Lasst euch nicht abbringen von eurem Vertrauen auf den Gott Jesu Christi
von Johannes Opfermann (64859 Eppertshausen)
Predigtdatum
:
21.02.2010
Lesereihe
:
ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr
:
Aschermittwoch
Textstelle
:
Hebräer 4,14-16
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Wochenspruch:
„Dazu ist erschienen der Sohn Gottes, dass er die Werke des Teufels zerstöre.“ (1 Johannes 3, 8 b)
Psalm: 91, 1 – 4.11 – 12
Lesungen
Altes Testament:
1 Mose 3, 1 – 19 (20 – 24)
Epistel:
Hebräer 4, 14 – 16
Evangelium:
Matthäus 4, 1 – 11
Liedvorschläge
Eingangslied:
EG 545
Wir gehen hinauf nach Jerusalem
Wochenlied:
EG 362
Ein feste Burg ist unser Gott
Predigtlied:
EG 347
Ach bleib mit deiner Gnade
Schlusslied:
EG 171
Bewahre uns Gott, behüte uns Gott
Predigttext
Liebe Gemeinde,
bleibt bei eurem Glauben an Jesus Christus. Lasst euch nicht abbringen von eurem Vertrauen auf Gott. Haltet euch an das, was euch von Jesus Christus überliefert ist. Bewahrt die Gebote Gottes. Denn das ist es, was euch und der ganzen Welt wirklich gut tut, was heilsam ist und Zukunft eröffnet. Bleibt und lasst euch nicht abbringen - dazu will unser Predigttext uns Mut machen, Geduld geben, Kraft erwecken.
Dahinter steht die Erfahrung, dass das nicht immer so einfach ist. Dahinter steht die Erfahrung von Anfechtungen und Versuchungen. Und das meint: die Erfahrung, unsicher zu werden im Vertrauen auf Gott; zu zweifeln; die Verlockung zu spüren, einen bequemeren Weg einzuschlagen.
Die Worte unseres Predigttextes sind geschrieben worden an Menschen, die müde geworden waren in ihrem Glauben, in ihrem Vertrauen auf Gott, die Gefahr liefen sich abzuwenden von Christus und seiner Botschaft:
Stimmt das denn überhaupt, was Jesus Christus mit seinen Worten und seinem Leben und Sterben und seiner Auferstehung bezeugt? Ist denn da wirklich ein liebevoller Gott? Ein Gott, der „Ja“ zu mir sagt? Der „Ja“ auch zu meinen Mitmenschen und Mitgeschöpfen sagt? Ein Gott, der mich deshalb in Verantwortung für die Welt ruft? „Lebe nicht nur für dich, lebe achtsam, lebe aufmerksam, lebe so, dass anderen zum Leben und im Leben geholfen wird!“? Ein Gott, der mir Hoffnung macht über mein endliches Leben hinaus? Ein Gott, der dieser Welt und ihren Geschöpfe heilsam begegnen und sie aus Leiden, Hoffnungslosigkeit und Vergänglichkeit erlösen wird?
Wie jene Menschen vor fast zweitausend Jahren kennen auch wir diese Stimmen: „Wo ist nun dein Gott?“ - „Wenn es einen Gott gäbe, dann würde er so etwas nicht zulassen!“ - „Du musst dir schon selbst helfen, da ist kein Gott““ – „Mach’s dir doch nicht so schwer!“ - „Denk zuerst an dich selbst!“ – „Genieße dein Leben heute in vollen Zügen und frage nicht nach morgen, morgen bist du tot!“
Stimmen. Die von außen an uns heran dringen. Stimmen, die aber auch durchaus in unserem Inneren laut werden können.
Da ist die Versuchung, sein Heil anderswo zu suchen. Da ist die Versuchung, sein Vertrauen auf etwas Greifbareres zu setzen, als auf diesen fernen unsichtbaren Christengott. Auf Geld, auf Macht, auf Jugend zum Beispiel.
Und da sind die vielen großen und kleinen Versuchungen, die in diesem Sinne an uns nagen können: Die kleine aber lohnende Unehrlichkeit bei der Steuererklärung. Das große Geschäft mit zweifelhaften Werten und Gütern. Die willkommene Möglichkeit, endlich mal etwas heimzuzahlen. Der Genuss, der nicht danach fragt, ob am Ende nicht andere dafür bezahlen werden müssen. Und was da noch alles an Verlockungen und Verführungen an uns heran tritt.
Ist das schlimm, dass wir solche Stimmen hören? Ist da bei uns irgendetwas nicht in Ordnung? Müsste ein echter Christ davor nicht gefeit sein?
Nein. Das gehört zum Mensch-Sein und damit auch zum Christ-Sein dazu. Jesus selbst hat diese Stimmen gehört. Von außen. Zum Beispiel als Petrus an ihn herantrat und sagte: „Geh nicht nach Jerusalem. Erspar dir das. Da warten nur Leiden und Tod auf dich. Wähle einen einfacheren Weg.“ Und er hat diese Stimmen in seinem Inneren gehört. Das Evangelium zu unserem Sonntag, die Erzählung von „Jesus Versuchung“ schildert uns diese Stimmen: „Du könntest die ganze Welt beherrschen. Du musst nur den Weg der Liebe und des Friedens verlassen. Du musst nur Gott hinter dir lassen. Dann steht dir das alles offen.“
Jesus ist „versucht worden ... in allem wie wir“ – so sagt das unser Predigttext.
Es ist nicht schlimm, diese Stimmen zuhören. Es gehört dazu zum Mensch-Sein und Christ-Sein. Schädlich ist es vielmehr, diese Stimmen zu verleugnen. Oder gar einen Glauben herbeizwingen zu wollen, der solche Stimmen der Anfechtung und Versuchung gar nicht mehr kennt. Das macht Menschen krank und das macht Glauben krank. Das kann im Scheinglauben des Fanatismus enden, der in der Außenwelt und in der eigenen Innenwelt bekämpfen muss, was das eigene Weltbild verunsichert; der nicht mehr liebt sondern hasst; der nicht mehr Gott vertraut, sondern mit Gewalt die Dinge selbst in die Hand nimmt.
Also: Es kommt nicht darauf an, diese Stimmen auszumerzen. Das wäre schädlich. Es kommt darauf an, diesen Stimmen zu widerstehen. Und zwar deshalb, weil das, was sie uns zuflüstern, letztendlich nicht gut tut – so verlockend es auch klingen mag.
Dazu will uns unser Predigttext ermutigen, indem er uns zusagt: „Du bist dabei nicht allein. Jesus Christus ist bei dir. Und der kennt diese Stimmen ganz genau. Der hat ihre Verlockungen und Verführungskraft ebenso gespürt wie du. Der hat es aber auch geschafft, zu widerstehen. Der hat einen Weg durch die Anfechtungen und Versuchungen hindurch gefunden – für sich und auch für dich.“
Unser Predigttext nennt Jesus Christus deshalb den „großen Hohepriester“. Das ist für uns schwer verständlich. Der Hebräerbrief, aus dem unser Predigttext stammt, deutet das Jesusgeschehen auf dem Hintergrund alttestamentlicher Vorstellungen und jüdischer Frömmigkeit. Und die wichtigste Aufgabe des jüdischen Hohepriesters war: Gott und das jüdische Gottesvolk zu versöhnen – weil Gott das so will. Weil Gott weiß: Menschen werden in ihrem Vertrauen zu Gott immer wieder schwach. Menschen weichen deswegen von Gottes Willen immer wieder ab. Menschen fallen von der Liebe ab, die Gott geboten hat, und verlassen den Weg des Friedens. Darum braucht der Mensch, darum braucht Gottes Volk solche Versöhnung. Die jüdische Gemeinde erlebt diese Versöhnung bis heute im „Großen Versöhnungstag“, im „Jom Kippur“, den sie einmal im Jahr feiert. Und in biblischen Zeiten war es der jeweilige Hohepriester, der diese Versöhnung vollzog – auf Gottes Anweisung hin und in Gottes Namen. Nur er und nur an diesem einen Tag im Jahr durfte an Gottes Thron hinter dem Vorhang des Tempels treten, der die Trennung Gottes von den Menschen veranschaulichte. Nur er und nur an diesem einen Tag im Jahr durfte das Allerheiligste hinter dem Vorhang betreten und es mit Opferblut besprengen, um Gott und Gottes Volk miteinander zu versöhnen.
Der Hebräerbrief will uns Christen sagen: Hier ist der, der - wie der biblische Hohepriester - euch mit Gott versöhnt. Durch sein Leben und Sterben, ein für alle Mal. Durch alle Anfechtungen und Versuchungen von innen und außen hindurch hat er den Weg zu Gott begangen und euch damit Weg gebahnt. Und so, wie der biblische Hohepriester am „Großen Versöhnungstag“ vor den irdischen Thron im Allerheiligste des Jerusalemer Tempels tritt, so ist Jesus Christus vor den wahren Thron Gottes getreten, so ist Jesus Christus in Gottes unmittelbare Nähe durchgedrungen, so hat Jesus Christus „die Himmel durchschritten“, wie unser Predigttext das beschreibt. Er hat ein für alle Mal den Vorhang zerrissen, der Gott und Menschen trennt. Er hat Gott und uns Menschen versöhnt und einander nahe gebracht.
Wir haben heute den ersten Sonntag in der Passionszeit, der Leidenszeit, die uns den Leidensweg Jesu bis ans Kreuz vor Augen führt. In den Ereignissen der Passionszeit da bündelt sich und verschärft sich die Auseinandersetzung Jesu mit den Anfechtungen und Versuchungen von innen und außen. Die Ereignisse der Passionszeit bündeln und verschärfen das Versöhnungshandeln Jesu: Jesus hat die Anfeindungen und Qualen erduldet - und hat sich doch nicht von seiner Liebe zu den Menschen abbringen lassen. Er hat mit seinem Schicksal und Gottes Willen gerungen - und ist doch weiter gegangen auf seinem Weg. Er hat sich am Ende von Gott verlassen gefühlt und ist elend am Kreuz gestorben - und Gott war ihm doch ganz nah. Mit Jesu Leiden und Sterben, seinen inneren Qualen auch, dringt unser menschliches Leiden und Sterben, dringen unsere inneren Qualen, unsere Anfechtungen und Versuchungen zu Gott. Sie trennen uns Menschen nicht mehr von Gott. Gott ist uns gerade in diesen Leiden und Qualen nahe.
Wir haben heute den ersten Sonntag in der Passionszeit. Wir nennen die Passionszeit auch Bußzeit – und das meint: Zeit, umzukehren. Zeit das Leben neu zu sehen und zu gestalten. Passionszeit als Bußzeit, als Umkehrzeit, lädt uns ein: Geh diesen Weg Jesu mit. Nicht frei von Anfechtungen und Versuchungen, sondern mit all deinen Anfechtungen und Versuchungen. Ja, nutze diese Bußzeit, um deine Anfechtungen und Versuchungen zu betrachten und ihnen damit Kraft zu nehmen. Darum ist diese Zeit traditionell auch eine Fastenzeit, eine Zeit sich mit einzelnen dieser Anfechtungen und Versuchungen auseinanderzusetzen und neue Wege zu finden und einzuüben, mit ihnen umzugehen.
Also: Verzagt nicht angesichts eurer Anfechtungen und Versuchungen. Versucht sie auch nicht auszumerzen. Sie gehören dazu, weil sie
zum Mensch-Sein gehören und weil unser christlicher Glaube das Mensch-Sein ernst nimmt und annimmt.
Gebt euch euren Anfechtungen und Versuchungen aber auch nicht hin, sondern bleibt bei eurem Vertrauen auf Gott und bei Gottes Willen.
Verzweifelt nicht, wenn ihr schwach geworden seid. Gottes Liebe, Gottes Versöhnungswunsch ist größer als unsere Schwachheit. Gottes Treue reicht weiter als eure Untreue.
Schaut gerade jetzt in der Passionszeit auf Jesus Christus und seinen Weg durch das Leiden. Spürt dem nach, wie er damit auch das vor Gott gebracht hat, was euch zu schaffen macht. Spürt dem nach, wie er und wie Gott euch darin nahe kommen.
Fühlt euch eingeladen: in der Fastenzeit einen neuen Umgang mit einem kleinen ausgesuchten Teil eurer Versuchungen und Anfechtungen einzuüben.
Und seid hoffnungsvoll und fröhlich. Gott steht zu euch.
Verfasser: Pfarrer Johannes Opfermann, Friedensstraße 2 a, 64859 Eppertshausen
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