Leben aus der Taufe
von Harry Kleinhempel (89431 Bächingen a. d. Brenz)
Predigtdatum
:
07.07.2002
Lesereihe
:
ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr
:
5. Sonntag nach Trinitatis
Textstelle
:
1. Petrus 2,1-10
Wenn Sie diese Predigt als Word-Dokument erhalten möchten, tragen Sie bitte Ihre E-Mail-Adresse ein und klicken Sie auf "Abschicken"
Wochenspruch:
So spricht der Herr, der dich geschaffen hat: Fürchte dich nicht, denn ich habe dich erlöst; ich habe dich bei deinem Namen gerufen; du bist mein!“ (Jesaja 43,1)
Psalm: 139,1-16.23-24 (EG 754)
Lesungen
Altes Testament:
Jesaja 43,1-7
Epistel:
Römer 6,3-8 [9-11]
Evangelium:
Matthäus 28,16-20
Liedvorschläge
Eingangslied:
EG 504
Himmel, Erde, Luft und Meer
Wochenlied:
EG 200
Ich bin getauft auf deinen Namen
Predigtlied:
EG 252
Jesu, der du bist alleine
Schlusslied:
EG 562
Segne und behüte
2 Seid begierig nach der vernünftigen lauteren Milch wie die neugeborenen Kindlein, damit ihr durch sie zunehmt zu eurem Heil, 3 da ihr ja geschmeckt habt, dass der Herr freundlich ist. 4 Zu ihm kommt als zu dem lebendigen Stein, der von den Menschen verworfen ist, aber bei Gott auserwählt und kostbar. 5 Und auch ihr als lebendige Steine erbaut euch zum geistlichen Hause und zur heiligen Priesterschaft, zu opfern geistliche Opfer, die Gott wohlgefällig sind durch Jesus Christus. 6 Darum steht in der Schrift (Jesaja 28,16): »Siehe, ich lege in Zion einen auserwählten, kostbaren Eckstein; und wer an ihn glaubt, der soll nicht zuschanden werden.«
7 Für euch nun, die ihr glaubt, ist er kostbar; für die Ungläubigen aber ist »der Stein, den die Bauleute verworfen haben und der zum Eckstein geworden ist, 8 ein Stein des Anstoßes und ein Fels des Ärgernisses« (Psalm 118,22; Jesaja 8,14); sie stoßen sich an ihm, weil sie nicht an das Wort glauben, wozu sie auch bestimmt sind. 9 Ihr aber seid das auserwählte Geschlecht, die königliche Priesterschaft, das heilige Volk, das Volk des Eigentums, dass ihr verkündigen sollt die Wohltaten dessen, der euch berufen hat von der Finsternis zu seinem wunderbaren Licht; 10 die ihr einst »nicht ein Volk« wart, nun aber »Gottes Volk« seid, und einst nicht in Gnaden wart, nun aber in Gnaden seid (Hosea 2,25).
Hinführende Gedanken
Der 1. Petrusbrief gehört zu den sogenannten „Kirchenbriefen“. Es handelt sich bei dieser Art von Schriften nicht um „Briefe“ im engeren Sinne, mit einer bestimmten Gemeinde bzw. Person als Adressat, sondern eher um allgemeine Rundschreiben an einen größeren Kreis von Gemeinden.
Die Adressaten sind „Fremdlinge in der Zerstreuung“ (Diaspora) in fast ganz Kleinasien. Man kann dabei an Gemeinden denken, die von Paulus gegründet wurden, und an andere, die darüber hinaus entstanden sind. Es dürfte sich dabei weithin um Heidenchristen handeln. Diese Christen werden jetzt von staatlichen Stellen des römischen Reiches bedrängt. Deshalb ist es Ziel des Briefes, diese Christen in ihrer Anfechtung im Glauben zu stärken.
Zum Predigttext 1. Petrus 2,2-10:
Die Aufforderung „seid begierig nach der vernünftigen lauteren Milch wie die neugeborenen Kindlein“ (Vers 2) leitet zu der Vermutung an, dass es sich beim 1. Petrusbrief ursprünglich um eine Vermahnung an Neugetaufte handelt. Deshalb auch die Zuordnung des Textes zum 6. Sonntag nach Trinitatis, dem Sonntag des Taufgedächtnisses.
Die Bezeichnung Christi als dem „lebendigen Stein“ (Vers 4) geht auf eine Osterverkündigung zurück, in der Ps. 118,22 und Jes. 28,16 auf Christus übertragen werden. Ursprünglich war damit Israel bzw. der Messias gemeint. Mit den „Bauleuten“ sind die Führer Israels gemeint.
Christus ist also der Grundstein, das Fundament der christlichen Gemeinde. Die Aufforderung „zu ihm kommen...“ bezeichnet das feierliche Hinzutreten zum Heiligtum.
Der Verfasser wandelt das Bild vom „Stein“ noch einmal, indem er die Christen als „lebendige Steine“ bezeichnet, die sich einfügen lassen sollen in den Bau, von Gott erbaut, nämlich die Kirche.
Ein Haus aus lebendigen Steinen
Liebe Gemeinde!
In den letzten Jahrzehnten haben viele Menschen bei uns ein eigenes Haus bauen können; die allermeisten haben jedenfalls eine komfortable Wohnung. Auch jetzt wird immer noch gebaut. Für viele ist ein eigenes Haus so erstrebenswert, dass sie keine Arbeit und Mühe scheuen und zu großen Opfern und Verzicht dafür bereit sind.
Welche Vorteile haben die eigenen vier Wände?
Die eigenen vier Wände geben einem Menschen mehr Unabhängigkeit. Wer eine eigene Wohnung hat, kann sich zurückziehen, wann er will. Er kann seine Türe zumachen. Er kann aber auch hinausgehen, wenn er Lust dazu hat.
Ein eigenes Haus oder eine eigene Wohnung kann jeder nach seinem Geschmack gestalten, soweit das Geld dazu reicht. Deshalb ist für einen jungen Menschen ein eigenes Zimmer so wichtig. Er braucht bei der Auswahl der Bilder und sonstigen Einrichtungsgegenstände auf niemand Rücksicht zu nehmen.
In einem freistehenden Haus kann man sich auch ziemlich frei und ungestört betätigen. Wer nicht gerade um Mitternacht Rasen mähen oder am Sonntag Vormittag die Kreissäge laufen lassen will, der kann ungefähr alles machen, ohne andere zu sehr zu stören: er kann Musik machen, kann fernsehen, singen, sich mit anderen laut unterhalten oder auch streiten. Er braucht sich nicht dauernd zurückhalten und einschränken. Er kann Feste feiern und Gäste übernachten lassen.
Man hat Platz und Entfaltungsmöglichkeiten auch für die Kinder. Die Familie kann wirklich wachsen, nicht nur zahlenmäßig, sondern auch quantitativ, an Zusammenhalt und gegenseitigem Verstehen.
I.
In unserem Predigttext ist auch vom Hausbau die Rede. Es heißt dort: „Und auch ihr als lebendige Steine erbaut euch zum geistlichen Hause...“
Ehe ein Haus bezugsfertig ist, ist es eine Baustelle. Gehen wir einmal auf die Baustelle des Hauses, von dem unser Text spricht! Es ist eine Großbaustelle; denn was da gebaut wird, ist nicht nur ein Wohnhaus für eine Familie, sondern ein Haus für viele.
Dieses Haus ist auch nicht in einem Jahr fertig, es bauen Generationen daran. Streng genommen ist der Bau schon 2000 Jahre alt und immer noch nicht fertig. Es ist die Kirche Jesu Christi.
Was ist das Wichtigste an einem Haus?
Das Dach, die Heizung, die Fenster und Toren, die Mauern oder was sonst? Das Wichtigste ist das Fundament, Deshalb braucht man für jedes größere Bauwerk das Gutachten eines Statikers. Wenn sich Menschen hier verrechnen, wenn die Statik verkehrt berechnet ist, wenn das Fundament nicht tief und fest genug ist, dann kann das ganze Bauwerk einstürzen.
(In manchen Gegenden, zum Beispiel an der Nordseeküste, müssen Pfähle bis zu 20 Meter Tiefe in den Boden gerammt werden, ehe man darauf bauen kann.)
Jesus sagt im Gleichnis, dass nur das Haus Bestand hat. das auf Felsen gebaut ist.
Früher bauten die meisten Menschen ihre Häuser mit Natursteinen. Das erste, was die Maurer machten, war das Sortieren der Steine. Sie nahmen den jeweiligen Stein in die Hand und überlegten: Welchen Stein kann ich wo brauchen und welchen werfe ich weg? Manchmal haben sie bei diesem Aussortieren auch einen Stein weggeworfen, den sie hinterher nötig gebraucht hätten.
So haben es die Menschen mit Christus gemacht, sagt unser Text. „Die Bauleute“, das heißt die Priester und Schriftgelehrten, haben den Stein „Christus“ verworfen. Aber Gott hat ihn zum Eckstein gemacht. Christus ist der tragende Stein eines Tempels, den Gott selbst in dieser Welt baut. Christus ist der Grundstein der Küche.
Deshalb müssen wir uns immer wieder an das erinnern, was Jesus getan und gesagt hat. Er ist entscheidend wichtig. Wo Christus nicht mehr der Eckstein, nicht mehr das Fundament der Kirche ist, da stimmt die Statik nicht mehr, da kann das Gebäude unseres Lebens unter den Belastungen zusammenbrechen und alles unter sich begraben,
II.
Wie viele Steine braucht man zum Bau eines Hauses? Sicher einige Tausend. Wie viele Steine braucht man dann erst zum Bau der lebendigen Kirche!
„Gott baut ein Haus, das lebt:
wir selber sind die Steine,
sind große und auch kleine,
du, ich und jeder Christ“,
heißt es in einem Kinderlied.
„Und auch ihr ab lebendige Steine erbaut euch zum geistlichen Haus“, so werden wir aufgefordert.
„Kirche“ das ist nicht in erster Linie eine Organisation, ein Amt, eine Behörde, ein Dienstleistungsbetrieb, ein Verein. Das ist sie alles auch.
„Kirche“ - das ist nach neutestamentlichem Verständnis eine Gemeinschaft von Menschen, die an Jesus glaubt, die versucht, dem Vorbild Jesu nachzuleben und für andere Menschen da zu sein. „Ich glaube an die Gemeinschaft der Heiligen“, so bekennen wir es jeden Sonntag im Glaubensbekenntnis.
So, wie man früher Steine unterschiedlicher Größe, Gestalt, Farbe und Beschaffenheit zum Bau verwendet hat, so ist es auch beim Bau der Kirche. Auch da gibt es ganz unterschiedliche Menschen mit verschiedener Herkunft, verschiedenen Interessen, verschiedener Prägung, unterschiedlichen Lebensgeschichten. Keiner ist wie der andere. Aber Gott, der große Baumeister, kann und will uns alte gebrauchen.
So wie die einzelnen Steine erst miteinander zusammengefügt und verbunden Halt bekommen und schließlich ein fertiges Bauwerk werden, so ist es auch mit uns Menschen. Erst im Miteinander, erst, wenn wir uns einfügen lassen in den Bau Gottes, wenn wir bereit sind, mit Christen rechts und links von uns, mit denen, die vor uns waren und mit denen, die nach uns kommen, so engen Kontakt zu haben wie Gott, der Baumeister, es für nötig hält, erst dann wachsen wir hinauf zur Kirche Gottes in dieser Welt, können wir etwas werden zum Lob seiner Herrlichkeit.
In dem Kinderlied heißt es:
„Gott baut ein Haus, das lebt.
Er selbst weist dir die Stelle
in Ecke, Mauer, Schwelle,
da, wo du nötig bist.“
III.
Häuser sind dazu da, um Menschen ein Zuhause zu geben, um ihnen Geborgenheit und Entfaltungsmöglichkeiten zu gewähren. Häuser sind dazu da, um Gemeinschaft zu fördern, Feste miteinander zu feiern und Menschen Zuflucht zu gewähren.
Auch das Haus Gottes, die Kirche, wir, die Gemeinde Jesu, haben diese Aufgabe in der Welt. Als einzelner Christ fühlt man sich in dieser Weit des öfteren auch fremd. Wenn man es mit dem Glauben ernst nimmt, wird man von den anderen oft auch als Fremdkörper, als störend empfunden. Wenn man irgendwo fremd ist, kann man sich auch leicht unsicher fühlen, unbehaglich, zuweilen auch bedroht und gefährdet.
Denen, die um ihres Glaubens an Jesu willen benachteiligt, ausgegrenzt und sogar zuweilen verfolgt werden, kam der Apostel zusagen: „Ihr seid das auserwählte Geschlecht, das königliche Priestertum, das heilige Volk, das Volk des Eigentums, das ihr verkündigen sollt die Wohltaten des, der euch berufen hat von der Finsternis zu seinem wunderbaren Licht.“
Die Heilige Taufe ist das sichtbare Siegel darauf.
Ihr braucht euch nicht zu verstecken! Ihr braucht keine Minderwertigkeitsgefühle zu haben. Ihr seid jemand! Ihr seid Gottes Kinder. Ihr seid Gottes Elite. Gott will euch gebrauchen in dieser Welt!
Der 1. Petrusbrief ist geschrieben an Christen .,in der Zerstreuung“. Das griechische Wort dafür heißt „Diaspora“.
„Diasporein“ heißt aber nicht nur „zerstreuen, verstreuen“, sondern auch „ausstreuen, aussäen“. Gott sät uns Christen in den Acker dieser Welt. Auf einem Kalenderblatt stand der Satz: „Da, wo mich Gott ausgesät hat, da will ich blühen.“ Wir können hinzufügen: da will ich wachsen und Frucht bringen: in der Familie, in der Schule, bei der Arbeit, im Freundeskreis, in der Gemeinde oder wo es sonst sei.
Darum: „Lasst euch als lebendige Steine mit einbauen in das geistliche Haus, in die Gemeinde Jesu! Seid aktive Glieder eurer Kirche! Amen.
Verfasser: Pfr. i. R. Harry Kleinhempel, Gartenstr. 3, 89431 Bächingen a. d. Brenz
© Copyright:
Herausgegeben vom

Referat Ehrenamtliche Verkündigung
Markgrafenstraße 14, 60487 Frankfurt/Main,
Telefon: 069.71379-140
Telefax: 069.71379-131
E-Mail: predigtvorschlaege@zentrum-verkuendigung.de
in Kooperation mit dem
Gemeindedienst der
Evangelischen Kirche
in Mitteldeutschland
Pfarrer Dr. Matthias Rost
Zinzendorfplatz 3 (Alte Apotheke), 99192 Neudietendorf
Telefon: 036202.7717-97
Pfarrer Thomas Borchers
Missionarisch-Ökumenischer Dienst
Westbahnstraße 4
76829 Landau
Telefon: 06341.928912
E-Mail: info@moed-pfalz.de
Die „Predigtvorschläge“ sind auch auf CD-ROM (Text- und MS WORD-Datei) erhältlich
(Bestellformular).