Wochenspruch: Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und erstirbt, bleibt es allein; wenn es aber erstirbt, bringt es viel Frucht. (Johannes 12,24)
Psalm: 84,2–13 (EG 734)
Reihe I: Johannes 6,47-51
Reihe II: Jesaja 66,10-14
Reihe III: Johannes 12,20-24
Reihe IV: 2. Korinther 1,3-7
Reihe V: Jesaja 54,7-10
Reihe VI: Lukas 22,54-62
Eingangslied: EG 166 Tut mir auf, die schöne Pforte
Wochenlied: EG 396 Jesu, meine Freude
Predigtlied: EG 532 Nun sich das Herz von allem löste; EG 130 O Heilger Geist, kehr bei uns ein
Schlusslied: EG 638 Ich lobe meinen Gott, der aus der Tiefe mich holt
EG 209 Ich möcht, dass einer mit mir geht
3 Gelobt sei Gott, der Vater unseres Herrn Jesus Christus, der Vater der Barmherzigkeit und Gott allen Trostes,
4 der uns tröstet in aller unserer Bedrängnis, damit wir auch trösten können, die in allerlei Bedrängnis sind, mit dem Trost, mit dem wir selber getröstet werden von Gott.
5 Denn wie die Leiden Christi reichlich über uns kommen, so werden wir auch reichlich getröstet durch Christus.
6 Werden wir aber bedrängt, so geschieht es euch zu Trost und Heil; werden wir getröstet, so geschieht es euch zum Trost, der sich wirksam erweist, wenn ihr mit Geduld dieselben Leiden ertragt, die auch wir leiden.
7 Und unsre Hoffnung steht fest für euch, weil wir wissen: Wie ihr an den Leiden teilhabt, so habt ihr auch am Trost teil.
Liebe Gemeinde!
Trost, trösten, getröstet werden … zehnmal kommen in diesem kurzen Abschnitt diese Trost-Wörter vor! Kein Zweifel worum es in diesem Bibelabschnitt geht. Und nicht nur in diesem. In der Bibel geht es überhaupt viel um Trost. Denn unser Gott ist ein Gott, der tröstet!
Psalm 23.: „Der HERR ist mein Hirte…. Und ob ich schon wanderte im finstern Tal, fürchte ich kein Unglück; denn du bist bei mir, dein Stecken und Stab trösten mich.“ Schon als Konfirmand*innen haben wir das gelernt.
Oder Jesaja 40,1: „Tröstet, tröstet mein Volk!, spricht euer Gott.“ Die Fans klassischer Musik kennen diesen Vers und haben vielleicht sogar die Melodie im Ohr aus Händels Messias.
„Ich will euch trösten, wie einen seine Mutter tröstet.“ Jesaja 66,13. Das war unsere Jahreslosung 2016.
Und Jesus verspricht vor seinem Abschied „Ich will den Vater bitten und er wird euch einen andern Tröster geben, dass er bei euch sei in Ewigkeit … der Tröster, der Heilige Geist.“ (Johannes 14)
Trösten und getröstet werden, ist ein breites Thema in der Bibel. Das wundert nicht, denn die Bibel ist geschrieben für Menschen wie Du und ich. Menschen, die trostbedürftig sind. Nicht immer. Aber immer wieder.
Schon Kinder brauchen Trost: das verlorene Stofftier, die aufgeschlagenen Knie, ausgelacht werden, die vermasselte Klassenarbeit, der Streit der Eltern, der Tod des Haustieres … Schon kleine Kinder können großen Kummer haben, trostbedürftig sein. Und so geht es weiter durch alle Lebensphasen hindurch bis ins Alter. Enttäuschungen, Liebeskummer, Abschied von lieben Menschen, Umziehen müssen, erfahrene Ungerechtigkeit, eigene Schuld, Krankheit, verpatzte Chancen … die Liste ist lang.
[Hier kann auch anderes genannt werden, evtl. statt der Aufzählung nur zwei oder drei (ganz kurze) persönliche Erfahrungen der Trostbedürftigkeit, die jedoch nicht so persönlich sein dürfen, dass sie peinlich berühren. Aber vom aufgeschlagenen Knie in Kindertagen, dem toten Hamster oder dem Eigentor beim Fußball und dem verpatzten Aufstieg des eigenen Vereins kann man gut erzählen.]
Solche Erfahrungen gehören irgendwie zum Leben dazu. Das Leben ist nicht nur heiter.
Wir brauchen Trost. Selbst solche Leute, von denen wir denken, sie haben ihr Leben voll im Griff, gestandene Männer die scheinbar drüberstehen, auch sie brauchen Trost. Selbst der große Apostel Paulus, von dem wir gerade gehört haben. Auch er wurde schon getröstet. Weil er Trost brauchte. Nicht immer. Aber immer wieder.
Was aber ist Trost? Was tröstet denn?
Bleiben wir beim Beispiel aus den Kindertagen. Aufgeschlagene Knie. Die Tränen kullern und das Kind rennt zu Mama, Papa, Oma, Opa … wer gerade da ist. Und wenn es gut geht, wird es in den Arm genommen. Darf sich ungehindert ausweinen. Vielleicht bekommt es auch noch ein Pflaster. Ein echtes Trostpflaster. Nicht weil das medizinisch nötig wäre. Aber so ein Pflaster ist der Beweis: Mama, Papa, Oma, Opa nimmt meinen Schmerz ernst.
Wenn es nicht gut geht, dann ist keiner da. Keine Mama, kein Papa, Oma, Opa, kein wer auch immer …! Wenn es erst recht nicht gut geht, dann ist zwar jemand da, aber dieser jemand hat keine Zeit! Und nochmal mehr geht es nicht gut, wenn es statt einer Umarmung nur kluge Sprüche gibt wie: „Stell dich nicht so an, ist doch nur ein Kratzer.“ Oder: „Das geht wieder weg, hör auf zu weinen!“ Oder noch schlimmer: „Selbst schuld! Wie oft habe ich dir gesagt, du sollst nicht ohne Knieschützer Roller fahren!, du sollst mehr lernen, diesen Mann nicht heiraten …“ oder was auch immer.
Vielleicht haben die klugen Sprüche ja manchmal Recht. Es ist vielleicht wirklich nur ein Kratzer, der wieder weggeht. Und schuld ist jemand unter Umständen tatsächlich selbst an der Misere. Aber das hilft jetzt nichts. Wer Trost sucht, sucht keine klugen Sprüche. Und auch keinen Rat! Wer Trost sucht, sucht Verständnis!
Was uns tröstet ist ganz schlicht: Jemand ist für mich da. Jemand hat Zeit für mich. Jemand nimmt mich ernst. Jemand versteht mich. Ich bin nicht allein. Was tröstet ist die Nähe eines anderen.
Und so können wir trösten: Einfach da sein und vielleicht nur zuhören. Ein Taschentuch anbieten. Eine Umarmung. Das reicht oft schon. „Setz dich doch. Jetzt mach ich Dir erstmal eine Tasse Tee.“ Oder „Moment, ich hol uns ein Bier.“ Das sind gute Worte. Solche Sätze haben nämlich eine Botschaft zwischen den Zeilen: „Ich habe Zeit für dich. Und ich halte es noch eine gute Weile aus mit Dir und deinem Kummer.“
Das ist es was tröstet. Die Nähe eines anderen, der uns ernst nimmt. Der Beistand von jemandem, der unseren Kummer nicht kleinredet. Kleinreden ist eine große Versuchung: „Das wird schon wieder“ „Wer weiß für was es gut ist!“ oder „Die Zeit heilt alle Wunden“ Das sind keine tröstlichen Sätze. Selbst wenn sie stimmen sollten. Denn sie nehmen den Kummer nicht ernst. Ernst genommen werden ist die Grundvoraussetzung für Trost.
Menschen, die selbst schon ein schweres Leid getragen haben, wissen das. Deshalb verstehen sie sich meistens auch besser aufs Trösten als andere. Wer schon viele Situationen erlebt hat, wo er Trost brauchte und Trost bekam, kann umso eher andere trösten.
Nun sind wir unversehens bei dem Trost gelandet, den Menschen einander geben. Und ja, das wäre auch ein schönes Ziel, solch ein Mensch zu werden, der trösten kann. Von dem sich andere getröstet fühlen. Paulus wünscht sich das für die Gemeinde an die er schreibt. Das wäre gut, wenn die Korinther, solche Tröster würden. Das wäre gut, wenn wir hier solche Trösterinnen und Tröster würden!
Aber als allererstes redet Paul von einem ganz anderen Tröster. Er redet von Gott. Der ist der große Tröster.
Wie tröstet denn Gott?
Indem er – und das sollte jetzt keine Überraschung mehr sein – indem er da ist für uns. Indem er uns nah ist. „Ich fürchte kein Unglück denn du bist bei mir.“ Gott ist bei mir – wer das sagen kann, spürt Trost.
Und weiter: Gott tröstet, indem er uns ernst nimmt. Auch unseren Kummer nimmt Gott ernst. Er redet ihn nicht klein. „Er zählt unsere Tränen“ heißt es in der Bibel. (Psalm 56,9) Was für ein schönes Bild! Gott nimmt die Tränen ernst. Gott sieht unser Leid nicht einfach nur von außen an, sozusagen unbeteiligt von oben und auf Distanz. Im Gegenteil. Gott trägt unser Leid mit. Das wird nirgends mehr deutlich als an Jesus. In Jesus- so glauben wir ja – kommt Gott selbst in diese Welt. In Jesus geht er hinein ins Menschsein auch mit all seinen Tiefen. Er geht durch die finsteren Täler. Lesen wir die Evangelien, dann lesen wir auch das: Wie Jesus weint, wie er ringt mit seinem Geschick, wie man ihm Unrecht tut, wie er verspottet und gequält wird, schlussendlich wie er stirbt. Hier begegnet uns Jesus, der nicht nur viel Trost gibt, sondern selbst Trost braucht und offensichtlich auch immer wieder bekommt. Jesus ist ganz auf unserer Seite, wenn wir leiden. Gott ist an unserer Seite. Bei ihm können wir uns ausweinen. Von ihm kommen keine Vorwürfe. Nie hat Jesus gesagt: „Selber schuld, hättest Du mal gehört“. Das hat er nicht gesagt. Aber: „Dir ist vergeben“, das hat er gesagt. Und von Gott, dem Vater, hat er erzählt, zu dem wir kommen können immer und mit allem.
Wir haben gesehen: Getröstet werden bedeutet also nicht, herausgenommen sein aus schwierigen Situationen. Es bedeutet aber zu erfahren, dass man in eben dieser Situation nicht alleine ist. Menschen an der Seite wissen und Gott an der Seite wissen, das gibt Stärke. Verbündete haben, macht zuversichtlich. Darum geht es beim Trost. Wer getröstet wird gewinnt an innerer Zuversicht – auch wenn sich die äußeren Umstände nicht geändert haben sollten. Weil er nicht allein ist.
Paulus kennt das. Er hatte schon Schlimmes erfahren auf seinen Reisen. Verfolgung, Schiffbruch, Prügel, Gefängnis, Verrat – um nur einiges zu nennen. Aber er hatte auch erfahren, dass Jesus Christus ihm in solchen Situationen ganz, ganz nahe war. An seiner Seite, ja geradezu in ihm. Das hat ihn innerlich stark gemacht, das hat ihn durchhalten lassen. In der Apostelgeschichte wird berichtet, dass er einmal festgekettet im Gefängnis saß und sogar Loblieder singen konnte. Da war eine Kraft in ihm, die nicht aus ihm selbst kam, die von Gott kam. Diese Kraft ist die Kraft des Heiligen Geistes. Sie erinnern sich: Jesus verspricht den Seinen: „Ich will den Vater bitten und er wird euch einen andern Tröster geben, dass er bei euch sei in Ewigkeit.“ Tröster nennt Jesus den Heiligen Geist, man könnte auch übersetzen „Beistand“, „Anwalt“. Genau genommen heißt das Wort „der Herbeigerufene“. Wir können Gott um seinen Beistand bitten, ihn herbeirufen. Im Geist ist er da. Ganz nah. Nämlich sogar in uns. „Komm Heiliger Geist!“, bittet die Christenheit mit einem ganz schlichten Gebet. Gott antwortet auf solche Gebete. Vielleicht indem Menschen diese Kraft des Gottesgeistes im Inneren spüren, sich getröstet fühlen, neue Zuversicht gewinnen.
Gottes Trost kommt uns aber auch durch andere zu. Durch Menschen, die da sind. Die uns annehmen, Zeit schenken, zuhören und vielleicht auch praktisch Hilfe leisten. Und damit sind wir wieder bei uns. Die Getrösteten können wiederum andere trösten. Sollen andere trösten. Da gibt es viel zu tun. Denn die Welt in der wir leben, ist nicht ganz bei Trost. Ist trostbedürftig. Immer wieder. Amen.
Verfasserin: Pfarrerin Traude Prün, Grünstadt
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