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Lass mich deine Herrlichkeit sehen

von Carola Krieg (55124 Mainz)

Predigtdatum : 15.01.2023
Lesereihe : V
Predigttag im Kirchenjahr : 2. Sonntag nach Epiphanias
Textstelle : 2. Mose 33,18-23
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Wochenspruch: "Von seiner Fülle haben wir alle genommen Gnade um Gnade." (Johannes 1,16)

Psalm: 105,1-8

Predigtreihen

Reihe I: Römer 12,9-16
Reihe II: Jeremia 14,1(2)3-4(5-6)7-9
Reihe III: Johannes 2,1-11
Reihe IV: 1. Korinther 2,1-10
Reihe V: 2. Mose 33,18-23
Reihe VI: Hebräer 12,12-18(19-21)22-25a

Liedvorschläge

Eingangslied: EG 165 Gott ist gegenwärtig
Wochenlied: EG 74 Du Morgenstern, du Licht vom Licht  
Predigtlied: EG 1 Macht hoch die Tür
Schlusslied: EG 316 Lobe den Herren

Predigttext: 2. Mose 33,18-23

18 Und Mose sprach: Lass mich deine Herrlichkeit sehen! 19 Und er sprach: Ich will vor deinem Angesicht all meine Güte vorübergehen lassen und will ausrufen den Namen des HERRN vor dir: Wem ich gnädig bin, dem bin ich gnädig, und wessen ich mich erbarme, dessen erbarme ich mich. 20 Und er sprach weiter: Mein Angesicht kannst du nicht sehen; denn kein Mensch wird leben, der mich sieht. 21 Und der HERR sprach weiter: Siehe, es ist ein Raum bei mir, da sollst du auf dem Fels stehen. 22 Wenn dann meine Herrlichkeit vorübergeht, will ich dich in die Felskluft stellen und meine Hand über dir halten, bis ich vorübergegangen bin. 23 Dann will ich meine Hand von dir tun, und du darfst hinter mir hersehen; aber mein Angesicht kann man nicht sehen.

Hinführung

Die Predigt geht dem Begriff der Herrlichkeit nach und versucht diesen in das Umfeld der Perikope einzuordnen und ansatzweise in die heutige Sprache zu übersetzen.

Predigt

Liebe Gemeinde,

Mose geht aufs Ganze. Er will Gott direkt begegnen. Er will ihn wie es bislang in seinem Leben war nicht nur hören und in Naturerscheinungen wahrnehmen, sondern ihn als Wesen sehen. Mose stellt sich Gott mit einem Angesicht vor und da wir als Menschen uns vor allem am Gesicht erkennen, bittet er Gott, ihn auf dieser Stufe Auge in Auge sehen zu können.

Der Predigttext beginnt aber nicht sofort mit dem Thema des Angesichts. Vielmehr bittet Mose Gott darum, seine Herrlichkeit zu sehen. Nach Jesaja 6,3 erfüllt die Herrlichkeit Gottes die ganze Erde. Sein Thron, sein Tempel, die Kleidung und die Krone sind in Herrlichkeit eingehüllt. Nach Psalm 8 wird der Mensch so beschrieben, dass er ein wenig niedriger als Gott und mit Herrlichkeit gekrönt sei. Wir Menschen sind also in diese die ganze Welt umspannende göttliche Herrlichkeit mit hineingenommen.

Mose und das Volk Israel erleben Gott in seiner Herrlichkeit am Sinai (Ex 24,16f). Die Menschen sahen mit ihren Augen ein verzehrendes Feuer auf dem Gipfel des Berges Sinai. Mose blieb dort 40 Tage und 40 Nächte. Er atmete im Raum der Herrlichkeit Gottes. Obwohl Mose diese intensive Nähe zu Gott bereits erlebt hat - und er ist einer der wenigen Lebenden, die in diesen Vorzug kamen -fragt er wieder bei Gott an, seine majestätische Pracht und seinen Glanz erleben zu dürfen. Diesmal aber mit verstärktem Nachdruck wie es im Hebräischen nachzulesen ist, was im Deutschen eher mit: „Lass mich  d o c h  deine Herrlichkeit sehen!“ oder „Lass mich  u n b e d i n g t  deine Herrlichkeit sehen!“

Mose sehnt sich nach der Gegenwart Gottes. Nur Mose kann auf dem Sinai in diese Wolke eindringen, in der sich Gott und sein Diener begegnen (Ex 24,18). Diese Herrlichkeit ist der göttliche Raum, in dem sich Mose zuerst sechs Tage aufhielt und am siebten Tag vernahm er die Stimme Gottes innerhalb der Wolke. Dieser Glanz der Göttlichkeit war so groß, dass er sich auf dem Gesicht des Mose wiederspiegelte, indem er nun auch von einem Lichtkranz umgeben war. Im 2. Buch Mose 34, 29 heißt es, dass seine Haut glänzte, als er vom Berg Sinai herunterstieg.

Das Strahlen auf dem Gesicht des Mose wurde in der Vergangenheit gern mit Horn übersetzt, gemeint ist das Tierhorn. Deshalb gibt es Darstellungen von Mose mit zwei Hörnern auf dem Kopf. Der Zusammenhang in der Begebenheit des Mose mit Gott in der Herrlichkeit auf dem Berg Sinai legt nahe, nicht die ursprüngliche Bedeutung des hebräischen Wortes „Horn“ zu verwenden, sondern die erweiterte, nämlich Strahl. Es ging ein so starkes Strahlen vom Gesicht des Mose aus, dass die Israeliten sich fürchteten. Wegen der Kraft und Intensität dieses Glanzes legte Mose eine Decke auf sein Angesicht, wenn er mit seinem Volk sprach, um es vor der gewaltigen Präsenz Gottes zu schützen.

So wie Mose einen Schutz vor der erhabenen Majestät Gottes gegenüber seinem Volk suchte, indem er sich eine Decke auf sein Gesicht legte, so handelte auch Gott gegenüber Mose, indem der Führer Israels von Gott in eine Felskluft gestellt wird und die Hand Gottes wie eine spanische Wand den göttlichen und menschlichen Bereich schützend trennte. Das Sterbliche muss sozusagen vor der Intensität des Leben spendenden Schöpfers geschützt werden.

Der Begriff der Herrlichkeit wird heute vor allem im religiösen Sinn gebraucht. Im Alltag kennen wir die Aussage „Ach wie herrlich“ und meinen damit etwas, das sehr schön und nicht zu überbieten ist in seiner Erhabenheit, Größe und Vollkommenheit. Die ursprüngliche Bedeutung des hebräischen Wortes meint „Schwere, Gewicht“ im physikalischen Sinn und im übertragenen Verständnis meint es die Wichtigkeit, die Macht, die Substanz, die Kraft, die Würde. Die Herrlichkeit Gottes, die Mose begehrt zu sehen, ist die größte Bitte eines Menschen an den Schöpfer auf der Ebene der persönlichen Beziehung. Diese hohe Qualität der Begegnung wird in dem Begriff Herrlichkeit zum Ausdruck gebracht. Es ist fast wie ein Gottesbeweis, was Mose hier fordert. Hat Mose zuvor mit Gott verhandelt, dass er mit ihm und seinem Volk ziehen möge, so geht er jetzt auf das Ganze. 

Gott lenkt Mose erst ein wenig ab und bietet ihm an, die Gesamtheit seiner Güte vorzuführen. Wie der Schöpfer dies anschaulich gemacht hat, verrät uns der Predigttext nicht. Sodann spricht Gott von sich in der dritten Person, wenn er den Namen des HERRN gegenüber Mose kundtut. Mose war ja schon in der glücklichen Lage, dass Gott ihm seinen Namen mitteilte „Ich werde sein, der ich sein werde“, nachdem Mose den Auftrag zum Auszug der Israeliten aus Ägypten bekommen hat.

Der Name Gottes wird nun in unserem Predigttext erweitert: „Wem ich gnädig bin, dem bin ich gnädig, und wessen ich mich erbarme, dessen erbarme ich mich.“ Dieser Name stellt eine Beziehung zu den Menschen her. Und diese Beziehung wird über das tiefe Mitgefühl des Erbarmens hergestellt. Und das unter dem Eindruck der Konfrontation mit dem goldenen Kalb!

Gott selbst führt in seiner Rede das wichtig gewordene Wort vom Angesicht ein. Im Urtext steht dieser Ausdruck zweimal in Vers 19: „Ich will vorübergehen lassen all meine Güte vor deinem Angesicht und ausrufen lassen den Namen des HERRN vor deinem Angesicht.“ Gott betont so sehr, dass er all seine Handlungen vor den Augen des Mose ausführen wird, während sein eigenes Antlitz vor dem Menschen verborgen bleiben wird. Die Gottesrede spielt geradezu mit dem Begriff Angesicht, um Mose zu spiegeln, dass der Schöpfer bereit ist, all seine Schätze direkt vor ihm auszubreiten: Güte, Erbarmen, seinen Namen; sozusagen alles, was er schöpfen kann aus seiner Herrlichkeit.

Auch wir stehen heute am Berg Sinai, verantworten die zehn Gebote in unseren Händen und bitten singend nicht nur zum 1. Advent:

„Macht hoch die Tür, die Tor macht weit;
es kommt der Herr der Herrlichkeit“

Verfasserin: Pfarrerin Carola Krieg


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