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Lebendige Hoffnung

von Gabriele Wulz (Ulm )

Predigtdatum : 07.04.2013
Lesereihe : ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr : Ostermontag
Textstelle : Markus 16,9-14.(15-20)
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Wochenspruch:

"Gelobt sei Gott, der Vater unseres Herrn Jesus Christus, der uns nach seiner großen Barmherzigkeit wiedergeboren hat zu einer lebendigen Hoffnung durch die Auferstehung Jesu Christi von den Toten." (1. Petrus 1, 3)

Psalm: 116, 1 - 9 (EG 746)

Lesungen

Altes Testament: Jesaja 40, 26 - 31

Epistel: 1. Petrus 1, 3 - 9

Evangelium: Johannes 20, 19 - 29

Liedvorschläge

Eingangslied: EG 446, 1 - 4 Wach auf, mein Herz und singe

Wochenlied: EG 102, 1 - 3 Jesus Christus, unser Heiland, der den Tod überwand

Predigtlied: EG 108, 1 - 3 Mit Freuden zart zu dieser Fahrt

Schlusslied: EG 107, 1 - 3 Wir danken dir, Herr Jesu Christ, dass du vom Tod erstanden bist

Hinführung:

Am ersten Sonntag nach Ostern präsentiert der sog. unechte Markusschluss eine kurze Zusammenfassung der Ostererzählungen des Lukas, Matthäus und Johannes. In den Begegnungen mit dem Auferstandenen wächst im engsten Kreis um Jesus allmählich die Gewissheit, dass der Tod besiegt ist und das „neue Wesen“ ans Licht gekommen ist.

Auf der anderen Seite machen die Jünger und Jüngerinnen Jesu die Erfahrung, dass ihre Verkündigung auf Unglauben stößt. Jesus verheißt den Seinen, dass Zeichen der Bekräftigung ihrer Worte dienen werden.

Welche Zeichen des Geistes können uns und andere für den Glauben und das Leben im österlichen Licht gewinnen? Der Versuch ist es wert, die Botschaft von Ostern ins eigene Leben hinein zu buchstabieren.

Gliederung:

I. Der „echte“ und der „unechte“ Markusschluss:

Mk 16, 8 lädt ein, die Geschichte weiterzuschreiben und weiter zu erzählen.

II. Die Zusammenschau der Ostergeschichten zeigt: Die Begeg nung mit dem Auferstandenen spaltet. Die einen sehen und glauben, die anderen hören und glauben nicht.

III. Zeichen als Bestätigung der Osterbotschaft?

IV. Das Osterevangelium ins Leben (in diese alte Welt) holen! Dazu braucht es Zeugen und Zeuginnen. Dazu braucht es uns.

Predigt:

(I. Der „echte“ Markusschluss)

Das Markusevangelium, liebe Gemeinde, endet wie ein Evangelium eigentlich nicht enden darf.

Der letzte Satz dieses Evangeliums lautet nämlich: „Und sie sagten niemandem etwas; denn sie fürchteten sich.“ (1)

„Sie“ – das sind die Frauen, die am Ostermorgen ganz früh ans Grab gegangen sind.

Wie sie dann beim Grab sind, merken sie, dass der Stein weggerollt ist. Das Grab ist leer. Der Lebendige ist nicht bei den Toten. Jesus ist auferstanden. Furcht und Zittern – so heißt es im Markusevangelium - überfällt die Frauen. Sie fliehen von diesem Ort in Panik. Und sie beschließen, niemandem etwas zu sagen.

Dieses Ende, liebe Gemeinde, kann so nicht stehenbleiben. Dieses Ende schreit danach, fortgeschrieben zu werden.

Das Schweigen der Frauen am Ostermorgen – das kann`s nicht gewesen sein. Da muss noch etwas kommen.

Deshalb ist dieses offene Ende wie eine Aufforderung: Erzählt ihr! Erzählt ihr weiter! Zeigt mit eurem Leben, was Ostern ist und was es bedeutet!

Offensichtlich haben auch andere diese Provokation gespürt. Im 2. Jahrhundert hat man dann einen weiteren, einen zweiten Schluss angefügt. Eine Sammlung von Begegnungen mit dem Auferstandenen, die wir auch aus anderen Evangelien kennen.

Diese Weitererzählung ist der Predigttext für den heutigen Sonntag Quasimodogeniti.

Aus Markus 16 lese ich die Verse 9 bis 20:

(II. Ostern – wie wir es kennen)

Das ist nun Ostern, liebe Gemeinde, wie wir es kennen. Da wird geschaut und geredet. Da wird verkündigt und geglaubt. Das wird der Zweifel aus den Herzen gefegt. Da wird das Weinen verwandelt in Lachen und die Klage in Freude. Und selbst die Herzensverhärteten, die Elf, die bei Tisch sitzen, werden mit einer neuen Aufgabe betraut und finden neue Kraft. So, als wären sie neu geboren.

Das passt zu diesem 1. Sonntag nach Ostern, diesem ganz besonderen Sonntag. Der „weiße Sonntag“ atmet österlichen Geist und ist erfüllt von österlichem Glanz und Licht. Der Blick darf sich öffnen und Weiten – für Dimensionen, die wir nicht für möglich gehalten hätten. Wie neugeborene Kindlein tasten wir uns ins Leben, auch wenn wir inzwischen alt geworden sind.

Am ersten Sonntag nach Ostern ist Ostern noch zum Greifen nah. Ostern hat sich noch nicht in den Routinen unseres Alltags abgenutzt. Es ist lebendig in Liedern und Gebeten und in den Worten der Schrift.

Ostern ist lebendig in der Begegnung des Auferstandenen mit Maria Magdalena. An ihr sehen wir, wie oft man sich drehen und umwenden muss, um DEN wiederzuerkennen, der einen beim Namen ruft.

Ostern ist lebendig in den Begegnungen mit den beiden Jüngern, die über Land nach Emmaus gingen. An ihnen sehen wir: Es ist die kleine Geste und es reicht das gesprochene Wort, dass die Augen geöffnet werden und im Nachhinein erkannt wird, wie das Herz schon auf dem Weg brannte.

Und schließlich ist Ostern in der Tischgemeinschaft der Elf lebendig. An ihnen sehen wir: Das Evangelium will weitergesagt werden. Der ganzen Welt.

So viel Begegnung, so viel Begeisterung! So viel Erfüllung, so viel Glaube! Aber jede dieser Begegnung, liebe Gemeinde, wird mit der fast kehrversartigen Bemerkung abgeschlossen, dass die, die davon hörten, nicht glaubten.

Maria Magdalena, die beiden Emmausjünger und nicht zuletzt die Elf machen alle miteinander dieselbe Erfahrung. Nicht alle, die ihnen zuhören, glauben ihnen auch. Sie sagen vielmehr: Was ihr gesehen habt, haben wir nicht gesehen. Eure Erfahrung ist nicht unsere Erfahrung.

Und so kommt in den vermeintlich „schönen“ Schluss doch wieder ein Stück Verstörung und ein gutes Stück Uneindeutigkeit.

(III. Deine Erfahrung – meine Erfahrung)

Liebe Gemeinde,

deine Erfahrung ist nicht meine Erfahrung.

Das, was dich tröstet, tröstet mich noch lange nicht. Das, was dich hält, lässt mich kalt. Was du gesehen hast, geht über meinen Verstand, über meine Vernunft.

Vielleicht haben die Frauen am Ostermorgen davon schon etwas geahnt und haben deshalb auch deshalb geschwiegen. Vielleicht wussten sie: Verkündigung ist kein Zuckerschlecken. Und das Zeugnisablegen ist nur da wunderbar, wo es einen Widerhall, eine Resonanz gibt.

Wenn aber das Gegenüber nur den Kopf schüttelt oder die Achseln zuckt, sich religiös völlig unmusikalisch gibt und sagt: ‚Ich glaube nur das, was ich sehe‘, dann wird es schwieriger und oft auch enttäuschend.

Wenn Zustimmung ausbleibt und man offensichtlich aneinander vorbeiredet, dann wird aus dem Reden oft ein Stammeln und Stottern. Gegen die Selbstsicherheit des Nichtglaubens nimmt sich der Glaube oft wie auf dem Rückzug aus.

Liebe Gemeinde,

wenn meine Erfahrung nicht die Erfahrung anderer ist und auch niemals wird, dann ist alles Reden und Verkündigen Wagnis und Abenteuer. Und wir haben es nie in der Hand, dass aus unserem Reden Glauben entsteht und Glauben wächst.

Gerade deshalb verspricht Jesus den Seinen Unterstützung.

„Der Herr wirkte mit ihnen und bekräftigte das Wort durch die mitfolgenden Zeichen“ – so heißt es im Text.

Jesu Gegenwart und Zeichen – das ist doch was.

(IV. „Zeichen und Wunder haben wir gesehn“ )

Böse Geister austreiben, in „neuen“ Zungen reden, Schlangen mit Händen hochhalten, Gift trinken und nicht sterben, Kranke heilen – die Liste ist eindrucksvoll und beklemmend zugleich.

Hin und wieder hört man - mit einigem Grausen - Berichte über Gemeinden oder Gruppen in den USA, die das Markusevangelium ganz wörtlich nehmen und diese Zeichen mit Ernst praktizieren.

Da werden furchteinflößende Riesenschlangen im Gottesdienst herumgereicht. Da werden giftige Getränke getrunken. Durchaus mit doppeltem Ausgang: Die einen überleben, die anderen nicht.

Ich bin mir relativ sicher, dass wir hierzulande für diese Formen nicht anfällig sind. Niemand von uns käme wohl auf die Idee, die Wahrheit des Evangeliums auf diese Weise zu demonstrieren.

Zu Recht sind wir vorsichtig. Denn den Geist kann man nicht zwingen und Gott kann man erst recht nicht zwingen.

Aber selbst wenn wir Schlangen und Gifttränke aus guten Gründen mit Vorsicht behandeln. Auch die anderen Zeichen, die hier aufgeführt werden, hinterlassen ein zwiespältiges Gefühl.

Auch mit dem Gesundwerden ist es nicht so einfach. Heilung stellt sich nicht immer ein. Auch wenn ganz fest geglaubt und von Herzen gehofft wird.

Und das Zungenreden – das hat schon Paulus erkannt – kann zu einer lieblosen Glaubens- und Machtdemonstration verkommen.

Das alles aber hat dann nichts mehr mit dem neuen Leben in Christus zu tun, sondern ganz viel mit dem alten, eigensüchtigen, selbstverliebten Leben.

(V. Was hat sich denn seit Ostern verändert?)

Trotzdem: Der Stachel bleibt.

Wenn Menschen mich fragen: Woran zeigt sich denn, dass Christus von den Toten auferstanden ist? Was hat sich denn verändert?

Dann würde ich gerne etwas vorweisen. Etwas Sichtbares. Ein Zeichen, das etwas von dem Neuen und dem unglaublichen Sieg des Lebens über den Tod in die Welt hineinträgt.

Und gerne würde ich auch sagen: Ich kenne das Geheimnis des neuen Lebens und ich kenne das Geheimnis Gottes.

Und ich hätte es gerne, dass Trauernde getröstet werden und Mutlose Mut schöpfen und alte Menschen wieder jung werden. Und neugierig und erwartungsfroh.

Gerne hätte ich die Antwort, die alle bezwingt und die über den Tod hinaus ins ewige Leben reicht.

Keine Frage, liebe Gemeinde,

die Wirklichkeit holt uns immer wieder ein. Nach österlichen Höhenflügen landen wir immer wieder auf der Erde.

Und da spüren und erfahren wir dann mehr als deutlich: Wir leben in der alten Welt und tun uns unendlich schwer. Mit uns selbst. Mit anderen. Mit den Verhältnissen.

Es ist ja bei weitem nicht alles so, wie es sein sollte und wie wir es gerne hätten.

Nun kann man auf diese Tatsache beleidigt reagieren. Und enttäuscht. Und man kann voller Wut, voller Enttäuschung alles wegwerfen: Den Glauben, die Hoffnung und den Sieg des Lebens über den Tod.

Aber das muss man nicht. Es gibt eine Alternative:

Man kann anders leben – auch mitten in dieser Welt und mitten im alten Leben.

Anders leben – das heißt: Leben im Vertrauen auf die Botschaft von Ostern. Im Glauben an den Auferstandenen. In der Gewissheit, dass Gott sein Recht herstellt, die Tränen trocknet, die Trauernden tröstet und die, die am Boden liegen aufrichtet.

Zu diesem „anders leben“ gehört auch das „anders tun“. Dabei geht es nicht um Perfektion. Sondern um den Versuch und um das Dranbleiben und das Weitermachen.

Karl Barth hat einmal gesagt: „Wenn irgendein Wort der Beglaubigung und der Erfahrung durch die entsprechende sittliche, soziale und politische Tat bedarf, so ist es das biblische Wort vom Tode, der verschlungen ist vom Sieg.“

Das heißt nichts anderes als dass ich in meinem Leben und mit meinem Leben bezeuge, dass der Tod keine Macht über mein Leben hat. Und dass es sich deshalb lohnt, Hoffnung zu haben. Weil das, was ist, ja – Gott sei Dank – nicht alles ist.

Das bedeutet, sich für das Leben einzusetzen und stark zu machen. Danach zu schauen, dass auch andere nicht an ihrem Leben gehindert werden.

Das bedeutet vor allem, dem Weltschmerz Adieu zu sagen – und fröhlich und entschlossen das tun, was nötig ist, was Not wendet und was Licht und Wärme in der kalten Welt verbreitet.

Dass davon nicht alle beeindruckt sein werden, liegt auf der Hand.

Dass auch ich selbst nicht immer dem entspreche, was ich gern sein wollte, ebenso.

Aber der Versuch ist es wert. Denn das Osterevangelium braucht Bodenhaftung. Und es will weitererzählt werden. Auch durch uns. Auch von uns.

Amen.

Fürbittengebet:

Herr, unser Gott,

du sendest deinen Geist in die Welt, damit wir neu geboren werden.

Damit wir Kraft schöpfen und werden, was du willst:

Salz der Erde. Licht der Welt.

Du hast den Tod besiegt und das Leben ans Licht gebracht.

Davon wollen wir erzählen – mit unserem ganzen Leben.

Du schenkst immer wieder einen neuen Anfang, gibst uns die Möglichkeit zu Umkehr und Neuanfang. Du verheißt uns ein Leben in Fülle, auch wenn wir alt werden.

Das ist mehr als wir glauben können. Mehr als wir zu hoffen wagen. Erfülle uns mit Glaube und Hoffnung, mit Zuversicht und Vertrauen.

Du rufst uns aus dem Tod ins Leben und stärkst die, die am Boden liegen. Du tröstest die Trauernden und bist denen nahe, die um Heilung bitten. Erhöre ihr Rufen und Schreien.

Du willst Frieden und schenkst uns Frieden. Du machst dem Streit ein Ende und ermutigst die, die sich einsetzen für Frieden und Gerechtigkeit in der Welt. Stärke alle Anstrengung, die dem Frieden dient.

Du stützt die Fallenden. Du richtest auf, die niedergeschlagen sind. Gib uns offene Augen und Ohren, dass wir sehen, was Menschen brauchen.

Lass uns unsere Grenzen akzeptieren und Schwächen verzeihen.

Gib uns ein frohes und festes Herz, damit wir reden und tun, was dir gefällt.

Amen

Verfasserin: Prälatin Gabriele Wulz

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