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Jesus, das Brot des Lebens

von Dirk Vogel (99974 Mühlhausen)

Predigtdatum : 26.03.2017
Lesereihe : ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr : Okuli
Textstelle : Johannes 6,55-65
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Wochenspruch:
"Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und erstirbt, bleibt es allein; wenn es aber erstirbt, bringt es viel Frucht." (Johannes 12, 24)

Psalm: 84, 6 - 13


Lesungen
Reihe I: Johannes 12, 20 - 26

Reihe II: 2. Korinther 1, 3 - 7

Reihe III: Johannes 6, 55 - 65

Reihe IV: Philipper 1, 15 - 21

Reihe V: Johannes 6, 47 - 51

Reihe VI Jesaja 54, 7 - 10


Liedvorschläge
Eingangslied: EG 91, 1 – 6 Herr, stärke mich
Wochenlied: EG 98 Korn, das in die Erde
Predigtlied: EG 401 Liebe, die du mich zum Bilde
Schlusslied: EG 256, 1.2.5 Einer ist´s, an dem wir hangen



Predigttext Johannes 6, 55 - 65
Das Brot, das vom Himmel gekommen ist

„Denn mein Fleisch ist die wahre Speise, und mein Blut ist der wahre Trank. Wer mein Fleisch isst und mein Blut trinkt, der bleibt in mir und ich in ihm. Wie mich der lebendige Vater gesandt hat und ich lebe um des Vaters willen, so wird auch, wer mich isst, leben um meinetwillen. Denn dies ist das Brot, das vom Himmel gekommen ist. Es ist nicht wie bei den Vätern, die gegessen haben und gestorben sind. Wer dies Brot isst, der wird leben in Ewigkeit.
Das sagte er in der Synagoge, als er in Kapernaum lehrte.
Viele nun seiner Jünger, die das hörten, sprachen: Das ist eine harte Rede; wer kann sie hören? Da Jesus aber bei sich selbst merkte, dass seine Jünger darüber murrten, sprach er zu ihnen: Ärgert euch das? Wie, wenn ihr nun sehen werdet den Menschensohn auffahren dahin, wo er zuvor war? Der Geist ist’s, der lebendig macht; das Fleisch ist nichts nütze. Die Worte, die ich zu euch geredet habe, die sind Geist und sind Leben. Aber es gibt einige unter euch, die glauben nicht. Denn Jesus wusste von Anfang an, wer die waren, die nicht glaubten, und wer ihn verraten würde. Und er sprach: Darum habe ich euch gesagt: Niemand kann zu mir kommen, es sei ihm denn vom Vater gegeben.“

I.
Liebe Gemeinde,

nun ist sie also achtzig Jahre alt geworden und ihre ganze Familie ist um den Kaffeetisch versammelt. Sie ist so glück-lich, wenn sie ihre Kinder sieht. Oft denkt sie zurück, als ihre Kinder noch klein waren. Ihre ganze Liebe hat sie ihnen gegeben, auch wenn es manchmal nicht einfach war. Und wie oft hat sie auf dem Schoß gehabt und getröstet, wenn sie mit aufgekratzten Knien oder einem Splitter im Finger nach Hause kamen. Später sind sie dann zu ihr gekommen, wenn es Kummer in der Schule gab oder mit den Freunden.
Nun merkt sie, dass ihre Kräfte schwinden. Sie denkt daran, in ein Altenheim zu gehen. Aber sie macht sich auch Sorgen. Ob ihre Kinder an sie denken werden, so wie sie einst an sie dachte? Ob sie sie trösten werden, wie sie sie einst getröstet hat? Werden sie sie besuchen und wird sie nicht das Gefühl beschleichen, allein gelassen zu sein?

Sie hat noch nicht darüber mit ihnen gesprochen, aber sie wird es wohl tun müssen. Ja, angedeutet hat sie es schon, aber sie ist sich nicht sicher, ob ihre Kinder es auch wirklich verstanden haben. Ob, sie vielleicht denken, dass alles so weitergeht?

Sie will es mit ihnen besprechen, deshalb hat sie noch einmal alle bei sich zu Hause um Tisch versammelt. Aber zunächst sollen sich alle noch einmal so gut fühlen wie sie es immer bei ihr taten. So hat sie alle ihre Kräfte zusammen-genommen und hat ihnen den Tisch gedeckt. Und in allem, was da auf dem Tisch steht, steckt ihr ganzes liebendes Herz. Werden sie das spüren? Und werden sie bei ihr sein, wenn dann die letzte Stunde gekommen ist?

All dieses innere Fragen bleibt ihren Kindern nicht verborgen. Sie fragen sich in umgekehrter Weise: Werden wir ihre Liebe so erwidern können, wie sie es erwartet? Werden wir den Anforderungen gerecht, wenn sie gepflegt werden muss, wenn die Besuche doch nicht täglich möglich sind? Sie wissen, sie werden von ihrem jetzigen Leben etwas her-geben, ja opfern müssen. Sie wollen es gern für sie, ihre Mutter tun. Was sie einst für sie getan, das wollen sie ihr zurückgeben, trotz der Bedenken und der Angst vor der Überforderung.

II.
Liebe Gemeinde,

wahre und aufrichtige Liebe kennt keinen Rückhalt.

Im Wochenspruch für die kommende Woche hören wir es so formuliert: „Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und erstirbt, bleibt es allein; wenn es aber erstirbt, bringt es viel Frucht.“ (Joh. 12, 24) - Das Weizenkorn, das sich in der Erde verwandelt, wird zur Pflanze, die das Vielfache an Kör-nern hervorbringt ist ein wundervolles Bild für die Liebe Gottes. Es ist eine Liebe, die auch das Leiden kennt; eine Liebe, die sich gerade dann zeigt, wenn die Verwundungen des Lebens hervortreten.

Seine Liebe dringt durch den Tod hindurch. Sie überwindet auch unseren Schmerz. Seine Hingabe verwandelt uns Men-schen und verändert uns. Wenn wir von seiner Liebe durch-drungen sind, werden auch wir liebesfähig. Wir können uns in den Zeiten der Dunkelheit und der Todesnähe gegenseitig trösten und stärken – weil wir durch Christus selbst Getrös-tete sind.

Wir sind mitten im Geschehen, das uns das Johannesevan-gelium für den heutigen Sonntag Lätare vermittelt. Jesus Christus verkündet, dass er alles geben wird, Leib und Blut, also sich ganz, ohne Rückhalt, ohne Reserve, sein ganzes Leben. Mehr geht nicht, was man an Liebe einen anderen erweisen kann. Mehr geht nicht, um sich an die Seite dessen zu stellen, der unten liegt, der nicht mehr kann, der Hilfe braucht.

III.
Aber genau diese rückhaltlose und unbegrenzte Liebe Gottes ist für die Jünger damals wie für uns heute schwer zu fassen und nicht zu verstehen. Sofort meldet sich der Zweifel in uns, ob eine solche Liebe tatsächlich aufrichtig sein kann. Zu sehr sind wir gebrannt von der Erfahrung, dass jede Geste der Zuwendung als bezahlpflichtige Dienstleistung gewertet wird. Es ist also nicht weit hergeholt, wenn die Jünger sich vielleicht fragen: Was sollen wir dafür tun? Was ist der Preis?

Und es ist ja auch nicht zu leugnen. Die Erwartung einer Erwiderung steht durchaus im Raum. Wer kennt nicht das Jesuswort, mit dem er zur Nachfolge aufruft: „Wer mir nachfolgen will, der verleugne sich selbst ...“!? (Lk 9,23) So ist die Reaktion der Jünger auf dieses Opfer Jesu verständ-lich: „Das ist eine harte Rede, wer kann sie hören?“ Ja, wer kann das annehmen?

Sich selbst verleugnen, Christus nachfolgen, sein Leben als Opfer geben: Ist das der Preis für eine Liebe, die alles gibt und alles fordert? Müssen wir so dafür bezahlen? Oftmals ist das in der Kirchengeschichte so verstanden worden. Die Heiligenlegenden, die durch die Jahrhunderte hindurch überliefert wurden, erzählen davon. In unzähligen Bildern in alte Kirchen wurde vor allem der Märtyrertod der Heiligen dargestellt. Das sind drastische Bilder. Viele dieser Heiligen haben ihr Bekenntnis zu Christus und ihren Liebeseinsatz für andere tatsächlich mit dem Tod bezahlt, haben Reichtum und Ansehen als Bürger, also ein gutes Leben aufgegeben, um sich Armen und Kranken zu widmen oder auch ins Gefängnis zu gehen.

Ist das die Absicht Gottes, dass wir uns in Erwiderung der Liebe Gottes aufgeben und somit vielleicht zu erschöpften Geschöpfen werden? Da wird schnell aus gut gemeinter Hingabe eine große Unbarmherzigkeit sich selbst gegenüber - und am Ende auch anderen gegenüber. Die Angst vor Überforderung liegt also auch in der Frage der Jünger.
Wir müssen feststellen und bekennen: Wir können nicht tun, was Jesus tat. Wir bleiben seiner Liebe unsere Liebe viel zu oft schuldig. In dieser Enttäuschung über uns selbst brauchen und suchen wir Trost.

IV.
Aber nein, das ist nicht das Verlangen Gottes, dass wir bis zur Erschöpfung irgendetwas in seiner Kirche tun, nur um Gottes Liebe zu erwidern. Gott macht keine Gegenrechnung auf nach dem Motto: „Wie ich dir, so du mir!“, sondern seine Liebe dürfen wir zunächst ganz unbedarft entgegennehmen, wir dürfen sie aufsaugen wie ausgetrocknete Schwäm-me, wir dürfen glauben, weil sie eben keine menschliche Liebe, sondern Gottes Liebe ist. Sie gilt uneingeschränkt und ganz. Sie fordert keine Gegenleistung, ist aber dennoch nicht ohne Wirkung. Wer die Liebe und den Trost Gottes empfängt, der wird daraus leben und dies weiter tragen.

Das ist wohl das Geheimnis der Heiligen und vieler anderer Christen, dass sie wohl von der Liebe Gottes, von Jesus Christus, vollgesogen waren und somit seinen Trost in die Welt hineintragen konnten. Es ist nicht mein oder dein Trost, nicht der Trost der Heiligen, sondern allein der Trost, der von Christus ausgeht und einen jeden erreicht, der der Liebe Gottes glaubt. Wir tragen und schenken nur weiter. Als Getröstete gehen wir und tragen seinen Trost in die Welt.

V.
Eine Frau war umgezogen in die Kleinstadt wegen ihres Ar-beitsplatzes. In der ersten Zeit fühlte sie sich sehr einsam. Sie wohnte in einem Haus mit zehn Mietparteien und war dennoch einsam wie in einer Wüste. Irgendwann aber machte sie sich auf und kam in den Gottesdienst. Was sie auch immer aus dem Gelesenen und Verkündeten heraus-gehört hat, sie ging danach zum Pfarrer und fragte ihn: Gibt es nicht auch andere einsame Menschen in der Stadt, in der Gemeinde? Er lud sie zum Besuchsdienst der Gemeinde ein. Sie begann Menschen in der Nachbarschaft anzusprechen, bis sie nach einiger Zeit an mehreren Tagen in der Woche ältere Mitbewohner in ihrem Haus mit dem nötigen Einkauf versorgte und dann noch ins Altenheim fuhr, um Besuche zu machen.

Manch einer sagte: „Die opfert sich aber auf!“ Genau das hat sie aber selbst gar nicht so empfunden. Und wer von ihr besucht wurde, spürte gar nichts Angestrengtes, keine Auf-opferung, sondern Heiterkeit und Freude, die von ihr aus-ging. Da war also eine Getröstete, die den Trost weiter trug, hinaus in die Welt, hin zu den Menschen. Von der Liebe Christi erfüllt, bekam sie die Kraft und den Mut dies zu tun. Das ist Nachfolge, die inmitten der Not Freude erwachsen lässt. Da ist Gottes Geist der Liebe zu spüren.

Hier fügt sich wie selbstverständlich der Satz aus der Ant-wort Jesu an die Jünger an: „Der Geist ist's, der lebendig macht; das Fleisch ist nichts nütze. Die Worte, die ich zu euch geredet habe, sind Geist und sind Leben.“ (Joh 6, 63). Aus beiden leben wir, Gottes Geist und Leben. Nichts zum Ärgern, sondern zum Hoffen und Freuen.

Geschenkte Liebe geht hinaus und kommt zurück. So wie Christus sich mit Fleisch und Blut uns öffnete, lasst unsere Herzen füreinander offen sein, lasst uns unsere Kirchen öff-nen und damit sie aller Welt Ort des Trostes, des Lebens-mutes und der Herzlichkeit sein.

Seine Liebe, die Herzen und Sinne bewahrt, ist höher als unsere Vernunft. Er gibt uns den Geist und das Leben, das ist unser Trost, heute und immer.

Amen.


Verfasser: Pfarrer Dirk Vogel
Auf dem Berge 9, 99947 Langensalza

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