Wochenspruch: Christus spricht: Ich war tot, und siehe, ich bin lebendig von Ewigkeit zu Ewigkeit und habe die Schlüssel des Todes und der Hölle. (Offenbarung 1,18)
Psalm: 118,14-24 (EG 747)
Reihe I: Jesaja 25,6-9
Reihe II: Lukas 24,36-45
Reihe III: Offenbarung 5,6-14
Reihe IV: Jona 2,(1-2)3-10(11)
Reihe V: Lukas 24,13-35
Reihe VI: 1. Korinther 15,50-58
Eingangslied: EG 103 Gelobt sei Gott im höchsten Thron
Wochenlied: EG 100 Wir wollen alle fröhlich sein
Predigtlied: EG 99 Christ ist erstanden
Schlusslied: EG 112 Auf, auf, mein Herz, mit Freuden
6 Und ich sah mitten zwischen dem Thron und den vier Wesen und mitten unter den Ältesten ein Lamm stehen, wie geschlachtet; es hatte sieben Hörner und sieben Augen, das sind die sieben Geister Gottes, gesandt in alle Lande.
7 Und es kam und nahm das Buch aus der rechten Hand dessen, der auf dem Thron saß.
8 Und als es das Buch nahm, da fielen die vier Wesen und die vierundzwanzig Ältesten nieder vor dem Lamm, und ein jeder hatte eine Harfe und goldene Schalen voll Räucherwerk, das sind die Gebete der Heiligen,
9 und sie sangen ein neues Lied: Du bist würdig, zu nehmen das Buch und aufzutun seine Siegel; denn du bist geschlachtet und hast mit deinem Blut Menschen für Gott erkauft aus allen Stämmen und Sprachen und Völkern und Nationen
10 und hast sie unserm Gott zu einem Königreich und zu Priestern gemacht, und sie werden herrschen auf Erden.
11 Und ich sah, und ich hörte eine Stimme vieler Engel um den Thron und um die Wesen und um die Ältesten her, und ihre Zahl war zehntausendmal zehntausend und vieltausendmal tausend;
12 die sprachen mit großer Stimme: Das Lamm, das geschlachtet ist, ist würdig, zu nehmen Kraft und Reichtum und Weisheit und Stärke und Ehre und Preis und Lob.
13 Und jedes Geschöpf, das im Himmel ist und auf Erden und unter der Erde und auf dem Meer und alles, was darin ist, hörte ich sagen: Dem, der auf dem Thron sitzt, und dem Lamm sei Lob und Ehre und Preis und Gewalt von Ewigkeit zu Ewigkeit!
14 Und die vier Wesen sprachen: Amen! Und die Ältesten fielen nieder und beteten an.
Liebe Ostergemeinde!
Eigentlich war Jesus nichts Besonderes. Zu seiner Zeit gab es viele wie ihn; Männer und Frauen Gottes aus seinem Volk, die sein Wort ernst nahmen, auf die Korruption in der Priesterelite hinwiesen und das Kommen des Reiches Gottes verkündeten. Die Evangelien selbst sprechen von solchen Zeitgenossen. Johannes der Täufer ist einer von ihnen. Auch er musste sterben, weil er dem Establishment Heuchelei vorwarf. Trotzdem ist Jesus einzigartig. Er unterscheidet sich von seinen Zeitgenossen, sonst wären wir heute nicht hier. Die Frage ist, was unterscheidet ihn? Warum ist es gerade seinen Jüngerinnen und Jüngern gelungen eine Kirche aufzubauen. Oder andersherum: Warum haben sich die Jüngerinnen und Jünger des Johannes nach seinem Tod der Jesus-Bewegung angeschlossen, statt eine eigene zugründen? Seine Botschaft allein ist es nicht gewesen und auch nicht der Märtyrertod. Da musste noch etwas hinzukommen. Etwas, das beides in irgendeiner Form neu interpretierte.
Man könnte es mit einem Code vergleichen: Erst wer diesen Code kannte, dem erschloss sich der Sinn des Geheimnisses Jesu. Doch wie hieß dieser Code und wo fanden die Jüngerinnen und Jünger ihn? Um es nicht zu spannend zu machen und auch, weil es ganz unmittelbar mit dem heutigen Fest zu tun hat, soll es schon am Anfang dieser Predigt verraten werden:
Der Code verbirgt sich in seinem Namen: Jesus ist Christus der Sohn Gottes.
Damals an jenem Ostertag, als Jesus seinen Freundinnen und Freunden als der Auferstandene begegnete, da fiel es ihnen wie Schuppen von den Augen. Als er da vor ihnen stand, mit der Wunde an der Seite und den Malen an den Händen. Da offenbarte sich ihnen dieser Code: Jesus ist der Christus, er ist wahrhaftig der Sohn Gottes. Plötzlich mit diesem Code bekamen alle seine Worte und Taten bis hin zu seinem Märtyrertod eine besondere Bedeutung. Durch die Auferstehung hatte Gott selbst Jesus eine andere Position verliehen und ihn und sein Wirken bestätigt. An Ostern wurde der Code bekannt gemacht.
Die Evangelien sind decodierte Geschichten. Die Evangelisten haben sie von hinten nach vorn geschrieben und überall Hinweise auf Ostern eingebaut. Deshalb müssen wir uns heute auch nicht mehr die Mühe machen sie zu decodieren. Nur ein Buch gibt es in unserem Neuen Testament, das noch immer entschlüsselt werden muss, obwohl sein Name genau das Gegenteil andeutet und das ist die Offenbarung des Johannes. Wie jedes Buch, das sich nicht gleich auf den ersten Blick entschlüsseln lässt, wirkte es schon immer unwiderstehlich auf Verschwörungstheoretiker, Endzeitpropheten und apokalyptische Sekten. Und bis heute hat es diese Anziehungskraft nicht verloren. Schließlich ist schnell zu erkennen, dass auch hier ein Geheimcode benutzt wurde. Er besteht aus Zahlen und Bildern. Da scheint jemand Geheimdaten an einen Kreis von Eingeweihten weiter geben zu wollen. Ja es gibt sogar heute noch Leute, die behaupten: Wer diese nur richtig zu deuten vermag, kann das Ende der Welt voraussehen. Gelungen ist es bisher noch keinem. Und der Grund dafür ist einfach: Sie haben den Code an der falschen Stelle gesucht.
Denn um die Offenbarung des Johannes zu entschlüsseln, muss man ihre Mitte suchen und darf sich nicht von den Details verwirren lassen. Erst einmal muss man herausfinden: Wer hat das Buch geschrieben? Und was hat ihn dazu veranlasst, dieses Buch zu schreiben? Und genau das wollen wir nun tun.
Im letzten Jahrhundert wurde viel darüber gestritten, ob der Autor nun Johannes hieß oder nicht. Tatsache ist, dass er sich selbst nicht diesen Namen gab. Andere haben ihm diese Autorenschaft zugewiesen. Er selbst nennt sich nur einen Propheten und das ist er wohl auch gewesen. Ein christlicher Prophet im ausgehenden ersten Jahrhundert. Ein Christ jüdischer Herkunft, wie die vielen Anklänge an die jüdische Bilderwelt zeigen. Vermutlich wohnte er auf der Insel Patmos und wie seine christlichen Zeitgenossen lebte er in einer schwierigen und chaotischen Zeit.
Denn er erlebte sowohl die Zerstörung Jerusalems und des Tempels, was für ihn als Juden - und so sah er sich sicher immer noch -, gleichbedeutend mit dem Zusammenbruch der gewohnten Ordnung war. Gleichzeitig aber litt er wie seine neuen Glaubensgenossen unter der ersten großen Christenverfolgung, die unter Nero begann und die den Christen in den letzten Jahrzehnten des ersten Jahrhundert immer wieder das Leben schwer machte. Seine Zeit war also eine Zeit des Umbruchs und auch des geistlichen Chaos‘: Sich selbst verstand er dabei als zu beiden Religionen gehörig. Er war verwurzelt im Judentum und damit ein Teil des Volkes Gottes. Und er bekannte sich zugleich zu dem auferstandenen Messias Jesus Christus und der neuen Gemeinschaft, die sich um ihn gebildet hatte. Für ihn war das deutlich kein Gegensatz. Als der Prophet von Patmos unseren heutigen Predigttext in Worte fasste, da stand das Christentum vor seiner ersten großen Bewährungsprobe. So manches Mitglied - der bis dahin rasch wachsenden Gemeinden - fiel gerade wieder vom neuen Glauben ab. Unser Prophet verstand sich in dieser Zeit als Prophet im Sinne der Tradition des Volkes Israel. Er sah sich in einer Reihe mit den Propheten der Hebräischen Bibel, wie Jesaja oder Jeremia. In Zeiten, in denen es Gottes Volk schlecht ging, da wurden diese Propheten gesandt, um ihm Mut zu machen.
Der Prophet von Patmos tut nun genau das; er verkündet eine mutmachende Botschaft Gottes an eine Gemeinschaft, die es dringend nötig hat. Dabei hat er jedoch ein Problem: Wie kann er die Botschaft weitergeben, ohne dass sie in die falschen Hände gerät? Ein Code muss her, ein Code, der den Geschwistern vertraut ist und von den Ungläubigen nicht entschlüsselt werden kann. Den Code verbirgt der Prophet in der Schlüsselszene des Offenbarungsbuches und diese wiederum ist in unserem Predigttext versteckt. Deshalb soll er an dieser Stelle vorgelesen werden:
(Predigttext: Offenbarung 5,6-14)
Der Prophet beschreibt also das geschlachtete Lamm zwischen dem Thron bei den Ältesten. Für die ersten Christen könnte dieses Bild nicht klarer sein. Sie wissen, wer das geschlachtete Lamm ist: Jesus Christus, der Gekreuzigte. Endlich sitzt er als der Auferstandene an dem für ihn bestimmten Platz zur rechten Gottes im Kreis der Ältesten, denn er ist ja der Sohn Gottes. Der Ort ist eindeutig. Es ist der himmlische Tempel, wobei die Beschreibung in vielem an den irdischen Tempel in Jerusalem erinnert. Als wollte der Prophet den zerstörten Tempel wiederauferstehen lassen. Mitten in diesem Tempel hat nun der Messias auch seinen Platz gefunden. In Gottes Haus.
Klarer könnte der vertraute Code nicht sein: Jesus Christus ist der Sohn Gottes! Spätestens jetzt weiß jeder Christenmensch: Hier kommt eine Botschaft für uns! Eine Botschaft von unserem Herrn.
Der Prophet beschreibt nun als Zeuge diesen besonderen Tempelgottesdienstes, in dem Jesus Christus die Macht über die Geschicke der Welt überreicht bekommt. Die symbolische Handlung dafür, ist die Überreichung eines Buches.
Diese eine Handlung ist die eigentliche Schlüsselszene der Offenbarung des Johannes. Wer sie versteht, begreift das Buch, das so vielen Menschen so viel Mühe macht. Sie sagte den Christinnen und Christen in der Verfolgungssituation damals alles, was nötig war: Ihr seid die Menschen, die dem wahren Herrn der Welt nachfolgen. Ihr geht den richtigen Weg! Egal wer oder was euch bedroht. Lasst euch nicht irre machen! Keiner ist stärker, klüger und mächtiger als Jesus Christus!
Die ganze Offenbarung des Johannes dient dann dazu, diese Verse in der besonderen Verfolgungssituation zu konkretisieren. Was bedeutet es, dass Jesus Christus stärker ist als der Römische Kaiser, auch wenn die Soldaten des Römischen Kaisers weitaus deutlicher präsent sind? Solche Konkretisierungen bedürfen der Verhüllung, denn sie haben ja schon fast politischen Charakter und könnten die Menschen, die sie lesen, in Schwierigkeiten bringen. Das erklärt dann auch, warum das Buch in dieser verhüllten Form geschrieben wurde.
Für uns stellt sich heute die Frage: Wenn die Offenbarung mit ihren Bildern und Zahlen so zeitgebunden war, kann sie dann heute noch eine Bedeutung haben? Die Antwort ist: Der Code aus der Offenbarungsszene kann das ganz bestimmt! Die Erkenntnis des Propheten von Patmos, dass Jesus Christus der Herr dieser Welt ist und die, die ihm folgen, an seiner Seite mit ihm regieren – das ist eine ewige Erkenntnis, die auch in unserer Gegenwart noch gilt.
Sie ist sogar erschreckend aktuell, denn auch wir leben in unruhigen Zeiten. Vielleicht ist das Chaos um uns herum nicht lebensbedrohlich, aber es verändert unsere Welt. Im Großen genauso wie im Kleinen.
Denken Sie nur daran, welche Folgen Corona im vergangenen Jahr für uns alle hatte.
Nicht zu vergessen die Folgen des Klimawandels mit immer heißeren Sommern hier in unseren Regionen. Der Permafrost in den Bergen geht zurück. Zudem schmelzen die Pole immer schneller ab.
(Platz für Konkretisierung)
In diesem Chaos suchen wir verständlicherweise nach Orientierung. Und es ist nicht so, als ob es nicht genug Propheten gäbe. Die Medien präsentieren uns eine ganze Reihe von ihnen. Eine besondere Anziehung haben Verschwörungstheoretiker, die überall Böses wittern und hinter allem eine zweite Bedeutung ahnen. Sie kennen die Welt, wissen wo die Gefahren lauern und warum unsere Politiker und die Medien uns betrügen und das Weltjudentum uns ohne unser Wissen heimlich alle bestimmt. Ist es ein gutes Gefühl, Bescheid zu wissen? Man gehört auf jeden Fall dazu, man kennt den Code und die sogenannte Wahrheit und das erhebt einen über andere. Aber ein gutes Gefühl ist das nicht. Im Gegenteil; eine solche Wahrheit macht Angst. Was enthüllt wird, hilft nicht weiter, sondern verstärkt noch die Angst und Hilflosigkeit!
Die Botschaft der Offenbarung unseres Propheten aus Patmos ist anders: Sie will keine Angst verbreiten, sondern Mut machen. Den angeblichen Verschwörungstheoretikern setzt sie entgegen: was ist die Enthüllung deiner Verschwörung wert, wenn Du hinterher weiter Angst haben musst?
Bei dem auferstandenen Sohn Gottes Jesus Christus ist das anders. Der ist verlässlich. Jesus Christus ist ein echter Freund, der sich einsetzt für Wahrheit und Gerechtigkeit, und der das nicht aus Prinzip macht, sondern aus Liebe. Auf diesen HERRN der Welt kannst Du Dich auch in schlechten Zeiten verlassen, sagt der Prophet. Das ist einer, der nicht einfach kommt und geht, wenn es ihm passt, sondern der immer da ist und bleibt, wenn alle anderen schon lange nicht mehr da sind. Der mitten durch das Chaos mitgeht, der in der größten Unsicherheit Sicherheit und Souveränität verleiht. Da kannst du dann auch in Ruhe sortieren, was dir gut tut und was nicht. Wo du in deiner Zeit und an deinem Ort deinen Platz einnehmen willst, und was du zum Wohl deiner Gemeinschaft beitragen möchtest. Der Prophet von Patmos und seine Glaubensgeschwister kannten den Code und haben aus dieser Offenbarung Mut geschöpft. Sie konnten so durchhalten und eine Kirche bauen, die uns heute noch trägt. Wenn wir mal wieder von all dem, was auf uns eindrängt, überfordert werden, können wir aus ihrer Erfahrung lernen! Diese Offenbarung des Propheten von Patmos ist heute noch so aktuell wie damals, wenn man den Code zu lesen weiß:
Jesus ist Christus, der Sohn Gottes, der Auferstandene, der Herr der Welt!
Es mögen wohl andere diese Welt regieren wollen,
doch ihre Macht ist begrenzt,
Der Auferstandene bleibt ewiglich!
Amen
Herr Jesus Christus,
Geopfertes Lamm und Herrscher vor aller Zeit,
Das Chaos unserer Welt lässt uns keine Ruhe,
Viele große und kleine Dinge beschäftigen und überfordern uns,
Manche Menschen machen uns Angst, weil sie anders denken und sich anders verhalten als wir. Andere schüchtern uns ein, weil sie lauter schreien und sich mächtiger gebärden,
Halte uns an deiner Seite und in deiner Hut,
Und erinnere uns immer daran,
dass die Herren dieser Welt nur eine kleine Weile bei uns sind,
Du aber bist der Ewige, der immer an unserer Seite geht.
Amen
Verfasserin: Pfarrerin Susanna Faust-Kallenberg, Kurt-Schumacher-Straße 23, 60311 Frankfurt am Main
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