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Lesegottesdienst vom Gottesdienst-Institut Nürnberg unter Berücksichtigung der Corona-Pandemie

von Christian Frühwald (Michelau in Oberfranken)

Predigtdatum : 22.03.2020
Lesereihe : II
Predigttag im Kirchenjahr : Lätare
Textstelle : Jesaja 66,10-14
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Wochenspruch: Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und erstirbt, bleibt es allein; wenn es aber erstirbt, bringt es viel Frucht. (Johannes 12,24)

Psalm: 84,2-13

Predigtreihen

Reihe I: Johannes 6,47-51
Reihe II: Jesaja 66,10-14
Reihe III: Johannes 12,20-24
Reihe IV: 2. Korinther 1,3-7
Reihe V: Jesaja 54,7-10
Reihe VI: Lukas 22,54-62

Liedvorschläge

Eingangslied: 441, 1-5 Du höchstes Licht, du ewger Schein
Introitus: 750; 801.6; 802.10
Wochenlied: 98, 1-3 Korn, das in die Erde, EG 396, 1-4 Jesu, meine Freude
Predigtlied: 398,1-2 In dir ist Freude, KAA 091,1-5 Wenn das Brot, das wir teilen, als Rose blüht
Schlusslied: 441, 7-8 Du höchstes Licht, du ewger Schein

Predigttext Jesaja 66, 10 - 14
Heil und Gericht

10 Freuet euch mit Jerusalem und seid fröhlich über die Stadt, alle, die ihr sie lieb habt! Freuet euch mit ihr, alle, die ihr über sie traurig gewesen seid.
11 Denn nun dürft ihr saugen und euch satt trinken an den Brüsten ihres Trostes; denn nun dürft ihr reichlich trinken und euch erfreuen an ihrer vollen Mutterbrust.

12 Denn so spricht der HERR: Siehe, ich breite aus bei ihr den Frieden wie einen Strom und den Reichtum der Völker wie einen überströmenden Bach. Da werdet ihr saugen, auf dem Arm wird man euch tragen und auf den Knien euch liebkosen.
13 Ich will euch trösten, wie einen seine Mutter tröstet; ja, ihr sollt an Jerusalem getröstet werden.
14 Ihr werdet's sehen und euer Herz wird sich freuen, und euer Gebein soll grünen wie Gras. Dann wird man erkennen die Hand des HERRN an seinen Knechten und den Zorn an seinen Feinden.

Gruß

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.
Amen.

Der Herr sei mit euch.
Und mit deinem Geist.

Liebe Gemeinde!
Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und erstirbt, bleibt es allein; wenn es aber erstirbt, bringt es viel Frucht.
Vom Tod und Sterben möchte man in diesen Tagen nicht gern hören. Aber der Wochenspruch lenkt unseren Blick auf die Zukunft: die Frucht aus diesem Samenkorn, die Frucht aus dem Tod Jesu ist unsere Zukunft. Aus Jesu Tod ist neues Leben gewachsen, neues Leben für die ganze Welt. Grund zur Freude, zum Sonntag mit dem Namen „Lätare“, freut euch – mitten in der Passionszeit.[1]

Gebet des Tages

Gott, du Quelle der Freude mitten im Leide,
du gibst uns Zukunft über dieses Leben hinaus.
Auf dich vertrauen wir und bitten dich:
Führe uns auf unserem Weg auch durch unsichere Zeiten.
Schenke uns Zuversicht aus deinem Wort
durch Christus, unseren Herrn.

Hinführende Gedanken

  1. Diese Predigt ist eine für die aktuelle Situation mitten in der Unsicherheit der Corona-Pandemie überarbeitete und leicht gekürzte Fassung der Lesepredigt.
  2. Der Sonntag Lätare heißt auch das „kleine Ostern“. Mitten in der Passionszeit scheint die Freude über Gottes Treue und Liebe auf. Wir erinnern uns daran, dass auch inmitten des größten Leids Gott uns nah ist.
  3. Historisch spiegelt der Predigttext Trauer, Hoffnung und Liebe zur Stadt Jerusalem wider. Es kommt auch nach dem Ende (Zerstörung Jerusalems) doch noch die Zeit der Fülle – das ist der Glaube unserer jüdischen Schwestern und Brüder. Mit ihnen hoffen wir auf die Verheißung Gottes für die Stadt und die Menschen.
  4. Das Bibelwort stellt uns eine Zukunft mit Gott vor Augen: wie eine Mutter ist Gott, die den Schmerz wahrnimmt, den Jammer stillt, uns trägt und wiegt und tröstet. Ein Gottesbild, das uns eine Zukunft in Aussicht stellt: Freude mitten im Leide – auch in Zeiten von Corona.

Predigt

I.

Liebe Gemeinde, Lätare – freue dich! Sei fröhlich!

Lätare – so heißt der heutige Sonntag. Als Christ freue ich mich gerne. Gerne teile ich im Gottesdienst mit Anderen meine Freude, meine Fröhlichkeit. Und trotzdem befinden wir uns mitten in der Passionszeit. Durch die Corona-Pandemie ist diese Zeit noch einmal mehr zu einer besonders ruhigen und nachdenklichen Zeit geworden: Die Gottesdienste fallen aus, das gesellschaftliche Leben kommt zum Erliegen. Unsere sozialen Kontakte müssen wir einschränken.

Mitten in dieser Zeit der Verunsicherung hören wir:

„Freut Euch! Seid fröhlich!“

Geht das?

Wir erinnern uns in dieser Zeit an das Leiden Christi, seinen Weg zum Kreuz und Tod. Wir denken in dieser Zeit besonders an das Leiden in der Welt – nah und fern und auch an persönliches Leid. Da gibt es doch offenkundig keinen Anlass zur Freude. „Doch!“, sagt die Bibel. „das Leiden hat nicht das letzte Wort.“

Wir hören Worte aus dem Buch des Propheten Jesaja:

[Predigttext]

II.

Mütter trösten – und Väter auch. Gerade in den letzten Tagen mussten Mütter und Väter wahrscheinlich viel trösten: Die Kleinen vermissen ihre Freundinnen und Freunde aus dem Kindergarten; die Größeren wären vielleicht lieber in der Schule als eingesperrt zu Hause. Und die Eltern müssen zwischen Homeoffice oder Kurzarbeit hier ein weinendes Kind trösten, dort ein Pflaster kleben, und immer wieder aufmuntern, motivieren, gute Laune machen und versichern, dass es auch wieder anders wird.

Kinder brauchen das: die Zuwendung und Nähe von Mutter und Vater. Dann ist der Jammer nur noch halb so schlimm. Mehr als das Pflaster auf dem Knie wirkt, dass die Eltern da sind. Das Kind spürt die Nähe der Mutter. So kann es auch den Schmerz loslassen. So kann das Kind glauben, dass die Wunde am Knie wieder heilen wird.

Denn so spricht der HERR: Siehe, ich breite aus bei ihr den Frieden wie einen Strom und den Reichtum der Völker wie einen überströmenden Bach. Da werdet ihr saugen, auf dem Arm wird man euch tragen und auf den Knien euch liebkosen. Ich will euch trösten, wie einen seine Mutter tröstet.

Das Bild von der tröstenden Mutter ist ein starkes Bild. Es ist ein Bild Gottes. Ein wunderschönes Gottes-Bild. Es berührt ganz tief. Denn deutlich unterscheidet sich darin unser Gott von allen anderen Heilsversprechen dieser Welt. Unser Gott nimmt unser Leid wahr – in der Geschichte und bis heute. Er wischt es nicht weg. Sein Trost für uns – mitten in der Passionszeit 2020, mitten in einer Zeit von Ängsten und Verunsicherung durch „Corona“– sein Trost heißt:

„Auch jetzt seid ihr nicht allein.“

III.

Wir begehen als Christinnen und Christen die Passionszeit und erinnern uns an den Weg Jesu ans Kreuz. Wir erinnern uns an sein Leid, seinen Tod, und denken damit auch an das Leid und den Tod in dieser Welt:

  • an die Menschen im Leid und im Sterben – auch wenn die Sorge um uns selbst alles in Beschlag nehmen will;
  • an die Menschen in den Alten- und Pflegheimen; die jetzt noch mehr auf Berührung und Nähe verzichten müssen;
  • an die Menschen, für die Corona ein Fremdwort oder das kleinere Problem ist: in den Krisengebieten der Erde; die eher an Hunger oder Bomben sterben werden als an einem Virus.

So wie Jesus dem Leid der Welt nicht auswich, so können und brauchen wir als Christinnen und Christen wegschauen. Und auch wenn wir die aktuellen Nachrichten verfolgen, richten wir den Blick auf andere Menschen: Wer braucht in der Nachbarschaft Hilfe? Wer freut sich über einen Anruf?

IV.

Freuet euch mit Jerusalem und seid fröhlich über die Stadt, alle, die ihr sie lieb habt! Freuet euch mit ihr, alle, die ihr über sie traurig gewesen seid. Denn nun dürft ihr saugen und euch satt trinken an den Brüsten ihres Trostes; denn nun dürft ihr reichlich trinken und euch erfreuen an ihrer vollen Mutterbrust.

Liebe Schwestern und Brüder, wer selbst getröstet ist, kann trösten. Deshalb liegt schon mitten in der Passionszeit das „kleine Ostern“ – den Sonntag Lätare. In allem Tun und Sorgen werden wir durch unseren Gott ermutigt. Wir bekommen neue Energie aus der Freude an Gottes Liebe. Deshalb gilt mitten im Leid: Freuet euch – Lätare! Und das auch, wenn alles scheinbar gegen uns und unsere Freude spricht.

Vielleicht ist manchen flau angesichts der ständig steigenden Zahlen von Neuinfizierten und Toten. Vielleicht überfällt manchen die Panik und er denkt an „Hamsterkäufe“.  Vielleicht sind manche am Verzweifeln und fühlen sich mutlos, kleingläubig. Ja, wir sind verunsichert und traurig; wir sind belastet – körperlich oder seelisch. Doch gerade dann sind wir nicht allein. Gott hat in Jesus Christus das Leiden, die Verzweiflung und den Tod selbst auf sich genommen. So ist er nahe bei uns – so nahe wie eine tröstende Mutter bei ihrem Kind.

V.

Freuet euch mit Jerusalem und seid fröhlich über die Stadt, alle, die ihr sie liebhabt! Freuet euch mit ihr, alle, die ihr über sie traurig gewesen seid. Denn nun dürft ihr saugen und euch satt trinken an den Brüsten ihres Trostes; denn nun dürft ihr reichlich trinken und euch erfreuen an ihrer vollen Mutterbrust.

Diese Hoffnung auf die Freude nach allem Leid – diese Hoffnung schenkt uns Gott.  Diese Hoffnung lässt Gott in uns wachsen – wie das Weizenkorn, das wächst und Frucht bringt für andere. Amen.

Fürbittengebet

Lasst uns in Frieden den Herrn anrufen:
Erbarme dich, Gott!
Für alle, die in Angst und Sorge sind,
die um die Gesundheit geliebter Menschen bangen,
die um Verstorbene trauern, bitten wir:

Erbarme dich, Gott!

Für alle, die in ihrer Existenz erschüttert sind,
die nicht wissen, wie es für sie weitergehen kann,
dass sie Unterstützung bekommen und in aller Sorge nicht Schaden nehmen an ihrer Seele, bitten wir:

Erbarme dich, Gott!

Für die gebeugten Menschen,
für die Menschen in den Risikogebieten der Welt,
für die Menschen in den Kriegsgebieten dieser Erde,
für alle, die sich nach Zukunft und Leben sehnen, bitten wir:

Erbarme dich, Gott!

Für die Menschen, die Hunger haben –
Hunger nach Brot,
Hunger nach Liebe und Nähe,
nach Freiheit und Gerechtigkeit,
für alle Menschen in Not und Bedrängnis bitten wir:

Erbarme dich, Gott!

Herr, du gibst dich für uns.
Du bist das Brot des Lebens.
Dir sei Ehre in Ewigkeit.

Verfasser: Durch Sabine Meister und Gottfried Greiner aktualisierte und bearbeitete Lesepredigt von Pfarrer Dr. Christian Frühwald, Kirchplatz 5 a, 96247 Michelau in Oberfranken.

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Anmerkungen:
[1] nach: Gottesdienst feiern. Gottesdienst an Sonn- und Feiertagen, M3,22.