Jesus auf dem Weg Gottes
von Marilott Grosch (63329 Egelsbach)
Predigtdatum
:
18.02.2007
Lesereihe
:
ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr
:
Estomihi
Textstelle
:
Lukas 18,31-43
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Wochenspruch:
Seht, wir gehen hinauf nach Jerusalem, und es wird alles vollendet werden, was geschrieben ist durch die Propheten von dem Menschensohn.
(Lukas 18, 31)
Psalm:
31 (EG 716)
Lesungen
Altes Testament:
Amos 5, 21 – 24
Epistel:
1. Korinther 13, 1 – 13
Evangelium:
Markus 8, 31 – 38
Liedvorschläge
Eingangslied:
EG 410
Christus, das Licht der Welt
Wochenlied:
EG 384
Lasset uns mit Jesus ziehen
Predigtlied:
EG 407
Stern, auf den ich schaue
Schlusslied:
EG 391
Jesus geh voran
Lukas 18, 31 - 43
31 Er nahm aber zu sich die Zwölf und sprach zu ihnen: Seht, wir gehen hinauf nach Jerusalem, und es wird alles vollendet werden, was geschrieben ist durch die Propheten von dem Menschensohn.
32 Denn er wird überantwortet werden den Heiden, und er wird verspottet und misshandelt und angespieen werden, 33 und sie werden ihn geißeln und töten; und am dritten Tage wird er auferstehen. 34 Sie aber begriffen nichts davon, und der Sinn der Rede war ihnen verborgen, und sie verstanden nicht, was damit gesagt war.
35 Es begab sich aber, als er in die Nähe von Jericho kam, dass ein Blinder am Wege saß und bettelte. 36 Als er aber die Menge hörte, die vorbeiging, forschte er, was das wäre. 37 Da berichteten sie ihm, Jesus von Nazareth gehe vorbei. 38 Und er rief: Jesus, du Sohn Davids, erbarme dich meiner! 39 Die aber vornean gingen, fuhren ihn an, er solle schweigen. Er aber schrie noch viel mehr: Du Sohn Davids, erbarme dich meiner! 40 Jesus aber blieb stehen und ließ ihn zu sich führen. Als er aber näher kam, fragte er ihn: 41 Was willst du, dass ich für dich tun soll? Er sprach: Herr, dass ich sehen kann.
42 Und Jesus sprach zu ihm: Sei sehend! Dein Glaube hat dir geholfen. 43 Und sogleich wurde er sehend und folgte ihm nach und pries Gott. Und alles Volk, das es sah, lobte Gott.
Vorwort:
Auf den ersten Blick, so scheint es, haben wir es heute mit zwei Texten zu tun, die unabhängig voneinander und auf ganz unterschiedliche Weise betrachtet werden können – zumal sie bei Matthäus und Markus nicht direkt aufeinander folgen (durch den Einschub mit den Zebedäus-Brüdern). Doch auf den zweiten Blick wird ein Zusammenhang zwischen beiden Berichten sichtbar, der zwar weniger äußerlich als vielmehr inhaltlich spürbar ist.
Liebe Gemeinde,
eine Wunderheilungserzählung folgt Jesu dritter Leidensankündigung. Zwischen diesen beiden Berichten ist bei den anderen Evangelisten Matthäus und Markus noch eine dritte Erzählung eingeschoben, die die beiden Berichte miteinander verbindet. Lukas benutzt dieses Stilmittel nicht, sondern lässt die Gegensätze beider Berichte direkt aufeinander folgen.
Zuerst wird von Jesus berichtet, der seinen Jüngern sagt, was auf ihn zukommt: Leiden, Misshandlungen, Schmähungen und Folter bis zum Tod. Wenn das alles vorüber ist: Auferstehung am dritten Tag. Jesus jammert nicht und klagt nicht, dass er das alles erleiden soll. Er fragt auch nicht warum, denn er weiß, so steht es bei den Propheten geschrieben. Jesu dritte Leidensankündigung ist die konkreteste und ausführlichste. Sie stellt noch eine Steigerung im Leiden Jesu dar gegenüber den ersten beiden Ankündigungen. Jesus soll den Heiden ausgeliefert werden, die ihn zum Spielball ihrer Grausamkeiten machen. Die römische Besatzungsmacht ist hier mit „Heiden“ gemeint. Nach römischem Recht ist die Todesstrafe für Verbrecher die Kreuzigung.
Jesus spricht von sich in der dritten Person – fast so, als würde es sich gar nicht um ihn selbst handeln. Er zeigt keine Angst und beklagt sich nicht. Jesus beruft sich auf die Schrift und sagt, dass die Prophetenworte nun bald erfüllt werden. Jesus beugt sich ganz dem Willen Gottes. Er überlegt keine Ausweichmöglichkeiten oder wie er dem bevorstehenden Leiden entkommen könnte. Er fügt sich Gottes Willen und stellt deswegen das auf ihn Zukommende als Tatsache dar. Die Worte der Propheten, besonders Jesaja und Daniel, sollen in Erfüllung gehen. Sie zeigen den Leidensweg Jesu voraus und Jesus ist bereit, das Wort Gottes zu vollenden, sich ganz Gottes Willen zu Beugen. Jesus hat Gottes Wort gehört, erkannt und ist bereit es zu erfüllen. Er stellt es nicht – auch nicht teilweise – in Frage.
Jesus muss diesen Weg ganz alleine gehen. Er versucht seine Jünger darauf vorzubereiten, doch ihnen bleibt der Sinn verborgen. Die Jünger verstehen nur „Bahnhof“. Sie können das alles gar nicht fassen. Auch mit Jesu Vorhersage der nachfolgenden Auferstehung können sie nichts anfangen. Erst der Auferstandene wird ihnen das bevorstehende Geschehen nach der Schrift deuten.
Jesu erste Worte dieses Bibelabschnitts sind: „Jetzt gehen wir hinauf nach Jerusalem und es wird alles in Erfüllung gehen, was die Propheten über den Menschensohn geweissagt haben...“. Die Aussicht auf den Einzug in Jerusalem, in das religiöse Zentrum Israels, der ja auch tatsächlich zunächst glorreich wurde, vielleicht hat diese Aussicht die Jünger so geblendet, dass sie die Leidensankündigung gar nicht richtig wahrgenommen haben. Wie oft hören wir auch nicht richtig zu, wenn der Partner etwas sagt oder die Freundin, der Freund, die Eltern, die Lehrer oder die Kinder. Zuweilen hören wir selektiert, nämlich nur das, was wir hören wollen. Das Andere, das Unbequeme geht zum einen Ohr rein und zum andern Ohr wieder raus.
„Lasst uns hinauf nach Jerusalem gehen“ in die Hauptstadt, in das religiöse Zentrum Israels, das hat den Jüngern sicherlich gut gefallen. Auf die Erfüllung haben sie gehofft. Womöglich schwebte ihnen dabei die Befreiung Israels von den Römern, der Besatzungsmacht, vor. Das passte nicht mit Auslieferung, mit Folter und Tod zusammen. Sie sahen keinen Zusammenhang und erfragten den auch nicht. Sondern sie ließen sich vom bevorstehenden Einzug in Jerusalem derart blenden, dass sie das Andere, was Jesus von Folter und Tod sagte, gar nicht mehr interessierte.
Und dennoch mussten sie später miterleben, wie ihr Meister Jesus, von dem sie alles erhofft hatten, von den Römern misshandelt und gekreuzigt wurde. Dabei sind alle ihre Träume zerronnen und die Vorgänge versetzten sie in Angst und Schrecken. Ihr starker, wortgewandter Meister, der ihnen Gott so nahe gebracht hatte, wurde gegeißelt und getötet. Alle Hoffnungen schwanden dahin. Nichts blieb mehr von dem übrig, was sie mit Jesus erlebt hatten. Alle Wunder schienen plötzlich nichts mehr wert. Auch die Gemeinsamkeiten mit Jesus und untereinander waren mit einem Mal gegenstandslos. Die Gemeinschaft brach auseinander, die Jüngerinnen und Jünger flohen und zerstreuten sich in alle Winde.
Alle Wunder jetzt nur noch ein Nichts? Nein, ganz und gar nicht, denn nur auf der Basis des Gehorsams gegenüber Gott konnte Jesus Wunder vollbringen. Eine dieser wunderbaren Heilungen geschah auf dem Weg nach Jerusalem vor den Toren von Jericho. Ein Blinder saß am Weg und bettelte. Als er die vielen Leute vorbei gehen hörte, erforschte er, wer das sei. Sie sagten ihm: „Jesus von Nazareth geht vorüber.“ Und er rief: „Du Sohn Davids hilf mir!“ Da fuhren ihn die Ersten an, er solle schweigen. Doch er rief um so lauter. Jesus blieb stehen und fragte ihn: „Was willst du, das ich dir tun soll?“ „Herr, dass ich sehen kann.“ Und Jesus sprach zu ihm: „Sei sehend! Dein Glaube hat dir geholfen.“ Sogleich konnte er sehen, folgte Jesus nach und pries Gott. Das Volk stimmte in diesen Lobpreis Gottes mit ein.
Der Blinde war ganz aktiv: Er horchte und erforschte, er rief und schrie. Er ließ sich von den Ersten an der Zugspitze nicht abwimmeln. Hätte er das alles nicht so getan, hätte Jesus ihn nicht gehört und vermutlich auch nicht geheilt. Der Blinde zeigt uns, wie wir alle unsre Nöte und Besorgnis, unsere Gebrechen und auch die Ängste im Vertrauen vor Gott bringen können, immer wieder. Die Heilung geschieht im Vertrauen auf Gott. Der Blinde hatte Jesus mit seinem messianischen Titel angeredet: „Du Sohn Davids“. Jesus sagte zu ihm: „Dein Glaube hat dir geholfen“. Wie immer lässt Jesus den Grund für die Heilung und für das Wunder nicht bei sich, sondern verweist auf Gott und auf die Beziehung des Geheilten zu Gott. Das Heil erfolgt im Glauben.
Jesus demonstriert hier nicht seine eigene Macht, sondern die liebevolle Macht Gottes. Jesus badet sich weder in einem glanzvollen Auftritt noch in erdrückender Machtdemonstration. Das ist die Würde Jesu, dass er den Menschen die Liebe Gottes nahe bringt, dass er hilft und dabei auf Gott verweist. Und so sind die anschließenden Reaktionen ganz im Sinne Jesu: Der Geheilte pries nicht Jesus, sondern Gott. Und auch das Volk lobte Gott. Der Geheilte führte konsequent sein Leben fort, indem er Jesus nachfolgte.
Das Vertrauen Jesu in Gott ist grenzenlos. Im Vertrauen zu Gott geht Jesus seinen Weg mit den Jüngern und später ohne die Jünger. In diesem Vertrauen heilt Jesus die Gebrechen Anderer und tritt später seinen eigenen Leidensweg an, ganz alleine. Darin zeigt sich Jesu Größe und Herrlichkeit, dass er Anderen Leiden abnimmt und selbst Leiden annimmt. Jesus nimmt an, was Gott ihm auferlegt, ohne dabei an eigene Schuld zu denken oder ein schlechtes Gewissen zu haben. Jesus stellt Gottes Willen, der bereits bei den Propheten vorgezeichnet ist, nicht infrage. Doch dabei stößt Jesus wiederholt auf Unverständnis:
- Die Jünger verstehen nicht, was Jesus mit Auslieferung an die Heiden meint, mit Misshandlungen, Tötung und Auferstehung.
- Das Volk versteht weder den Blinden noch Jesu Heilungswillen, sondern will das Rufen des Blinden zum Verstummen bringen.
- Später verstanden die Hohepriester und Schriftgelehrten Jesus nicht – oder wollten ihn nicht verstehen – und lieferten ihn an die Römer aus.
Überwiegend sind es die Mächtigen und Gesättigten, die sich nicht um Verständnis bemühen, die ihren Willen vor den Willen Gottes setzen. Der Glaube der Armen und Verachteten ist es, der Jesu Herrlichkeit strahlen lässt, trotz aller Hindernisse und trotz aller Versuche die Glaubenden verstummen zu lassen.
Marilott Grosch, Erich-Kästner-Str. 66 63329 Egelsbach
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