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Irdische Güter

von Steffen Weusten (06347 Gerbstedt)

Predigtdatum : 20.09.2009
Lesereihe : ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr : 13. Sonntag nach Trinitatis
Textstelle : Matthäus 6,25-34
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Wochenspruch:

Alle eure Sorge werft auf ihn; denn er sorgt für euch. (1. Petrus 5,7)

Psalm: 127,1-2

Lesungen

Altes Testament:
1. Mose 2,4b-9 [10-14] 15
Epistel:
1. Petrus 5,5c-11
Evangelium:
Matthäus 6,25-34

Liedvorschläge

Eingangslied:
EG 166
Tut mir auf die schöne Pforte
Wochenlied:
EG 369
Wer nur den lieben Gott lässt walten
Predigtlied:
EG 179, 2 – 4
Lob, Ehr und Preis sei Gott
Schlusslied:
EG 391
Jesu, geh voran

Liebe Gemeinde,
es gibt einen Berg, der ist schon seit vielen Generationen das Ziel vieler Wanderer. Seit 2000 Jahren erklimmen Menschen diesen Berg, manche kommen dort oben an, manche machen auf dem Weg halt, manche kehren um und manche kommen immer wieder. Die Wanderer tragen Mönchskutten, Anzüge, Ärztekittel, Schwesternhauben oder sogar nur einen Lendenschurz. Die Aussicht dort oben ist göttlich und auf dem Weg dorthin wurden schon große Taten vollbracht. Welcher Berg könnte gemeint sein? Der Brocken im Harz? Falsch! Ich spreche von dem Berg von dem Jesus seine berühmte Bergpredigt gehalten hat, wie es uns der Evangelist Matthäus überliefert. „Bergsteigen“ meine ich hier natürlich im übertragenen Sinne. „Bergsteigen“ auf den Berg der Bergpredigt meint, den Worten Jesu gerecht zu werden, sie also im Leben umzusetzen. Der heutige Text gehört zur Bergpredigt. Er ist unser Evangelium und steht bei Matthäus im 6. Kapitel:

Darum sage ich euch: Sorgt nicht um euer Leben, was ihr essen und trinken werdet; auch nicht um euren Leib, was ihr anziehen werdet. Ist nicht das Leben mehr als die Nahrung und der Leib mehr als die Kleidung? Seht die Vögel unter dem Himmel an: sie säen nicht, sie ernten nicht, sie sammeln nicht in die Scheunen; und euer himmlischer Vater ernährt sie doch. Seid ihr denn nicht viel mehr als sie? Wer ist unter euch, der seines Lebens Länge eine Spanne zusetzen könnte, wie sehr er sich auch darum sorgt? Und warum sorgt ihr euch um die Kleidung? Schaut die Lilien auf dem Feld an, wie sie wachsen: sie arbeiten nicht, auch spinnen sie nicht. Ich sage euch, dass auch Salomo in aller seiner Herrlichkeit nicht gekleidet gewesen ist wie eine von ihnen. Wenn nun Gott das Gras auf dem Feld so kleidet, das doch heute steht und morgen in den Ofen geworfen wird: sollte er das nicht viel mehr für euch tun, ihr Kleingläubigen? Darum sollt ihr nicht sorgen und sagen: Was werden wir essen? Was werden wir trinken? Womit werden wir uns kleiden? Nach dem allen trachten die Heiden. Denn euer himmlischer Vater weiß, dass ihr all dessen bedürft. Trachtet zuerst nach dem Reich Gottes und nach seiner Gerechtigkeit, so wird euch das alles zufallen. Darum sorgt nicht für morgen, denn der morgige Tag wird für das Seine sorgen. Es ist genug, dass jeder Tag seine eigene Plage hat.

Jesus ruft uns dazu auf, dass wir uns nicht um unser Leben sorgen sollen, nicht um essen, trinken und Kleidung! Wie schön wäre es, sich keine Sorgen machen zu müssen! Im Buchhandel gibt es ein Buch mit dem Titel „Sorge dich nicht, lebe!“. Es ist ein dickes Buch. Das zeigt schon an, wie schwer es ist, diesen einfachen Satz ins eigene Leben umzusetzen. „Sorgt nicht um euer Leben!“ sagt uns Jesus. Was hindert uns daran, diesen Satz Jesu einfach zu leben?
Zum einen gibt es Menschen, die sich dieser Herausforderung gar nicht stellen, weil sie mit ihren Herzen ganz woanders sind. Wenn man sich so mache Menschen um uns herum betrachtet, dann sorgen sie sich tatsächlich nicht um Essen, Trinken und Kleidung. Sie leben aber dennoch nicht sorgenfrei; sie sorgen sich nämlich um ihr Auto, ihre Karriere und ihr Eigenheim!

Jesus setzt in seiner Predigt voraus, dass ein Mensch sich eigentlich nur um seine unmittelbaren Bedürfnisse sorgen machen kann. Stattdessen aber sind die Ansprüche der Menschen unserer Tage und unseres Landes erheblich höher geworden. Im Fernsehen war mal eine Frau zu hören, die sich im Interview darüber beklagte, dass sie es sich mit ihrem Gehalt nicht leisten kann, gemeinsam mit ihrem kleinen Sohn einmal im Jahr in den Urlaub zu fahren.

Angesichts von vielen Menschen in Afrika, Asien und Amerika, die weder genug zu essen, noch genug Kleidung haben, geschweige denn eine Arbeit, darf die Frage wohl erlaubt sein, ob ein Urlaub auf Mallorca wirklich Gegenstand von Sorgen sein sollte. Nebenbei gesagt: Wer es sich leisten kann, soll ruhig in den Urlaub auf Mallorca fliegen, aber Gegenstand von Sorgen sollte das wirklich nicht sein.

Müssen wir nicht erst einmal von unseren hohen Ansprüchen herunterkommen, um die Bergpredigt überhaupt verstehen zu können? Im Bild gesprochen: Wenn die Worte Jesu ein Berg sind, den es zu erklimmen gilt, dann müssen wir dann nicht erst einmal an den Fuß dieses Berges gelangen?

Viele Menschen machen sich tatsächlich um die Dinge sorgen, von denen Jesus spricht: um die lebensnotwendigen Dinge nämlich. Solche Sorgen können lauten: Werde ich meine Arbeit behalten? Wird aus meinen Kindern etwas werden? Wird es gelingen die Umweltzerstörung zu beenden? All das sind Dinge, um die man sich wirklich Sorgen machen kann.

Und dennoch sagt Jesus: „Sorgt nicht um euer Leben!“ Es ergibt keinen Sinn, sich um Dinge zu sorgen, die ich nicht beeinflussen kann. Jeder kann zwar fleißig arbeiten, aber dennoch kann er oder sie bei der nächsten Wirtschaftskrise den Job verlieren. Jeder kann sich um seine Kinder kümmern und sie ordentlich erziehen, aber dennoch können sie auf die schiefe Bahn geraten.

Jesus sagt: „Sorgt nicht um euer Leben. (...) Denn euer himmlischer Vater weiß, dass ihr all dessen bedürft.“ Gott weiß nicht nur, dass wir Kleidung und Nahrung brauchen, sondern er weiß auch, dass wir Arbeit, eine gesunde Natur und wohlgeratene Kinder brauchen. Jesus verspricht uns, dass Gott für uns sorgt. So gibt es z.B. Kinder, aus denen wird etwas, obwohl die Eltern sich gar nicht um sie gekümmert haben. Das heißt nicht, dass Sorgen immer unbegründet sind. Aber dieses Beispiel sagt uns, dass Gott noch mehr Möglichkeiten hat, als wir manchmal sehen können. Um es im Bild von dem Berg auszudrücken: Manche legen sich durch unnötige Sorgen selbst Steine in den Weg auf den Berg.

Jesus sagt uns, dass wir uns nicht um unser Leben sorgen sollen. Wie aber soll das gehen? Im letzten Vers des Predigttextes verrät er es uns. Dort heißt es: „Darum sorgt nicht für morgen, denn der morgige Tag wird für das Seine sorgen. Es ist genug, dass jeder Tag seine eigene Plage hat.“ Gemeint ist also nicht sorglos in den Tag hinein leben, sondern sorgfältig jeden Tag leben.

Der Blick soll nicht in die Zukunft gerichtet sein, sondern auf das heute! Jeden Tag das tun, was der Tag mir aufgibt, und die Sorge um den morgigen Tag in Gottes Hände befehlen. Das bedeutet, ganz in der Gegenwart zu sein. Es bedeutet, jeden Tag intensiv zu leben. Dazu kann es auch gehören, für die Zukunft vorzusorgen, indem ich Versicherungen abschließe oder was auch immer. Aber wenn das erledigt ist, dann soll ich mich nicht mehr damit befassen, sondern das weitere in Gottes Hände befehlen. Denn es kann vorkommen, dass meine Versicherung nicht hält, was sie verspricht und ich im Notfall dennoch Hilfe finde. Jesus sagt: „Darum sorgt nicht für morgen, denn der morgige Tag wird für das Seine sorgen.“. Der Pfad auf den Berg der Bergpredigt lautet: Gegenwärtig leben. Jeden Tag im Vertrauen auf Gott sein Stück des Weges gehen.

Ich will das Bild von der Bergwanderung noch weiter ziehen. Es gibt auch die Sorte Bergsteiger, die mit Anlauf den Berg hinaufrennt, auf halbem Weg aus der Puste gerät, sich umdreht und laut ruft: „Bin schon da!“. Damit meine ich Menschen, die allzu schnell alle Sorgen fahren lassen, obwohl sie eigentlich besser die Aufgaben dieses Tages lösen sollten. Solche Menschen befehlen Gott nicht nur ihre Zukunft an, sondern die Gegenwart gleich mit. Das ist die Gefahr allzu enthusiastischen Glaubens. Es gibt einen Familienvater, der hat seine berufliche Existenz von einem Tag auf den nächsten hingeworfen, weil er dachte, Gott will das von ihm. Er hat damit nicht nur sich, sondern auch seine Familie gefährdet.

In die Versuchung allzu enthusiastischen Glaubens ist Jesus auch einmal geführt worden. Der Teufel brachte ihn auf das Dach des Tempels und verlangte von ihm, sich hinabzustürzen, da Gott ihn ja retten werde. Jesus antwortete dem Teufel: „Du sollst den Herrn, deinen Gott, nicht versuchen.“ Das gilt auch für uns. Wir sollen unser Leben nicht leichtfertig gefährden. Es bleibt unsere Aufgabe für die Gegenwart zu sorgen, danach aber die Zukunft in Gottes Hand zu legen. Geistesgegenwärtige Christen haben den Familienvater übrigens dazu gebracht, seinen Beruf wieder aufzunehmen.

Der Pfad auf den Berg heißt: Gegenwärtig leben. Manchmal werden uns aber auch dort Steine in den Weg gelegt. Eine schmerzhafte Krankheit z. B. macht es schwer, die Sorgen einfach aufzugeben. Auch andere Schicksalsschläge befördern die Sorgen. Und an solchen Stellen soll auch niemand sagen, es wäre nicht angebracht, hier voller Sorgen zu werden. Wer solche Steine in seinem Lebensweg hat, der kann manchmal nicht anders als innehalten und klagen. Manchmal muss man dann auch eine lange Pause machen und klagen. Aber auch unser klagen sollte vor Gott geschehen, so wie Hiob Gott angeklagt hat. Es kann geschehen, dass ein Mensch durch solche Klage vor Gott eines Tages doch wieder die Kraft findet auf dem Weg fortzuschreiten, Tag für Tag, ganz in der Gegenwart.

Es kann und sollte auch geschehen, dass wir auf unsere Mitwanderer achten, ob sie Steine in ihrem Weg haben. Und dann gilt ganz konkret, was Jesus sagt: „Trachtet zuerst nach dem Reich Gottes und nach seiner Gerechtigkeit (...).“ Nach Gottes Reich zu trachten bedeutet doch auch, den Nächsten zu lieben. Wir sollen es unseren Nächsten leicht machen, ihren Weg zu gehen, wenn wir können; also Kranken beistehen, Armen Unterstützung geben, der Ungerechtigkeit widerstehen.

Unsere Nächstenliebe soll dabei ruhig von Verstand geleitet sein. Viele Steine, die unseren Mitmenschen im Wege liegen sind nämlich von Menschen dorthin gelegt und können deshalb auch von Menschen beseitigt werden. Das gilt z. B. für die Armut in vielen Ländern der Erde. Sie ist teilweise von den Politikern dieser Länder selbst verursacht, teilweise werden sie auch von uns in den reichen Ländern arm gehalten. An den politischen Verhältnissen dort können Sie und ich auf die schnelle nichts ändern; aber jeder kann auf irgendeine kleine Weise etwas für die Armen tun: Geld spenden, sich politisch engagieren, gegen Rassismus den Mund aufmachen. Das alles wird vermutlich keine schnelle Änderung herbeiführen, aber wer weiß? Gegenwärtig leben meint, heute das tun, was in unserer Macht steht und die Zukunft Gott überlassen. Es ist in der Geschichte immer wieder zu sehen, dass sich die Verhältnisse ganz schnell ändern können. Warum sollte das nicht noch einmal geschehen?

Der Weg auf den Berg der Bergpredigt ein steiler. Wer wird oben ankommen? Manche sicher; andere vielleicht nicht. Aber wie bei einer normalen Wanderung, so gilt auch für diese: der Weg allein ist schon lohnend. Und wer sich auf den Weg macht, der kann dabei etwas von Gottes Reich und seiner Gerechtigkeit erleben.

Eines sollte und klar sein, damit wir diesen Weg auf den Berg der Bergpredigt auch munter und gelassen in Angriff nehmen können. Er ist nicht identisch mit dem Weg zum Himmel. Denn der Himmel ist so großartig, dass wir ihn uns nicht verdienen können. Den Himmel bekommen wir von Gott geschenkt. Aber wer sich auf den Weg der Bergpredigt macht, der lässt ein wenig vom Himmel schon hier aufleuchten.

Pfarrer i.E. Steffen Weusten, Schillerplatz 1, 06347 Gerbstedt

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