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Lesegottesdienst vom Gottesdienst-Institut Nürnberg unter Berücksichtigung der Corona-Pandemie

von Armin Kübler (93309 Kehlheim)

Predigtdatum : 19.04.2020
Lesereihe : II
Predigttag im Kirchenjahr : Quasimodogeniti
Textstelle : Jesaja 40,26-31
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Wochenspruch: Gelobt sei Gott, der Vater unseres Herrn Jesus Christus, der uns nach seiner großen Barmherzigkeit wiedergeboren hat zu einer lebendigen Hoffnung durch die Auferstehung Jesu Christi von den Toten. (1. Petrus 1,3)

Psalm: 116,1-9.13 (EG 746)

Predigtreihen

Reihe I: 1. Petrus 1,3-9
Reihe II: Jesaja 40,26-31
Reihe III: Johannes 21,1-14
Reihe IV: Kolosser 2,12-15
Reihe V: 1. Mose 32,23-32
Reihe VI: Johannes 20,19-20(21-23)24-29

Liedvorschläge

Eingangslied: EG 100, 1.3.5 Wir wollen alle fröhlich sein
Wochenlied: EG 108, 1-3 Mit Freuden zart
Predigtlied: EG 111, 1.2.5.12.13 Frühmorgens, da die Sonn aufgeht

Predigttext Jesaja 40,26–31

Israels unvergleichlicher Gott

26 Hebt eure Augen in die Höhe und seht! Wer hat all dies geschaffen? Er führt ihr Heer vollzählig heraus und ruft sie alle mit Namen; seine Macht und starke Kraft ist so groß, dass nicht eins von ihnen fehlt.
27 Warum sprichst du denn, Jakob, und du, Israel, sagst: »Mein Weg ist dem HERRN verborgen, und mein Recht geht an meinem Gott vorüber«?

28 Weißt du nicht? Hast du nicht gehört? Der HERR, der ewige Gott, der die Enden der Erde geschaffen hat, wird nicht müde noch matt, sein Verstand ist unausforschlich.
29 Er gibt dem Müden Kraft und Stärke genug dem Unvermögenden.
30 Jünglinge werden müde und matt, und Männer straucheln und fallen;
31 aber die auf den HERRN harren, kriegen neue Kraft, dass sie auffahren mit Flügeln wie Adler, dass sie laufen und nicht matt werden, dass sie wandeln und nicht müde werden.

Der Gottesdienst

[Eingangslied]

Eingangswort

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes
Der Herr sei mit uns.

„Wie die neugeborenen Kinder“, wie neue Menschen sind wir durch die Auferstehung Christi geworden. Als Zeichen dafür wurde in der frühen Kirche die Taufe in der Osternacht gefeiert, und die Neugetauften haben dann eine Woche lang in den Gottesdiensten das weiße Taufkleid getragen – daher auch der Name „Weißer Sonntag“.

Gelobt sei Gott, der auch uns nach seiner großen Barmherzigkeit wiedergeboren hat zu einer lebendigen Hoffnung durch die Auferstehung Jesu Christi von den Toten![1]

Gebet

Himmlischer Vater,
du hast Jesus Christus auferweckt;
mit ihm sind wir zu einem neuen Leben berufen.
Hilf uns durch deinen Geist, ihn als unseren Herrn und Gott zu bezeugen, jetzt und in Ewigkeit.[2]
Amen.

Epistel: 1. Petrus 1,3-9

Gelobt sei Gott, der Vater unseres Herrn Jesus Christus, der uns nach seiner großen Barmherzigkeit wiedergeboren hat zu einer lebendigen Hoffnung durch die Auferstehung Jesu Christi von den Toten, zu einem unvergänglichen und unbefleckten und unverwelklichen Erbe, das aufbewahrt wird im Himmel für euch, die ihr aus Gottes Macht durch den Glauben bewahrt werdet zur Seligkeit, die bereitet ist, dass sie offenbar werde zu der letzten Zeit. Dann werdet ihr euch freuen, die ihr jetzt eine kleine Zeit, wenn es sein soll, traurig seid in mancherlei Anfechtungen, auf dass euer Glaube bewährt und viel kostbarer befunden werde als vergängliches Gold, das durchs Feuer geläutert wird, zu Lob, Preis und Ehre, wenn offenbart wird Jesus Christus. Ihn habt ihr nicht gesehen und habt ihn doch lieb; und nun glaubt ihr an ihn, obwohl ihr ihn nicht seht; ihr werdet euch aber freuen mit unaussprechlicher und herrlicher Freude, wenn ihr das Ziel eures Glaubens erlangt, nämlich der Seelen Seligkeit.

Evangelium: Johannes 20,19-29

Am Abend aber dieses ersten Tages der Woche, da die Jünger versammelt und die Türen verschlossen waren aus Furcht vor den Juden, kam Jesus und trat mitten unter sie und spricht zu ihnen: Friede sei mit euch! Und als er das gesagt hatte, zeigte er ihnen die Hände und seine Seite. Da wurden die Jünger froh, dass sie den Herrn sahen. Da sprach Jesus abermals zu ihnen: Friede sei mit euch! Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch. Und als er das gesagt hatte, blies er sie an und spricht zu ihnen: Nehmt hin den Heiligen Geist! Welchen ihr die Sünden erlasst, denen sind sie erlassen; welchen ihr sie behaltet, denen sind sie behalten. Thomas aber, einer der Zwölf, der Zwilling genannt wird, war nicht bei ihnen, als Jesus kam. Da sagten die andern Jünger zu ihm: Wir haben den Herrn gesehen. Er aber sprach zu ihnen: Wenn ich nicht in seinen Händen die Nägelmale sehe und lege meinen Finger in die Nägelmale und lege meine Hand in seine Seite, kann ich's nicht glauben. Und nach acht Tagen waren seine Jünger abermals drinnen, und Thomas war bei ihnen. Kommt Jesus, als die Türen verschlossen waren, und tritt mitten unter sie und spricht: Friede sei mit euch! Danach spricht er zu Thomas: Reiche deinen Finger her und sieh meine Hände, und reiche deine Hand her und lege sie in meine Seite, und sei nicht ungläubig, sondern gläubig! Thomas antwortete und sprach zu ihm: Mein Herr und mein Gott! Spricht Jesus zu ihm: Weil du mich gesehen hast, darum glaubst du? Selig sind, die nicht sehen und doch glauben!

[Evtl. Apostolisches Glaubensbekenntnis (EG Seite 1150)]

[Wochenlied]

Predigt

I.

„An die müde Gewordenen“ – so könnte die Überschrift für das heutige Predigtwort heißen. „An die Überforderten“ oder auch „An alle mit lahmen Flügeln“ oder „An die, denen alles zu viel wird“.
Es gibt so Zeiten im Leben. Jetzt – in Zeiten von „Corona“ – und auch sonst:
Im Fernsehen war das Bild einer italienischen Krankenschwester zu sehen: wie sie völlig erschöpft über einem Berg Krankenakten eingeschlafen war. Es war zu viel. Ausgebrannt, erschöpft, resigniert – manche Menschen erleben das jeden Tag. Die Aufgaben übersteigen ihre Kräfte.

Da ist die Frau, die ihren Mann über viele Jahre gepflegt hat. Zuletzt kam er aus dem Bett nicht mehr heraus. Jetzt ist er tot, schon seit einer Weile. Eine „Erlösung“, sagen die Kinder. Die Frau ist von der Last der Pflege befreit. Aber es gelingt ihr noch nicht wirklich, zurück ins Leben zu finden. Die Trauer, eine lähmende Müdigkeit hält sie immer noch gefangen.

Da ist ein junger Mann, Single, Mitte dreißig. Sein Beruf fordert ihn total. Er weiß: „Ich kann mich glücklich schätzen, diese tolle Stelle gefunden zu haben. Die Geschäfte laufen gut.“ Aber ständig diese Überstunden bis spät in den Abend hinein! Sogar am Samstag fährt er ins Büro. Nach einem freien Wochenende lechzt er wie ein Ertrinkender nach dem Rettungsboot. Wenn er mal frei hat, schläft er bis Mittag und verbringt den Rest des Tages vor dem Fernseher. Für Sport, Hobbies, Freunde hat er einfach keine Energie mehr.

Da ist dann auch noch die junge Mutter. Zusammen mit ihrem Mann sind sie aufs Land gezogen in ein Neubaugebiet. Dort war es eben günstiger als in der Stadt. Mittlerweile haben sie zwei Kinder. Sie sind darüber glücklich und stolz. Und gerne blieb sie deswegen erst mal zu Hause. Doch seit einiger Zeit vermisst sie die Kontakte in der Stadt sehr. Und der Alltag mit Haushalt und den Kindern kostet viel Kraft. Ihr Mann kriegt davon kaum etwas mit. Wenn er von der Arbeit gestresst nach Hause kommt, sind die Kinder oft schon im Bett. Manchmal sitzt sie allein vor dem Fernseher und fragt sich: Soll das schon alles gewesen sein?

Ja, manche Menschen sind sogar dauerhaft müde. Wie mit gebrochenen Flügeln bewegen sie sich mühsam durchs Leben. Sie sind mit ihrer Kraft am Ende.
An diese alle, an alle müde Gewordenen und Überforderten, an alle „Flügellahmen“ und Erschöpften richtet sich das heutige Predigtwort besonders.

[Predigtwort]

II.

Die ersten, denen diese „Mut-mach-Worte“ galten, lebten vor über 2500 Jahren. Geschrieben sind diese Worte ursprünglich für Migranten um 600 vor Christus: für die Israeliten, deren Hauptstadt Jerusalem von babylonischen Truppen in Schutt und Asche gelegt worden war, und die man ins Exil nach Babylon deportierte. Ihr Schicksal dauerte nicht nur ein paar Wochen oder Monate, sondern Generationen. So lange leben sie dort im fremden Land. Sie deuten ihr Schicksal als Gottes Strafe für den Unglauben ihres Volkes: Die Vorfahren hatten nicht auf die Warnungen der Propheten gehört und nun müssen sie immer noch die Konsequenzen tragen. Resignation macht sich breit. Gott – so kommt es ihnen vor – hat sich für immer abgewandt.

Doch dann, mitten in diese Situation hinein beruft Gott einen Propheten. Seinen Namen kennen wir nicht, aber seine Worte sind im Jesaja-Buch aufbewahrt. Luther nannte diese Kapitel 40-55 das „Trostbuch von der Erlösung Israels“.
Der Prophet tröstet sein Volk, er tröstet die Resignierten, die Erschöpften, die Zweifelnden und die „Flügellahmen“.

„Kopf hoch“, sagen wir manchmal, wenn wir jemanden aufmuntern wollen. Jesaja sagt etwas ganz Ähnliches: „Hebt eure Augen in die Höhe und seht!“
Er erinnert die frustrierten Leute wieder an Gottes Macht. Er will die vom Frust zugeklebten und vernebelten Augen wieder öffnen. Er sagt: „Schaut euch doch mal um in Gottes Schöpfung! Seine Macht ist unendlich groß, viel größer als alle Mächte, die euch einschüchtern und Angst machen.“
Heute könnte man sagen: „Gott ist größer als die globalen Finanzmärkte, größer als alle Veränderungen durch die Digitalisierung, größer als der Klimawandel, größer als jede Krankheit.“ Es gilt eben nicht: „Alle Macht dem Virus!“ Gottes Macht und starke Kraft ist so groß, dass nicht eins von ihnen fehlt, erinnert der Prophet die Menschen. Er ruft sie alle mit Namen.
Du bleibst sein geliebtes Geschöpf! Auch wenn du matt und müde bist, vom Leben gezeichnet und völlig fertig – Gott ist und bleibt für dich da.

III.

Wer schon einmal selbst versucht hat, andere zu trösten, weiß, wie schwer das ist. Trösten funktioniert nicht auf Knopfdruck. Auch nicht bei Gott.

Vielleicht wünschen wir uns das manchmal, dass Gott hilft wie eine schnell wirksame Tablette: „Da ist ein Konflikt. Da ist ein Problem. Da ist unsere Müdigkeit. Dann bete ich und bald ist alles wieder gut.“ So wie sonst auch in unserem Leben: „Ich habe ein Bedürfnis. Ich drücke einen Knopf. Und schon wird die Wäsche gewaschen, der Kaffee zubereitet, das Geld überwiesen.“
Aber diese „Knopfdruckerwartung“ wäre ein großes Missverständnis. Das mit dem Knopfdruck ist unser Lebensgefühl, nicht Gottes Weg, jedenfalls in den allermeisten Fällen. Gott tickt anders. Er ist ja kein Computer oder Service-Dienstleister.

Jesaja verkündigt keinen „Gott auf Knopfdruck“. Er macht Mut zum langen Atem, zur Geduld, die uns ja auch in diesen Tagen empfohlen wird und die manchmal schon eine längst vergessene Tugend scheint.

Die auf den Herrn harren, kriegen neue Kraft.
Harren – das ist ein altes Wort. Dieses Harren lässt sich gut übersetzen mit „vertrauen und warten können“. Gott mutet uns das Warten zu. Manchmal geht es in den Kämpfen des Lebens schlicht darum, festzuhalten an Gott, mit dem Vertrauen weiterzumachen, nicht damit aufzuhören.

Das ist das Mut-Wort an all die Erschöpften und Flügellahmen, an die Müden und an die Überforderten:

Er gibt dem Müden Kraft und Stärke genug dem Unvermögenden. Jünglinge werden müde und matt, und Männer straucheln und fallen; aber die auf den HERRN harren, kriegen neue Kraft, dass sie auffahren mit Flügeln wie Adler, dass sie laufen und nicht matt werden, dass sie wandeln und nicht müde werden.

Ja, das ist so im Leben, dass auch „Jünglinge“, junge, kräftige Menschen erkranken und matt werden; und ja, auch Männer, starke und dynamische Menschen und Macher werden fallen und überfordert werden; die besten Pflegerinnen und Pfleger werden müde, die stärksten Eltern kommen an ihre Grenzen. Aber: Die auf den Herrn harren, kriegen neue Kraft.

Das wird uns versprochen: Harre aus, hab Gottvertrauen, warte ab, sei geduldig mit dir und mit deinen Mitmenschen. Es wird die Zeit kommen, dass du spürst: Jetzt hat Gott mich aufgerichtet!

IV.

Im Evangelium des Johannes wird diese Erfahrung beschrieben: Aufgerichtet werden, Auferstehung – das ist, wenn Jesus in unser Leben voller Furcht, in unsere Isolation, in unsere abgeschlossenen Wohnungen tritt:

Am Abend aber dieses ersten Tages der Woche, da die Jünger versammelt und die Türen verschlossen waren aus Furcht vor den Juden, kam Jesus und trat mitten unter sie und spricht zu ihnen: Friede sei mit euch!

Anders als erwartet tritt Gott in unser Leben. Und doch so, dass wir neu gestärkt werden. Manchmal so intensiv, dass wir fast meinen, zu fliegen. Gott schenkt solche Momente, in denen wir wieder Frieden bekommen. Wir kriegen Boden unter den Füßen. Neue Energien fließen uns zu. Wieder Kraft für den Job, für den schwierigen Kollegen, für die Beziehung, für eine Aufgabe oder eine notwendige Veränderung.

Die auf den Herrn harren, kriegen neue Kraft, dass sie auffahren mit Flügeln wie Adler, dass sie laufen und nicht matt werden, dass sie wandeln und nicht müde werden.

Amen.

[Predigtlied]

Fürbittengebet

Ewiger, barmherziger Gott,
durch Jesus Christus hast du uns alle zum Heil und zur Freude berufen.
Durch ihn bitten wir dich:

Schenke deiner Kirche immer neu deine lebendige Gegenwart.
Wir bitten dich: erhöre uns.

Schenke der Welt deinen Frieden, den sie sich selbst nicht geben kann.
Wir bitten dich: erhöre uns.

Schenke allen Getauften den Glauben, der zu neuem Leben befreit.
Wir bitten dich: erhöre uns.

Schenke den Kranken Heilung und Heil.
Wir bitten dich: erhöre uns.

Schenke allen, die sich für andere einsetzen, die Kraft deiner Liebe.
Wir bitten dich: erhöre uns.

Schenke unseren Verstorbenen das ewige Leben.
Wir bitten dich: erhöre uns.

Gott, Schöpfer der Welt, du hast an Ostern das Böse und den Tod besiegt und das Leben neu geschaffen. Überwinde unsere Zweifel und stärke das Vertrauen zu dir, durch Jesus Christus, deinen Sohn, unseren Herrn.[3]

Vaterunser

Bitte um Segen

Der Herr segne uns und behüte uns.
Der Herr lasse sein Angesicht leuchten über uns und sei uns gnädig.
Der Herr erhebe sein Angesicht auf uns und gebe uns + Frieden.

Verfasser: Durch Sabine Meister und Gottfried Greiner aktualisierter und bearbeiteter Lesegottesdienst. Lesepredigt von Pfarrer Armin Kübler, Reidenburger Str. 25, 93309 Kehlheim

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[1] Aus: Gottesdienst feiern, 25.
[2] Aus: Gottesdienst feiern, 244.
[3] Aus: Gottesdienst feiern, 389.