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Jesus, das Brot des Lebens

von Daniela Opel-Koch (Idstein)

Predigtdatum : 06.03.2016
Lesereihe : ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr : Okuli
Textstelle : 2. Korinther 1,3-7
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Wochenspruch:
"Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und erstirbt, bleibt es allein; wenn es aber erstirbt, bringt es viel Frucht." (Johannes 12, 24)

Psalm: 84, 6 - 13 (EG 734)

Lesungen
Altes Testament: Jesaja 54, 7 - 10

Epistel: 2. Korinther 1, 3 - 7

Evangelium: Johannes 12, 20 - 26

Liedvorschläge
Eingangslied: EG 166, 1.2. 5 - 6 Tut mir auf die schöne Pforte
Wochenlied: EG 98 Korn, das in die Erde
Predigtlied: EG 65 Von guten Mächten treu und still umgeben
Schlusslied: EG 398 In dir ist Freude in allem Leide
Predigttext 2. Korinther 1, 3 - 7

Gelobt sei Gott, der Vater unseres Herrn Jesus Christus, der Vater der Barmherzigkeit und Gott allen Trostes, der uns tröstet in aller unserer Trübsal, damit wir auch trösten können, die in allerlei Trübsal sind, mit dem Trost, mit dem wir selber getröstet werden von Gott. Denn wie die Leiden Christi reichlich über uns kommen, so werden wir auch reichlich getröstet durch Christus. Haben wir aber Trübsal, so geschieht es euch zu Trost und Heil. Haben wir Trost, so geschieht es zu eurem Trost, der sich wirksam erweist, wenn ihr mit Geduld dieselben Leiden ertragt, die auch wir leiden. Und unsre Hoffnung steht fest für euch, weil wir wissen: wie ihr an den Leiden teilhabt, so werdet ihr auch am Trost teilhaben.

Gnade sei mit euch und Friede von Gott unserem Vater und dem Herrn Jesus Christus. Amen.

Liebe Gemeinde,

Trost. Das ist das Wort zum Sonntag. Zehn Mal kommt es in unserem Predigttext vor – als Subjekt, als aktives und passives Verb und als Adjektiv.

Trost, da denken wir vielleicht zurück an Kinderzeiten, in denen uns unsere Mutter oder unser Vater in die Arme oder auf den Schoß nahm, wenn wir uns weh getan haben, wenn andere uns geärgert oder verletzt haben oder wenn wir eine schlechte Note mit nach Hause brachten. Getröstet wurden wir von unseren Eltern, wenn uns etwas nicht gelungen ist, wenn wir an etwas gescheitert sind – sei es nun an einer Rechenaufgabe, an einer Prüfung oder an einer sportlichen Übung. Trost spendeten auch Großeltern, gute Freunde, Geschwister – sei es durch Worte, Taten oder Gaben. Wir alle kennen das „Trostpflaster“, eine Süßigkeit oder ein kleines Geschenk, das neben dem braunen Klebepflaster auf dem blutigen Knie noch ein bisschen mehr Zuversicht und Lebenslust zurückschenkte.
Trost, liebe Gemeinde, braucht man aber nicht nur als Kind. Auch wenn wir größer, älter und lebenserfahrener werden, gibt es viele Situationen, die wir mit den stärkenden Worten und mitfühlenden Gesten anderer besser oder einfacher bewältigen können: dann, wenn sich Träume von Beruf, vom Glück mit einem Partner oder von einer eignen Familie zerschlagen. Dann, wenn wir Abschied nehmen müssen – von der Heimat, einer Aufgabe, einem geliebten Menschen, womöglich sogar für immer, von unserer eigenen Gesundheit und Selbstbestimmtheit.

Trost benötigen wir, wenn wir überfordert sind, wenn uns persönliche und politisch-gesellschaftliche Belange umtreiben, wenn wir uns verrannt haben oder unverschuldet in eine missliche Lage gekommen sind.

Liebe Gemeinde,
Sie sehen - ohne Trost können wir Menschen, egal ob jung oder alt, nicht leben. Es scheint existentiell zu sein, dass wir erfahrenes Unglück, Schmerz, Leid, Unruhe, Unzufriedenheit nicht allein ertragen, durchstehen oder bewältigen müssen, sondern dass sich Erleichterung einstellt, wenn andere einen negativen Zustand mit uns teilen. So besagt es ja auch das Sprichwort: „Geteiltes Leid ist halbes Leid“ oder auch biblisch gesprochen: „Besser zu zweien als allein.“ (Prediger 4,9).

Tatsächlich ist das Trösten bei näherem Hinsehen aber keine ganz einfache Aufgabe: Zunächst einmal braucht es offene Augen und Ohren, sodass eine Trost erfordernde Situation überhaupt als solche erkannt wird. Das Wahrnehmen und Erkennen zieht dann die Zuwendung nach sich, das Mit-Eintauchen in die Situation des Gegenübers. Um trösten zu können, benötigt man Einfühlungsvermögen und Mut. Angst vor Nähe darf man nicht haben. Man muss aushalten können, was den anderen belastet. Ein afrikanisches Sprichwort bringt dies auf den Punkt: „Niemand kann einem anderen die Tränen trocknen, ohne sich selbst die Hände nass zu machen.“
Und wenn sich jemand in einen anderen eingefühlt hat, ein Stück das, was belastet, selbst nachvollzogen hat, es quasi zu seinem eigenen gemacht hat, dann findet dieser vielleicht eine Form des Trostes: ein gutes Wort oder mitfühlendes Schweigen; eine körperliche Geste: streicheln, umarmen, die Hand nehmen; eine Einladung zur Ablenkung: spazieren gehen oder ins Kino, etwas zusammen machen; vielleicht auch konkret Wunden verbinden, ein Taschentuch reichen, einkaufen, dem Leidenden etwas Erleichterung angedeihen lassen. Oder auch einen Rat geben. Eine Lösung suchen. Einen Ausweg finden. Licht ins Dunkel bringen.

So haben wir es hoffentlich alle schon einmal erfahren dürfen. Vermutlich aber auch schon das Gegenteil, dass menschliche Trostversuche eher trostlos oder als Vertröstung ausgegangen sind, weil Kommunikation, Situation oder Verfassung der Gesprächspartner nicht zueinander gepasst haben.

Insbesondere schwer kranke Menschen bzw. Witwer und Witwen können davon berichten, wie sehr ihnen gut gemeinte Worte oder Ablenkungsmanöver zugesetzt haben. Wenn es am ersten Todestag heißt: „Jetzt ist es doch mal gut. Willst du jetzt nicht endlich mal wieder aus deinem Schneckenhaus rauskommen?“ Oder wenn eine Patientin einem Freund angesichts der nächsten Chemotherapie ihr Herz ausschüttet und dieser es aus lauter Hilflosigkeit oder aber aufgrund mangelnden Einfühlungsvermögens zum Anlass nimmt, von seinen eigenen Zipperlein zu sprechen. Oder wenn der Witwe schon am Grab auf die Schulter geklopft und gesagt wird: „Du findest bestimmt noch mal einen.“ Oder der lapidare Satz gegenüber eines Sterbenden: „Alles Gute für dich. Wird schon werden.“

Ja, liebe Gemeinde, Trösten ist eine sehr hohe Kunst. Und häufig stoßen wir Menschen mit unserem Trost an unsere Grenzen, insbesondere dann, wenn jemand tief in seiner Existenz betroffen und angegriffen ist.
Denken Sie an Hiob, den „jedermann“, der ja bekanntlich alles auf einmal verloren hat, sein Vieh, sein Personal, seinen Reichtum, seine Kinder und seine Gesundheit. Er bekommt Besuch von drei Freunden, die ihn trösten möchten. Doch aus Trost wird schnell Belehrung und harte Anschuldigung, sodass Hiob am Ende nur enttäuscht festhalten kann: „Ihr seid allzumal leidige Tröster!“ (Hi 16,2) „Wie tröstet ihr mich mit Nichtigkeiten, und von euren Antworten bleibt nichts als Trug!“ (Hi 21,34) Das kennen wir auch, dass menschlicher Trost seine Grenzen hat.

Liebe Gemeinde,
zu dieser enttäuschenden, aber doch leider recht alltäglichen Erfahrung gibt es ein Gegengewicht: Den Trost Gottes.
Er ist ganz anders als Menschentrost – viele Menschen haben ihn erleben dürfen und erzählen in der Bibel davon:

In den Psalmen, den Liedern Israels, lesen wir sehr oft die Wendung: „Tröste mich wieder.“ (Ps 71,21) bzw. „Tröste uns wieder.“ (Ps 60,3; 80,4). Menschen aller Generationen haben Gott als Tröster erfahren und zwar als zuverlässigen, der sich ihnen immer wieder zugewandt hat und auf den sie hofften, wenn sie Zuspruch brauchten. So heißt es bei Jesaja: „Ich will euch trösten, wie einen seine Mutter tröstet.“ (Jes 66,13).

Konkret wird Gottes Wort als tröstlich erfahren: „Das ist mein Trost in meinem Elend, dass dein Wort mich erquickt,“ bekennt der Beter von Psalm 119 (Ps 119,50). In Jeremia heißt es: „Dein Wort ward meine Speise, sooft ich's empfing, und dein Wort ist meines Herzens Freude und Trost.“ (Jer 15,16). Vielleicht haben Sie es auch schon erlebt, dass in einer Lebensnacht, in der kein Menschenwort zu trösten vermochte, die Worte von Psalm 23 getragen haben: „Du bist bei mir, dein Stecken und Stab trösten mich.“ Oder der eigene Tauf- oder Konfirmationsspruch, eben Gottes lebendiges Wort.

Das ist das eine: Dass sich Gott als treuer Tröster erweist. Es ist der Zuspruch, der allen Glaubenden gilt. Aber es gibt auch einen Anspruch, an diejenigen, die Gottes Trost erfahren haben. Mit Maleachi: „Die Gottesfürchtigen trösten sich untereinander.“ Paulus stellt in seinem 2. Brief an die Korinther den inneren Zusammenhang zwischen Gottes Trost und Menschentrost her: Wer Gottes Trost kennt, ist fähig andere damit zu trösten.

Aber mehr noch: Paulus spricht vom Vater der Barmherzigkeit und Gott allen Trostes. Die Betonung liegt auf „allen Trostes.“ Im Gegensatz zu uns Menschen kann Gott sich in jede noch so kleine Facette menschlichen Leidens einfühlen, sie im hintersten Winkel durchdringen – durch die Leiden Christi. Gott hat am eigenen Leib zu spüren bekommen, was es bedeutet, verraten, verlassen, verletzt, verlacht und verschmäht zu werden. Schon auf die hölzerne Krippe fiel der Schatten des hölzernen Kreuzes. Bereits seine Ankunft auf Erden in Menschengestalt ließ ihn selbst erfahren, wie bedroht, verletzlich und angreifbar ein Menschenleben ist. In seiner Zeit unter uns hat er sein Einfühlungsvermögen gezeigt, spürbar werden lassen, hat geholfen, gerettet und getröstet, weil er keine Berührungsängste hatte und keine Angst davor, sich auf die Nöte der anderen einzulassen. Weil er die Leiden der anderen zu seinen eigenen machte, war er der vollkommene Tröster.

Und wir, jene, die an ihn glauben und auf ihn vertrauen, haben nun die Möglichkeit, all die Leiden und Schmerzen, die im Laufe des Lebens über uns hereinbrechen oder sich leise einschleichen, als Leiden Jesu zu verstehen – in dem Sinne, dass er als Tröster par excellence zu hundert Prozent in unserem Versagen, in unseren Schmerzen, Tränen oder Enttäuschungen mitfühlend gegenwärtig ist und versteht, was uns traurig, ratlos oder verzweifelt macht. Er hat es selbst erleben müssen. Und aus diesem Grund „werden wir auch reichlich durch Christus getröstet“; wenn wir es denn zulassen, denn unsere Erwartung an den Trost Gottes fällt meist anders aus, als das, was er uns gibt. Uns ist das Dasein, das Mitfühlen, die Solidarität oft nicht tröstlich genug. Die große Wende wird von einem allmächtigen Gott erwartet.

Aber wenn wir uns auf Gottes tröstliche Zuwendung einlassen können, wenn wir seine liebevolle Unterstützung als hilfreich und heilsam erlebt haben, kann daraus erwachsen, was Paulus folgendermaßen beschreibt: „[Gott], der uns tröstet in aller unserer Trübsal, damit wir auch trösten können, die in allerlei Trübsal sind, mit dem Trost, mit dem wir selber getröstet werden von Gott.“

In dieser Haltung zuversichtlicher Gelassenheit konnte Dietrich Bonhoeffer in jesuanischer und paulinischer Nachfolge angesichts des im drohenden Todes einen der trostreichsten Texte in unserem Gesangbuch verfassen. Er hat gelitten, er hat auf Gott vertraut und seinen Trost gespürt und konnte ihn auch angesichts der größten Not an seine Nächsten weitergeben. Ganz im Sinne des Paulus.

Von guten Mächten wunderbar geborgen,
erwarten wir getrost, was kommen mag.
Gott ist bei uns am Abend und am Morgen
Und ganz gewiss an jedem neuen Tag.

Und der Friede Gottes, der höher ist als unsere Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus.
Amen.



Verfasserin: Pfarrerin Dr. Daniela Opel
Taubenberg 6 a, 65510 Idstein

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