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Jesus wird begrüßt wie ein König, geht aber den Weg des Leidens

von Diana Engel

Predigtdatum : 05.04.2020
Lesereihe : II
Predigttag im Kirchenjahr : Palmsonntag
Textstelle : Markus 14,(1-2)3-9
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Wochenspruch: Der Menschensohn muss erhöht werden, damit alle, die an ihn glauben, das ewige Leben haben. (Johannes 3,14b.15)

Psalm: 69,2-4.8-10.14.21b-22.30 (EG 731)

Predigtreihen

Reihe I: Jesaja 50,4-9
Reihe II: Markus 14,(1-2)3-9
Reihe III: Hebräer 11,1-2(8-12.39-40);12,1-3
Reihe IV: Johannes 17,1-8
Reihe V: Johannes 12,12-19
Reihe VI: Philipper 2,5-11

Liedvorschläge

Eingangslied: EG 440 All Morgen ist ganz frisch und neu
Wochenlied: EG 11 Wie soll ich dich empfangen
Predigtlied: EG 400 Ich will dich lieben, meine Stärke
Schlusslied: EG 98 Korn, das in die Erde

Predigttext Markus 14,(1-2)3–9

Die Salbung in Betanien

(1 Es waren noch zwei Tage bis zum Passafest und den Tagen der Ungesäuerten Brote. Und die Hohenpriester und Schrift-gelehrten suchten, wie sie ihn mit List ergreifen und töten könnten.
2 Denn sie sprachen: Ja nicht bei dem Fest, damit es nicht einen Aufruhr im Volk gebe.)

3 Und als er in Betanien war im Hause Simons des Aussätzigen und saß zu Tisch, da kam eine Frau, die hatte ein Alabastergefäß mit unverfälschtem, kostbarem Nardenöl, und sie zerbrach das Gefäß und goss das Öl auf sein Haupt.
4 Da wurden einige unwillig und sprachen untereinander: Was soll diese Vergeudung des Salböls?
5 Man hätte dieses Öl für mehr als dreihundert Silber-groschen verkaufen können und das Geld den Armen geben. Und sie fuhren sie an.
6 Jesus aber sprach: Lasst sie! Was bekümmert ihr sie? Sie hat ein gutes Werk an mir getan.
7 Denn ihr habt allezeit Arme bei euch, und wenn ihr wollt, könnt ihr ihnen Gutes tun; mich aber habt ihr nicht allezeit.
8 Sie hat getan, was sie konnte; sie hat meinen Leib im Voraus gesalbt zu meinem Begräbnis.
9 Wahrlich, ich sage euch: Wo das Evangelium gepredigt wird in der ganzen Welt, da wird man auch das sagen zu ihrem Gedächtnis, was sie getan hat.

Liebe Gemeinde,

Besuch hat sich angesagt. Besonderer Besuch. Aus der Küche wabert der Duft von frisch gebackenem Kuchen. Auf dem Ess-tisch steht das Kaffeeservice, das sonst nie benutzt wird, ein Erbstück von den Großeltern. Das Badezimmer wurde noch einmal geputzt und riecht nach Frische und Sauberkeit. Das Gästebett ist frisch bezogen, mit Bettwäsche, die gestern draußen im Freien trocknete. Nun geht die Gastgeberin hinaus in den Garten. In ihrer Hand eine Gartenschere. Am alten Rosenbusch sucht sie die schönsten Blüten aus. Sie schneidet alle Blüten ab, die sie finden kann! Zurück im Haus verteilt sie sie auf verschiedene Vasen. Eine stellt sie in die Diele, eine auf den Kaffeetisch, eine ins Gästezimmer. Der betörende Duft dieser alten Rosensorte erfüllt das ganze Haus.

Liebe Gemeinde,

es ist eine besondere Gelegenheit und die will gewürdigt sein. Der Gast soll spüren wie sehr sich die Gastgeberin auf ihn gefreut hat. Er soll sich willkommen fühlen. Ihm wird besondere Ehre zuteil.

So einen Aufwand treiben wir nicht oft. Meistens benutzen wir unser Alltagsgeschirr und sitzen in der Küche. Wir schnei-den nur eine Rose ab, wenn überhaupt. Wir ziehen uns nicht extra um, wenn wir mit dem Nachbarn ein Bier trinken. Nur zu besonderen Anlässen, da tafeln wir auf und schauen nicht aufs Geld.

Meistens gibt es dann etwas zu feiern, eine Hochzeit oder einen runden Geburtstag.

Manchmal sind es aber auch traurige Umstände: Jemand liegt im Krankenhaus und wir bringen Blumen oder Obst mit. Es kommt uns in den Sinn, dass unser Leben nicht einfach immer so weitergeht. Dann verschönern wir den Augenblick, kosten ihn aus. Dann ist uns das Beste gerade gut genug.

Und wenn jemand stirbt, dann gehört zu einer Trauerfeier auch dieser Überfluss: Blumen und Kränze schmücken das Grab. Sie werden bald verwelken. Aber für den Moment entfalten sie die ganze Schönheit des Lebens. Und sie zeigen die Wertschätzung für den oder diejenige, die wir da zu Grabe tragen.

So eine Trauerfeier ist teuer. Aber wer irgend kann richtet die Feier schön aus. Dazu gehört auch die Bewirtung der Gäste. Man weiß, dass man dem Verstorbenen nie wieder einen Blumenstrauß bringen kann, ihr nie wieder ein Geschenk machen wird, nie wieder auf ihrem Geburtstagsfest zusammenkommt. So bekommt diese Abschiedsfeier eine große Wichtigkeit.

Es ist ein Liebesdienst für die Verstorbene. Und gleichzeitig dient es auch den Hinterbliebenen dazu, zu begreifen, was geschehen ist.

Liebe Gemeinde, solche Gedanken an besondere Momente aber auch an Abschied können uns an einem Tag wie dem Palmsonntag einfallen: Jesus zieht in Jerusalem ein und wird wie ein König begrüßt. Und gleichzeitig wissen wir: Es kommt der Karfreitag. Es kommen die schwer aushaltbaren Erzäh-lungen von Verrat und Verlassenheit und Folter bis hin zum Tod am Kreuz. Durch all das muss Jesus hindurch bis endlich der Ostermorgen anbricht.

Der Predigttext hält eine kleine Episode bereit, ohne die etwas fehlen würde in der Abfolge dieser unabwendbaren Ereignisse:

Als Jesus in Betanien war im Hause Simons des Aussätzigen und saß zu Tisch, da kam eine Frau, die hatte ein Alabastergefäß mit unverfälschtem, kostbarem Nardenöl, und sie zerbrach das Gefäß und goss das Öl auf sein Haupt.
Da wurden einige unwillig und sprachen untereinander: Was soll diese Vergeudung des Salböls? 5 Man hätte dieses Öl für mehr als dreihundert Silbergroschen verkaufen können und das Geld den Armen geben. Und sie fuhren sie an.
Jesus aber sprach: Lasst sie! Was bekümmert ihr sie? Sie hat ein gutes Werk an mir getan. Denn ihr habt allezeit Arme bei euch, und wenn ihr wollt, könnt ihr ihnen Gutes tun; mich aber habt ihr nicht allezeit. Sie hat getan, was sie konnte; sie hat meinen Leib im Voraus gesalbt zu meinem Begräbnis. 9 Wahrlich, ich sage euch: Wo das Evangelium gepredigt wird in der ganzen Welt, da wird man auch das sagen zu ihrem Gedächtnis, was sie getan hat.

Was muss das für ein Duft gewesen sein, der den ganzen Raum erfüllte! Ein seltener, intensiver Duft, holzig, aromatisch. Er entfaltete seine beruhigende, angstlösende Wirkung. Und was muss das für ein Gefühl gewesen sein für Jesus! Nicht nur einige Tropfen, nein den ganzen Inhalt des Gefäßes verwendete die Frau um ihn zu salben. Eine Wohltat, eine Überraschung, ein einmaliges Erleben! Er genießt es. Für den Moment ist er ganz eingehüllt in den Duft und die Finger, die das Öl einmassieren.

Dann holen ihn die Stimmen der Männer ein.
Dass Jesus nicht viel auf Konventionen gab, das hatte sich wohl herumgesprochen.

Aber nun brachten sie ein Argument vor, das schier unschlag-bar war: sie hatten den Wert des Öls überschlagen: ein Jahreseinkommen für einen Tagelöhner, eine große Summe Geld. Aber nicht nur das - sie hielten dagegen, was man mit diesem Geld nicht alles hätte tun können, wie viele Arme man hätte speisen können.

Liebe Gemeinde, Menschen haben oft ein Gemisch aus Gefühlen und Gedanken: da sind die Männer, in deren Essensrunde eine Frau hineinplatzt und Jesus unverschämt nahe kommt. Niemand von ihnen hatte ihn mit solchen Ehren überhäuft. Da sind die Jünger, die für Jesus ihre Existenz aufgegeben hatten. Und sie treffen hier auf eine Frau, die über großen Reichtum verfügt.

Neid, Missgunst, Unsicherheit - das alles können sie hinter dem „Totschlagargument“ verstecken.
Dieses Aufrechnen ist etwas zutiefst Menschliches. Wir rechnen mit unserem Geld. Wir rechnen uns aus, ob etwas Gewinn bringt. Ob sich der Aufwand lohnt. Wie Kosten und Ertrag im Verhältnis stehen. Wir bestehen auf den Spielregeln, das gilt auch für die Moral.

Man sagt dem Protestantismus nach, dass er das Karge liebt und die Fülle ihm suspekt ist. Extravaganz ist unsere Sache nicht. Wir sind eher pragmatisch.

In unseren Kirchgemeinden gibt es viele alte Menschen, die noch Notzeiten kennen, im Osten Deutschlands auch den Mangel. Das prägt. Sparsamkeit ist vielen eine Tugend.

Der Mangel war nicht nur auf Essen und Güter beschränkt. Auch Zärtlichkeit wurde nicht oder wenig ausgeteilt.
Dazu gibt es auch immer Menschen, die einfach rechnen müssen, die den Euro zweimal umdrehen bevor sie ihn ausgeben.

Wie haben Sie den Einstieg in die Predigt gehört? Von der Frau, die alle Blüten vom Rosenstrauch schneidet. Haben Sie gedacht: das Haus muss so erfüllt gewesen sein von diesem Duft! Wenn das mal jemand für mich tun würde!
Oder ging Ihnen durch den Kopf, dass das wohl etwas übertrieben ist und was wohl die Nachbarn sagen werden, wenn der Rosenstrauch so beschnitten wird.

Wie hören Sie so eine Begebenheit, bei der das Jahreseinkommen eines Kleinverdieners in wenigen Minuten verbraucht wird?!
Wahrscheinlich erzeugt das bei Ihnen Kopfschütteln.
Vielleicht erinnern Sie aber auch etwas, von dem Sie lange zehrten: ein Urlaub, ein Geschenk, ein Konzert, eine Überraschung. Etwas, das Geld gekostet hat, aber eigentlich mit Geld nicht aufzuwiegen ist.

Die Frau in unserer Geschichte beeindruckt mit ihrer Gewissheit. Jetzt ist die Gelegenheit! Sie kommt herein und bricht das Gefäß auf. Sie fragt nicht, sie tut es einfach. Sie rechnet nicht. Sie liebt.

In der Liebe gibt es keine Kalkulationen. Liebe ist verschwenderisch. Liebe verschiebt nichts auf später, sie ist ganz im Jetzt. Was sie verschwendet ist nicht vergeudet. Liebe erfasst was Gedanken nicht fassen können. Der Wanderprediger ist ein König. Am Tisch sitzt der Messias, der Gesalbte.

Jesus nimmt die Frau in Schutz. „Lasst sie!“ Dann bringt er ein Argument vor, dem man auch nichts entgegensetzen kann: „Sie hat mich auf mein Begräbnis gesalbt.“ Damit stellt er einen anderen Zusammenhang her. Er spricht etwas aus was niemand wahrhaben wollte.
Jesus wird in Kürze sterben und es wird keine Begräbnisfeier geben.

Liebe Gemeinde, das ist der Liebesdienst, den die Frauen am Ostermorgen tun wollen: Jesus salben. Wir wissen, dass es nicht nötig sein wird.
Aber jetzt trägt der Duft Jesus durch die kommenden Tage. Und uns auch. Auch wenn wir protestantisch nüchtern sind, wird er seine Wirkung nicht verfehlen.

AMEN

Verfasserin: Pastorin Diana Engel


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