Leben aus der Taufe
von Christoph Mohr (64367 Mühltal)
Predigtdatum
:
11.07.1999
Lesereihe
:
ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr
:
5. Sonntag nach Trinitatis
Textstelle
:
5. Mose 7,6-12
Wenn Sie diese Predigt als Word-Dokument erhalten möchten, tragen Sie bitte Ihre E-Mail-Adresse ein und klicken Sie auf "Abschicken"
Wochenspruch:
So spricht der Herr, der dich geschaffen hat: Fürchte dich nicht, denn ich habe dich erlöst; ich habe dich bei deinem Namen gerufen; du bist mein!” (Jesaja 43,1)
Psalm: 139,1-16.23-24 (EG 754)
Lesungen
Altes Testament:
Jesaja 43,1-7
Epistel:
Römer 6,3-8 [9-11]
Evangelium:
Matthäus 28,16-20
Liedvorschläge
Eingangslied:
EG 454
EG 206
Auf und macht die Herzen weit
Liebster Jesu, wir sind hier, deinem
Wochenlied:
EG 200
Ich bin getauft auf deinen Namen
Predigtlied:
EG 243
oder EG 625
Lob Gott getrost mit Singen
Wir strecken uns nach dir
Schlußlied:
EG 590
Herr, wir bitten, komm und segne uns
6 Mose sprach zum Volk Israel: Du bist ein heiliges Volk dem HERRN, deinem Gott. Dich hat der HERR, dein Gott, erwählt zum Volk des Eigentums aus allen Völkern, die auf Erden sind. 7 Nicht hat euch der HERR angenommen und euch erwählt, weil ihr größer wäret als alle Völker - denn du bist das kleinste unter allen Völkern -, 8 sondern weil er euch geliebt hat und damit er seinen Eid hielte, den er euren Vätern geschworen hat. Darum hat er euch herausgeführt mit mächtiger Hand und hat dich erlöst von der Knechtschaft, aus der Hand des Pharao, des Königs von Ägypten. 9 So sollst du nun wissen, daß der HERR, dein Gott, allein Gott ist, der treue Gott, der den Bund und die Barmherzigkeit bis ins tausendste Glied hält denen, die ihn lieben und seine Gebote halten, 10 und vergilt ins Angesicht denen, die ihn hassen, und bringt sie um und säumt nicht, zu vergelten ins Angesicht denen, die ihn hassen. 11 So halte nun die Gebote und Gesetze und Rechte, die ich dir heute gebiete, daß du danach tust.
12 Und wenn ihr diese Rechte hört und sie haltet und danach tut, so wird der HERR, dein Gott, auch halten den Bund und die Barmherzigkeit, wie er deinen Vätern geschworen hat.
Liebe Gemeinde!
I.
Was wir gehört haben ist nichts weniger und nichts mehr als eine Liebeserklärung besonderer Art - es ist eine Liebeserklärung Gottes an seine Menschen, zunächst an sein Volk Israel.
Und es ist so, wie es mit echter Liebe immer ist. Sie schaut nicht zuerst auf besondere Eigenschaften, auf Bestleistungen, die ein Mensch vollbringt, sondern sie erkennt in der Ganzheit der anderen Person ein liebenswertes Wesen.
Wer nur wegen seines guten Aussehens oder gar nur wegen seines Geldes geliebt wird, muß sicher bald bekümmert feststellen: hier kann keine dauerhafte Beziehung wachsen.
Ihr Konfirmanden könntet uns vielleicht in dieser Richtung einiges erzählen. Warum verliebt sich ein Junge in ein Mädchen oder umgekehrt? Was ist an dem anderen so faszinierend, so anziehend?
II.
In dem Bibeltext, den wir eben gehört haben, geht es um eine Liebeserklärung besonderer Art. Nicht nur, weil es sich um eine Botschaft Gottes an uns Menschen handelt, sondern besonders wegen der Auswahl des kleinsten Volkes. Im Text hieß es:
“Nicht hat euch der HERR/Gott angenommen und euch erwählt, weil ihr größer wäret als alle Völker - denn du bist das kleinste unter allen Völkern -, sondern weil er euch geliebt hat.”
Damals, im ursprünglichen Zusammenhang, sind die Frauen und Männer der jüdischen Stämme gemeint gewesen, die sich auf dem Weg durch die Wüste befanden. Gerade der ägyptischen Knechtschaft entronnen, nach Jahren unter schwierigsten Lebensbedingungen auf dem Weg in die Freiheit. Ein Volk im Aufbruch, auf der Suche nach einer Heimat und einem Zuhause.
Und dennoch, diesen Menschen auf der Flucht, die nichts haben und nichts vorweisen können – ganz deutlich steht im Text: “du bist das kleinste unter allen Völkern” – diesen Menschen wird die Liebe Gottes zugesagt.
Mit diesen alttestamentlichen Worten lernen wir heute eine zentrale Stelle der jüdischen Erwählungslehre kennen. Und vielleicht geht es Ihnen wie mir, vielleicht spüren Sie, wie nahe diese Liebesoffenbarung Gottes der Liebeszusage ist, die mehr als 1000 Jahre später durch Jesus Christus universale, d.h. weltweite Bedeutung erlangen wird.
Nicht aufgrund unserer besonderen Leistungen, nicht aufgrund unserer Fähigkeiten wendet sich Gott uns Menschen zu, sondern aufgrund seiner Liebe, die für uns unergründlich bleibt.
Bei der Lesung des Evangeliums (Matthäus 28,16-20) haben wir den Taufbefehl gehört, die Aufforderung Jesu, in alle Welt zu gehen und von der Liebe Gottes zu erzählen. Da durchbricht die Liebeserklärung Gottes alle nationalen Grenzen und richtet sich fortan an die ganze Menschheit.
III.
Auch an uns heute morgen, hier in der Kirche in .....! Ich wünsche mir, daß Ihnen diese Liebeserklärung Gottes neu bewußt wird.
Überlegen Sie einmal, wie sehr sehnen wir uns nach Anerkennung und Liebe. In allen Bereichen unseres Lebens mühen wir uns tagtäglich darum: im Geschäftsalltag, in der Schule, in der Familie, bei einem Menschen, den ich liebe. Mein Tag ist gut, wenn ich spüre: ich werde akzeptiert. Noch besser, wenn ich merke: einer hält zu mir, unabhängig von Erfolg und Mißerfolg.
Genauso will Gott zu mir halten. Deshalb kann ich ruhig bleiben, auch wenn sich nicht alle Träume erfüllen, wenn der Erfolg ausbleibt, wenn das Leben sich nicht so entwickelt, wie ich es eben noch erhofft habe.
Denn Gott sagt heute zu mir und Dir: “Ich habe dich nicht angenommen und erwählt, weil du besser, leistungsfähiger oder intelligenter bist als andere, sondern mit den anderen zusammen, weil ich dich liebe.”
IV.
Wenn wir die unverdiente Liebe spüren, mit der Gott auf uns Menschen zugeht, dann sollten wir uns auch fragen lassen: Wie gehen wir miteinander um? Entspricht unser Lebensalltag dieser Liebe?
Schauen wir Christen nicht auch zuerst nach dem, was besonders glänzt, gut aussieht und leistungsstark ist? Haben wir nicht auch klare Kriterien vor Augen? Das Preis-Leistungsverhältnis muß schließlich stimmen.
Der Wert einer Sache berechnet sich nach dem, was es bringt. Und auch der Wert eines Menschen wird zu schnell nur nach seiner aktuellen Leistung eingeschätzt.
Machen wir es uns bewußt: mit Gottes Liebeserklärung zu uns Menschen kommt uns eine ganz andere Wirklichkeit entgegen. Auch anders, als wir oft genug leben.
Wir werden also beschenkt und zugleich aufgefordert: denkt im Sinne dieser Liebe um! “Nicht hat euch der HERR angenommen und euch erwählt, weil ihr größer wäret als alle Völker - denn du bist das kleinste unter allen Völkern -, sondern weil er euch geliebt hat.”
Aus der erwählenden Liebe Gottes ergibt sich kein Führungsanspruch, kein Recht, über andere zu herrschen. Und immer wieder, wenn Völker oder einzelne Menschen solch einen Machtanspruch stellten, war es ein Weg in den Abgrund. Denken wir nur an die Zeit des Nationalsozialismus zurück und die Überheblichkeit der Herrenmenschen über das Lebensrecht anderer zu entscheiden. Am Ende stand der Todesstrudel des Zweiten Weltkrieges.
Wie lebensschaffend ist dagegen die Liebe Gottes. Partei nimmt er für die Schwachen, für ein Volk auf der Flucht, auf der Suche nach neuen Lebensmöglichkeiten, wie es die Juden zur damaligen Zeit waren.
Bis heute ist sein Auswahlkriterium die Liebe zu uns Menschen. Ernstgemeinte Liebe, die weder in Machtphantasien noch in Beliebigkeit entläßt. Gott wartet auf unser Umdenken, auf unsere Antwort. So wie jede echte Liebe auf Antwort hofft und Verbindlichkeit wünscht.
Nur konsequent fordert der Predigttext: “So sollst du nun wissen, daß der HERR, dein Gott, allein Gott ist, der treue Gott, der den Bund und die Barmherzigkeit bis ins tausendste Glied hält denen, die ihn lieben und seine Gebote halten. So halte nun die Gebote und Gesetze und Rechte, die ich dir heute gebiete, daß du danach tust.”
Wir merken, wie da zusammenhängt, was auch zusammengehört: angenommen und geliebt zu sein, sich aber auch der damit zusammenhängenden Verantwortung zu stellen - für uns selbst, für die Menschen, mit denen wir zu tun haben, auch für die ganze Welt in der wir leben.
Es soll heute nicht aus dem Blick sein, daß Gottes Liebeserklärung unser Leben auch in Anspruch nimmt. Wir sollen leben, jedenfalls versuchen zu leben, wie Jesus Christus es getan hat: “Auf Gott vertrauend mit Mut und Hoffnung im Herzen, in Liebe zu den Menschen, die uns begegnen.”
V.
Nehmen Sie die Liebeserklärung Gottes heute morgen an! Gehen Sie nach Hause im Bewußtsein: unabhängig von meinem Erfolg oder Mißerfolg, ob andere mich gut finden oder nicht: Gott nimmt mich an. Er steht zu mir.
Wagen Sie es, sich auf seine guten Gebote einzulassen, im Vertrauen darauf, daß die Treue und Barmherzigkeit Gottes unsere Liebenswürdigkeit bei weitem überwiegt.
Ihre persönliche Aufgabe ist es, selbst Spuren der Liebe zu hinterlassen. Amen.
Verfasser: Pfr. Christoph Mohr, Schillerstr. 15A, 64367 Mühltal
© Copyright:
Herausgegeben vom

Referat Ehrenamtliche Verkündigung
Markgrafenstraße 14, 60487 Frankfurt/Main,
Telefon: 069.71379-140
Telefax: 069.71379-131
E-Mail: predigtvorschlaege@zentrum-verkuendigung.de
in Kooperation mit dem
Gemeindedienst der
Evangelischen Kirche
in Mitteldeutschland
Pfarrer Dr. Matthias Rost
Zinzendorfplatz 3 (Alte Apotheke), 99192 Neudietendorf
Telefon: 036202.7717-97
Pfarrer Thomas Borchers
Missionarisch-Ökumenischer Dienst
Westbahnstraße 4
76829 Landau
Telefon: 06341.928912
E-Mail: info@moed-pfalz.de
Die „Predigtvorschläge“ sind auch auf CD-ROM (Text- und MS WORD-Datei) erhältlich
(Bestellformular).