Menü

Leben aus der Taufe

von Felizitas Muntanjohl (65549 Limburg)

Predigtdatum : 19.07.1998
Lesereihe : ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr : 5. Sonntag nach Trinitatis
Textstelle : Römer 6,3-8.(9-11)
Wenn Sie diese Predigt als Word-Dokument erhalten möchten, tragen Sie bitte Ihre E-Mail-Adresse ein und klicken Sie auf "Abschicken"
Ihre E-Mail

Wochenspruch:

So spricht der Herr, der dich geschaffen hat: Fürchte dich nicht, denn ich habe dich erlöst; ich habe dich bei deinem Namen gerufen, du bist mein. (Jes. 43,1)

Psalm: 139,1-16.23-24 (EG 754)

Lesungen:

Altes Testament:
Jesaja 43,1-7
Epistel:
Römer 6,3-8 (9-11)
Evangelium:
Matthäus 28,16-20

Liedvorschläge:

Eingangslied:
EG 452, 1-4
Er weckt mich alle Morgen
Wochenlied:
EG 200,1-3
Ich bin getauft auf deinen Namen
Predigtlied:
EG 200,4-6
Schlußlied:
EG 621
Ins Wasser fällt ein Stein

3 Oder wißt ihr nicht, daß alle, die wir auf Christus Jesus getauft sind, die sind in seinen Tod getauft? 4 So sind wir ja mit ihm begraben durch die Taufe in den Tod, damit, wie Christus auferweckt ist von den Toten durch die Herrlichkeit des Vaters, auch wir in einem neuen Leben wandeln. 5 Denn wenn wir mit ihm verbunden und ihm gleichgeworden sind in seinem Tod, so werden wir ihm auch in der Auferstehung gleich sein. 6 Wir wissen ja, daß unser alter Mensch mit ihm gekreuzigt ist, damit der Leib der Sünde vernichtet werde, so daß wir hinfort der Sünde nicht dienen. 7 Denn wer gestorben ist, der ist frei geworden von der Sünde. 8 Sind wir aber mit Christus gestorben, so glauben wir, daß wir auch mit ihm leben werden, (9 und wissen, daß Christus, von den Toten erweckt, hinfort nicht stirbt; der Tod kann hinfort über ihn nicht herrschen. 10 Denn was er gestorben ist, das ist er der Sünde gestorben ein für allemal; was er aber lebt, das lebt er Gott. 11 So auch ihr, haltet dafür, daß ihr der Sünde gestorben seid und lebt Gott in Christus Jesus.)

Liebe Gemeinde!
Heute geht es um die Bedeutung der Taufe für unser Leben. Die Taufe ist ja das erste große Fest, das wir als Christen erleben, und das auch nur einmal im Leben gefeiert wird. Den Geburtstag feiern wir jedes Jahr neu. Aber die Taufe geschieht nur einmal - und behält ihren Wert für das ganze Leben.
Was kann das für ein Fest sein, daß es eine solche große Bedeutung hat?
Die Erklärungen, die Paulus hier in diesem Brief beibringt, befremden uns wohl eher als daß sie uns einleuchten. Es ging Ihnen wahrscheinlich beim Hören erst mal so wie mir beim Lesen: da lag Ihnen wohl auch eher ein „Ach du meine Güte“ auf den Lippen als ein „Ach so.“
Wenn wir unsere Kinder zur Taufe bringen, dann erbitten wir uns zu ihrem Lebensbeginn Gottes Segen. Wir wünschen uns, daß Gott sie in ihrem Leben begleitet und vielleicht auch führt. Wir hoffen, daß sie nicht viel Leid erleben müssen und glückliche Menschen werden. Die Taufe ist für uns so etwas wie ein Schutzschirm über unseren Kindern, der sie vor den gröbsten Unwettern bewahren soll.
Was Paulus hier als Sinn der Taufe beschreibt, klingt für uns eher dunkel und bedrohlich: „Wir sind in seinen Tod getauft“, „wir sind mit ihm begraben durch die Taufe in den Tod“...
Was hat das noch mit unserer schönen Tauffeier zu tun?
Bei der Taufe denken wir doch nicht an den Tod, auch nicht an Jesu Tod, sondern an den Leben schenkenden Gott, der uns dieses Kind geschenkt hat.
Daran merken wir, daß sich im Lauf der Jahrhunderte eine Wandlung in der Praxis der Tauffeier vollzogen hat.
Als Paulus seinen Brief schrieb, sahen die Taufen noch ganz anders aus:
Damals hörten erwachsene Menschen von dem neu entstandenen Glauben, waren fasziniert von der Botschaft der Auferstehung und beeindruckt von den kleinen Christengemeinden, die vor Ort entstanden. Sie nahmen am Unterricht teil, um noch mehr zu erfahren von dem Glauben und der neuen Gemeinschaft, - und ließen sich schließlich nach einem Jahr Taufunterricht im Fluß oder einem großen Bad in der Kirche taufen. Dazu wurden sie ganz und gar untergetaucht. Das war ein Zeichen, daß alles Alte von ihnen abgewaschen war und sie als neue Menschen wieder auftauchten aus der Wassertiefe.
Mit diesem Untertauchen erlebten sie für einen Moment die Angst vor dem Tod und im Auftauchen die Freude über das neu geschenkte Leben. Und so wollten sie jetzt auch neu leben: mit dem neuen Glauben, in einer tragenden Gemeinde, mit neuer Liebe, neuer Ehrlichkeit, neuer Hingabe.
Die Taufe war ein Neubeginn ihres Lebens. „Ist jemand in Christus, so ist er eine neue Kreatur“. Er fing bewußt ein neues Leben an. Vielleicht ähnlich, wie wir es nach einer schweren, bedrohlichen Krankheit empfinden, wenn wir entgegen großer Ängste wieder gesund geworden sind. Dann haben wir einen anderen Blick auf die Alltäglichkeiten. Dann sehen wir das, was uns vorher ungeheuer wichtig erschien in seiner begrenzten Bedeutung. Das Leben hat eine neue Qualität, jeder Tag wird bewußter erlebt.
So etwa ging es den neu getauften Christen damals. Sie sahen ihr Leben neu an und setzten andere Maßstäbe anders als vorher.
Sie ließen von Verhaltensweisen ab, die sie jetzt als unchristlich erkannten. Sie legten Kult-Praktiken ab, die jetzt keine Bedeutung mehr hatten. Sie streiften ihr früheres Verhalten ab wie eine zu klein gewordene Hülle.
Wenige Jahrzehnte später setzte die Entwicklung ein, von der wir bis heute bestimmt sind: die christlich gewordenen Eltern wollten nun auch, daß ihre Kinder so bald wie möglich zur Christengemeinde dazugehören. Auch sie sollten mit der Taufe aufgenommen sein in den Bund Gottes und bei einem frühen Tod als Christen das Himmelreich erwarten dürfen.
So setzte sich immer mehr die Kindertaufe durch, der der Unterricht später nachfolgt.
Damit ändert sich freilich auch die Bedeutung. Keiner wird im Ernst sagen, daß dieses kleine Leben nun von seiner Sünde ablassen und ein neuer Mensch werden soll. Es ist ja für unser Empfinden ein Wesen, das noch gar nichts weiß von der Sünde, das nur einfach mit seinen elementaren Bedürfnissen und mit seiner Neugier in jeden neuen Tag hinein lebt.
Was sagt uns dann Paulus´ Erklärung der Taufe?
Vielleicht doch mehr, als es zuerst scheint.
Paulus betont, daß wir mit der Taufe verbunden werden mit dem Leben und Schicksal Jesu. Wir sind nicht mehr irgendwelche Menschen mit einem ungewissen Schicksal, wo jeder versucht, das Beste daraus zu machen. Wir sind verknüpft mit einem anderen Menschen und verknüpft darum auch mit Gott. Und das steht für ein ganz bestimmtes Lebensverhältnis.
Vielleicht ist das ähnlich, wie wenn wir von Autos reden. Es gibt die verschiedensten Formen, Größen und Farben. Alle fahren irgendwie. Aber sie sind doch nicht gleich. Wenn wir sagen: Das ist ein Rolls Royce - dann stellen wir uns gleich etwas Bestimmtes vor, da ist eine bestimmte Qualität, ein bestimmtes Image damit verbunden.
Zu uns kann man von der Taufe an sagen: Das ist ein Christ. Und das bedeutet etwas Bestimmtes: von diesem Menschen kann man einiges Genaueres sagen, was ihn besonders qualifiziert - oder jedenfalls sollte das so sein: man kann sagen, woran er glaubt und welche Kulte er nicht mitmacht; man kann sagen, welche Hoffnung er im Tod hat und welche Vorstellungen er nicht teilt; man kann auch bestimmte Verhaltensweisen nennen, die für ihn nicht in Frage kommen oder die besonders hoch geschätzt werden. Leider verwischt das heute immer mehr. Viele sagen, sie seien Christen, aber glauben mehr an Horoskope als an Gottes Wegweisung. Oder leben mehr für ihren Gewinn als für die Nächstenliebe.
Für Paulus ist klar: Wer auf Jesu Namen getauft ist, der kommt in eine ganz enge Beziehung zu Jesus Christus. Ähnlich wie wir bei der Hochzeit den Namen des Partners annehmen und damit unsere enge Beziehung deutlich machen.
Nun hat nicht mehr jeder sein eigenes, mehr oder weniger mühsames, sein mehr oder weniger zufälliges Schicksal: jeder ist verbunden mit dem Schicksal Gottes. In allen Mühen und Tiefen - und in aller Freude und Hoffnung: es findet darin das statt, was in gleicher Weise Gott erlebt.
Das ist ja das, was uns alle am Beginn eines neuen Lebens bewegt: Wie wird wohl das Schicksal dieses Menschen sein? Was werden wir in Zukunft erleben, was dieses Kind? Welche Krankheiten werden kommen? Werden Unfälle geschehen? Welche politischen, welche wirtschaftliche Entwicklung wird es geben? Können wir, kann dieser Mensch sein Leben so leben, wie wir es uns vorstellen und wünschen?
Und da sagt die christliche Taufe: Du weißt nicht, was geschehen wird. Aber du kannst wissen, daß du in deinem Schicksal verbunden bist mit dem Schicksal Christi; daß du zu jeder Zeit dich auf Gottes Nähe verlassen kannst, weil er das Leben mit dir teilt. Das hat er dir mit dem Leben Jesu gezeigt.
Die Taufe sagt uns: Jetzt wird ein Band geknüpft von Gott zu dir. Du kannst dich daran festhalten und bleibst verbunden mit ihm.
Von da an kann das Leben ein anderes sein. Was damals die erwachsenen Täuflinge wissen und leben konnten, das können wir heute als Eltern, Großeltern und Paten, aber auch als Gemeinde den Kindern vermitteln:
Mit der Taufe sagen wir: Wir sind nun nur noch diesem einen Herrn zugehörig: Christus allein. Keinem anderen gestehen wir so viel Autorität oder Macht über uns zu wie diesem einen. Und auf ihn setzen wir unser Vertrauen für den Weg unseres Lebens.
Das ist eine Sache nicht nur der Worte, sondern auch des praktischen Lebens, des Vorlebens. Kinder spüren sehr wohl, was den Großen Angst macht und was sie besonders hoch schätzen. Ob bei unsern Entscheidungen vor allem zählt, was die Leute sagen - oder was unser Gewissen sagt. Ob wir in unsern Sorgen und Ängsten uns durch Schimpfen oder mit Durchhalteparolen oben halten wollen, - oder ob wir beten.
Was ist unser Strohhalm, der uns hält?
Woher holen wir unsere Kraft?
Paulus betont hier immer wieder, daß wir durch die Taufe uns lossagen von der Sünde.
Das ist für uns ein schwieriges Wort. Da fallen uns Verbrecher ein, aber auch das Madigmachen jeder Lebensfreude.
Paulus sieht aber tiefer:
Sünde ist eine Macht- , eine Macht, die uns immer wieder von Gott wegzieht. Das sind dann letztlich auch unmenschliche Verhaltensweisen, sicher. Aber die fangen schon viel früher an, wo es noch keiner so recht merkt.
Sünde ist, daß wir Gott vergessen, daß er nur so am Rande eine Rolle spielt. Sünde ist die Macht, die uns immer wieder an Dinge fesselt; die uns einredet, erst müßte dies und jenes getan und besorgt werden, bevor man nach Gott fragen kann - und dann, wenn man dann plötzlich merkt, man bräuchte ihn, dann fehlen die Worte, fehlt das Gespür, ist die Verbindung eingerostet.
Das ist die Sünde - und jeder von uns spürt, was für eine starke Macht sie ist, und daß wir alle ihr immer wieder erliegen, lange bevor wir irgend etwas Schlechtes tun.
Wir sind umgeben von diesem Sog, Gott zu vergessen, auszuklammern, zu verschieben auf später, auf besondere Gelegenheiten. das ist die Macht der Sünde und wir sind alle beherrscht davon.
Und nun sagt Paulus: durch die Taufe seid ihr der Sünde gestorben. Denn damit sterbt ihr Christi Tod mit. Und das heißt:
In der Taufe macht Gott den ersten Schritt auf dich zu. Erst freilich hat er dich geschaffen; wenn er sehr gütig war, sogar gesund. Und nun in der Taufe kommt er auf dich zu und sagt: Ich kenne dich mit Namen. Du bist nicht irgendein Mensch unter Millionen. Du bist du. Einmalig und besonders. Dich rufe ich. Für dich will ich da sein. Komm, ich will dir zum Leben helfen. Laß mich die wichtigste Rolle in deinem Leben spielen, so wie heute, so immer. Dann wird es gut sein so. Laß mich Herr sein über dein Leben und nicht all die vorläufigen, kurzlebigen Dinge. Dann findest du den Sinn, dann wird es gut gehen.
Ja, so weit am Tag der Taufe.
Und dann wartet Gott auf Antwort. Erst von den Eltern und Paten. Dann von den Konfirmanden, dann von den Erwachsenen, dann von den Älteren.
Immer neu, bei jedem Lebensabschnitt in anderer Weise, sind wir gefragt, ob wir noch als Christen leben: ob wir die Hoffnung noch bewahrt haben, welche Werte wir setzen, welche Herren und welche Mächte wir über uns bestimmen lassen.
Christen sind wir von dem Tag der Taufe an. Aber in jeder Lebenslage neu müssen wir das Band wieder finden, das uns damals geschenkt wurde, müssen wir neu verstehen lernen, was Vertrauen heißt. Und nur so wächst uns auch die Freude und die Hoffnung neu zu, die den Tag der Taufe erfüllte. Christ sein heißt, immer wieder neu zu leben. Fesseln abschütteln, die uns an Unwichtiges ketten. Mächten der Traurigkeit, der Hoffnungslosigkeit, der Trägheit widerstehen, die unser Leben aushöhlen.
Zur Freiheit ruft Gott uns und zum Vertrauen. In der Taufe macht er den ersten Schritt auf uns zu. Und wartet nur auf unser Ja, um uns zu helfen. Helfen wir unsern Kindern, das zu verstehen. Wagen wir selbst die Antwort, die uns befreit!

Verfasserin: Pfrn. Felizitas Muntanjohl, Kirchgasse 5, 65529 Waldems

Herausgegeben vom

Logo Zentrum Verkündigung

Referat Ehrenamtliche Verkündigung
Markgrafenstraße 14, 60487 Frankfurt/Main,
Telefon: 069.71379-140
Telefax: 069.71379-131
E-Mail: predigtvorschlaege@zentrum-verkuendigung.de

in Kooperation mit dem

Logo Gemeindedienst der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland
Gemeindedienst der
Evangelischen Kirche
in Mitteldeutschland

Pfarrer Dr. Matthias Rost
Zinzendorfplatz 3 (Alte Apotheke), 99192 Neudietendorf
Telefon: 036202.7717-97

Logo MÖD – Missionarisch Ökumenischer Dienst
Pfarrer Thomas Borchers
Missionarisch-Ökumenischer Dienst
Westbahnstraße 4
76829 Landau
Telefon: 06341.928912
E-Mail: info@moed-pfalz.de
Die „Predigtvorschläge“ sind auch auf CD-ROM (Text- und MS WORD-Datei) erhältlich (Bestellformular).