Menü

Jesu Himmelfahrt

von Martin Hecker (Bad König)

Predigtdatum : 18.05.2023
Lesereihe : V
Predigttag im Kirchenjahr : Christi Himmelfahrt
Textstelle : Lukas 24,(44-49)50-53
Wenn Sie diese Predigt als Word-Dokument erhalten möchten, tragen Sie bitte Ihre E-Mail-Adresse ein und klicken Sie auf "Abschicken"
Ihre E-Mail

Wochenspruch: "Christus spricht: Wenn ich erhöht werde von der Erde, so will ich alle zu mir ziehen." (Johannes 12,32)

Psalm: 47,2-10 (EG 726)

Predigtreihen

Reihe I: 1. Könige 8,22-24.26-28
Reihe II: Johannes 17,20-26
Reihe III: Epheser 1,(15-20a)20b-23
Reihe IV: Daniel 7,1-3(4-8)9-14
Reihe V: Lukas 24,(44-49)50-53
Reihe VI: Apostelgeschichte 1,3-11

Liedvorschläge

Eingangslied: EG 165 Gott ist gegenwärtig
Wochenlied: EG 123 Jesus Christus herrscht als König
Predigtlied: EG 396 Jesu, meine Freude
Schlusslied: EG 115 Jesus lebt, mit ihm auch ich

Predigttext: Lukas 24,(44-49)50-53

(44 Er sprach aber zu ihnen: Das sind meine Worte, die ich zu euch gesagt habe, als ich noch bei euch war: Es muss alles erfüllt werden, was von mir geschrieben steht im Gesetz des Mose und in den Propheten und Psalmen. 45 Da öffnete er ihnen das Verständnis, dass sie die Schrift verstanden,
46 und sprach zu ihnen: So steht’s geschrieben, dass der Christus leiden wird und auferstehen von den Toten am dritten Tage; 47 und dass gepredigt wird in seinem Namen Buße zur Vergebung der Sünden unter allen Völkern. Von Jerusalem an 48 seid ihr dafür Zeugen. 49 Und siehe, ich sende auf euch, was mein Vater verheißen hat. Ihr aber sollt in der Stadt bleiben, bis ihr angetan werdet mit Kraft aus der Höhe.)

Jesu Himmelfahrt

50 Er führte sie aber hinaus bis nach Betanien und hob die Hände auf und segnete sie. 51 Und es geschah, als er sie segnete, schied er von ihnen und fuhr auf gen Himmel. 52 Sie aber beteten ihn an und kehrten zurück nach Jerusalem mit großer Freude 53 und waren allezeit im Tempel und priesen Gott.

Hinführung

Die große Freude, von der die Rede ist, hat mich angesprochen. Ihr will ich nachgehen. Die große Freude und das Lob Gottes – das ist im Grunde eine Klammer um das komplette Lukasevangelium, zumindest um das irdische Leben Jesu, wie es im Lukasevangelium erzählt wird. Am Anfang heißt es: „Ich verkündige Euch große Freude“, und Gott wird gepriesen: „Ehre sei Gott in der Höhe.“ Und hier am Ende ist davon die Rede, dass die Jünger zurückkehren „mit großer Freude“ und dass sie „Gott priesen“.

Von Dietrich Bonhoeffer stammt der Satz: „Himmelfahrt ist ein großer Freudentag für alle, die es glauben können, dass Christus die Welt und unser Leben regiert!“ (geschrieben 1944 im Gefängnis)

Deshalb der Versuch, dieser Freude auf die Spur zu kommen. Von hier aus lese ich also den vorgegebenen Predigttext. Da ich genügend Antworten allein in den letzten Versen gefunden habe und um mich nicht zu verzetteln, begrenze ich den Text denn auch auf die Verse 50-53 – das in 44-49 Gesagte spielt freilich im Hintergrund auch eine Rolle (etwa die Tatsache, dass Jesus den Jüngern in der Zeit vor der Himmelfahrt viel erklärt und ihnen die Augen geöffnet hat). Wer mag, kann diese Verse ja auch mit aufgreifen und etwas ausführlicher einfließen lassen.

Predigt

Ein ganz besonderer Abschied ist das. Jesus geht weg – und die Jünger sind voller Freude. Sie „kehrten zurück mit großer Freude“ heißt es am Ende. Jesus ist verschwunden, und seine Freunde sind happy. Kein Abschiedsschmerz, sondern Abschiedsfreude.

Sicher, es gibt Besucher, bei denen freut man sich, wenn sie kommen und man freut sich auch, wenn sie – endlich – gehen. Aber ist Jesus so ein Besucher? Sind die Jünger froh, dass er endlich weg ist? Dass sie endlich Ruhe haben vor all den Strapazen, die er immer mit sich bringt? Dass sie all das – Gott sei Dank! – hinter sich haben? „Sie kehrten zurück mit großer Freude und priesen Gott.“

Ich will versuchen, mit Ihnen dieser Freude auf die Spur zu kommen. Und ich hoffe, dass die gleiche Freude auch uns ergreift und dass dieses Himmelfahrtsfest heute zu einem Tag großer Freude werden kann. Drei Hinweise auf die Freude finde ich in unserem Text:

(1) Der erste Grund der Freude: Betanien!

Jesus führte seine Jünger nach Betanien. Vielleicht denken Sie jetzt: „Na und? Mancher freut sich, wenn er nach Bad König [nach XY] kommt. Ein anderer freut sich vielleicht, wenn er von Bad König wegkommt. Vielleicht gibt’s also auch Leute, die freuen sich, wenn sie nach Betanien kommen.“

Aber darum geht’s mir nicht. Ich denke nicht, dass die Jünger eine besondere Vorliebe für Betanien hatten, auch wenn sie an diesem Ort so manches mit Jesus erlebt hatten. Nein, ich meine etwas anderes. Biblische Namen, auch Ortsnamen, haben meistens etwas zu bedeuten. Betanien heißt übersetzt: Haus des Elends. Oder Haus der Armen.

Der Talmud, eine gelehrte jüdische Schrift, berichtet, in Betanien seien die Datteln nie zur vollen Reife gelangt. Irgendwie war hier also das Elend zu Hause. Außerdem berichten alte Schriften, dass in Betanien ein großer Wasserbehälter war. Alle Leute, die durch eine Krankheit oder sonst irgendwie unrein geworden waren, und die zum Tempel wollten, um sich ihre Reinheit bescheinigen zu lassen, mussten sich auf dem Weg nach Jerusalem hier an diesem Wasserbehälter waschen. Da gab es also sicher immer eine größere Zahl von Elenden und Unreinen.

Und ausgerechnet in diesen Ort mit Namen „Haus der Elenden und Unreinen“ geht Jesus, um sich zu verabschieden! So wie er es immer getan hat. Jesus hat nie Glanz und Glamour gesucht. Sondern die Armen und Elenden, die sucht er. Ihm ging es nie um Scheinwerferlicht und roten Teppich. Sondern ihm geht es um die Verzweifelten und Verlorenen.

Deshalb kommt der König aller Könige in einem stinkenden Stall zur Welt und liegt in einem Futtertrog. Elend und Armut. Deshalb ist er später als Wanderprediger unterwegs, der über sich selbst sagt: „Der Menschensohn hat nichts, wo er sein Haupt hinlege!“ (Lk 9,58) Der Retter der Welt – ohne festen Wohnsitz. Ein Tippelbruder. Armut und Elend. Und dann die Menschen, mit denen er zu tun hatte: Aussätzige, um die alle einen weiten Bogen machten. Stadtbekannte Sünder, mit denen kein anständiger Mensch was zu tun haben wollte. Elend. Armut. Und so ging es weiter. Dieser merkwürdige Einzug in Jerusalem. Kein roter Teppich. Nur verschwitzte Klamotten. Später dann keine goldene Krone. Sondern eine aus Dornen. Kein Thron. Sondern ein Kreuz, grausamer Galgen der Römer. Kein Staatsbegräbnis, sondern ganz schnell ohne die üblichen Zeremonien in ein fremdes Grab gelegt. Armut. Elend.

Und genau das ist für die Jünger Grund zu großer Freude. Die hatten ja oft nicht kapiert, warum die Karriere ihres Chefs so nach unten zielte. Aber in den Tagen und Wochen zwischen seiner Auferstehung und seiner Himmelfahrt hat Jesus seinen Freunden lange und ausführlich erklärt, warum das alles so sein musste. Und sie haben begriffen: Der Sohn Gottes kam in unsere Armut. Der Retter der Welt kam in unser Elend.

Ich bin sicher, heute sind Menschen unter uns, die fürchterlich arm sind. Vielleicht nicht, wenn sie auf Ihr Konto schauen. Aber wenn Sie in Ihr Inneres blicken. Heute sind Menschen unter uns, die leben in großem Elend. Nicht nach Ihrer Fassade geurteilt, aber in Ihren Herzen fühlen Sie dieses Elend. Jesus weiß dies. Und er will in Ihr Elend hineinkommen. In Ihre Armut. Er will das alles mit Ihnen teilen. Und er will Sie da rausholen. Er will von Bindungen befreien. Er will Versöhnung ermöglichen. Er will Ihrem Herzen Frieden schenken. Er will Schuld vergeben. Jesus sucht die Armen und Elenden. Gott sei Dank.

Das wussten auch die Jünger damals. Und in Betanien, dem Haus des Elends, wurden sie genau daran noch einmal erinnert. Keine und keiner ist zu arm, niemand ist zu elend, als dass Jesus sich nicht um sie oder ihn kümmern würde. Deshalb kehren sie zurück mit großer Freude.

(2) Der zweite Grund der Freude: Segen!

Das ist der letzte Eindruck, den die Jünger von Jesus haben. Und der letzte Eindruck bleibt hängen. Jemand fährt weg und winkt noch lange aus dem Autofenster heraus. Dieses Winken bleibt hängen. Die Angehörigen von Verstorbenen berichten ganz oft, dass das letzte Bild, das sie vom Verstorbenen gesehen haben, das Bild ist, das hängen bleibt. Sängerinnen und Sänger, Bläserinnen und Bläser wissen, wie wichtig der Schlussakkord ist. Der bleibt hängen.

Und der letzte Eindruck, das letzte Bild, das die Jünger von Jesus haben, der Schlussakkord, den er setzte, ist eben dies, dass er sie segnete. Sie haben am Schluss keine leeren Abschiedsfloskeln gehört, keine unangenehmen Ermahnungen und keine Belanglosigkeiten, sondern Segensworte des Auferstandenen. Und sie haben seine Hände gesehen, die er zum Segnen erhoben hat. Durchbohrte Hände. In diesen Händen waren die Nägelmale. Erinnerungen an das Kreuz. Die großen Narben in diesen Händen predigten geradezu: Für Dich! Für Dich wurde Jesus verwundet. Damit Du heil werden kannst. Für Dich ist Jesus gestorben. Damit Du leben kannst. Für Dich wurde Jesus verurteilt. Damit du freigesprochen werden kannst.

Diese segnenden Hände, die die Jünger beim Abschied von Jesus sahen, machten all das noch einmal deutlich. Jesu Weg ins Elend und in die Armut war der Weg zu unserem Heil. Als er am Kreuz hing – übrigens auch da mit ausgebreiteten Armen, als wolle er die Welt segnen – da hat er uns das Heil ermöglicht. Der Gekreuzigte ist der Heiland.

Sicher, das will unser Verstand nicht so recht begreifen. „Gott hätte doch andere Möglichkeiten gehabt.“ - „Ein Gott, der seinen eigenen Sohn hinrichtet, ist doch grausam.“ - „Das Kreuz ist doch die große Niederlage von Jesus.“

Ich weiß nicht, ob Gott andere Möglichkeiten gehabt hätte. Aber ich weiß, dass hier die Unmöglichkeit, dass ich vor Gott recht bin, wieder möglich wird. Dass am Kreuz sein gerechter Zorn auf mich sich entlädt – und ein anderer ihn abkriegt. Dass am Kreuz Gericht über mich gehalten wird – und ein anderer die Strafe trägt. Das weiß ich. Und das sollen auch Sie wissen. Die segnenden Hände Jesu machen es deutlich: Er trug die Strafe – und Ihnen gibt er seinen Segen. Nicht, damit Sie weiter machen wie bisher. Sondern, damit Sie unter seiner Obhut leben können.

Und genau das alles wussten auch die Jünger. Als Jesus vor ihnen verschwand, sahen sie die segnenden Hände. Und die Wunden darin. Die durchbohrten, frisch vernarbten Hände des Heilandes. Der auch für Ihre Schuld gestorben war.

Dass Jesus den Segen auf sie legte, machte jedem Einzelnen noch einmal ganz deutlich: „Das ist für Dich geschehen. Ich, Jesus, der Gekreuzigte, ich schenke Dir mein Heil und meine Gerechtigkeit. Im Gegenzug habe ich dein Unheil und deine Ungerechtigkeit mit ans Kreuz genommen. Und jetzt lasse ich dich zurück als einen gesegneten Menschen, der trotz allem in der Gegenwart Gottes leben darf.“ Das ist der letzte Eindruck.

Deshalb kehrten die Jünger um mit großer Freude

(3) Der dritte Grund der Freude: Himmel!

Ich bin sicher, auch das hat Jesus den Jüngern erklärt in den Tagen vor seiner Himmelfahrt. Er hat ihnen erklärt, was das bedeutet. Dass Himmel eben nicht heißt, er schwebt jetzt auf Wolke sieben, spielt mit den Engeln Tischtennis und ist weit weg – und ihnen bleibt noch die Erinnerung, dass er einmal in ihr Elend gekommen war und das Wissen, dass er am Kreuz ihre Schuld bezahlt hat. Nein, Himmel heißt: Jesus ist da!

Der Himmel ist der Ort – oder besser das Reich – in dem Jesus herrscht und regiert. Und Himmelfahrt ist sein Regierungsantritt. Seine Thronbesteigung.

Vorher war Jesus auf der Erde. War als Mensch gebunden an Raum und Zeit. Da mussten die Jünger es ab und zu erfahren, dass er nicht da war. Als sie allein auf dem See waren etwa und ein Sturm kam und sie fürchterliche Angst hatten – bis dann Jesus über den aufgepeitschten See zu ihnen gelaufen kam. Oder als ein Mann mit einem kranken Sohn kam, der litt an fürchterlichen Anfällen, und sie wussten sich nicht zu helfen ohne Jesus. Oft mussten sie ihn suchen, weil er sich zurückgezogen hatte zum Gebet. Sie hatten mit angehört, wie Maria und Marta Jesus empfingen: „Wärst du doch nur hier gewesen, dann wäre unser Bruder Lazarus nicht gestorben.“

Die Jünger kannten die Erfahrung, dass Jesus nicht da ist. Dass er weg ist. Das gab es, solange er auf der Erde war. Jetzt aber ist er in den Himmel aufgefahren. Und das heißt: Jetzt ist er da. Jetzt hat er alle Macht. Jetzt gilt sein Versprechen: „Ich bin bei euch alle Tage.“ (Mt 28,20)

Himmelfahrt heißt: Jesus ist da. Wenn wir Gottesdienst feiern, ist er da. Jesus ist jetzt bei uns, das weiß ich ganz sicher. Wenn wir uns in der Gemeinde treffen, ist er da. Wenn Sie morgen wieder zur Arbeit gehen, ist Jesus da. Wenn jemand von Ihnen zuhause einen Angehörigen zu pflegen hat, ist Jesus da. Wenn Sie vielleicht fürchterlichen Streit in der Familie haben: Jesus ist da. Wenn Ihr Konfis riesigen Stress in der Schule habt – Jesus ist da. Himmelfahrt heißt: Jesus ist da.

Dass Jesus da ist, heißt ja noch lange nicht, dass alles gut und richtig ist, was ich mache. Nicht alles gefällt ihm, was er da so mitbekommt. Mir zumindest geht's manchmal so, dass ich mich schäme, weil mir durch den Kopf und durchs Herz geht: Mensch, Jesus ist doch da, und der kriegt mit, was für einen Stuss du eben wieder machst. Aber das Faszinierende ist: Er liebt mich trotzdem. Und Sie. Und Dich. Und deshalb ist er da.

Jesus ist da. Er ist auch da, wenn Ihr altes Elend und Ihre Armut wieder zum Vorschein kommen. Er ist da, wenn unsere Schuld vor Gott und den Menschen so deutlich sichtbar wird. Aber damit ist der da, der unser Elend annimmt. Der unsere Armut teilt. Und der unsere Schuld vergibt.

Himmelfahrt heißt: Jesus ist da. Deshalb kehrten die Jünger zurück mit großer Freude.

An Himmelfahrt überwiegt die Abschiedsfreude. Nicht der Abschiedsschmerz. Weil dieser Abschied uns Jesus ganz nahebringt. Es ist eben wirklich ein ganz besonderer Abschied.   

Verfasser: Pfarrer Martin Hecker, Martin-Luther-Straße 9a, 64732 Bad König


Herausgegeben vom

Logo Zentrum Verkündigung

Referat Ehrenamtliche Verkündigung
Markgrafenstraße 14, 60487 Frankfurt/Main,
Telefon: 069.71379-140
Telefax: 069.71379-131
E-Mail: predigtvorschlaege@zentrum-verkuendigung.de

in Kooperation mit dem

Logo Gemeindedienst der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland
Gemeindedienst der
Evangelischen Kirche
in Mitteldeutschland

Pfarrer Dr. Matthias Rost
Zinzendorfplatz 3 (Alte Apotheke), 99192 Neudietendorf
Telefon: 036202.7717-97

Logo MÖD – Missionarisch Ökumenischer Dienst
Pfarrer Thomas Borchers
Missionarisch-Ökumenischer Dienst
Westbahnstraße 4
76829 Landau
Telefon: 06341.928912
E-Mail: info@moed-pfalz.de
Die „Predigtvorschläge“ sind auch auf CD-ROM (Text- und MS WORD-Datei) erhältlich (Bestellformular).