Wochenspruch: Lebt als Kinder des Lichts; die Frucht des Lichts ist lauter Güte und Gerechtigkeit und Wahrheit. (Epheser 5,8b.9)
Psalm: 48,2–3a.9–15
Reihe I: Jesaja 2,1-5
Reihe II: Johannes 9,1-7
Reihe III: 1. Korinther 6,9-14(15-18)19-20
Reihe IV: Markus 12,41-44
Reihe V: Matthäus 5,13-16
Reihe VI: Epheser 5,8b-14
Eingangslied: EG 449 Die güldne Sonne
Wochenlied: EG 398 In dir ist Freude
Predigtlied: EG 369 Wer nur den lieben Gott lässt walten
Schlusslied: EG 590 Herr, wir bitten: Komm und segne uns
Über Unzucht und christliche Freiheit
9 Oder wisst ihr nicht, dass die Ungerechten das Reich Gottes nicht ererben werden? Täuscht euch nicht! Weder Unzüchtige noch Ehebrecher
10 noch Lustknaben noch Knabenschänder noch Diebe noch Habgierige noch Trunkenbolde noch Lästerer noch Räuber werden das Reich Gottes ererben.
11 Und solche sind einige von euch gewesen. Aber ihr seid reingewaschen, ihr seid geheiligt, ihr seid gerecht geworden durch den Namen des Herrn Jesus Christus und durch den Geist unseres Gottes.
12 Alles ist mir erlaubt, aber nicht alles dient zum Guten. Alles ist mir erlaubt, aber nichts soll Macht haben über mich.
13 Die Speise dem Bauch und der Bauch der Speise; aber Gott wird das eine wie das andere zunichtemachen. Der Leib aber nicht der Hurerei, sondern dem Herrn, und der Herr dem Leibe.
14 Gott aber hat den Herrn auferweckt und wird auch uns auferwecken durch seine Kraft.
(15 Wisst ihr nicht, dass eure Leiber Glieder Christi sind? Sollte ich nun die Glieder Christi nehmen und Hurenglieder daraus machen? Das sei ferne!
16 Oder wisst ihr nicht: Wer sich an die Hure hängt, der ist ein Leib mit ihr? Denn die Schrift sagt: „Die zwei werden ein Fleisch sein“ (1. Mose 2, 24).
17 Wer aber dem Herrn anhängt, der ist ein Geist mit ihm.
18 Flieht die Hurerei! Alle Sünden, die der Mensch tut, sind außerhalb seines Leibes; wer aber Hurerei treibt, der sündigt am eigenen Leibe.)
19 Oder wisst ihr nicht, dass euer Leib ein Tempel des Heiligen Geistes ist, der in euch ist und den ihr von Gott habt, und dass ihr nicht euch selbst gehört?
20 Denn ihr seid teuer erkauft; darum preist Gott mit eurem Leibe.
I.
Der junge Mann kommt oft ins Pfarrbüro, er nimmt auf dem Besuchersofa Platz. Er ist Student, spricht über sein Leben, seine Berufswünsche, über sein Heimatstädtchen mit dem Handballverein, wo die Eltern und die jüngere Schwester wohnen. Die Gespräche scheinen sich zu wiederholen.
Der Pfarrer als Seelsorger hört zu. Er spürt, dass der junge Mann etwas Geheimnisvolles und Dunkles im Herzen hat.
Und dann kommt es zur Sprache, unvermittelt: seit einiger Zeit hat der junge Mann ein sexuelles Verhältnis mit seiner Schwester.
Er weiß, dass das nicht in Ordnung ist. Er will weg davon. Will er das?
II.
„Alles ist erlaubt“ – hören wir richtig? Sagt das Paulus, der Apostel und Missionar, in einem seiner bekanntesten Briefe? Oder zitiert er Menschen in Korinth? Er fügt hinzu: „Aber nicht alles dient zum Guten.“ (V. 12).
An wen schreibt er eigentlich? Was war da los in Korinth – etwa 25 oder 30 Jahre nach dem Wirken Jesu?
Die griechische Hafenstadt Korinth war ein aufstrebender wirtschaftlicher und politischer Knotenpunkt im Römischen Reich, eine Metropole von Handel und Gewerbe mit Sklavenmärkten und Menschen aus Orient und Okzident.
Und, wie es scheint, ein Ort für Prostitution.
Erstaunlich: hier hatte Paulus mit der Jesusverkündigung Erfolg. Bei, wie er sie nennt, Unzüchtigen, Ehebrechern, Lustknaben, Knabenschändern, Dieben, Habgierigen, Trunkenbolden, Lästerern und Räubern – Underdogs, sozial untenstehenden Menschen, Mitglieder der von ihm gegründeten Gemeinde. An die schreibt er, er warnt und ermahnt sie. Ganz offensichtlich sind Prostitution und Päderastie, er sagt Hurerei und Unzucht, in Korinth ein Thema.
Alles erlaubt? Mitglieder der Gemeinde wollen das glauben und leben entsprechend. Es gehe im Glauben ja um die Rettung der Seele, nicht um den vergänglichen, schmutzigen irdischen Leib – griechische Philosophie vermischt mit Glauben an Jesus, Gnosis.
Paulus bringt das auf die Palme.
III.
Sexualität und Befriedigung von Lust sind immer Thema – nicht nur in Korinth, sondern in allen Städten und Kulturen, zu allen Zeiten. Meist werden sie gesellschaftlich kontrolliert, religiös und ethisch bewertet, juristisch reglementiert, psychologisch analysiert, oft heimlich (nicht selten auch schamlos) ausgelebt – aber auch verdrängt, unterdrückt, als peinlich empfunden.
Es ist sehr traurig: immer wieder hört man bei uns und anderswo von Vergewaltigung, Kindesmissbrauch (in Gartenlauben und leider auch in Kirchen), von sexueller Nötigung oder von kinderpornographischen Videos im Darknet – das dunklen Menschen anonymen Zugang im Internet bietet.
Unzucht.
Sexualität und sexuelle Lust stehen dabei in großer Gefahr, in Verruf zu geraten. Nicht neu.
Ohne Zweifel ändern sich sexualethische Vorstellungen. Auch Kirchen müssen dazu lernen – manche tun sich schwer.
Voreheliche oder nichteheliche Beziehungen sind in unserer westlichen Kultur selbstverständlich geworden, zu Homosexualität kann man sich selbst in hohem Staatsamt öffentlich bekennen. Unsere Gesellschaft ist innerhalb weniger Jahrzehnte toleranter geworden.
Und vielleicht auch sensibler.
Nicht alles ist erlaubt.
Paulus, du bist ein kluger Kopf – wir empfinden mit dir: es ist eine theologische Herausforderung in Korinth.
Da gibt es die Gruppe, der nur die „Seelen“ wichtig sind. Die Seele müsse aus dem Kerker des Leibes befreit werden – durch den Glauben an Jesus Christus. Diese Menschen verstehen sich als mustergültige Anwärter für den Himmel. Was der Leib aber treibt, ist einerlei, das zählt nicht. Denn der ist nur Materie – vergänglich.
Du sagst dagegen: Täuscht euch nicht und lasst euch nicht verführen, wisst ihr nicht, dass eure Leiber Glieder Christi sind? – Klingt sehr eindrücklich.
Du bist Junggeselle aus Überzeugung, aber leibfeindlich bist du nicht. Du wertest Köper und Leib auf, das muss man deinen Kritikerinnen und Kritikern sagen.
Leib und Seele gehören zusammen. Untrennbar.
Es hört sich gut an: der Leib ist Tempel, in dem Gott wohnt, Tempel des Heiligen Geistes (V. 19).
Ganzheitliches Menschsein, sagen wir heute, ist dir wichtig.
Eine solche Sichtweise hat Konsequenzen.
V.
Sexualität gehört zum Leben, sie ist existenziell, von Gott gewollt. Ohne sie gäbe es kein Leben. Man kann versuchen, sie zu verdrängen, als Makel zu beschreiben – oder man kann sie rücksichtslos ausleben.
Beides wäre falsch.
Fest steht, den Umgang mit ihr muss und kann man lernen. Einfach ist das nicht. Dazu gehört die Unterscheidung von Sexualität und Geschlecht (wie in der Genderforschung) und die Erfahrung, dass Sexualität nicht belastend ist, sondern befreiend – dass sie ein Geschenk ist. Ein Geschenk verantwortungsvoller Freiheit.
Manche Menschen lassen sich von ihr beherrschen. Sie können nicht unterscheiden, was gut ist und von Liebe geleitet, und was schmutzig, erniedrigend und böse ist.
Diese Menschen brauchen Hilfe.
VI.
Der junge Mann erzählt im Pfarrbüro von sich und dem Verhältnis mit seiner Schwester. Er redet ohne Unterlass.
Sucht er Verständnis, spürt er so etwas wie Schuld?
Der Pfarrer hört zu, keine schnelle Verurteilung – aber auch keine schnelle Vergebung. Nein, Gott will eine solche Beziehung gewiss nicht.
Was tun?
Die Beziehung beenden. Mit professioneller Hilfe.
Ja, der Pfarrer kann vermitteln.
Amen.
Verfasser: Pfarrer Eckart Stief, Kohlkopfstr. 42, 67661 Kaiserslautern
Referat Ehrenamtliche Verkündigung
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Pfarrer Dr. Matthias Rost
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