Jesu Kreuzigung
von Gundula Guist (Usingen)
Predigtdatum
:
18.04.2014
Lesereihe
:
ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr
:
Gründonnerstag
Textstelle
:
Jesaja (52,13-15);53,1-12
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Wochenspruch:
"So sehr hat Gott die Welt geliebt, dass er sei-nen eingeborenen Sohn gab, damit alle, die an ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben." (Johannes 3, 16)
Psalm: 22
Lesungen
Altes Testament: Jesaja (52, 13 - 15), 53, 1 - 12
Epistel: 2. Korinther 5, (14 b - 18) 19 - 21
Evangelium: Johannes 19, 16 - 30
Liedvorschläge
Eingangslied: EG 91, 1 -3 + 5 Herr stärke mich
Wochenlied: EG 83, 1 + (4) + 6 Ein Lämmlein geht
Predigtlied: EG 87, 1 - 4 Du großer Schmerzensmann
Schlusslied: EG 85, 1 + 5 O Haupt voll Blut und Wunden
Liebe Gemeinde,
der Karfreitag ist keiner von den schönen Feiertagen. Hier ist nichts fröhliches, nichts niedliches, nichts fürs Gemüt. Karfreitag bedeutet Leid, Blut und Tränen. Er kommt daher mit Worten wie Sünde, Sühne, für uns gelitten; Wunden, Sterben, Kreuz und Tod. Er zwingt uns auf das blicken, was wir nicht sehen wollen. Und viele fragen sich: Warum soll ich mir das anschauen? Warum soll ich mich damit auseinandersetzten?
Das Geschehen an Karfreitag entzieht sich schnellen Erklärungen und es belastet auf den ersten Blick mehr, als das es hilft.
Der Koran kennt Jesus als großen Propheten. Aber große Propheten enden im Islam nicht im Leid und als Verbrecher am Kreuz. Leid ist eine Strafe Gottes für ungenügend gute Lebensführung - das kann bei einem Propheten nicht sein - also kann das auch bei Jesus nicht sein. Im Koran, dem heiligen Buch des Islam, entschwindet Jesus gleich in den Him-mel - also gleich die Himmelfahrt - ohne Leid und Kreuz und Auferstehung. Manche Christen gehen in ihrer Praxis ebenfalls diesen Weg: die Geschehnisse an Karfreitag werden ausgeblendet. Das Christentum auf Handlungsanweisungen zum Leben und die Feste auf Weihnachten und Erntedank eingedampft.
Die Geschehnisse an Karfreitag aber haben die junge Christenheit geprägt, wie kaum ein anderes Geschehen. Alle 4 Evangelien berichten so ausführlich davon, dass man sie schon Passionsgeschichten mit Vorspann genannt hat. Das, was passiert zu beschreiben ist das eine - das, was passiert zu deuten ist das andere. Ganz schnell hat deshalb die junge Christenheit passende Texte aus dem Alten Testament genommen, um zu verstehen, um zu interpretieren, um sich zu erklären, was es mit diesem Leiden und Sterben auf sich haben könnte. Als Juden waren ihnen diese Texte selbstverständlich geläufig und der Text aus Jesaja, legt ein Bezug auf Jesus Christus wirklich nah.
Hören Sie den Text aus Jesaja 52 und 53 und beurteilen Sie selbst.
(Verlesen des Textes Jes 52,13ff und Jes 53,1-12, Lutherübersetzung)
Hier könnte doch wirklich das Leiden und Sterben von Jesus Christus beschrieben worden sein, oder? Allerdings neben dem WIE, liegt hier ein Schwerpunkt auf dem WOHER und dem WOZU.
Das WIE wird beschrieben mit "Voller Schmerzen und Krankheit", "Verwundet und zerschlagen", "Gemartert und verstummt", "wegrissen und geplagt", "bei den Gottlosen und Übeltätern". Das ist eine Beschreibung, die nicht nur auf Sterben und Tod Jesu Christi zutreffen könnte.
Das WOHER wird beschrieben mit "um unserer Missetat willen", " um unserer Sünde willen", er trägt "unsere Krankheit", lädt auf sich "unsere Schmerzen".
Das WOZU wird beschrieben in dem einen Satz: "Auf dass wir Frieden hätten und durch seine Wunden sind wir geheilt." Das ist das Ziel: Frieden und Heilung!
Der Weg zum Ziel ist ein ungewöhnlicher - und das nicht erst für uns. "Wer glaubt dem, was uns verkündet wurde?", fragt sich selbst der Verfasser des Textes. Und er räumt ein, dass selbst die dem Leidenden Nahestehenden das Geschehen verkannt haben. " er hat uns nicht gefallen", "wir haben ihn für nichts geachtet", "Wir hielten ihn für den, der von Gott geschlagen und gemartert wäre." Nein, man kann es selbst kaum glauben, dass der, der da am Kreuz hängt, Gottes Sohn sein könnte. Warum beschreiben es aber alle Evangelien so ausführlich? Warum gehen sie nicht wenigstens schnellen Schrittes - wenn nicht gleich zur Himmelfahrt - dann doch wenigstens auf die Auferstehung zu?
Zu den vielen möglichen Antworten steuert der Jesaja-Text eine bei:
"Auf dass wir Frieden hätten und durch seine Wunden sind wir geheilt."
Gott will seinen Menschen, Gott will uns, Frieden geben. Einen inneren Frieden, der auch dann noch hält, wenn die äußeren und inneren Umstände alles andere als friedlich sind. Einen Frieden, der hält, wenn uns die anderen verachten und als hässliche Gestalt ansehen. Einen Frieden, der schützt, wenn uns die anderen auslachen ob unserer Krankheit, unserer Schwachheit, Verwundbarkeit. Einen Frieden, der uns sogar auf Feinde zugehen lässt. Einen Frieden, der uns umfängt, wenn unser eigenes Gewissen uns anklagt, wenn uns Schuld drückt, wenn sich vermeintlich kleine Fehler zu handfesten Katastrophen ausgewachsen haben.
Es gibt Leid in der Welt. Aber: Gott geht in Jesus Christus am Leid nicht vorbei. Er nimmt es in sich auf.
Es gibt Schuld und Sünde, Fehler, Verfehlungen und Katastrophen in der Welt. Aber: Gott geht in Jesus Christus daran nicht vorbei. Er nimmt sie in sich auf.
Das ist in letzter Konsequenz das, was an Weihnachten beginnt: Menschwerdung, Inkarnation. Gott hat nicht gekniffen, er hat seine Menschwerdung in Jesus Christus ausgekostet bis zum bitteren Ende. Das macht diesen Frieden so unschätzbar wertvoll und wirkmächtig. Er ist nicht billig für sich selbst erkauft, er ist hart mit dem eigenen Leben für uns erkämpft.
Immer wieder haben Menschen im Blick auf den leidenden Christus ihr eigenes Leid besser ertragen können. Immer wieder haben Menschen im Glauben daran, dass er unsere Sünde trägt, neuen Lebensmut geschöpft und neu anfangen können.
Karfreitag führt uns vor Augen, wie die Welt ist und wie wir selbst sind. Beide sind nicht als rund rum gut, schön, unfehlbar und glanzvoll zu beschreiben. So ist die Wirklichkeit nicht, so sind wir nicht. Heute sollen wir hinschauen genau darauf. Aber nicht, um in einer Katastrophenstimmung den Gottesdienst zu verlassen, so wie man manchmal genervt die Nachrichten ausschaltet, weil an dieser Welt ja noch nichts zu ändern ist - oder so wie mancher persönliches Leid als halt gegeben hinnimmt. Nein. Gerade an Karfreitag dürfen wir hören, dass gegen allen Anschein der Frieden, die Heilung, der Neubeginn eine Chance hat. Allerdings nicht am Leid vorbei, sondern durch es hindurch - und - nicht weil wir so gut wären, sondern weil Gott uns so gut macht.
"Weil seine Seele sich abgemüht hat, wird er das Licht schauen" - so verheißt es der Jesaja-Text gegen Ende. Die Mühe, die uns Karfreitag macht, lohnt sich.
Amen.
Verfasserin: Pfarrerin Gundula Guist
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