Jesus auf dem Weg Gottes
von Winfried Klotz (64739 Höchst)
Predigtdatum
:
14.02.2010
Lesereihe
:
ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr
:
Estomihi
Textstelle
:
1. Korinther 13
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Wochenspruch:
„Seht, wir gehen hinauf nach Jerusalem, und es wird alles vollendet werden, was geschrieben ist durch die Propheten von dem Menschensohn.“ (Lukas 18, 31)
Psalm: 31, 2 – 6
Lesungen
Altes Testament:
Amos 5, 21 – 24
Epistel:
1. Korinther 13, 1 – 13
Evangelium:
Markus 8, 31 – 38
Liedvorschläge
Eingangslied:
EG 449
Die güldne Sonne voll Freud und Wonne
Wochenlied:
EG 413
Ein wahrer Glaube Gotts Zorn stillt
Predigtlied:
EG 401
Liebe, die du mich zum Bilde
Schlusslied:
EG 170
Komm, Herr, segne uns
Vorbemerkung:
1. Korinther 13 ist eng verknüpft mit dem vorangehenden und dem folgenden Kapitel. Dies ergibt sich aus Kap. 12, 31 b und Kap. 14, 1 a. Christliche Gemeinde lebt mit den Dienst-Gaben des Heiligen Geistes, hat von daher eine große Vielfalt und Freiheit. Alle Gaben aber verlieren ihren Wert, wenn sie nicht von zwei Polen her gehalten werden: Kap. 12, 3 ... "und niemand kann Jesus den Herrn nennen außer durch den heiligen Geist." Kap. 13, 1 b, 2 b, 3 b, ..."und hätte die Liebe nicht". Dienst ohne Bindung an Jesus, den Herrn und Dienst für Gott ohne Liebe, bei dem mein religiöses Ich sich produziert, baut die Gemeinde nicht auf, sondern zerstört sie. Warum? Ich beziehe die Menschen auf mich. Ich will sie für mich einnehmen und gefährde so die Einheit der Gemeinde. Während heute die Einheit der Gemeinde nicht zuletzt durch die Institution gesichert werden soll, ist für Paulus entscheidend, dass das Wasser aus der richtigen Quelle fließt. Wer aus dem heiligen Geist redet, bekennt: Herr ist Jesus! Und lässt sein Handeln von der Liebe bestimmen, ..."denn die Liebe Gottes ist ausgegossen in unsere Herzen durch den heiligen Geist, der uns gegeben ist," Römer 5, 5.
1. Korinther 13 Luthertext:
1 Wenn ich mit Menschen- und mit Engelzungen redete und hätte die Liebe nicht, so wäre ich ein tönendes Erz oder eine klingende Schelle.
2 Und wenn ich prophetisch reden könnte und wüsste alle Geheimnisse und alle Erkenntnis und hätte allen Glauben, sodass ich Berge versetzen könnte, und hätte die Liebe nicht, so wäre ich nichts.
3 Und wenn ich alle meine Habe den Armen gäbe und ließe meinen Leib verbrennen, und hätte die Liebe nicht, so wäre mir's nichts nütze.
4 Die Liebe ist langmütig und freundlich, die Liebe eifert nicht, die Liebe treibt nicht Mutwillen, sie bläht sich nicht auf,
5 sie verhält sich nicht ungehörig, sie sucht nicht das Ihre, sie lässt sich nicht erbittern, sie rechnet das Böse nicht zu,
6 sie freut sich nicht über die Ungerechtigkeit, sie freut sich aber an der Wahrheit;
7 sie erträgt alles, sie glaubt alles, sie hofft alles, sie duldet alles.
8 Die Liebe hört niemals auf, wo doch das prophetische Reden aufhören wird und das Zungenreden aufhören wird und die Erkenntnis aufhören wird.
9 Denn unser Wissen ist Stückwerk, und unser prophetisches Reden ist Stückwerk.
10 Wenn aber kommen wird das Vollkommene, so wird das Stückwerk aufhören.
11 Als ich ein Kind war, da redete ich wie ein Kind und dachte wie ein Kind und war klug wie ein Kind; als ich aber ein Mann wurde, tat ich ab, was kindlich war.
12 Wir sehen jetzt durch einen Spiegel ein dunkles Bild; dann aber von Angesicht zu Angesicht. Jetzt erkenne ich stückweise; dann aber werde ich erkennen, wie ich erkannt bin.
13 Nun aber bleiben Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei; aber die Liebe ist die größte unter ihnen.
Liebe Schwestern und Brüder,
das "Hohe Lied der Liebe", wie das Kapitel in der Lutherbibel überschrieben ist, ist uns nicht unbekannt. Gerne wird dieser Text in Aus-zügen bei Trauungen gelesen oder auch der letzte Vers "Nun aber bleiben Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei; aber die Liebe ist die größte unter ihnen," als Trauspruch gewünscht. Warum eigentlich? Was Paulus in diesem Abschnitt schreibt, ist ja keine liebliche, romantische Verklärung der Liebe, sondern eher ein kritischer Ruf zur Liebe untereinander. Aber es ist klar: Was ersehnt ein Brautpaar mehr, als dass es dauerhaft in Liebe verbunden ist?
Liebe ist die große Sehnsucht aller Menschen, lieben und geliebt zu werden; - ja, gewiss auch lieben, dem anderen gut sein, Gutes tun. Was wir heiß ersehnen, fehlt uns oft am meisten! Das gilt gerade auch für die Liebe. Und wie oft wird sie verwechselt, durch etwas ersetzt, was man Liebe nennt, was aber nicht Liebe ist, - Liebe, diese echte Zuwendung zum Nächsten, die nicht sich selbst sucht, sondern dem Nächsten selbstlos zugewandt ist.
Wenn ich an Bilder für Liebe denke, fällt mir zuerst die Mutter ein, die ihr Kind stillt. Dafür braucht sie Zeit und Geduld; sie gibt etwas Substantielles, Leben ermöglichendes her, sie lässt sich aussaugen aus Liebe. Ihr Kind soll leben! Dieses Bild ist mir deshalb wichtig, weil es zeigt, was Liebe bewirkt: Liebe ermöglicht Leben, schafft Leben, erhält Leben. Ohne Liebe kein Leben.
Ohne Liebe kein Leben, das gilt auch für die christliche Gemeinde. Ohne Gottes Liebe, aus der er Jesus gesandt hat, gäbe es keine Versöhnung mit Gott, keine Vergebung unserer Schuld, kein neues Leben. Ohne Liebe untereinander ist christliche Gemeinde tot. Da mag weiterhin Gottesdienst gefeiert werden, da mag es das ganze Repertoire gemeindlich, kirchlicher Arbeit geben, Konfirmanden-Unter-richt, Chorarbeit, Erwachsenenbildung, Besuchsdienst; geschieht dies nicht aus dem Füreinander und Miteinander, ist Gemeinde tot.
Oder anders gesagt: Geschieht es so, dass da ein Grüppchen für sich schafft und dort ein anderes, ohne verbindliches Miteinander, jeder achtet nur darauf, seine Ziele und Interessen durchzusetzen, für sich Anerkennung einzuheimsen, dann ist das christliche Gemeinde in Auflösung. Manche mögen das vielleicht Ausdifferenzierung nennen und feststellen, dass die Institution - sprich - die Bürokratie doch noch den Zusammenhalt gewähre und doch alle, für eine christliche Gemeinde nötigen Angebote gemacht werden, ja auch ganz besondere Projekte umgesetzt werden, von denen dann sehr positiv in der Zeitung zu lesen ist - ohne verbindliches Miteinander, echtes, liebevolles Füreinander ist eine solche Gemeinde kein Lebensort. Sie gleicht dann eher einer GmbH für religiöse Dienstleistungen.
Verbindliches Miteinander, echtes, liebevolles Füreinander, das erwarten Menschen von der christlichen Gemeinde, das ist auch kein unerreichbares Ziel, sondern Gabe, die aus dem Glauben an Jesus Christus erwächst. Wie verstehen wir Jesus, wenn er nach Matthäus 28 sagt: "Macht zu Jüngern alle Völker?" Haben wir nach diesem Wort den Menschen vor allem christliche Lehre und christliche Werte zu bringen, oder nicht viel mehr sie in eine Gemeinschaft hinein zu führen?! JüngerInnen lebten mit Jesus, sie folgten ihm nach, sie verbanden ihr Leben fest mit dem seinen. Eben dadurch lernten sie von ihm, Gott und den Nächsten zu lieben. Sie lernten:"Wer groß sein will unter euch, der soll euer Diener sein; und wer unter euch der Erste sein will, der soll aller Knecht sein. Denn auch der Menschensohn ist nicht gekommen, dass er sich dienen lasse, sondern dass er diene und sein Leben gebe als Lösegeld für viele." (Markus 10, 43-45) Müssen wir unser missionarisches Wirken nicht ganz neu ausrichten, weil Jesus gesagt hat, "macht zu Jüngern alle Völker"? - Bringt Menschen in die Gemeinschaft mit mir! Und führt uns nicht Jesu Wort vom Dienen zu echter, liebevoller, verbindlicher Gemeinschaft - dann, wenn wir tun, was Jesus sagt?!
Paulus kämpft in 1. Korinther 13 um diese echte, liebevolle, verbindliche Gemeinschaft in der sehr jungen Gemeinde in Korinth. Diese Gemeinde war jung, nicht in Traditionen gefangen, ohne erstarrte Ordnungen und einen großen Mitgliederstamm, der es aber nicht für wichtig hält, gemeinsam den Gottesdienst zu feiern, wie es heute üblich ist. Nein, beim Gottesdienst waren alle da und viele brachten sich mit ihren geistlichen Gaben ein. Sie legten Wert darauf zum Zug zu kommen.
Und manchmal ging es dann im Gottesdienst ziemlich unordentlich zu in Korinth, Gott aber ist nach Paulus Worten nicht ein Gott der Unordnung, sondern des Friedens. (1. Kor. 14, 33) Korinth, eine Power-Gemeinde voller Leben mit einem Reichtum an geistlichen Gaben, also an Äußerungen des Heiligen Geistes, die nützlich sind für das Leben einer christlichen Gemeinde. Weisheit, Erkenntnis, starker Glaube, die Gabe Menschen gesund zu machen, die Kraft Wunder zu tun, prophetische Rede, Unterscheidung der Geister, Lob Gottes in unbekannten Sprachen und die Gabe der Deutung des so Gesagten, diese Gaben des Geistes nennt Paulus im 12. Kapitel. Die Christen in Korinth waren begeistert von Jesus, durch Jesus hatten sie Gottes Gnade in der Fülle seines Geistes erfahren.
Nur wenige von ihnen waren wohlhabend und gebildet, viele gehörten zur Unterschicht oder waren Sklaven; aber durch Jesus, in seiner Gemeinde traten diese Unterschiede zurück. Gottes Geist macht keine Unterschiede, er begabt, wen er will. Hier in der Gemeinde hatten sie Gottes großes JA zu sich in der Botschaft vom gekreuzigten und auferstandenen Jesus gehört und angenommen. Was konnte anderes daraus folgen als überschießendes Leben? Was die Gesellschaft damals gerade den Sklaven vorenthielt, das fanden sie in der Gemeinde Jesu: Freiheit, Gleichheit, Geschwisterlichkeit.
Aber trotz prallen Lebens war auch in Korinth das Virus der "Ausdifferenzierung" am Werk. Auch fromme Menschen sind anfechtbar. Und der Versucher setzt nicht nur bei den Schwachstellen, sondern auch bei dem an, was Stärke zu sein scheint. "Du dienst Christus gut, ja besser, besser als der oder die." ... "Sieh, welch großartige Gaben der Geist dir geschenkt hat." ... "Deine Weisheit und Erkenntnis, deine Kraft des Glaubens macht dich überlegen, du hast den Durchblick." ... "Dein Dienst ist wichtiger und besser als der anderer." ...
So flüstert es der Versucher dem ein, der ihm sein Ohr dafür leiht. Und dann bildet sich ein Grüppchen um eine Person, die mit ihren Gaben in den Vordergrund tritt. Sie muss das nicht offensichtlich betreiben, es genügt das Zulassen, es genügt, sich nicht dagegen zu wehren, sondern Genugtuung dabei zu empfinden.
Das ist keine Dienstgruppe, sondern eine Gruppe, die eine eigene Identität entwickelt aus der Verehrung einer Person. Schlimm wird es, wenn daraus eine Abspaltung wird, die Gemeinschaft aufgekündigt wird. Paulus mahnt in 1. Korinther 4, 6: "Niemand soll sich wichtig machen und den von ihm bevorzugten Lehrer gegen den eines anderen ausspielen." Er kritisiert im ersten Kapitel, dass es Spaltungen und Streit in der korinthischen Gemeinde gibt durch eine Art Personenkult.
Paulus, der Vater der Gemeinde, kämpft um ihre Einheit. Der Geist Gottes schenkt nicht nur Weisheit, Erkenntnis, Glaubenskraft, sondern seine erste und grundlegende Gabe für alle, die zu Jesus gehören ist die Liebe. "Die Liebe Gottes ist ausgegossen in unsere Her-zen durch den heiligen Geist, der uns gegeben ist," Römer 5, 5. Paulus spricht hier nicht davon, dass Christen an Gottes Liebe glauben, sondern, dass Gottes Liebe spürbar denen geschenkt wurde, die an Jesus Christus glauben. Die Liebe ist der bessere Weg, sie ist weit wichtiger als alle anderen Geistesgaben, betont Paulus im letzten Vers des vorausgehenden Kapitels.
Ohne diese Liebe sind alle Gaben des Geistes wirkungslos zum Bau der Gemeinde, wertlos für den, der sie ausübt, - völliger Verzicht auf Hab und Gut zugunsten der Armen, Hingabe des Lebens für Christus, ohne Liebe findet das keinen Lohn bei Gott.
Wir möchten Paulus hier gerne widersprechen, wir lassen uns von großen Taten schnell blenden. Gott offensichtlich nicht, er sieht das Herz an; religiöse Selbstverwirklichung, liebloser Fanatismus, hohe Geistigkeit beeindrucken ihn nicht.
Wie handelt die Liebe, zu welchem Handeln führt sie einen Menschen, der ihr folgt? Paulus beschreibt das in den Versen 4 - 7. Ich lese es uns in der Übersetzung der Gute Nachricht Bibel noch einmal vor, eigentlich ist damit alles gesagt: "Die Liebe ist geduldig und gütig. Die Liebe eifert nicht für den eigenen Standpunkt, sie prahlt nicht und spielt sich nicht auf. Die Liebe nimmt sich keine Freiheiten heraus, sie sucht nicht den eigenen Vorteil. Sie lässt sich nicht zum Zorn reizen und trägt das Böse nicht nach. Sie ist nicht schadenfroh, wenn anderen Unrecht geschieht, sondern freut sich mit, wenn jemand das Rechte tut. Die Liebe gibt nie jemand auf, in jeder Lage vertraut und hofft sie für andere; alles erträgt sie mit großer Geduld."
Vielleicht machen uns diese Worte ratlos und wir fühlen uns überfordert. Das ist kein "Liebe-lern-Programm" in pädagogischen Häppchen, sondern eine Beschreibung der Liebe Christi. In der Gemeinschaft mit ihm und unseren Mitchristen erzieht Jesus selbst uns dazu.
Zum Schluss: Diese Liebe ermöglicht Leben, schafft Leben, erhält Leben. Ohne diese Liebe kein Leben. Wenn der auferstandene Christus wie eine stillende Mutter uns durch seine Liebe nährt, sodass wir zur Blüte des Lebens gelangen als Gemeinde und Einzelne, dann können wir nicht anders als Gott immer wieder anzubeten und zu loben. Deshalb ist der Himmel voll nicht endendem Lob Gottes, hier wirkt Gottes Liebe ohne Ende.
"Die Liebe hört niemals auf", sagt Paulus, und noch einmal im letzten Vers: "Nun aber bleiben Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei; aber die Liebe ist die größte unter ihnen." Schließlich Kap 14, 1: "Bemüht euch also darum, dass euch die Liebe geschenkt wird!" Das befreit uns vom Krampf, denn diese Liebe ist Gabe des Heiligen Geistes, stellt uns aber auch vor eine Aufgabe.
Amen.
Verfasser: Pfarrer Winfried Klotz, Königsberger Straße 1, 64732 Bad König
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