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Leben in Christus

von Armin Beck

Predigtdatum : 19.08.2012
Lesereihe : ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr : 10. Sonntag nach Trinitatis - Israelsonntag: Kirche und Israel
Textstelle : Galater 2,16-21
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Wochenspruch:

"Gott widersteht den Hochmütigen, aber den Demütigen gibt er Gnade." (1. Petrus 5, 5)

Psalm: 113, 1 – 8

Lesungen

Altes Testament: 2. Samuel 12, 1 - 10. 13 - 15 a

Epistel: Epheser 2, 4 – 10

Evangelium: Lukas 18, 9 – 14

Liedvorschläge

Eingangslied: EG 156 Komm, Heiliger Geist

Wochenlied: EG 455 Morgenlicht leuchtet

Predigtlied: EG 299 EG 353 Aus tiefer Not schrei ich zu dir Jesus nimmt die Sünder an

Schlusslied: EG 170 Komm, Herr, segne uns

Aus der Werkstatt des Predigtschreibers:

Der Predigttext ist neben Passagen aus dem Korinther- und dem Römerbrief einer der Zentralstellen paulinischer und in der Folge auch lutherisch-reformatorischer Theologie.

Insofern bietet es sich an, eines der zentralen Bilder der Rechtfertigungslehre, das Bild des „fröhlichen Wechsels“, das Luther in der Schrift „Von der Freiheit eines Christenmenschen“ entfaltet, näher in den Blick zu nehmen und an einem einfachen Beispiel zu illustrieren.

Das Gesetzesverständnis des Alten Testaments mit den Gesetzen einer Leistungsgesellschaft gleichzusetzen geht zwar nicht völlig auf, aber die Dynamik von Leistung/Gesetzesfrömmigkeit versus Gnadenbotschaft ist auch hier zu finden.

Liebe Gemeinde,

der heutige Text stammt aus einem Brief des Paulus. Paulus kam auf seinen Reisen nach Galatien in der heutigen Türkei. Er hatte dort das Evangelium von Jesus Christus gepredigt, und viele hatten sich anstecken lassen: Mit großer Begeisterung ließen sich viele taufen, wurden unterwiesen in einem Leben als Christ, und das Leben einer jungen Gemeinde begann.

Paulus zog weiter und ihm kam zu Ohren, dass inzwischen Andere in die galatischen Gemeinden gekommen waren. Diese hatten offensichtlich neue Lehren mitgebracht: Sie predigten, dass es bestimmte Vorbedingungen für das Christsein gäbe; so sollten auch diejenigen Christen sich an die jüdischen Speise- und Beschneidungsgebote halten, die nicht aus dem Volk Israel stammten und die keine Juden gewesen waren.

Paulus schreibt den Brief, den wir als Galaterbrief kennen, voller Leidenschaft, wechselt von Schelte in Bitten und Flehen und macht noch einmal deutlich, was er als Zentrum des christlichen Glaubens versteht.

Er schreibt: - Textlesung -

Ein gerechter Mensch

Die Grundfrage stellt Paulus gleich zu Anfang: Wann ist ein Mensch vor Gott gerecht?

Mit anderen Worten: Was macht dich zu einem von Gott anerkannten, geliebten Menschen? Oder salopp formuliert: Wann bist du bei Gott angesagt?

Diese Frage wird heute vielleicht anders gestellt. Zunächst ist da von Gott weniger die Rede. Aber die Frage: „Wann bist du im Leben angesagt?“, stellen sich schon junge Menschen.

Hier zwei Antworten:

„Natürlich muss ich eine ganze Menge leisten, wenn ich im Beruf später etwas erreichen möchte. Gesundheit und ein guter Zusammenhalt in der Familie sind für mich sehr wichtig“, sagt zum Beispiel der zehnjährige Jonathan.

Und der elfjährige Julian sagt: „Mir ist klar, dass ich in der Schule etwas leisten muss, wenn ich später einen guten Beruf haben möchte. Ich finde ein gutes Verhältnis zu meiner Familie wichtiger als tolle Geschenke.“

Schon Zehnjährigen ist also klar, worum es in dieser Gesellschaft geht: um Leistung.

Ein anderes Beispiel hierfür aus einer Stellenanzeige:

„Sie bringen mit:

Eine fundierte akademische Ausbildung (Dipl.-Ing. Uni/FH)

• Kostenbewusstes Denken und Handeln

• Mindestens 3 bis 5 Jahre Berufserfahrung, auch Bewerbungen von Berufsanfängern sehen wir mit großem Interesse entgegen

• Begeisterung, Teamfähigkeit und Eigeninitiative

• physische und psychische Belastbarkeit

• Verantwortungsbewusstsein und die Fähigkeit Mitarbeiter zu führen

Wer in unserer Gesellschaft „angesagt“ sein will, muss also vieles mitbringen: Ausbildung, Aussehen, Gesundheit, soziale Kompetenzen, Teamfähigkeit, Jugend und Erfahrung.

Nicht angesagt sind alle anderen: Die, die in Schule und Beruf versagen; die, die nicht so schön und schick sind, die Alten, die Kranken, die mit angeknacksten Biografien.

Paulus sagt nun, dass die Welt Gottes anders funktioniert. „Angesagt“ bei Gott ist man nicht durch Leistung: Nicht durch Geld, Macht, Reichtum oder Erfolg, und auch nicht durch die Befolgung bestimmter religiöser Pflichten ist das möglich: durch nichts, was ein Mensch tun könnte.

Einzig und allein, weil es Gott so möchte, weil er die Menschen bei sich haben will -, also aus Liebe ist es möglich. Gott streckt seine Hand weit aus und hält sie allen hin, die sie ergreifen möchten.

Dieses „Ergreifen der Hand Gottes“ –, das ist der Glaube, von dem Paulus spricht: „Damit wir gerecht werden durch den Glauben an Christus und nicht durch Werke des Gesetzes.“

Ein fröhlicher Wechsel

Und dann beschreibt Paulus in einer interessanten Denkfigur das, was Luther später als „fröhlichen Wechsel“ bezeichnet.

Paulus stellt sich dem Problem: Wie kann das Gesetz Gottes erfüllt werden? Paulus sagt deutlich, dass es durch eigene Leistungen nicht geht! Kein Mensch kann das! Im Gegenteil macht Paulus an anderer Stelle deutlich, dass alle Menschen sogar mit dessen Konsequenzen zu rechnen haben: „Der Sünde Sold ist der Tod“ (Röm 6, 23).

Nun beschreibt er die grundlegende Dynamik des christlichen Glaubens: Es geht um eine Art Tausch zwischen Christus und mir. Christus ist es, der an meiner statt die Werke des Gesetzes erfüllt. Der sündlose Sohn Gottes stirbt am Kreuz, um die Strafe auf sich zu nehmen, die eigentlich nach dem Gesetz mir gegolten hätte. Damit ist das Gesetz erfüllt. Da Jesus jedoch auch der Auferstandene ist, findet diese Auferstehung auch in meinem Leben statt: Christus lebt nun in mir und ich führe ein neues Leben im Glauben.

Vielleicht hilft das folgende Beispiel, um diesen Wechsel zu verdeutlichen:

Zwei Leute gingen zusammen auf die Schule und die Universität und wurden in dieser Zeit enge Freunde. Danach ging es völlig unterschiedlich weiter. Der eine wurde Verbrecher. Der andere wurde Jurist und Richter. Eines Tages erschien sein alter Freund, jetzt ein Verbrecher, vor ihm. Ihm blieb nichts anderes übrig, als sich schuldig zu bekennen. Sein Verbrechen war zu eindeutig gewesen, er konnte gar nicht anders. Als er sich schuldig bekannte, steckte der Richter in einer Zwickmühle. Er konnte ihn nicht einfach gehen lassen, er musste der Gerechtigkeit Genüge leisten. Andererseits stand da aber sein alter Freund vor ihm, den er von Herzen gern hatte. So verurteilte er ihn schließlich zu einer hohen Geldstrafe, die dem Ausmaß des Verbrechens angemessen war. Dann legte er seinen richterlichen Talar ab, ging hinunter zu seinem Freund und stellte ihm einen Scheck aus über eine Summe in Höhe der Geldstrafe. So bezahlte er für ihn. Und der Freund hatte neue Lebenschancen bekommen. Das ist Liebe.

In seiner Liebe steigt Gott in der Person Jesu Christi zu uns herunter und sagt: „Ich will selbst die Strafe für dich bezahlen!“ Und deshalb sind wir frei.

Nun ist dieses Bild, wie jeder Vergleich, nicht hundertprozentig zutreffend. Unsere Situation ist nämlich viel schlimmer. Es handelt sich nicht nur um eine Geldstrafe, sondern um die Todesstrafe. Und die Beziehung ist viel enger. Unser Vater im Himmel liebt uns viel mehr, als ein irdischer Vater sein Kind. Der Preis ist weitaus höher.

So gab Gott seinen einzigen Sohn hin, um den Preis zu bezahlen. Damit ist die Strafe bezahlt. Unsere Schuld ist von uns genommen, ein neues Leben kann beginnen.

Ein neues Leben

Wie aber sieht nun dieses neue Leben aus? Was tun wir, wenn wir nichts mehr vor und für Gott tun können?

Es sind eigentlich drei Dinge, die uns noch zu tun bleiben:

1. Dankbar sein

Wenn ich noch einmal an den begnadigten Mann denke, kann ich es mir nicht anderes vorstellen, als dass der Richter und der Freund von nun an eine gute und freundschaftliche Beziehung führten. Der Freund wird sein Leben vermutlich von nun an ohne weitere Gesetzesbrüche begangen haben, und die Beziehung der beiden wird von gegenseitiger Wertachtung und von großer empfundener Dankbarkeit geprägt sein.

Zum Glauben gehört dieser Ausdruck der Dankbarkeit unmittelbar dazu. Gott im Gebet, in Liedern und im eigenen Handeln die Ehre zu geben, dankbar zu bekunden, wie froh man jetzt sein darf über das neue Leben, freut nicht nur Gott – den sicher auch – sondern lässt uns auch dankbarer und freudiger unser eigenes Leben betrachten und genießen.

2. Güte weitergeben

Wenn dem Freund vielleicht in einer anderen Situation umgekehrt die Möglichkeit gegeben ist, anderen zu verzeihen, andere zu ermutigen oder gar in ähnlicher Weise zu helfen, wie es ihm widerfahren ist, dann wird er das vermutlich tun.

Die neuen Lebensmöglichkeiten für Christen werden so zum Glücksfall für unsere Mitmenschen. Es ist angenehm, Christen um sich zu haben!

3. Die gute Nachricht weitersagen

Und der Freund wird sicher diese Geschichte, die ihm widerfahren ist, nicht verschweigen. Das Gegenteil ist sicher der Fall: Wo er auch hinkommt, wird er den Menschen erzählen, wie er aus dieser misslichen Situation durch die Liebe des Freundes gerettet worden ist.

Wie, liebe Gemeinde, könnten wir dann schweigen von dem, was uns Gutes widerfahren ist?

Es ist eine gute Nachricht, die wir weitergeben möchten, und davon werden wir reden und überschwänglich weitererzählen: In der Familie, im Freundeskreis, in der Gemeinde. Denn unser großer Freund im Himmel, Gott selbst, ist offen für viele neue Freundschaften, denen seine ausgestreckte Hand gilt.

Amen.

Verfasser: Pfarrer Armin Beck

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