Jesu Hingabe befreit uns zur Hingabe
von Ingrid Volkhardt-Sandori (35447 Reiskirchen)
Predigtdatum
:
29.03.2018
Lesereihe
:
ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr
:
Palmsonntag
Textstelle
:
1. Korinther 10,16-17
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Wochenspruch:
"Er hat ein Gedächtnis gestiftet seiner Wun-der, der gnädige und barmherzige Herr." (Psalm 111, 4)
Psalm: 111 (EG 744)
Lesungen
Reihe I: Johannes 13, 1 - 15 (34 - 35)
Reihe II: 1. Korinther 11, 23 - 26
Reihe III: Markus 14, 17 – 26
Reihe IV: 1. Korinther 10, 16 - 17
Reihe V: 2. Mose 12, 1.3 - 4. 6 - 7. 11 - 14
Reihe VI Hebräer 2, 10 - 18
Liedvorschläge
Eingangslied: EG 473 Mein schönste Zier
Wochenlied: EG 599 Selig seid ihr, wenn ihr einfach lebt
Predigtlied: EG 222 Im Frieden dein, o Herre mein
Schlusslied: EG 98 Korn, das in die Erde
Predigttext 1. Korinther 10, 16 – 17
Die Unvereinbarkeit von Abendmahl und Götzendienst
16 Der Kelch des Segens, den wir segnen, ist der nicht die Gemeinschaft des Blutes Christi? Das Brot, das wir brechen, ist das nicht die Gemeinschaft des Leibes Christi?
17 Denn ein Brot ist's. So sind wir, die vielen, ein Leib, weil wir alle an einem Brot teilhaben.
Liebe Gemeinde,
„Ich sehe was, was du nicht siehst...“, das haben wir als Kinder gespielt- stundenlang.
Wir haben im selben Zimmer gesessen und dieselben Dinge gesehen - und doch war es schwer: Erraten, was andere Menschen sehen. So sehr lebt jeder, jede von uns in seiner und in ihrer eigenen Welt.
Manchmal ist das Gesuchte nämlich einfach zu unauffällig und zu winzig, und manchmal ist es zu groß und offensicht-lich.
Denn wenn wir so unterwegs sind in unserer eigenen Welt, kann es vorkommen, dass wir den Wald vor lauter Bäumen nicht sehen, und dann können wir froh sein, wenn jemand in unserer Nähe ist und sagt: „Ich sehe was, was du nicht siehst.“
Dieses Spiel wird dann zum Gleichnis für das, was geschieht, wenn wir glauben. Wir sehen etwas, das andere nicht sehen, und das muss nicht unbedingt ein schöner Anblick sein. Es kann Momente geben, da wollen wir dieses Spiel lieber nicht spielen: „Ich sehe was, was du nicht siehst.“
Es kann anstrengend sein, an diesen anderen Blick des Glau-bens erinnert zu werden. So ging es der Gemeinde in Ko-rinth, als sie von ihrem Apostel Paulus einen Brief erhielt, in dem stand:
Der Kelch des Segens, den wir segnen, ist der nicht die Gemeinschaft des Blutes Christi? Das Brot, das wir brechen, ist das nicht die Gemeinschaft des Leibes Christi? Denn ein Brot ist's. So sind wir, die vielen, ein Leib, weil wir alle an einem Brot teilhaben.
Liebe Gemeinde,
„Ich sehe was, was du nicht siehst...“- in der christlichen Gemeinde in Korinth war das Alltag. Und niemand fand das komisch, sondern es wurde zur Zerreißprobe für die Ge-meinde, kaum dass sie angefangen hatte zu existieren.
Sie hatten sich nämlich in ihren Ansichten weit auseinander entwickelt und dabei nicht nur voneinander, sondern auch vom Zentrum ihres Glaubens entfernt. Sie sahen den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr.
Paulus versuchte, ihnen mit seinem Brief wieder die Augen zu öffnen für das Wesentliche. Um das zu erklären, gehen wir einen kleinen Umweg.
Zur Zeit des Paulus und seiner Gemeinden gab es ja viele Göttinnen und Götter. Ihnen wurden Tempel gebaut, dort konnten die Gläubigen sie in kunstvollen Bildern und Statuen bewundern.
Dagegen hatten die christlichen Gemeinden kein Gotteshaus, und für Jesus wurden kein Denkmal und keine Statue ge-schaffen.
Wer sich an Jesus erinnern wollte, konnte also nicht in einen Tempel gehen. Niemand konnte vor einem Jesus - Denkmal einen Kranz niederlegen - es gab ja noch nicht mal ein Grab, auf das man Blumen pflanzen konnte.
Wer sich an ihn erinnern wollte, konnte nur eins tun: Am gemeinsamen Mahl in einer christlichen Gemeinde teilneh-men.
Diese Nachricht hatte Jesus auf der Welt hinterlassen: Mein Tempel, mein Denkmal seid ihr, meine Gemeinde. Mein Leib liegt nicht in einem Grab, denn ihr seid meine lebendigen Glieder. Darum feiert in meinem Namen das Mahl, dann bin ich lebendig unter euch.
Deshalb ist das Abendmahl so wichtig, deshalb konzentriert sich Paulus so sehr darauf: Hier ist die Kraftquelle, mit der sie ihre eigene Gemeinde, so schwach und zerstritten sie ist, im göttlichen Licht der Gnade sehen können.
Es mag sein, dass diese Einstellung für die einen eine Dummheit ist und für die anderen eine Unverschämtheit. Für die, die davon leben müssen, ist sie die einzige Möglichkeit, sich und die Welt im Gleichgewicht zu halten, und das gilt besonders für die Gemeinde in Korinth. Paulus schreibt ihnen: Ihr seid so zerstritten, weil ihr vergessen habt, wo euer Mittelpunkt ist.
Das „Herrenmahl“ wie es der Apostel nennt, wird die Zweifel der Gemeinde heilen, meint Paulus.
Dann wird ihnen selbst klar werden, dass sie sich nicht an den Opferfeiern für die Götter beteiligen sollen, auch nicht indirekt, indem sie das Fleisch essen, das dort geopfert wur-de.
Hier hat die christliche Freiheit der Korinther ihre Grenzen - und das klingt merkwürdig, wenn es jemand wie Paulus schreibt, der sich doch sonst in Sachen Freiheit so weit aus dem Fenster gelehnt hat wie sonst kein anderer Apostel.
Für ihn ist das auch eine Frage der Rücksicht. Er fragt da-nach, welche Wirkung es hat, wenn jemand sich im Namen Jesu Freiheiten herausnimmt, die auf andere anstößig und kränkend wirken könnten. Die Gemeinden, die Paulus ge-gründet hat, haben die Wirkung der Freiheit ausprobiert, die Paulus ihnen so schmackhaft gemacht hat. Und es stellt sich heraus: Sie müssen schon auch darauf achten, dass daraus nicht eine große Beliebigkeit wird.
Es ist nicht egal, wie Christinnen und Christen leben. Es macht einen Unterschied, ob sie in aller Freiheit aufeinander achten oder nicht. Denn
Der Kelch des Segens, den wir segnen, ist der nicht die Gemeinschaft des Blutes Christi? Das Brot, das wir brechen, ist das nicht die Gemeinschaft des Leibes Christi? Denn ein Brot ist's. So sind wir, die vielen, ein Leib, weil wir alle an einem Brot teilhaben.
Es gibt also im Leben der Gemeinde Qualitätsunterschiede. Sie können, wie in Korinth, damit zu tun haben, welches Fleisch gegessen wird und wem die Tiere geopfert wurden, von denen dies Fleisch stammt.
Es ist gar nicht so abwegig, darauf zurückzukommen, wenn wir heute überlegen, was wir eigentlich so essen - woher zum Beispiel die Tiere kommen, deren Fleisch in unseren Kochtöpfen landet.
„Woher kommt eigentlich unser Essen?“ das ist eine wichtige Frage für eine Gemeinde, denn das Sakrament, das uns mit Jesus verbindet, ist ein gemeinsames Mahl. Und so ist es sicher kein Zufall, wenn das, was die christlichen Gemeinden voneinander trennt, oft im Abendmahl offensichtlich wird. So war es in Korinth im Jahr 30 und so ist es bis heute.
Wenn wir hier in der Kirche Abendmahl feiern, sehen wir etwas, das eigentlich gar nicht zu sehen ist. Wir haben zwar inzwischen eine Abbildung von Jesus auf dem Altar. Aber sie zeigt umso deutlicher, dass wir eben kein Jesusbild haben. Dieser Jesus ist aus dem Holz des Vogelsbergs (andere Re-gion einfügen) geschnitzt. Und der Wein und das Brot, das wir heute miteinander teilen, stammen aus unserem Land. Dass aus Jesus, dem orientalischen Rabbi, ein Jesus für uns werden konnte, hängt also ganz mit dieser Tradition des ge-meinsamen Mahls zusammen- und damit, dass damals kein Bild von Jesus angefertigt wurde, kein Tempel und kein Grabmal zu seiner Erinnerung erbaut wurde.
„Ich sehe was, was du nicht siehst“- denn was wir sehen, ist immer eine Frage des Blickwinkels.
Wenn wir das berücksichtigen, verstehen wir, was beim Abendmahl passiert. Es ist mehr und anders als das letzte Mahl einer kleinen Gruppe verängstigter Galiläer am Abend vor der Kreuzigung Jesu. Es ist mehr und anders als das Beisammensein einer Gruppe Vogelsberger (andere Region einfügen) in ihrer heimatlichen Kirche. Es ist mehr und an-ders als die schwachen Versuche, in unseren uneinigen Kir-chen den Leib Christi darzustellen.
Wenn sich der Blick nicht durch Äußerlichkeiten gefangen nehmen lässt, erscheint hinter dem Gesehenen das Wesentli-che. Als Jesus sein Ende vor Augen hatte, wollte er seiner Gemeinde nichts Sichtbares hinterlassen. Keinen Tempel, kein Denkmal, noch nicht mal ein Grab. Stattdessen nahm er die Auferstehung schon vorweg. Das Lebenszeichen Jesu ist seitdem mitten unter uns: Der Kelch des Segens, den wir segnen, ist der nicht die Gemeinschaft des Blutes Christi? Das Brot, das wir brechen, ist das nicht die Gemeinschaft des Leibes Christi? Denn ein Brot ist's. So sind wir, die vie-len, ein Leib, weil wir alle an einem Brot teilhaben.
Verfasserin: Pfarrerin Ingrid Volkhardt-Sandori
Oberdorfstraße 23, 35447 Reiskirchen
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