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Lebendige Hoffnung

von Uwe Handschuch (Dietzenbach-Steinberg)

Predigtdatum : 11.04.2010
Lesereihe : ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr : Ostermontag
Textstelle : 1. Petrus 1,3-9
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Wochenspruch:

„Gelobt sei Gott, der Vater unseres Herrn Jesus Christus, der uns nach seiner großen Barmherzigkeit wiedergeboren hat zu einer lebendigen Hoffnung durch die Auferstehung Jesu Christi von den Toten.“ (1. Petrus 1,3)

Psalm: 116,1-9 (EG 746)

Lesungen

Altes Testament:
Jesaja 40,26-31
Epistel:
1. Petrus 1,3-9
Evangelium:
Johannes 20,19-29

Liedvorschläge

Eingangslied:
EG 103
Gelobt sei Gott im höchsten Thron
Wochenlied:
EG 102
Jesus Christus, unser Heiland, der den Tod überwand
Predigtlied:
EG 117
Der schöne Ostertag
Schlusslied:
EG 638
Ich lobe meinen Gott, der aus der Tiefe mich holt

Gelobt sei Gott, der Vater unseres Herrn Jesus Christus, der uns nach seiner großen Barmherzigkeit wiedergeboren hat zu einer lebendigen Hoffnung durch die Auferstehung Jesu Christi von den Toten, zu einem unvergänglichen und unbefleckten und unverwelklichen Erbe, das aufbewahrt wird im Himmel für euch, die ihr aus Gottes Macht durch den Glauben bewahrt werdet zur Seligkeit, die bereit ist, dass sie offenbar werde zu der letzten Zeit. Dann werdet ihr euch freuen, die ihr jetzt eine kleine Zeit, wenn es sein soll, traurig seid in mancherlei Anfechtungen, damit euer Glaube als echt und viel kostbarer befunden werde als das vergängliche Gold, das durchs Feuer geläutert wird, zu Lob, Preis und Ehre, wenn offenbart wird Jesus Christus. Ihn habt ihr nicht gesehen und habt ihn doch lieb; und nun glaubt ihr an ihn, obwohl ihr ihn nicht seht; ihr werdet euch aber freuen mit unaussprechlicher und herrlicher Freude, wenn ihr das Ziel eures Glaubens erlangt, nämlich der Seelen Seligkeit. (1. Petrus 1, 3 – 10)

Predigt:

Liebe Gemeinde!

Auch wenn sich die meisten von uns nicht als Angehörige des Tierreiches bezeichnen würden, so ist uns allen doch eine „tierische“ Gemütsverfassung nicht fremd: der Katzenjammer und die Katerstimmung. Zu solch „tierischen“ Gefühlen braucht es allerdings wahrlich keine durchzechte Nacht oder ein ausuferndes Fest am Vortag. Wir müssen noch nicht einmal über die Stränge geschlagen haben, um so zu jammern oder solcher Stimmung anheim zu fallen. Es reicht schlicht und ergreifend zu erleben, wie nach dem Feiertag der Alltag wieder Einzug hält, wie nach der festlichen Ausnahme der regulierte Trott von Neuem beginnt, wie nach der Hoch-Zeit sich alles wieder auf „Normal-Null“ zubewegt.

Dann sind sie bei uns angesagt: Katzenjammer und Katerstimmung. Die Lieder des Festes schwingen in uns noch nach, aber ihr Echo wird immer schwächer; geschenkte und gelebte Zeit ist noch ganz gegenwärtig, aber sie verschiebt sich in die Erinnerung und wird damit Vergangenheit; unbändige Freude und Jubel haben ihre Spuren hinterlassen, aber das gestrige Lachen klingt von Tag zu Tag hohler. Katzenjammer – Katerstimmung: Erinnere dich nur nicht an das Da-mals, weil dadurch das Heute noch schrecklicher wird. Und dann wachst du eines Morgens auf und fragst dich: War da überhaupt etwas gewesen?

Ja, war da überhaupt etwas gewesen, vor gerade mal einer Woche? An die sieben Wochen voller Vorbereitung haben wir hinter uns gebracht, vielleicht sogar sieben Wochen ohne den einen oder anderen Wohlstandsballast, und dann wurde es endlich Ostern: Die Nacht wurde zum (Oster-)Tag gemacht in der Osternacht, oder wir sind mit den Hühnern aufgestanden, um den neuen Tag mit dem Ostergruß willkommen zu heißen. Dann das Ostereiersuchen mit Kind und Kegel, Festtagbraten, Osterspaziergang, Feiertagsprogramm, und der Montag gerade gut genug zum Abhängen, Erholen und Verdauen der Feiertagserlebnisse.

Und dienstags hat er uns wieder, der Alltag: „Der Herr ist auferstanden!“ - Was heißt das nun für mich, wenn mich jeden Morgen um halb sieben der Wecker zur Ordnung des Alltag ruft. „Er ist wahrhaftig auferstanden!“ - Wie klingt das in meinem alltäglichen Sorgen um das tägliche Brot. „Gelobt sei Gott im höchsten Thron!“ - Erlebe ich das etwa an meinem Arbeitsplatz, im Kreise meiner Lieben? Ostern? War da überhaupt etwas gewesen?

War da überhaupt etwas gewesen? Die Jüngerinnen und Jünger Jesu werden sich das damals auch gefragt haben. Es war ja ein tägliches Fest, als Jesus noch bei ihnen war, so, als hätte in ihm der Himmel die Erde berührt, so, als hätte Gott Platz genommen in ihren Reihen, so, als hätte alles Unheil dieser Welt eine Auszeit genommen. Und jetzt: Aus und vorbei. Jetzt ist Jesus tot. Gekreuzigt. Hingerichtet. Die Jünger sind enttäuscht, resigniert und ratlos. Katzenjammer, Katerstimmung, und mehr noch: In tiefer Trauer und Hoffnungslosigkeit sind die Zwölf, sind die vielen anderen, die ihm nachgefolgt waren, jetzt in dieser Zeit nach Jesu Kreuzigung. Für sie ist Ostern noch keine reine Freude, noch nicht einmal ein verlängertes Wochenende mit Festtagsbraten und Ostereiersuchen im Kreise der Familie. Und mit der Nachricht der Frauen vom leeren Grab, mit dieser unglaublichen Botschaft von der Auferstehung Jesu, können sie eigentlich noch nichts anfangen, auch das kann sie nicht aus Zweifel und Skepsis reißen.

Es ist eben für sie noch nicht die Stunde der Freudenlieder vom Sieg des Lebens über den Tod, es ist noch die Stunde der Zweifler, es ist die Stunde eines Thomas, dessen Geschichte wir gerade als Evangeliumslesung des heutigen Sonntags gehört haben. Die Erfahrung der Frauen, dass der tote Jesus wirklich lebendig sein soll, ist für ihn unglaublich. Karfreitag ist für Thomas auch nach der Auferstehung Jesu noch lange das ihn beherrschende Lebensgefühl.

Es braucht nicht mehr und nicht weniger als Zeit, bis die Zweifel weichen und die Auferstehungs-Freude sich auch beim letzten Jünger durchsetzt, und es braucht dann auch noch Gottes ganze Kraft von oben, bis die Freude der Jünger ansteckend und begeisternd wirken kann, bis sich die Botschaft von Ostern auch im tiefsten Winkel ihres Herzens sich durchsetzt: Das Reich Gottes ist zum Greifen nahe, noch schnell bis zum Ende der Welt und zum letzten Menschen laufen und jedem, der es hören will, erzählen: „Jesus Christus, der Herr ist auferstanden, er ist wahrhaftig auferstanden. Und du darfst mit ihm aufstehen, aus aller Vergänglichkeit und Todesverfallenheit. Auch du darfst mit ihm auferstehen vom Tod in die Fülle des Lebens bei Gott. Er wird kommen, bald, und wird uns alle zu sich ziehen. Sein Reich kommt – bald!“

Diese Botschaft wird damals gehört und findet Glauben, aber sie findet eben auch erbitterte Gegner. Und so finden sich viele Nachfolger Jesu dann ganz real an der Seite des Gekreuzigten wieder. Die Botschaft aber geht trotzdem ins Land und mit ihr auch die Zeit, in der sich die Welt doch ändern sollte, aber nicht verändert. Eine Änderung, geschweige denn ein Ende der alten Welt ist nicht in Sicht; was einst zum Greifen nahe schien, ist nun verschwunden. Und wieder stellt sich für Nachfolger Jesu die Frage: War da überhaupt etwas gewesen? War das alles nicht doch nur ein billiges Strohfeuer, das inzwischen ausgebrannt ist, war das nur ein letzter Strohhalm, der doch nicht tragen konnte, war das alles nur Autosuggestion und keine wahre Begeisterung?

Die ersten christlichen Gemeinden müssen auf diesem Hintergrund neu Glauben lernen. Und das braucht Zeit, das braucht Geduld, das braucht Vertrauen, das braucht Ausdauer, das braucht Ermutigung – und das braucht immer wieder neue Hoffnung. Es sind dann Menschen, wie der Autor des ersten Petrusbriefes, die sich der Aufgabe stellen, mit ihrem Predigen die Hoffnung am Leben zu halten. Er stellt unbeirrt gegen die Frage einer trüben Erinnerung „War da überhaupt etwas gewesen?“ die Antwort der klaren Hoffnung: „Es wird etwas sein, weil etwas war!“

Hoffnung lässt uns immer wieder neue Kraft schöpfen. Sie ist die Kraft, die sich von der Gegenwart nicht zu Boden werfen lässt, die Hoffnung glaubt an die Zukunft. Die Hoffnung ist die Kraft der Zukunft, die in der Gegenwart hilft und wirkt. Wo ein Leben ganz ohne Hoffnung und Aussicht gelebt wird, da wird das Menschsein gleich zum hoffnungslosen Fall. Die Hoffnung schenkt uns dort den langen Atem, wo uns die Begegnung mit Tod und Vergänglichkeit den Atem rauben wollen, denn die Hoffnung sieht weiter, sogar über den Tod hinaus.

Hoffnung kann dazu helfen, dass wir Menschen wieder ganz bei Trost sind. Und doch gibt es auch die Hoffnung, die uns wie eine billige Vertröstung begegnet, die uns den Himmel vor Augen malt, damit wir sie vor der Hölle um uns herum tatenlos verschließen. Das will aber der erste Petrusbrief gerade nicht, indem er die Zukunft in der Vergangenheit erdet. Er kann in den Himmel deuten, weil er mit beiden Füßen auf der Erde steht. Er kann das Ziel weisen, weil er um den Anfang weiß. Weil das Fundament gelegt ist, kann er darauf weiter bauen.

Und dieses Fundament ist für ihn Jesus Christus. Jesus hat mit seinem Sieg über den Tod, er hat mit seiner Auferstehung bewiesen, dass die Dinge nicht mehr so weiter gehen werden, wie sie das seit Anbeginn der Welt tun. Es gibt deshalb die berechtigte Hoffnung, dass seine Auferstehung zwar einzigartig bleiben wird, dass aber Auferstehung nicht einmalig bleiben muss und uns durchaus mit meinen könnte. Wer das glaubt, der darf sich schon jetzt als neuer Mensch begreifen, der ist wie neu geboren, dem ist die Hoffnung eine Bank, der hat sein himmlisches Erbteil schon jetzt sicher.
Es ist dieser besondere Blick der Hoffnung, der uns verändert. Die Hoffnung auf das „Noch nicht“ fasst Fuß im „Schon jetzt“. Die in der Vergangenheit geerdete Zukunft verändert die Gegenwart: Die Hoffnung gebiert den Mut, sich mit Dingen nicht abzufinden. Wer hofft, der versucht die Dinge, der versucht die Welt so zu gestalten, bis sie seiner Hoffnung entspricht. Wer hofft, der kann auch in scheinbar auswegslosen Situationen einen Weg finden. Der Mensch, der hofft, ist immer auch ein fröhlicher Mensch, denn er freut sich schon im Voraus, er kennt und besitzt die Vorfreude auf das, was noch nicht ist, auf das, was er erhofft.

Ja, zugegeben: Es bleibt immer noch schwer vermittelbar, wenn sich auf dem Gesicht von Menschen im allgemeinen Katzenjammer, in überhand nehmender Katerstimmung, ein Lächeln breit macht. So richtig verstehen kann das wohl nur einer, der wirklich liebt. Denn der lebt wie der Hoffende hier und heute aus der Vergangenheit von der Zukunft. Der lebt in der Nacht schon vom Licht des neuen Tages. Der weiß: Da war etwas gewesen. Und der hofft „mit unaussprechlicher und herrlicher Freude“: Da wird auch wieder etwas sein!
Amen.

Verfasser: Pfarrer Uwe Handschuch, Waldstraße 12, 63128 Dietzenbach

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