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Leben aus der Taufe

von Frauke Kursawa (60320 Frankfurt / Main)

Predigtdatum : 29.06.2008
Lesereihe : ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr : 5. Sonntag nach Trinitatis
Textstelle : 1. Petrus 2,1-10
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Wochenspruch:

So spricht der Herr, der dich geschaffen hat: Fürchte dich nicht, denn ich habe dich erlöst; ich habe dich bei deinem Namen gerufen; du bist mein! (Jesaja 43,1)

Psalm: 139,1-16.23-24 (EG 754)

Lesungen

Altes Testament:
Jesaja 43,1-7
Epistel:
Römer 6,3-8 [9-11]
Evangelium:
Matthäus 28,16-20

Liedvorschläge

Eingangslied:
EG 625
Wir strecken uns nach dir
Wochenlied:
EG 200
Ich bin getauft auf deinen Namen
Predigtlied:
EG 250
Ich lobe dich von ganzer Seelen
Schlusslied:
EG 562
Segne und behüte

Hinführende Gedanken:
Der 1. Petrusbrief ist an verstreut lebende Gemeinden in Kleinasien gerichtet und ist als Mahnung, aber ebenso als Trost und Stärkung im Glauben gedacht. Er kann erst nach dem Tode des Apostels entstanden sein. Durch die Briefe des Plinius an den Kaiser Trajan lässt sich das belegen. Diese, bereits dritte Generation der Christen erfährt Bedrohung und Verfolgung durch die Staatsmacht.
Der Brief hat die ganze Christengemeinde im Blick, ist also eine Anrede an alle Getauften, zur Vertiefung ihres Glaubens. Dieser Text ist ausgewählt als Tauferinnerung in der sonst eher ereignislosen Trinitatiszeit. Für mich gehört Vers 1 zum Predigttext.

Zugang:
Ich habe die Übersetzung der „Bibel in gerechter Sprache“ gewählt. Da die Gemeinde einen Text nur über die Ohren aufnimmt, sollte er so verständlich wie möglich sein. Andererseits ist mir aber auch eine exegetische Textgenauigkeit wichtig. Jedes der vielen Textbilder aufzugreifen, würde die Predigt überfrachten. Das Steinsymbol und der Hausbau scheinen mir ausreichend zu sein. Eine Steinmeditation führt die Gottesdienstbesucher zum Taufstein, um sie in ihrer Zugehörigkeit zu Christus zu stärken.
Ich möchte keine theologische Predigt halten, sondern der Gemeinde als Prädikantin erzählen, wie der Text in meinem Leben angekommen ist, möchte als jemand aus der Gemeinschaft von Priesterinnen und Priestern (Priestertum aller Gläubigen) verkünden, was Gott getan hat.

Lied vor der Predigt: Wir danken, Gott, dass du uns kennst (Thuma Mina, hrsg. von Dieter Trautwein u.a., München: Strube Verlag 1995, Nr.100), Lied nach der Predigt: Meine Hoffnung und meine Freude (Thuma Mina Nr.92).
Predigttext nach „Bibel in gerechter Sprache“:
1 Lasst nun alle Bosheit hinter euch: hört auf, Dinge aus Berechnung zu tun, zu heucheln und andere zu beneiden oder schlecht über sie zu sprechen! 2 Wie Neugeborene nach Milch verlangen, so sollt auch ihr nach Milch, nach unverfälschten Worten verlangen. Solche Nahrung soll euch stark machen, damit ihr Heil und Rettung erfahrt. 3 Ihr habt doch geschmeckt, dass Gott freundlich ist. 4 Wenn ihr zu dem lebenden Stein kommt, den die Menschen weggeworfen haben, der vor Gott aber auserwählt und wertvoll ist, 5 werdet ihr selbst wie lebendige Steine. Mit euch wird ein Haus gebaut, das die Geistkraft selbst zusammenhält. Ihr werdet zu einer heiligen Priesterschaft, damit ihr Gaben darbringt, die die Geistkraft wirkt, die Gott gefallen, weil sie im Vertrauen auf Jesus Christus dargebracht wurden. 6 Deswegen heißt es in der Schrift: Siehe, ich setze in Zion einen Eckstein, erwählt und wertvoll, und wer ihm vertraut, wird nicht verloren gehen. 7 Ihr vertraut ihm, für euch ist er das Wertvollste. Für die aber, die ihm nicht vertrauen, ist es der Stein, den die Bauleute verworfen haben, der zum Eckstein geworden ist, 8 ein Stein, an dem sie sich stoßen, und ein Fels, der Anlass gibt, sich zu ärgern. Diejenigen, die sich durch das Wort nicht überzeugen lassen, stoßen sich daran, das ist ihre Situation. 9 Ihr seid eine Familie, ausgewählt wie der Ort, an dem der König wohnt, eine Gemeinschaft von Priesterinnen und Priestern, ein heiliges Volk, ein Volk, das Gott selbst gehört. So sollt ihr der Welt verkünden, was Gott getan hat, denn Gott hat euch aus dem Dunklen in das göttliche Licht gerufen. 10 Früher wart ihr nicht zusammen, habt keine Gemeinschaft gebildet, jetzt aber seid ihr Volk Gottes, früher wusstet ihr nicht, wie es ist, wenn jemand Mitleid mit euch hat, jetzt aber habt ihr Mitleid erfahren.

Gnade und Friede sei mit Euch!
Einen Stein haben Sie beim Betreten unserer Kirche erhalten, liebe Gemeinde. Ich liebe Steine, und wo immer ich in Urlaub hinfahre, nehme ich einige Exemplare mit nach Hause. Den allerschönsten meiner Sammlung halte ich hier in der Hand. Er stammt von der schottischen Insel Iona, für viele Menschen ein heiliger Ort. Dieser Stein ist ein grauer Granit, weiße Linien durchziehen seine Oberfläche, angeordnet wie zu einem Labyrinth, und in der Mitte lässt sich ein Kreuz erahnen. Auf dieser kleinen, schottischen Insel kreuzen sich die Wege des Himmels und der Erde. Eine Arbeitsloseninitiative hat in den 1930er Jahren die uralten Klostermauern der Insel Stein auf Stein wieder hergerichtet. Hier lebt und wirkt eine ökumenische Kommunität, mit vielen internationalen Mitarbeitern auf Zeit. Jesus Chr. ist ihr Zentrum, an dem sich alles ausrichtet. Gäste können hier auftanken um gestärkt wieder in die Welt hinauszugehen und in diesem Geiste versuchen zu leben. Friedensbringer sind die Menschen dieser Gemeinschaft.
Unser Predigttext erzählt uns etwas über Steine, besondere Steine wie dieser einer ist. Wer der Verfasser des ersten Petrusbriefes war, ist nicht genau bekannt. Das Schreiben ist um ca. 100 n. Chr. als Rundbrief an die zerstreuten Gemeinden in Kleinasien gerichtet. Inmitten fremder Kulturen lebend, wurden sie als Christinnen und Christen verfolgt. Der Schreiber – nennen wir ihn auch Petrus – ermahnt und ermutigt und stärkt seine Glaubensbrüder und Schwestern mit diesem Brief. Ich lese Ihnen den Text in der Übersetzung der „Bibel in gerechter Sprache“.
Text: 1. Petrus 2, 1-10
Was für eindrückliche, symbolhafte, sprechender Bilder!
Nach dem ersten Lesen blieb mir das Bild eines Hausbaues im Gedächtnis haften. Ich vermute, Ihnen ist es beim Hören ähnlich ergangen. Da ist von lebendigen Steinen und einem Eckstein die Rede. Der Eckstein der großen Bauten des Altertums war der wichtigste Stein eines Bauwerkes. Mit ihm wurde der Bau begonnen. Die ganze Gestalt eines Baues mit Länge, Breite und Höhe richtete sich an diesem Eckstein aus. Der vom jüdischen Volk erwartete Messias war von Jesaja als „fest gegründeter kostbarer Eckstein“ bezeichnet worden. Und die frühchristliche Gemeinde sah darin einen Hinweis auf Jesus Christus.
Ich fasse Ihnen diesen bilderreichen Text in Kurzform zusammen:
Petrus fordert die Gemeinden in Kleinasien auf, alle Boshaftigkeit abzulegen, sich von Gottes Wort zu ernähren, mit der Kraft des Geistes Gottes ein Haus zu errichten dessen Eckstein Jesus Christus ist, sich als lebendige Steine in diesen Bau einfügen zu lassen und das Erlebte weiterzusagen.
Diese Aufforderung ist für mich ohne Einschränkung auch nach 2000 Jahren noch gültig und übertragbar in unsere Welt.
Ist die Vision eines geistlichen Hauses nicht ein schönes, ein prägendes Bild für die christliche Kirche und jede Gemeinde?
Denn wir, die in Christus Getauften, sind diese lebendigen Steine und Jesus Christus ist der lebende Stein, Eckstein, Haupt, Träger und Maßstab unseres Kirchenbaues. Er gibt die Richtlinien vor und wir, die lebendigen Steine fügen uns ein in diesen Bau.
Der Stein, den Sie heute Morgen erhalten haben, soll ein Symbol sein. Lassen Sie uns unseren Stein doch einmal genauer anschauen
Steinmeditation
Ich betrachte meinen Stein sorgsam, wende mich ihm zu.
Ich taste ihn mit den Augen ab.
Was sehe ich?
Welche Farbe oder Farben nehme ich wahr?
Was löst diese Farbe in mir aus?
Ich drehe und wende den Stein um die verschiedenen Farbtöne auszuleuchten.
Ich versuche ihre Schwingungen und ihre Kraft aufzunehmen.
Ich begreife den Stein mit meinen Händen,
taste ihn mit meinen Fingerkuppen ab.
Ich spüre seine Kanten und Ecken, die Oberfläche meines Steines ist glatt geschliffen.
Ich umschließe den Stein mit einer oder mit beiden Händen.
Ich versuche seinen ganzen Umfang zu erfassen.
Ich spüre wie der kalte Stein sich erwärmt.
Ich gebe ab von meiner Wärme.
Sie verwandelt die Kälte des Steines.
Ich lasse mich ganz ein auf seine Form, seine Farbe und seine Beschaffenheit.
Ich sehe, fühle und spüre meinen Stein.
Er ist für mich lebendig geworden.

Liebe Gemeinde,
wenn Sie einen kurzen Blick auf den Stein von Nachbarin oder Nachbarn werfen, können Sie sehen, dass deren Stein anders geformt ist. Jeder Ihrer Steine ist einzigartig. Entstehungsort und Umweltbedingungen haben Ihrem Stein diese unverwechselbare Einzigartigkeit geschenkt. Und so ist es auch mit uns, den lebendigen Steinen in unserem Kirchenbau. Jede und jeder von uns hat seine eigene Biographie. Herkunft, Freud und Leid, die tief greifenden Ereignisse des menschlichen Lebens haben uns unterschiedlich geprägt.
Wir sind ein Haus, aus unterschiedlichen Begabungen erbaut, das Gottes Geist zusammenhält. Dass wir durch unsere Taufe überhaupt zu diesem Bau dazugehören dürfen, das verdanken wir im Allgemeinen unseren Eltern.
Die Gnade dieses Geschenkes, unsere Erwählung, will uns der heutige Sonntag ins Bewusstsein rufen. Er ist von der Kirchenleitung als Taufbesinnung gedacht. Ein schöner Gedanke, den ich gern aufgegriffen habe.
Ich bitte Sie, mit Ihrem Stein, den Sie sich vertraut gemacht haben, nach vorne zu kommen und sich um den Taufstein zu stellen. Wem es schwer fällt dieser Bitte nachzukommen, mag selbstverständlich sitzen bleiben. (Warten, bis alle vorne sind!)
Durch das Geschenk der Taufe gehören wir als lebendige Steine zu Christus, dem Eckstein.
Ich lese Ihnen nun noch einmal, was Petrus der Gemeinde in Kleinasien zuspricht, um sie zu ermutigen, gegen alle Anfeindungen und Widerstände Ihrem Glauben treu zu bleiben: Was ich jetzt sage, gilt selbstverständlich auch denjenigen, die sitzen geblieben sind.
„Ihr aber seid eine Familie, auserwählt, eine Gemeinschaft von Priesterinnen und Priestern, ein Volk, das Gott selbst gehört. Ihr sollt der Welt verkünden, was Gott getan hat.“
(Gemeinde setzt sich.)
Liebe Gemeinde,
wir, die lebendigen Steine, sollen zu einer geistlichen Gemeinschaft zusammenwachsen und Gott Opfer bringen, die ihm wohlgefällig sind. Es sind die Menschen, die eine Gemeinde und die weltweite Kirche in ihrer Vielfalt lebendig machen. Die Gemeinschaft, die Petrus einfordert, ist heute nicht mehr auf einen begrenzten geographischen Raum um das östliche Mittelmeer beschränkt wie zu Petrus Zeiten. Wir sind eine weltweite Gemeinschaft der Getauften und für einander verantwortlich.
Oft höre ich bei Geburtstagsbesuchen: „Ich bin zwar noch Kirchenmitglied, habe aber mit Kirche nicht viel am Hut.“ Christinnen und Christen können wir nur in der verantworteten Gemeinschaft sein. „Wo zwei oder drei in meinem Namen zusammen sind, da bin ich mitten unter ihnen“, heißt es in einem Lied.
Steine, die sich nicht in den Bau haben einfügen lassen, sollten wir nicht übersehen. Oft lohnt ein genauer Blick und Form und Farbe auch solcher Steine lassen sich entdecken, wenn wir Gottes Barmherzigkeit, die wir erfahren haben, weitergeben.
Der lebende Stein Jesus Christus kann auch jenen Steinen, die im Laufe der Jahre ihre Farbigkeit verloren haben, zu neuer Farbigkeit verhelfen. Dazu müssen Kirchentüren und kirchliche und diakonische Einrichtungen einladend offen stehen, allen Hindernissen zum Trotz, getreu dem Christuswort: „Einer trage des anderen Last, so werdet ihr das Gesetz Christi erfüllen“. Nur so bleibt der geistliche Bau der Kirche lebendig, eine ewige Baustelle – wie die großen Dombauten es zu allen Zeiten waren und immer noch sind.
Im Tauflied vor der Predigt haben wir gesungen:
„Nie gilt das Heil nur uns allein, wir sollen Friedensbringer sein.“
Friedensbringer sind es, die auf der kleinen Insel Iona, von der ich eingangs erzählt habe, leben und arbeiten. Und mein Stein, mit der Maserung eines Labyrinthes, den ich in der Bucht gefunden habe, in der der erste Mönch im 6. Jahrhundert auf dieser Insel gelandet ist, um von Gottes Barmherzigkeit zu erzählen, ist mir Sinnbild geworden für jenen Stein des Ostermorgens vor dem Grabe Jesu, der alles ins Rollen gebracht und in Bewegung gesetzt hat – bis heute.
Gottes Geist hält unser Haus aus lebendigen Steinen, die Kirche Jesu Christi, nun schon seit über 2000 Jahren am Leben, und wird es auch weiterhin tun, wenn es bei den immer wieder notwendigen Renovierungsarbeiten ausgerichtet bleibt an Jesus Christus, dem Eckstein.
Darum lassen Sie uns frohen Mutes singen:
„Meine Hoffnung und meine Freude, meine Stärke mein Licht, Christus meine Zuversicht, auf dich vertrau ich und fürcht’ mich nicht“.
Amen.

Verfasserin: Prädikantin Frauke Kursawa, Bertramstr. 18, 60320 Frankfurt / Main

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