdete Lage.
Aber auch wir selbst kennen Situationen, in denen wir hätten groß-zügig sein können oder müssen. Aber aus irgendeinem Grund schaffen wir das nicht. Da fällt dann manchmal der dumme Satz, dass doch jeder auch sehen muss, wo er bleibt. Oder: Uns hat auch keiner was geschenkt!
Meistens bereut man schon wenn man spricht das Gesagte. Aber es ist nicht mehr zurück zu holen, es ist gesagt. Manchmal schlagen auch Türen zu, hoffentlich nicht für immer.
Mit dem Widerspruch zwischen dem, was man will und dem, was man tut oder sagt, beschäftigt sich der Apostel Paulus auch im Römerbrief im 7. Kapitel, aus dem der heutige Predigttext stammt:
Lesung des Predigttextes
Eigentlich ist es doch gar nicht so schwer, die Gebote zu halten. Da sind doch einfache, jedermann einsichtige Sätze. Sie garantieren wichtige Eckpfeiler unseres menschlichen Zusammenlebens, sie lassen Vertrauen wachsen, schaffen Verlässlichkeit.
Es sind einfache Sätze, denen wir in der Regel gern zustimmen. „Du sollst den Feiertag heiligen“ ist zum Beispiel so ein Satz. Die Kir-chen streiten immer wieder für ihn, wenn etwa die Ladenschluss-gesetze die Sonntagsruhe aufweichen wollen.
Wenn wir Luthers Erklärung zum dritten Gebot hören, wird deutlich, dass es hier um mehr geht, als um die Sozialgesetzgebung: „Wir sol-len Gott fürchten und lieben, dass wir die Predigt und sein Wort nicht verachten, sondern es heilig halten, gerne hören und lernen.“
Wenn von der Sünde die Rede ist, geht es nicht um ein paar Kuchen-stücke zu viel, auch nicht um den Einkauf am Sonntag und es geht auch nicht um sexuelle Normen. Der Verstoß gegen das dritte Gebot geschieht, wenn sich der Mensch von Gott und seinem Wort trennt. Sünde ist die dem Menschen ziemlich von Anfang an innewohnende Wegbewegung von Gott und seinem Wort.
„Denn ich tue nicht, was ich will; sondern was ich hasse, das tue ich.“ Diesen Satz des Paulus hätten auch der aus dem Paradiesgarten vertriebenen Adam und Eva sagen können. Sie hatten es nur mit einem Gebot zu tun. Den Baum der Erkenntnis des Guten und des Bösen sollten sie meiden und seine Früchte nicht essen.
Das ist einsichtig. Der Garten war sicher groß genug. Es gab genug Bäume mit Früchten. Aber es gab die Einflüsterung, die Vermutung, die Theorie, dass es ohne das Gebot und mit der Frucht vielleicht doch besser gehen könnte.
Vielleicht hätten Adam und Eva die Früchte nie angefasst, hätten den Baum links liegen lassen. Das Gebot hat in ihren eine Begierde wach gerufen. Begierde an sich ist nichts schlechtes, sie wird erst zu einer negativen Größe, wenn sie von etwas trennt.
Da passiert es dann im Paradies, dass die Frucht mehr zählt als Gott und sein Wort. Die Begrierde nach mehr kann Beziehungen zer-stören. Sie setzt sich in uns fest, beeinflusst uns, lenkt unsere Ak-tionen und Reaktionen. Die Sünde wohnt in mir, sagt Paulus.
Bleibt es dabei. Wollen wir wohl das Gute, aber vollbringen wir letztlich nur das Böse?
Nein, wenden wir ein. Es gibt doch auch das Gute in der Welt. Es gibt Menschen, die selbstlos helfen. Viele setzen sich für andere ein. Diese Beispiele werden nur oft nicht erzählt.
Vielleicht wendet mancher vor dem Hintergrund des Paulustextes ein, dass vielleicht hier und da das Gute geschieht, aber in der Wur-zel doch eben der Mensch zum Bösen neigt. Beispiele folgen in der Regel auf dem Fuß.
Sind wir in der Sünde, in der Begierde zur Trennung von Gott gefan-gen? Stecken wir fest im Würgegriff unserer Boshaftigkeit? Gibt es keine Chance?
Kann es sein, dass sich in dem Guten, das Menschen einander tun, etwas widerspiegelt? Paulus spricht vom inwendigen Menschen. „Denn ich habe Lust an Gottes Gesetz nach dem inwendigen Men-schen“, sagt er. Dieses Gesetz Gottes, das nicht auf Äußerlichkeiten aus ist, bei dem nicht die Frage aufkommt, ob am Sabbat geheilt werden darf, - dieses Gesetz spiegelt Gottes Liebe zu uns wider.
Beide Seiten wohnen in uns: Das Gute, das wir auch tun. Und das Böse, das uns oft vom Guten abbringen will und das auch hin und wieder schafft. Gottes Liebe spiegelt sich in dem Guten, zu dem wir fähig sind, wider.
Paulus beklagt seinen Zustand. „Ich elender Mensch“, bricht es aus ihm heraus. Der Zwiespalt zermürbt ihn. Das kann man gut nachvoll-ziehen.
Soll das immer so bleiben? Gibt es kein Entrinnen? „Wer erlöst uns?“, fragt Paulus. Die Frage nach der Erlösung ist eine Grundfrage für alle Menschen. Sie wird oft gestellt: Gibt es eine Erlösung?
Paulus setzt seine Hoffnung auf den, der seinem Leben eine neue Richtung gegeben hat. Manche Menschen fragen, wie dieser Jesus eine Erlösungshoffnung begründen kann, wenn doch alles beim Alten bleibt.
Bleibt wirklich alles beim Alten? Läuft die Zeit nicht immer gleich im Takt von Werden uns Vergehen? Ja, so läuft sie, vielleicht sogar zum großen Teil.
Aber am Ostermorgen ist es anders: Da ist das Grab leer, der Tod besiegt, Christus lebt. Dieses Ereignis hat Nachwirkungen bis heute.
Wir dürfen von dieser Hoffnung mit leben, auch wenn sich in uns immer wieder Hoffnungslosigkeit breit macht. Wir dürfen von dieser Hoffnung leben, auch wenn die Stimme der Begierde immer wieder flüstert: Es hat doch keinen Zweck. Wir dürfen von dieser Hoffnung leben, weil sie Gottes Liebe widerspiegelt, der uns nicht verloren gibt. Gott sei Dank.
Amen.
Verfasser: Pfarrer Karsten Müller
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