Wochenspruch: „Seht, wir gehen hinauf nach Jerusalem, und es wird alles vollendet werden, was geschrieben ist durch die Propheten von dem Menschensohn.“ (Lukas 18, 31)
Psalm: 31, 2 – 6
Lesungen
Altes Testament: Amos 5, 21 – 24
Epistel: 1. Korinther 13, 1 – 13
Evangelium: Markus 8, 31 – 38
Liedvorschläge
Eingangslied: EG 440 All Morgen ist ganz frisch und neu
Wochenlied: EG 384 Lasset uns mit Jesus ziehen
Predigtlied: EG 295 Wohl denen, die da wandeln
Schlusslied: EG 347 Ach bleib mit deiner Gnade
Der Sonntag Estomihi ist der Fastnachtssonntag. An manchen Orten tickt da das Leben ein wenig anders als sonst. Ich habe in den letzten Jahren begonnen, an Fastnacht eine Reimpredigt zu halten. So finden Sie im Folgenden zwei Predigtvorschläge: eine Reimpredigt und eine „normale“Predigt - zur Auswahl.
Predigtvorschlag 1:
Maria und Martha am Fastnachtssonntag
Gnade sei mit Euch heut morgen
Und vertreibe Eure Sorgen
Aus dem Kopf und aus dem Herzen,
mach Euch frei zu Fastnachtsscherzen.
Denn die Narrenzeit ist da
Mit Helau und Trallala.
Auch zu dieser Gottesstunde
Wirkt das Fest in unsre Runde
Und beflügelt meine Worte
Heute hier an diesem Orte
Denn in Reimen will ich wagen
Gottes Wort zu Euch zu sagen,
was er will und was er tut,
worauf auch sein Segen ruht,
wie er kommt in unseren Tagen
und uns dabei hilft zu tragen,
was uns müht und sehr beschwert
und uns kümmert und verwehrt
fröhlich durch die Welt zu gehen
und das Leben bunt zu sehn.
Darum höret die Geschichte
Die ich Euch jetzt hier berichte.
Seid ganz wach und spitzt die Ohren,
denn aus seinem Wort geboren
werden Glauben, Hoffnung, Liebe,
unsres neuen Lebens Triebe,
die uns stärken und beglücken
und von innen her entzücken.
Jesus war, wir könnens sehn
im Buch des Lukas, Kapitel 10,
mit seinen Freunden auf der Reise
von Ort zu Ort auf seine Weise.
Ihm war wichtig nicht zu eilen,
sondern öfters zu verweilen
bei Menschen, deren Not er spürte
oder deren Ruf ihn rührte
oder auch nur, um zu rasten
und nicht durch die Welt zu hasten,
sondern hier und da zu ruhn
um sich Gutes anzutun.
Im Gebet und in der Stille
zu erkunden Gottes Wille
für sich und seine Jüngerschar,
die fast täglich um ihn war.
Oftmals kehrte er auch ein,
um bei Freunden Gast zu sein,
saß mit ihnen, trank und aß
alle Sorgen er vergaß,
freute sich an guter Speise
auf der langen Wanderreise.
So kam er einstmals in ein Nest
und riskiert auch hier den Test
ob ihn jemand gleich erkannt
und auf ihn kommt zugerannt.
Lange musste er nicht warten,
klang es doch aus einem Garten:
„Jesus, komm zu uns herein,
heute sollst Du Gast hier sein!“
Eine Frau stand dort am Zaun,
freundlich war sie anzuschaun,
Wie sie winkte, wie sie rief,
Jesus gleich zu ihr hin lief.
Dankte ihr und kam ins Haus
und ruhte sich vom Reisen aus.
Martha hieß die gute Frau,
die ihn rief, denn sie war schlau,
wollte gerne, dass er kam
und für sie mal Zeit sich nahm.
Dafür diente sie ihm gern,
trug ihm auf wie einem Herrn.
Kochte, backte gutes Essen.
Jesus sollte nie vergessen,
wer so gut für ihn gesorgt,
wer ihm alles hat geborgt,
wer ihn ehrte durch ihr Tun
damit er konnte selig ruhn.
Während Martha schafft und hetzt,
Maria sich zu Jesus setzt.
Die Schwester hört in aller Ruh
seinem Reden gerne zu.
Spitzt die Ohren, schenkt ihm Zeit,
ist für den lieben Gast bereit,
schenkt ihm genüßlich Stund` um Stunde
zu lauschen seiner frohen Kunde
und lässt dabei die andre schwitzen,
nur um bei dem Gast zu sitzen.
Martha merkt das und wird wild,
brüllt die Schwester an und schillt:
„Faules Stück, lässt mich alleine
mit dem Essen und dem Weine,
lässt mich alle Arbeit tun
und du kannst bei dem Gaste ruhn.
Pack mit an, dann geht es besser,
Hier hast Du Teller, Gabel, Messer.
Jesus, bitte misch dich ein,
ist es besser faul zu sein?
Siehst du nicht, was ich hier leiste,
ist es denn in deinem Geiste,
nur zu sitzen und ruhn
während andre Arbeit tun?“
Martha wird beim Schimpfen laut
während sie auf Jesus schaut.
Was tut er nun? sie bei sich fragt,
und ist gespannt, was er jetzt sagt.
Jesus hört zunächst ganz still,
was die Martha von ihm will.
Spricht dann immer noch kein Wort,
sondern schweigt in einem fort.
Dabei schaut er Martha an
so liebevoll, wie er es kann.
Dankt ihr sehr mit seinem Blick-
ihre Gastfreundschaft, die bringt ihm Glück.
Wünschte aber sonst von ihr,
dass sie wie Maria wär
und sich zu ihm setzte gern,
um seinem Reden zuzuhörn
und um ihm dann auch zu erzählen,
von Sorgen, die ihr Leben quälen,
von Schönem, das ihr Freude macht,
von Späßen, über die sie lacht,
von ihres Lebens tieferm Sinn,
von Zielen, wo sie möchte hin.
Doch das geht nicht, weil sie sich nicht setzt,
sondern durch die Wohnung hetzt.
„Martha, Martha,“ sagt er leise,
„handle nach Mariens Weise.
Setz dich zu mir und hör zu
und gönne dir ein bisschen Ruh.
Maria hat den bessren Teil,
denn er macht ihr Leben heil.“
Hier hört der Predigttext nun auf,
wir kennen nicht den weitren Lauf.
Ob Martha alles stehen lies
Und Jesus folgte, wie er hieß –
oder ob Maria gern
diente mit der Tat dem Herrn
und packt mit an, damit es eilte,
danach sie mit der Schwester weilte
an Jesu Seite bei gutem Essen,
um alle Sorgen zu vergessen.
Wie dem auch sei – mir ist jetzt wichtig
Den Text zu fragen: „Was ist richtig?“
Und höre ich dann Jesu Wort,
der hinweist an dem schönen Ort,
dass alles Dinge hat seine Zeit:
zu schaffen, wenn es ist so weit,
zu tun, zu machen und zu richten,
die eigne Leistung zu gewichten,
das ist bedeutend und ist schön.
Doch wichtiger ist anzusehn
mal aufzuhörn und still zu stehn,
mal nicht die Ohren zu verschliessen,
mit Muße Gottes Wort geniessen.
An Jesu Seite sich begeben,
ganz nah zu sein bei ihm im Leben.
Zu fragen:“ Wie würde er es machen
mit diesen oder andren Sachen?“
Zu meditieren in der Stille,
zu lauschen: „Was ist Gottes Wille?“
Was gibt er mir in dieser Stund?
Was hilft mir? Was macht mich gesund?“
Das fällt uns Leistungsmenschen schwer,
wenn nur was schnell zu schaffen wär.
Mit Martha sind wir sehr verwand,
das Wirbeln geht uns gut zur Hand,
doch still bei Jesus nur zu sein,
da bricht uns Langeweile ein.
Darum ermuntre ich euch gern
zu lauschen heute unsrem Herrn.
Und immer wieder mal an Tagen
neugierig nach Jesu Willen fragen:
Was gut tut unsrem täglich Leben,
was uns kann Mut und Hoffnung geben?
Ruft Jesus dazu nur herein
und lasst ihn Euren Gast dann sein,
zu kommen gern in Euer Haus,
zu seinen Füßen streckt euch aus,
schenkt ihm Stille dann und Zeit
und macht Euch für sein Wort bereit
mitten in dem Alltagstun
an seiner Seite auszuruhn.
So wünsch` ich euch am Ende Segen
auf Fastnachts- und auf andren Wegen,
Gesundheit, Glück und nette Gäste,
die Euch bescheren frohe Feste,
so dass Ihr fragt nach manchem Gast:
„Macht`heut` ein Engel bei uns Rast?“
Gott schenke Euch nun seinen Frieden
Zu Eurem Tun und Ruhn hienieden,
wo immer ihr wollt gehn und stehn,
sein guter Geist soll um Euch wehn,
auf allen Straßen euch begleiten
und immer neu ins Leben leiten.
Das bitt ich Gott, das werde wahr,
heut` und morgen - immerdar.
Amen
Predigtvorschlag 2:
Die Gnade unseres Herrn und Heilands Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen.
„Alles hat seine Zeit“, sagt eine berühmte Passage aus der Bibel: Fastnacht hat seine Zeit und Aschermittwoch hat seine Zeit, Feiern hat seine Zeit und Trauern hat seine Zeit, Arbeiten hat seine Zeit und Ruhen hat seine Zeit, Alltag hat seine Zeit und Sonntag hat seine Zeit.
Die Kunst ist es, die richtige Zeit zu erkennen und nicht zu verwischen – wie es heute oft genug der Fall ist: es gibt keinen richtigen Sonntag mehr und keinen richtigen Werktag. Die prägenden Rhythmen sind zerbrochen. Natürlich liegt darin die Chance, das persönliche Leben so zu gestalten, wie man es will. Es ist aber auch mit einer großen Last verbunden, wenn die formenden Rhythmen und damit auch hilfreiche Orientierung verloren gegangen sind.
Vom rechten Erkennen, was gerade jetzt an der Zeit ist, handelt auch der Predigttext heute Morgen:
Lukas 10, 38 - 42 (Lesen)
Zwei Frauen stehen im Mittelpunkt der Geschichte, die unterschiedlich beschrieben werden. Längst sind im Laufe der Geschichte unseres Textes die konkreten Menschen zu bestimmten Typen geworden: Martha zu einem Martha-Typ und Maria zu einem Maria-Typ. Martha – das ist in unserer Geschichte die Aktive, die Frau, die Jesus einlädt und ihm auch Gastfreundschaft gewährt. Aber dann auch alles dafür tut und tun will, dass es Jesus gut geht – wir kennen das aus eigener Erfahrung, wenn Gäste kommen: da wird geputzt und aufgeräumt, da wird gekocht und bewirtet – alles, damit der Gast sich wohl fühlt. Tätig sein ist die Eigenschaft der Martha.
Ganz anders Maria: sie sitzt Jesus zu Füßen und hört ihm zu. So wie Kinder sich einem Erwachsenen zu Füßen setzen und ganz gespannt sind auf Geschichten, die sie hören. Maria ist die Ruhende, die Aufnehmende – ganz Jesus zugewandt und dabei alles um sie herum vergessend.
In der Tradition der Kirche wurde Maria oft mit der Haltung beschrieben, wie der Gottesdienst zu feiern sei: ganz ruhig – nur aufnehmend – im wahrsten Sinne des Wortes: dem Herrn zu Füssen zu sitzen.
Nun kommt Dynamik in die Geschichte: Martha beschwert sich bei Jesus über ihre Schwester: sie soll ihr gefälligst helfen in der Bewirtung des Gastes – alle Arbeit im Haus muss sie alleine tun.
Da weist Jesus sie zurecht: „Martha, Martha, du hast viele Sorge und Mühe. Eins aber ist Not. Maria hat das gute Teil erwählt; das soll nicht von ihr genommen werden.“ Gegenüber der Tätigen macht Jesus die Ruhende, ihm Zuhörende ganz stark, damit Maria, damit das Zuhören nicht untergeht gegenüber dem Tätigsein. Denn – und das wird mir wieder ganz deutlich: gerade das ist Ausdruck intensiver Gastfreundschaft: Den Gast nicht alleine lassen vor lauter kochen, putzen, richten. Sich ihm zuwenden, ihm Gesellschaft leisten und Zeit schenken – bei ihm sein.
Wohl denen, die sich die Dinge teilen können – das Tätig sein und das Zuhören. Wenn wir Gäste haben, dann wechseln wir uns ab – meine Frau und ich: mal steht sie in der Küche und ich bin bei den Gästen, mal ist es umgekehrt. Gastfreundschaft hat nun mal beide Seiten, das wird mir an der Geschichte deutlich: die aktive und die rezeptive, aufnehmende Seite. Maria und Martha ergänzen sich eigentlich vorzüglich. Und es ist recht und billig, dass der Gast Jesus die motzende Martha darauf hinweist: was Maria tut, gehört auch zur Gastfreundschaft: sie wendet sich mir direkt zu und das soll weiß Gott nicht von ihr genommen werden.
Seine Zurechtweisung ist mir aber noch aus einem anderen Grunde wichtig und bedeutsam: Jesus verteidigt die Muße der Maria – ihr Recht, ihre Haltung, ihm zuzuhören. Und das hat seine Bedeutung gerade für unser gesellschaftliches Umfeld.
Ob wir es wollen oder nicht: Wir leben in einer Leistungsgesellschaft: Wer nichts leistet, der ist nichts wert!
Tun und Machen, Schaffen, Aktivsein hat bei uns einen hohen Wert, nur dadurch verdient man Geld – die Tugenden der Martha werden in der Gesellschaft hoch bewertet! Darum gelten weithin in der Leistungsgesellschaft die Tugenden der Maria als minderwertig. Darunter haben Menschen zu leiden, die aus irgendwelchen Gründen nichts mehr leisten können: Alte, Kranke…Darunter haben auch Situationen zu leiden, die nicht leistungsbetont sind, z. B. Feiertag, Ruhe, Gottesdienst. Sie sind in einer Leistungsgesellschaft, wo die Leistung das wichtigste ist, weniger wert. Jesus stärkt die ruhende Maria gegenüber der leistungsbetonten Martha. Damit hinterfragt er den Leistungstrieb der Martha: Wem dient dein Schaffen und Wirken? Dem Gast? Aber: ich bin doch hier und du bist in der Küche und ums Haus unterwegs. Willst du gastfreundlich sein, dann sei freundlich zu mir und vergiß dein Sorgen und Schaffen für einen Augenblick und setz dich zu mir. Jesus kritisiert Marthas Leistungsstreben. Und er stärkt Marias Haltung: das, was Maria tut ist jetzt an der Zeit. Ruhen und Zuhören, bei dem Gast sein. Bei mir sein. Bald bin ich wieder fort und dann ist die kostbare Zeit unserer Gemeinschaft vorbei.
Gibt es in unserem leistungsbetonten Leben nicht auch das Recht dieser Ruhe–Zeiten, das Recht des geschützten Feiertags, das Recht des geschützten Sonntags – auch des vor dem Einkaufen geschützten Sonntags, um mehr Zeit füreinander zu haben? Das Recht auszuruhen und sich anderen Dingen zuzuwenden, als dem aktiven Tätigsein?!! Das Recht auf Spiel und Fest, auf den zweckfreien Raum des Gottesdienstes! In einer Leistungsgesellschaft müssen solche Zeiten und Räume geschützt werden, damit sie erhalten bleiben – so, wie Jesus hier das Tun der Maria schützt und rechtfertigt!
„Alles hat seine Zeit!“ habe ich am Anfang gesagt – Martha-Sein hat seine Zeit und Maria-Sein hat seine Zeit und beides macht das Leben erst reich und vollkommen. So wie jetzt auch die Fastnachtszeit. Blicken wir auf unsere Kinder: es ist schön, wie Fastnacht die Phantasie der Kinder anregt, sich zu schmük-ken und in Rollen zu schlüpfen, von denen sie sonst nur träumen: Prinzessin, Seeräuber, wer auch immer. Jetzt – für einige Tage im Jahr dürfen sie es tun, die Zeit und der Raum sich mit anderen darin zu verwirklichen, ist geschützt – die Kinder werden nicht schief angeschaut – im Gegenteil: wir freuen uns an ihrer Buntheit. So bunt ist das Leben – so vielfältig! Wohl dem, der diese verschiedenen Seiten leben kann – wie es in einem Gedicht zum Ausdruck kommt:
Sieben Leben möchte ich haben:
Eins dem Geiste ganz ergeben,
so dem Zeichen, so der Schrift.
Eins den Wäldern, den Gestirnen
Angelobt, dem großen Schweigen.
Nackt am Meer zu liegen eines,
jetzt im Weißen Schaum der Wellen,
jetzt im Sand, im Dünengrase.
Eins für Mozart. Für die milden,
Für die wilden Spiele eines.
Und für alles Erdenherzleid
Eines ganz. Und ich, ich habe-
Sieben Leben möcht ich haben-
Hab ein einzig Leben nur.
Maria und Martha gehören zusammen – Gott gib uns die Weisheit zu erkennen, was jetzt dran ist und hilf uns dieses dann auch zu tun. Amen
Verfasser: Dekan Joachim Meyer, Tilsiter Straße 12, 64354 Reinheim
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