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Johannestag

von Karsten Müller (Halle /Saale)

Predigtdatum : 24.06.2014
Lesereihe : ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr : Trinitatis
Textstelle : Jesaja 40, 1 - 8
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Leitbild:
Der Vorläufer
Wochenspruch:
Dies ist das Zeugnis Johannes des Täufers: Er muss wachsen, ich aber muss abnehmen
(Johannes 3, 30)
Psalm:
Psalm 92, 2 - 11

Lesungen
Altes Testament: Jesaja 40, 1 - 8
Epistel: Apostelgeschichte 19, 1 - 7
Evangelium: Lukas 1, 57 - 67 (68 - 75) 76 - 80

Liedvorschläge
Eingangslied: EG 168, 1 - 3 Du hast uns, Herr, gerufen
Wochenlied: EG 82 Wir wollen sing’n ein Lobgesang
Predigtlied: EG 289 Nun lob, mein Seel, den Herren
Schlusslied: EG 168, 4 - 6 Wenn wir jetzt weitergehen

Liebe Gemeinde,
dass die Zeiten schlecht seien, ist immer wieder zu hören. Wir leben in Krisenzeiten, kann man in der Zeitung lesen. Dabei haben die meisten von uns wahrscheinlich gar nicht das Gefühl in einer wirklich schlechten Zeit zu leben. Wenn wir unsere Zeit etwa mit den Kriegszeiten des letzten Jahrhunderts vergleichen oder mit der Zeit der deutschen Teilung.

Wir können unseren Glauben frei leben in unserem Land. Auch das gehört nicht unbedingt zu einem Kriterium für eine schlechte Zeit. Als Christinnen und Christen können wir uns in die Gesellschaft einbringen, ohne dass wir unseren Glau-ben verstecken müssten. Dass das nicht selbstverständlich ist, zeigt nicht nur die Erinnerung an die untergegangene DDR, sondern vor allem die Tatsache, dass 2013 100 Mil-lionen Christen in verschiedenen Ländern verfolgt, unter-drückt oder zur Aufgabe ihres Glaubens gezwungen wurden.
So gesehen leben wir in Deutschland in einer guten Zeit. Das „Tröstet, tröstet mein Volk“, das Gott uns zu Beginn unseres Predigttextes zuruft, will uns nicht so recht an-sprechen. Brauchen wir als Volk Trost?

Vor 25 Jahren hätten wir das noch ungebrochener bejahen können. Unser Land war geteilt. Mitten durch die Hauptstadt Berlin zog sich eine Mauer, an der auf die geschossen wurde, die versuchten, von Ost nach West zu kommen. Manche Menschen sahen in dieser Mauer eine Strafe für die Mauer, die Deutsche 1940 durch Warschau gezogen hatten, als sie die Juden der polnischen Hauptstadt in ein Ghetto pferchten, um sie später in die Vernichtungslager abzu-transportieren.

„Rede mit Jerusalem freundlich...“ man hätte am Beginn des Sommers 1989 auch sagen können: rede mit Berlin freundlich, dass die Knechtschaft ein Ende hat und die Schuld vergeben ist.
Aber heute? Im Vergleich zu der Zeit vor 25 Jahren und erst recht zur Zeit der Entstehung des Textes vor etwa 2.500 Jahren ist das Heute doch gar nicht so schlecht, als dass wir Trost bräuchten.

Wir sind nicht verschleppt in die Fremde, wie die Zeit-genossen, zu denen Propheten unter dem Namen des Jesaja sprechen. Wir können unseren Glauben leben. Unser Glauben ist nicht selten ein Teil unserer Heimatver-bundenheit. Was den alten Israeliten der Tempel in Jerusa-lem war, das ist für viele von uns die heimatliche Kirche, in der man vielleicht schon seit Jahrzehnten auf die Botschaft hört.

Können wir also die alten Worte zur Seite tun mit der Be-merkung: Brauchen wir nicht mehr, hat sich für uns erledigt. Trost brauchen wir höchstens individuell, in einer Lebens-krise etwa, aber als Volk -? Fehlanzeige.

„Es ruft eine Stimme: In der Wüste bereitet dem HERRN den Weg...“ Das klingt fremd. Viele Wege werden in unserem Land bereitet. Für diese Wege werden auch Täler erhöht und Berge und Hügel erniedrigt. Ab und zu stellen sich ein paar Menschen in den Weg und wehren sich, wenn alle Unebenheiten der Landschaft planiert werden. Sie sagen, dass sie das für die Bewahrung der Schöpfung tun.

Denn unsere Wegbereitungen dienen nicht Gott, sondern unseren Autos und Eisenbahnen. Der Verkehr muss mög-lichst schnell und reibungslos rollen, damit die Wirtschaft funktioniert. Außerdem: Wer würde schon in der Wüste eine Infrastruktur planen? Höchstens wenn es dort Rohstoffe zu fördern gäbe.

Es ist immer irritierend, wenn in den scheinbar reibungs-losen Ablauf des Alltags sich Gott mit seinem Wort ein-mischt. Die Rede von Gott, oder die Rede Gottes selbst, steht oft in einem merkwürdigen Kontrast zu dem, was wir gerade erleben. Das ist nicht nur im Advent so, wenn sich eine heimelige Stimmung breit macht, aber in der Kirche von Buße und dem Ende der Zeit die Rede ist.

Mitten im Sommer, in der Blütenpracht der Natur hören wir: „Alles Fleisch ist Gras, und alle seine Güte ist wie eine Blu-me auf dem Felde. Das Gras verdorrt, die Blume verwelkt; denn des HERRN Odem bläst darein. Ja, Gras ist das Volk!“ Solche Worte sollen trösten? Hat der Prophet vielleicht seine Überschrift vom Beginn seiner Worte schon vergessen?

Wir rechnen die Vergänglichkeit, unsere Vergänglichkeit erst recht, nicht unbedingt zu den tröstlichen Dingen des Le-bens. Wir hängen in der Regel an unserem Leben, an den Menschen, die mit uns leben. Wir möchten etwas erleben, im angefangenen Sommer einen schönen Urlaub ver-bringen. Gehört die Rede von der verwelkenden Blume nicht eher in den Herbst?

Vergänglichkeit ist traurig, weil sie immer mit einem Ab-schied einhergeht. Wenn ein Mensch stirbt, hinterlässt er andere Menschen, die traurig sind, dass er oder sie nun nicht mehr da ist. Wenn ein Leben ohne diese Trauer ver-geht, dann ist das traurig.

Aber wenn wir nicht vergehen würden, dann würden wir die Erde übervölkern, dann würden wir nie zur Ruhe kommen, wir wären letztlich wohl Gehetzte eines ewigen irdischen Lebens.

Am deutlichsten ist der Trostcharakter der Vergänglichkeit vielleicht, wenn man an die Vergänglichkeit von Verhält-nissen denkt. Eherne Grundsätze, mit denen Menschen unterdrückt werden, Schreckensherrschaften und scheinbar ewige Prinzipien – nichts hält davon ewig.

Es ist nicht so, dass das, was heute die Prediger in den Wü-sten anklagen und kritisieren, morgen gleich umgesetzt wird. Nicht selten bezahlen Prediger, Propheten oder einfach nur kritische Geister ihre Rede sogar mit dem Leben. Es ist ihnen verwehrt zu erleben, dass sich umsetzt, was sie for-derten.

Aber im Lauf von Jahrzehnten oder manchmal auch län-geren Abschnitten, verändern sich die Verhältnisse, kom-men Reformen in Gang, bröckeln die Mauern, gehen die Tore des Gefängnisses auf.

Wer das schon einmal erlebt hat, der weiß, wie tröstlich das Vergehen sein kann. Trost ist dafür fast ein zu schwaches Wort. Es ist eher eine unbeschreibliche Freude, wenn sich etwas erfüllt, von dem man nur träumen konnte.

Ist es wirklich ein Trost, wenn alles vergeht? Nein, das wäre kein Trost, weil es dann keine Hoffnung gäbe. „Das Wort unseres Gottes bleibt ewiglich.“, sagt der Prophet. Das ist der wirkliche Trost. Alles vergeht – aber es fällt nicht in das Nichts. Gottes Wort, seine Zusagen an uns, bleibt bestehen. Die Verheißungen gelten. Wenn ab nun die Tage wieder kürzer werden, dann ist das kein Weg in die Finsternis, son-dern ein Weg zum Licht dessen, der immer mit uns auf dem Weg ist.

„Gottes Wort bleibt in Ewigkeit“ – das ist ein gutes Trostwort im Schwall all der Wörter, die wir hören können oder müs-sen. Das ist eine feste Zusage für alle, die an ihrem Glauben zweifeln oder die in ihrem Glauben leiden. Es ist Trost für je-den und jede von uns. Amen.


Verfasser: Pfarrer Karsten Müller
An der Johanneskirche 1, 06110 Halle (Saale)

Herausgegeben vom

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