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Lesegottesdienst vom Gottesdienst-Institut Nürnberg unter Berücksichtigung der Corona-Pandemie

von Christine Schürmann (94821 Nürnberg)

Predigtdatum : 14.06.2020
Lesereihe : II
Predigttag im Kirchenjahr : 1. Sonntag nach Trinitatis
Textstelle : Apostelgeschichte 4,32-37
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Wochenspruch: Christus spricht: Wer euch hört, der hört mich; und wer euch verachtet, der verachtet mich. (Lukas 10,16a)

Psalm: 34,2–11 (EG 718)

Predigtreihen

Reihe I: Johannes 5,39-47
Reihe II: Apostelgeschichte 4,32-37
Reihe III: Jona 1,1-2,2(3-10)11
Reihe IV: Lukas 16,19-31
Reihe V: 1. Johannes 4,(13-16a)16b-21
Reihe VI: Jeremia 23,16-29

Liedvorschläge

Eingangslied: EG 241,1-4 Wach auf, du Geist der ersten Zeugen
Wochenlied: EG 365,1-5 Von Gott will ich nicht lassen
Predigtlied: EG 251,1.3.5-7 Herz und Herz vereint zusammen

Predigttext Apostelgeschichte 4,32–37

Die Gütergemeinschaft der ersten Christen

32 Die Menge der Gläubigen aber war ein Herz und eine Seele; auch nicht einer sagte von seinen Gütern, dass sie sein wären, sondern es war ihnen alles gemeinsam.
33 Und mit großer Kraft bezeugten die Apostel die Aufer-stehung des Herrn Jesus, und große Gnade war bei ihnen allen.
34 Es war auch keiner unter ihnen, der Mangel hatte; denn wer von ihnen Land oder Häuser hatte, verkaufte sie und brachte das Geld für das Verkaufte
35 und legte es den Aposteln zu Füßen; und man gab einem jeden, was er nötig hatte.
36 Josef aber, der von den Aposteln Barnabas genannt wurde – das heißt übersetzt: Sohn des Trostes –, ein Levit, aus Zypern gebürtig,
37 der hatte einen Acker und verkaufte ihn und brachte das Geld und legte es den Aposteln zu Füßen.

Der Gottesdienst

[Eingangslied]

Eingangswort

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.

Der Herr sei mit uns.

„Apostel und Propheten“ ist das Leitbild des heutigen Sonntags. Gott hat immer wieder Apostel und Propheten, Jüngerinnen und Jünger berufen und beauftragt. Als seine Gemeinde hören wir auf die Worte, die uns so gegeben und anvertraut sind. In der Nachfolge gestalten wir unser Leben, dass es dem Geist Christi entspricht und nach außen ausstrahlt.

Gebet

Du unbegreiflich liebender Gott,
die Himmel können dich nicht fassen –
und doch kommst du uns nahe in Jesus Christus, deinem Wort.
Hilf, dass wir deine Stimme der Liebe erkennen und ihr folgen,
damit unser Leben dir gehöre,
durch Jesus Christus, unsern Herrn und Bruder.

Epistel: 1.Joh 4,(13-16a)16b-21
Die Liebe Gottes und die Liebe untereinander

(Daran erkennen wir, dass wir in ihm bleiben und er in uns, dass er uns von seinem Geist gegeben hat. Und wir haben gesehen und bezeugen, dass der Vater den Sohn gesandt hat als Heiland der Welt. Wer nun bekennt, dass Jesus Gottes Sohn ist, in dem bleibt Gott und er in Gott. Und wir haben erkannt und geglaubt die Liebe, die Gott zu uns hat.)
 Gott ist Liebe; und wer in der Liebe bleibt, der bleibt in Gott und Gott in ihm. Darin ist die Liebe bei uns vollendet, auf dass wir die Freiheit haben, zu reden am Tag des Gerichts; denn wie er ist, so sind auch wir in dieser Welt. Furcht ist nicht in der Liebe, sondern die vollkommene Liebe treibt die Furcht aus. Denn die Furcht rechnet mit Strafe; wer sich aber fürchtet, der ist nicht vollkommen in der Liebe. Lasst uns lieben, denn er hat uns zuerst geliebt. Wenn jemand spricht: Ich liebe Gott, und hasst seinen Bruder, der ist ein Lügner. Denn wer seinen Bruder nicht liebt, den er sieht, der kann nicht Gott lieben, den er nicht sieht. Und dies Gebot haben wir von ihm, dass, wer Gott liebt, dass der auch seinen Bruder liebe.

Evangelium: Lukas 16,19-31
Vom reichen Mann und armen Lazarus

Es war ein reicher Mann, der kleidete sich in Purpur und kostbares Leinen und lebte alle Tage herrlich und in Freuden. Ein Armer aber mit Namen Lazarus lag vor seiner Tür, der war voll von Geschwüren und begehrte sich zu sättigen von dem, was von des Reichen Tisch fiel, doch kamen die Hunde und leckten an seinen Geschwüren. Es begab sich aber, dass der Arme starb, und er wurde von den Engeln getragen in Abrahams Schoß. Der Reiche aber starb auch und wurde begraben. Als er nun in der Hölle war, hob er seine Augen auf in seiner Qual und sah Abraham von ferne und Lazarus in seinem Schoß. Und er rief und sprach: Vater Abraham, erbarme dich meiner und sende Lazarus, damit er die Spitze seines Fingers ins Wasser tauche und kühle meine Zunge; denn ich leide Pein in dieser Flamme. Abraham aber sprach: Gedenke, Kind, dass du dein Gutes empfangen hast in deinem Leben, Lazarus dagegen hat Böses empfangen; nun wird er hier getröstet, du aber leidest Pein. Und in all dem besteht zwischen uns und euch eine große Kluft, dass niemand, der von hier zu euch hinüberwill, dorthin kommen kann und auch niemand von dort zu uns herüber. Da sprach er: So bitte ich dich, Vater, dass du ihn sendest in meines Vaters Haus; denn ich habe noch fünf Brüder, die soll er warnen, damit sie nicht auch kommen an diesen Ort der Qual. Abraham aber sprach: Sie haben Mose und die Propheten; die sollen sie hören. Er aber sprach: Nein, Vater Abraham, sondern wenn einer von den Toten zu ihnen ginge, so würden sie Buße tun. Er sprach zu ihm: Hören sie Mose und die Propheten nicht, so werden sie sich auch nicht überzeugen lassen, wenn jemand von den Toten auferstünde.

[Evtl. Apostolisches Glaubensbekenntnis (EG Seite 1150)]

[Wochenlied]

Predigt

[Predigtwort]

I.

Sie saßen am Tisch zusammen, Vater und Sohn, und wie jeden Abend blieben sie nach dem Abendessen noch ein wenig beisammen. Der Vater erzählte von früher, der Sohn interessierte sich sehr dafür, wie die Menschen früher miteinander gelebt haben. Und manchmal fragte der Vater den Sohn, wie er sich sein Leben vorstellte, welche Träume er hätte und welche Hoffnung.

Und immer wieder einmal sprach der Sohn von seiner Idee gemeinschaftlichen Zusammenlebens. So auch an diesem Abend.

„Wie wäre es, wenn wir unser Haus öffnen für andere Menschen und mit ihnen unseren Besitz teilen?“ So konkret hatte der Sohn das noch nie formuliert.

Das Haus war seit Jahrhunderten im Familienbesitz – eine stolze Messingtafel neben dem Eingang informierte darüber.

„Ach, geh weg!“ – mit einer schnellen Handbewegung fegte der Vater den Traum des Sohnes vom Tisch.

„Immer diese kommunistischen Ideen, das funktioniert doch nicht.“

Ohne Angst beschreibt nun aber der Sohn seinen Traum: „Ich stelle mir das so vor: dass Menschen – egal wo, das muss ja nicht in diesem Haus sein – miteinander leben und jeder seinen Besitz so mit den anderen teilt, dass niemand Mangel hat; das ist eine Gütergemeinschaft, die schon bei den ersten Christen versucht wurde – das ist kein Kommunismus, sondern ein freier Umgang mit seinem Eigentum. Wenn einer Mangel leidet, dann gibt ein anderer von seinem Besitz etwas ab. Ich mag das nicht, wenn alle so an ihrem Eigentum kleben und es für das Wichtigste im Leben halten, das Eigene zu vermehren, den Besitz zu vergrößern.“

Der Vater streicht mit seiner Hand über die grobe Tischplatte und schaut seinen Sohn lange an.

II.

Was ist von so einer Idee nur zu halten?

Die Angst, einer „kommunistischen“ Idee nachzujagen und das Utopia auf Erden erschaffen zu wollen, gehört längst der Vergangenheit an. Das ist nicht die Angst, die gerade umgeht. Es ist eine Angst, die selbst so jemanden zur Vorsicht raten lässt, der dem Gedanken eigentlich nicht abgeneigt ist. Aber jetzt, ausgerechnet in dieser Zeit, sein Haus für andere zu öffnen – das geht gar nicht. Darf man auch gar nicht, jedenfalls noch nicht. Nur langsam und sicher – auch zu Recht langsam – werden die Beschränkungen wieder aufgehoben. Aber auch dann, wenn es wieder einmal so sein wird, dass man sich ungeschützt wird treffen können, selbst dann, wird diese Zeit ihre Spuren hinterlassen haben – im Umgang miteinander.

Aber vielleicht gerade deshalb bekommt diese Geschichte einen utopischen Glanz, denn was wäre, wenn… Was wäre, wenn es doch so sein könnte? Ja, sicher, vielleicht erst einmal nur den Stand vor der Krise wieder erreichen. Ja, damit wäre schon viel gewonnen. Aber die Krise führt uns auch den großen Wert zwischenmenschlicher Beziehungen vor Augen. Viele vermissen Geselligkeit, das Zusammensein mit anderen, den direkten persönlichen Austausch.

III.

Selbstverständlich zeichnet die Apostelgeschichte ein idealisiertes Bild von den Anfängen der ersten Christengemeinden: das einmütige Beisammensein in den Häusern, der Gottesdienst dort und die Gütergemeinschaft. Die Apostelgeschichte ist aber auch so ehrlich, von Konflikten und Betrug innerhalb dieser ersten Christengemeinden zu berichten.

Dieser Rückblick auf unsere christlichen Anfänge ist durchaus spannend und auch für uns heute zukunftsweisend. Der Verfasser der Apostelgeschichte will mit seiner Erzählung in die Gemeinden nach innen wirken und zugleich betont er die Außenwirkung. So, wie die Christen leben, so werden sie wahrgenommen. Ihr Leben ist wie Verkündigung des Wortes Gottes. Sie müssen anders leben als die Menschen, die nicht erlöst sind.

Das merkt man an ihrer Einmütigkeit und an der Gütergemeinschaft.

Da schämt man sich über einen anderen, der auch Gemeindeglied ist – wie kann der nur so handeln.

Da sagt eine, die ohne Konfession lebt: „Also bei den Christen ist es auch nicht besser als bei den anderen. Scheinheilig finde ich das.“

Und natürlich gibt es auch Kirchengemeinden, in denen großer Streit herrscht.

Am Miteinander muss man arbeiten – ein Herz und eine Seele werden, das ist Ziel und Wunsch und Arbeit. Ja, man kann zugespitzt sagen: Ein Herz und eine Seele werden wir nur, wenn wir beten – füreinander.

Es betet sich leichter, wenn man voneinander weiß – was in diesen Zeiten vielleicht manchem schwerer fällt. Auch wenn man sich jetzt zwar immer mehr, aber immer noch nicht so wie vor der Krise begegnen kann, so gibt es doch andere Wege, wie wir voneinander erfahren – von dem, was einen anderen belastet oder freut, was ihm Sorgen bereitet oder großes Glück bedeutet. Not macht erfinderisch. Auch die Gebet-Not macht erfinderisch.

IV.

Ein Herz und eine Seele sein – das ist Auftrag, Ziel und Arbeit. In der Apostelgeschichte steht auch, dass es Gnade ist: und große Gnade war bei ihnen allen.

Das Innenleben einer Gemeinschaft will ehrlich und differenziert betrachtet werden, ebenso wie die Außenwirkung einer Gemeinschaft: Wie wirkt das Zusammenleben auf andere? Sind wir als Gemeinde eine verschworene Gemeinschaft? Wir drinnen, die draußen?

Wie passt dieses Gemeinschaftsbild zu unserer diversen Gesellschaft? Wie passt das zu unserem Willen, uns zu öffnen? Freimütig allen einen einfachen Zugang zum Evangelium zu ermöglichen – wie geht das?

V.

Bis vor kurzem war der für eine Kirchengemeinde selbstverständlichste Ausdruck ihrer Gemeinschaft nicht mehr möglich: die gemeinsame Feier von Gottesdiensten. So etwas gab es in den vergangenen Jahrzehnten noch nie. Ein Ausnahmezustand.

Viele Kirchengemeinden haben daher andere Wege gefunden, nach innen und nach außen zu zeigen, dass die Herz-und-Seelen-Gemeinschaft immer noch existiert. Da ist eine neue Verbundenheit gesucht und gefunden worden, quer durch alle Generationen. Zum Beispiel durch die Übertragung von Gottesdiensten aus der eigenen Kirche heraus. Oder durch kleine Bläserchöre, die zu einer bestimmten Uhrzeit vom Kirchturm herab ein Lied gespielt haben. Oder durch „Gottesdienst“-Pakete für zu Hause, durch die die eigene Familie als Ort gelebter Frömmigkeit neu entdeckt worden ist.

Auch wenn man in den vergangenen Wochen sich nicht zum Gottesdienst treffen konnte, so haben viele Kirchengemeinden einen ganz besonderen Schatz entdeckt, den sie mit der ganzen Welt geteilt haben: ihre offene Kirche. Die war Anlaufstation für viele Menschen, die ihre Verbundenheit mit der Gemeinschaft zeigen wollten. Und die war Verteilstation für viele kleine und große Dinge, die man sich aus der Kirche mit nach Hause nehmen konnte, um dort ein Stück Gemeinschaft zu haben.

In der Apostelgeschichte entdecken wir diese große Verheißung: Auch in widerständigen Zeiten bleibt die Gnade Gottes bei den Söhnen und Töchtern des Trostes, die miteinander und mit anderen teilen.

Als Gemeinschaft der Besonnenen und Aufmerksamen – so stehen wir Christen für und in der Welt.

Amen.

[Predigtlied]

Fürbittengebet

Wir bitten dich, Gott,
um dein Geleit auf unserem Weg durch das Leben,
um dein Wort, das uns Kraft gibt,
das uns befreit und ermutigt, Tag für Tag.

Wir bitten dich
für alle, die mit uns gehen,
für unsere Angehörigen und Freunde,
für unsere Nachbarn,
für die Menschen, mit denen wir die Arbeit teilen.

Wir bitten dich
für unsere Gemeinde, für die ganze Kirche auf ihrem Weg durch die Zeit,
für die Männer und Frauen im kirchlichen Dienst.

Wir bitten dich
für unser Volk und die Gemeinschaft der Völker,
für alle, die besondere Verantwortung tragen,
dass sie den Weg des Friedens
und der Gerechtigkeit gehen.

Wir bitten dich für die Menschen,
die Schweres zu bewältigen haben,
die müde werden auf ihrem Weg,
für die Mutlosen und Schwermütigen,
für die Kranken und Sterbenden.

Gott, unser Vater,
du hast uns den Weg zum Leben gewiesen
in deinem Sohn Jesus Christus.
Hilf uns durch deinen Geist,
dass wir ihn gehen – bis ans Ziel.  

Vaterunser

Bitte um Segen

Der Herr segne uns und behüte uns.
Der Herr lasse sein Angesicht leuchten über uns und sei uns gnädig.
Der Herr erhebe sein Angesicht auf uns und gebe uns + Frieden.

Verfasserin: Von Dr.Thomas Melzl und Gottfried Greiner aktualisierte Lesepredigt von Dekanin Christine Schürmann, Kirchenberg 13, 94821 Nürnberg