Jesu Kreuzigung.
von Andreas Volkmann (39112 Magdeburg)
Predigtdatum
:
06.04.2007
Lesereihe
:
ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr
:
Gründonnerstag
Textstelle
:
Matthäus 27,33-50.(51-54)
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Wochenspruch:
So sehr hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn gab, damit all, die an ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben.
(Johannes 3, 16
Psalm:
22 (EG 709)
Lesungen
Altes Testament:
Jesaja (52, 13 – 15) 53, 1 - 12
Epistel:
2. Korinther 5, (14b – 18) 19 – 21
Evangelium:
Johannes 19, 16 – 30
Liedvorschläge
Eingangslied:
EG 91
Herr, stärke mich, dein Leiden
Wochenlied:
EG 83
Ein Lämmlein geht und trägt die schuld
Predigtlied:
EG 97
Holz auf Jesu Schulter
Schlusslied:
EG 93
Nun gehören unsre Herzen
Matthäus 27, 33 – 50 (51 – 54)
33 Und als sie an die Stätte kamen mit Namen Golgatha, das heißt: Schädelstätte, 34 gaben sie ihm Wein zu trinken mit Galle vermischt; und als er's schmeckte, wollte er nicht trinken. 35 Als sie ihn aber gekreuzigt hatten, verteilten sie seine Kleider und warfen das Los darum. 36 Und sie saßen da und bewachten ihn. 37 Und oben über sein Haupt setzten sie eine Aufschrift mit der Ursache seines Todes: Dies ist Jesus, der Juden König. 38 Und da wurden zwei Räuber mit ihm gekreuzigt, einer zur Rechten und einer zur Linken. 39 Die aber vorübergingen, lästerten ihn und schüttelten ihre Köpfe 40 und sprachen: Der du den Tempel abbrichst und baust ihn auf in drei Tagen, hilf dir selber, wenn du Gottes Sohn bist, und steig herab vom Kreuz!
41 Desgleichen spotteten auch die Hohenpriester mit den Schriftgelehrten und Ältesten und sprachen: 42 Andern hat er geholfen und kann sich selber nicht helfen. Ist er der König von Israel, so steige er nun vom Kreuz herab. Dann wollen wir an ihn glauben. 43 Er hat Gott vertraut; der erlöse ihn nun, wenn er Gefallen an ihm hat; denn er hat gesagt: Ich bin Gottes Sohn. 44 Desgleichen schmähten ihn auch die Räuber, die mit ihm gekreuzigt waren. 45 Und von der sechsten Stunde an kam eine Finsternis über das ganze Land bis zur neunten Stunde. 46 Und um die neunte Stunde schrie Jesus laut: Eli, Eli, lama asabtani? Das heißt: Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen? 47 Einige aber, die da standen, als sie das hörten, sprachen sie: Der ruft nach Elia. 48 Und sogleich lief einer von ihnen, nahm einen Schwamm und füllte ihn mit Essig und steckte ihn auf ein Rohr und gab ihm zu trinken. 49 Die andern aber sprachen: Halt, lass sehen, ob Elia komme und ihm helfe! 50 Aber Jesus schrie abermals laut und verschied. [ 51 Und siehe, der Vorhang im Tempel zerriss in zwei Stücke von oben an bis unten aus. 52 Und die Erde erbebte, und die Felsen zerrissen, und die Gräber taten sich auf, und viele Leiber der entschlafenen Heiligen standen auf 53 und gingen aus den Gräbern nach seiner Auferstehung und kamen in die heilige Stadt und erschienen vielen. 54 Als aber der Hauptmann und die mit ihm Jesus bewachten das Erdbeben sahen und was da geschah, erschraken sie sehr und sprachen: Wahrlich, dieser ist Gottes Sohn gewesen! ]
Liebe Gemeinde,
„Die Hoffnung stirbt zuletzt“ sagt das geflügelte Wort. Heute aber nun doch - und endgültig. In wenigen Stunden wird sie gar begraben. Dann, wenn Joseph von Arimathia, der vornehme Jude, der zum Jünger geworden war, den Leichnam Jesu vom Kreuz nehmen lässt. Er hat sein Grab zur Verfügung gestellt, und der Hohe Rat hat das Begräbnis des toten Unruhestifters dort gestattet. Die Erleichterung war groß. Endlich hatten die ständigen Volksaufläufe und aufrührerischen Reden ein Ende. Das bevorstehende Fest war gerettet. Für sie jedenfalls.
Nicht dagegen für die kleine Schar seiner Anhänger. Denen war alles andere als zum Feiern zumute. Diesem Joseph eben, allen voran aber Johannes und Maria, ebenso Jakobus und Andreas, Philippus und Bartholomäus und wie sie alle hießen, die Jesus zu seinen Jüngern berufen hatte. Nicht zuletzt Petrus. Für sie gab es keine Hoffnung mehr. Für sie, die gemeint hatten, mit ihrem Meister würden sich die politischen Verhältnisse zum Besseren wenden - wie Judas Iskariot, der daran verzweifelt war, dass sich da noch immer nichts bewegte; für sie, die fest daran geglaubt hatten, dass sich mit Jesus das Miteinander der Menschen im Land und den Familien friedfertiger gestalten würde; und für sie, die seiner Kraft vertraut hatten, mit der er kranke Leiber und verletzte Seelen geheilt hatte. So hatten sie ihn viele Male erlebt. Nun war für sie alle eine Welt zusammengebrochen, als ihnen dieser letzte Schrei vom Kreuz in die Ohren drang und ihnen ihr Herz zerriss: „Eli, Eli, lama asabtani?“ – „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“
Ein und dasselbe Geschehen – und doch so unterschiedlich wahrgenommen. Den einen ist es der schwärzeste Tag ihres Lebens: Andere haben das befriedigende Gefühl, etwas für Ruhe, für Ordnung und Sicherheit im Lande getan zu haben.
Jesu Tod birgt eben zwei Seiten in sich. Oder sind es gar drei? Denn schließlich ist hier Gott im Spiel. Und nirgends sonst als in diesem Geschehen wird deutlicher erkennbar, wie unbegreiflich anders die Wege sind, die er uns führt und zutraut, sie zu gehen. Sei es, dass wir sie als triumphalen Sieg erleben, sei es, dass sie uns zutiefst betrübt sein lassen. Am Ende geht er sie mit uns zu seinem guten Ziel.
Wie viel Genugtuung mag es den damaligen Machthabern in Ostdeutschland bedeutet haben, als sie die gesprengten Magdeburger Innenstadtkirchen in sich zusammenfallen sahen: Heilig-Geist, St. Ulrich und Levin, St. Jacobi und St. Katharinen oder die Versöhnungskirche im Grenzstreifen an der Berliner Mauer und nicht zuletzt die Leipziger Universitätskirche. Für viele Menschen, insbesondere die Christen der betroffenen Gemeinden, brach hingegen eine Welt zusammen. Am Ende aber hat Gott diesen Gesellschafts- und Kultur-Revolutionären den Garaus gemacht. Und die so geschundenen Gemeinden leben doch fröhlich weiter, heute von mancher Last befreit. – Zwei Seiten ein und derselben Medaille, der Gott noch eine dritte Seite hinzugefügt hat.
Und wie viel Stolz füllt heute die Brust von Politikern und Wirtschaftsbossen, wenn sie auf ihre Erfolge der Globalisierung unserer Welt verweisen. Andere hingegen bekommen die Auswirkungen sehr schmerzhaft zu spüren, wenn sie durch Arbeitslosigkeit ihre Existenz bedroht sehen. Mit Abstand betrachtet, sehen wir am Ende aufgrund dieser Entwicklung aber nicht mehr nur die Not der Menschen anderer Länder, sondern gehen auf diesem Weg Schritte der Solidarität mit ihnen; Schritte, die ihnen zu mehr wirtschaftlicher Selbständigkeit und politischer Freiheit verhelfen. Dies ist auch so eine dritte Seite ein und derselben Medaille, die Gott hinzufügt.
Was dem einen Leid bedeutet, dem anderen dagegen Freude – im Angesicht Gottes dürfen wir in allem, was uns begegnet, sein Angebot eines Weges sehen, der uns weiter führt.
Das an einem Tag wie heute zu erkennen, fällt nicht ganz leicht. Leichter fällt es aber dem, der getrost und voller Vertrauen und Zuversicht über diesen Tag hinaus schaut. Denn der sieht am Ende schon den Lichtstrahl am Horizont des Ostermorgens scheinen.
Nach der Überlieferung des Lukas-Evangeliums ist dies beispielsweise einer jener beiden, die an der Seite Jesu gekreuzigt wurden. Während nämlich der eine ihn verlästert: „Bist du nicht der Christus? Hilf dir selbst und uns!“, wird er von dem anderen zurechtgewiesen: „Fürchtest du dich gar nicht vor Gott? Wir empfangen doch mit Recht, was wir verdienen; dieser aber hat nichts Unrechtes getan. Und sprach zu Jesus: Gedenke an mich, wenn du in dein Reich kommst!“
Der so spricht, in dessen Worten spiegelt sich bereits der Lichtstrahl des Ostermorgens wieder. Deshalb erfährt er Jesu Zuspruch: „Wahrlich, ich sage dir: Heute wirst du mit mir im Paradies sein“. Neu geweckte Hoffnung…?
In der Überlieferung unseres Predigttextes aus dem Matthäus-Evangelium sind es der Hauptmann des Exekutions-Kommandos und seine Männer, die diesen Lichtstrahl schon im Auge haben. Ausgerechnet diese Männer mit Schwert und Spieß. Eigentlich sind sie doch nur als Befehlsempfänger an dem Geschehen beteiligt. Eine eigene Meinung dazu haben sie doch im Grunde genommen gar nicht. Dürfen sie auch nicht; dürfen weder trauern, noch sich freuen, sondern müssen – getreu ihrem Diensteid - einfach nur ihre Arbeit tun. Ausgerechnet sie aber gebraucht Gott, um wieder einmal jene „dritte Seite der Medaille“ ins Geschehen zu bringen, die er im Blick hat und deren er sich so oft bedient. Nicht den einen, den Niedergeschlagenen und Trauernden, gibt er Recht und nicht den anderen, den Stolzen und scheinbaren Siegern, sondern jenen Dritten, damit sich in ihnen das Licht widerspiegeln soll, an dem die anderen alle sich wieder aufrichten und seinen Weg mit ihnen erkennen können. So unergründlich sind Gottes Wege; so unergründlich seine Wege, uns zu erreichen! „Wahrlich, dieser ist Gottes Sohn gewesen!“
In diesen wenigen Worten, die einem Bekenntnis gleichkommen, liegt schon der Keim zu neuer Hoffnung. Denn bei Gott birgt auch der Tod neues Leben in sich. Dieses Bekenntnis aus dem Munde des Hauptmanns und seiner Soldaten lässt uns erfahren, dass Gott selbst im Angesicht des Todes Menschen zum Glauben führen kann. Und das macht Hoffnung. Gerade im Angesicht einer Welt, die immer noch und immer wieder vom Tod bedroht ist.
So gesehen, dürfen auch wir unsere Hoffnung behalten, dürfen sie an einem Tag wie diesem gar kräftigen. Denn „die Hoffnung stirbt zuletzt“; und im Angesicht Gottes und der Auferstehung von den Toten, die wir glauben dürfen, nie! Amen.
Andreas Volkmann Jüdenstr. 36 06886 Wittenberg
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