Wochenspruch: Christus spricht: Ich bin der gute Hirte. Meine Schafe hören meine Stimme, und ich kenne sie, und sie folgen mir; und ich gebe ihnen das ewige Leben. (Johannes 10,11a.27.28a)
Psalm: 23 (EG 711)
Reihe I: Johannes 10,11-16(27-30)
Reihe II: 1. Petrus 2,21b-25
Reihe III: Hesekiel 34,1-2(3-9)10-16.31
Reihe IV: Johannes 21,15-19
Reihe V: 1. Petrus 5,1-4
Reihe VI: 1. Mose 16,1-16
Eingangslied: EG 274, 1-5 Der Herr ist mein getreuer Hirt
Wochenlied: EG 358, 1-5 Es kennt der Herr die Seinen
Predigtlied: EG 391, 1-4 Jesu geh voran
21 Denn dazu seid ihr berufen, da auch Christus gelitten hat für euch und euch ein Vorbild hinterlassen, dass ihr sollt nachfolgen seinen Fußstapfen;
22 er, der keine Sünde getan hat und in dessen Mund sich kein Betrug fand;
23 der, als er geschmäht wurde, die Schmähung nicht erwiderte, nicht drohte, als er litt, es aber dem anheimstellte, der gerecht richtet;
24 der unsre Sünden selbst hinaufgetragen hat an seinem Leibe auf das Holz, damit wir, den Sünden abgestorben, der Gerechtigkeit leben. Durch seine Wunden seid ihr heil geworden.
25 Denn ihr wart wie irrende Schafe; aber ihr seid nun umgekehrt zu dem Hirten und Bischof eurer Seelen.
[Eingangslied]
Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes
Der Herr sei mit uns.
Wie ein guter Hirte ist Gott für uns da; voll Fürsorge und Barmherzigkeit führt er uns in unserm Leben. Für diese Wahrheit hat Jesus gelebt, dafür ist er gestorben, dafür hat er an Ostern den Tod besiegt. Auf seine Stimme hören wir, bei ihm machen wir unser Vertrauen von neuem fest.[1]
Jesus Christus,
du bist der gute Hirte.
Du führst uns auf den richtigen Weg
und lässt es uns an nichts mangeln.
Gib, dass wir auch in schweren Zeiten auf deine Fürsorge vertrauen.
Bewahre uns und unsere Gemeinden in der Gemeinschaft mit dir.
Der du mit dem Vater und dem Heiligen Geist
lebst und wirkst von Ewigkeit zu Ewigkeit.[2]
Und des HERRN Wort geschah zu mir: Du Menschenkind, weissage gegen die Hirten Israels, weissage und sprich zu ihnen: So spricht Gott der HERR: Wehe den Hirten Israels, die sich selbst weiden! Sollen die Hirten nicht die Herde weiden? Aber ihr esst das Fett und kleidet euch mit der Wolle und schlachtet das Gemästete, aber die Schafe wollt ihr nicht weiden. Das Schwache stärkt ihr nicht, und das Kranke heilt ihr nicht, das Verwundete verbindet ihr nicht, das Verirrte holt ihr nicht zurück, und das Verlorene sucht ihr nicht; das Starke aber tretet ihr nieder mit Gewalt. Und meine Schafe sind zerstreut, weil sie keinen Hirten haben, und sind allen wilden Tieren zum Fraß geworden und zerstreut. Sie irren umher auf allen Bergen und auf allen hohen Hügeln und sind über das ganze Land zerstreut, und niemand ist da, der nach ihnen fragt oder sie sucht.
Darum hört, ihr Hirten, des HERRN Wort! So wahr ich lebe, spricht Gott der HERR: Weil meine Schafe zum Raub geworden sind und meine Herde zum Fraß für alle wilden Tiere, weil sie keinen Hirten hatten und meine Hirten nach meiner Herde nicht fragten, sondern die Hirten sich selbst weideten, aber meine Schafe nicht weideten, darum, ihr Hirten, hört des HERRN Wort! So spricht Gott der HERR: Siehe, ich will an die Hirten und will meine Herde von ihren Händen fordern; ich will ein Ende damit machen, dass sie Hirten sind, und sie sollen sich nicht mehr selbst weiden. Ich will meine Schafe erretten aus ihrem Rachen, dass sie sie nicht mehr fressen sollen.
Denn so spricht Gott der HERR: Siehe, ich will mich meiner Herde selbst annehmen und sie suchen. Wie ein Hirte seine Schafe sucht, wenn sie von seiner Herde verirrt sind, so will ich meine Schafe suchen und will sie erretten von allen Orten, wohin sie zerstreut waren zur Zeit, als es trüb und finster war. Ich will sie aus den Völkern herausführen und aus den Ländern sammeln und will sie in ihr Land bringen und will sie weiden auf den Bergen Israels, in den Tälern und wo immer sie wohnen im Lande. Ich will sie auf die beste Weide führen, und auf den hohen Bergen in Israel sollen ihre Auen sein; da werden sie auf guten Auen lagern und fette Weide haben auf den Bergen Israels. Ich selbst will meine Schafe weiden, und ich will sie lagern lassen, spricht Gott der HERR. Ich will das Verlorene wieder suchen und das Verirrte zurückbringen und das Verwundete verbinden und das Schwache stärken und, was fett und stark ist, behüten; ich will sie weiden, wie es recht ist.
Ja, ihr sollt meine Herde sein, die Herde meiner Weide, und ich will euer Gott sein, spricht Gott der HERR.
Ich bin der gute Hirte. Der gute Hirte lässt sein Leben für die Schafe. Der Mietling, der nicht Hirte ist, dem die Schafe nicht gehören, sieht den Wolf kommen und verlässt die Schafe und flieht – und der Wolf stürzt sich auf die Schafe und zerstreut sie –, denn er ist ein Mietling und kümmert sich nicht um die Schafe. Ich bin der gute Hirte und kenne die Meinen und die Meinen kennen mich, wie mich mein Vater kennt; und ich kenne den Vater. Und ich lasse mein Leben für die Schafe.
Und ich habe noch andere Schafe, die sind nicht aus diesem Stall; auch sie muss ich herführen, und sie werden meine Stimme hören, und es wird eine Herde und ein Hirte werden.
Meine Schafe hören meine Stimme, und ich kenne sie und sie folgen mir; und ich gebe ihnen das ewige Leben, und sie werden nimmermehr umkommen, und niemand wird sie aus meiner Hand reißen. Was mir mein Vater gegeben hat, ist größer als alles, und niemand kann es aus des Vaters Hand reißen. Ich und der Vater sind eins.
[Evtl. Apostolisches Glaubensbekenntnis (EG Seite 1150)]
[Wochenlied]
[Predigtwort]
„Quo vadis?“ – das ist eine der vielleicht bekanntesten lateinischen Fragen. „Quo vadis?“ – „Wohin gehst du?“ Und berühmt ist diese Frage in der Kirche für ihren Fragesteller. Es ist Petrus, der aufbrausende, schwankende Petrus. Der Petrus, der alles für Jesus tun und geben wollte, sogar sein Leben. Und der dann doch jämmerlich versagt hat. Jesus stirbt – und Petrus hat ihn verleugnet. Das Johannesevangelium berichtet davon.
Bei einer Gelegenheit lange vor Jesu Kreuzigung will sich Petrus beweisen und spricht diese berühmte Frage: „Quo vadis, domine?“ – „Wohin gehst du, Herr?“ Aber Jesus gibt zur Antwort: Wo ich hingehe, kannst du mir jetzt nicht folgen; aber du wirst mir später folgen.
Dieser Satz hat nicht nur den Petrus zum Nachdenken gebracht, sondern auch viele, die sich später gefragt haben, was Jesus damit gemeint haben könnte. Eine Antwort will eine alte Legende geben. In dieser Legende flieht Petrus vor der drohenden Verfolgung aus Rom. Aber da geschieht es. Mitten auf dem Weg, der ihn von Rom wegführt, weg von der Gefahr, trifft er auf Jesus. Wieder eine peinliche Situation für Petrus. Hatte Jesus ihm nicht einen neuen Namen gegeben? Er sollte doch „Fels“ heißen. Aber von wegen! Petrus gerät ins Wanken. In Rom werden die Christen in den Arenen von Löwen zu Tode gehetzt, und er selbst bringt sich in Sicherheit. Und noch einmal spricht Petrus diese berühmte Frage aus: „Quo vadis, domine?“ – „Wohin gehst du, Herr?“.
„Ich gehe nach Rom“, sagt Jesus, „um dort ein zweites Mal gekreuzigt zu werden.“ Petrus versteht sofort. Er schämt sich und kehrt um. Er geht zu seinen leidenden Mitchristen nach Rom und stirbt mit ihnen.
An der Via Appia, wo sich diese Begebenheit zugetragen haben soll, steht heute eine kleine Kapelle – Santa Maria in Palmis. In dieser Kapelle sind die Fußabdrücke Jesu zu sehen. Und wenn man genau hinschaut, dann kann man sogar die Wundmale Jesu an den Füßen erkennen.
Petrus ist umgekehrt. Er ist den Fußspuren Jesu gefolgt. So weit, dass er zum Märtyrer wurde. Gekreuzigt wie Jesus – allerdings kopfunter. Er wollte nicht so am Kreuz hängen wie sein Herr.
Den Fußspuren Jesu folgen. Petrus hat das getan. Nicht immer geradlinig, nicht immer eindeutig – die Legende malt es aus.
Jesu Fußspuren zu folgen, dazu sind auch wir berufen.
Allerdings ist das mit den Fußspuren so eine Sache.
Den Fußspuren eines anderen zu folgen ist gar nicht so leicht, wie man denkt. Also nicht nur „Pi mal Daumen“ ungefähr den gleichen Weg gehen, sondern tatsächlich exakt denselben Fußspuren, also haargenau in die Fußstapfen dessen treten, der einem voraus gelaufen ist.
Da muss man mit dem gleichen Fuß beginnen wie der, der vor einem gelaufen ist, sonst stolpert man noch über die eigenen Füße. Und die eigene Schrittlänge muss man an die Trittlänge der Fußstapfen anpassen. Man muss eben so lange oder so kurze Schritte machen, wie sie vorgegeben sind, sonst kommt man sehr schnell aus dem Takt. Hält man sich aber daran, dann kommt man gut voran.
Das erinnert an so manchen Film: Der Held des Films geht voraus und findet einen sicheren Weg durch ein vermintes Gelände. Der Held geht voraus – da, wo er hingetreten ist, da ist sicheres Gelände, aber schon ein wenig neben der Spur lauert die Gefahr. Daher also immer haargenau den vorgegebenen Fußspuren folgen!
Aber es ist nicht nur eine Frage des Könnens, sondern auch des Wollens. Das klingt ja einfach, in die Fußstapfen Jesu treten. Aber so einfach ist das nicht, und war es ja auch für Petrus nicht. Im Grunde ist es gar nicht empfehlenswert, den Fußspuren Jesu nachzugehen. Denn recht besehen sind die Fußspuren Jesu eine Nummer zu groß für uns.
Jesu Fußspuren führen zum Kreuz. Dorthin hat er die Sünde getragen – weggetragen – weggeschafft. Seine Fußspuren reichen bis zum Tod. Und auch, wenn den wenigsten von uns ein solch leidvoller und gewaltsamer Tod zugemutet wird, diesen Weg des Todes müssen wir alle gehen. Aber weil Gott selbst in Jesus Christus diesen Weg gegangen ist, können auch wir uns auf die Nachfolge einlassen. Befreit von unserer Sündenlast können wir in die Fußstapfen Jesu treten und ihm so nachfolgen.
Jesus hinterlässt uns Fußstapfen, in denen wir gehen können. Fußstapfen, die wie im Schnee eine Spur legen, die uns Orientierung und Halt geben.
Petrus schreibt: Als Jesus geschmäht wurde, gab er es nicht zurück. Als er litt, drohte er nicht. Er setzte nicht selbst sein eigenes Recht durch, sondern überließ Gott das Urteil.
Wir gehen auch in den Fußstapfen Jesu, wenn wir ab und zu einen Schritt zurücktreten. Wenn wir darauf achten, dass auch andere zu ihrem Recht kommen. Wenn wir die Dinge auch aus der Perspektive des anderen zu sehen versuchen. Wenn wir den Standpunkt des anderen wahrnehmen.
Wir folgen den Fußstapfen Jesu, wenn wir in einem Streit Worte suchen, die das Gemeinsame und Verbindende betonen, und darauf verzichten, Öl ins Feuer zu gießen. Wir folgen Jesus, wenn wir Vertrauen aufbauen und helfen, Vorurteile abzubauen. Wir folgen den Spuren Jesu, wenn wir das Leiden von Menschen sehen und aufmerksam werden für die Not des Nächsten.
In diesen Fußstapfen Jesu können wir gehen. Es sind Spuren, die zu Frieden und Gerechtigkeit führen.
Das ist nicht immer leicht, weil wir Fehler machen oder die Spur aus den Augen verlieren. Aber wie hilfreich es ist, auf andere zu achten, erleben wir in diesen Tagen. Rücksichtnahme und Vorsicht retten in diesen Tagen Leben. Und anerkennende Worte und Gesten stärken diejenigen, die sich für andere einsetzen.
Wie gelingt es uns, in der richtigen Spur zu bleiben?
Wir haben nicht nur Jesu Fußspuren. Wir haben in Jesus einen Hirten. Am Schluss unseres Predigtwortes steht die Stelle, die dem ganzen Sonntag den Namen gegeben hat.
Ihr wart wie irrende Schafe; aber ihr seid nun umgekehrt zu dem Hirten und Bischof eurer Seelen.
Im Wort Bischof steckt das lateinische Wort epi-scopus, wörtlich übersetzt ist das: jemand, der die Über-Sicht hat, einer der Acht gibt. Das moderne Wort Super-vision kommt daher.
Was kann man sich Besseres wünschen als eine Supervision? Viele nehmen sie in Anspruch, v.a. Menschen in sozialen Berufen. In einer Supervision erzählt man seine Situation. Dadurch klärt sie sich. Man schafft Ordnung in seiner Seele. Man entdeckt den Sinn, die Richtung – wohin soll es gehen?
Petrus hat in der Legende durch die Begegnung mit Jesus seinen Weg gefunden.
„Quo vadis, domine?“ – „Wohin gehst du, Herr?“ Die Frage zeigte ihm selbst den Weg.
Welchen Fußspuren soll ich folgen? Wie kann ich es schaffen, den Schritt zu finden? Es ist nicht immer leicht, in den Spuren eines anderen zu gehen.
Wie ein Supervisor rückt Jesus das Chaos in unserer Seele zurecht. Wie ein Supervisor lässt er uns die Freiheit, die Schritte selbst zu suchen. Er zwingt uns nicht auf einen bestimmten Weg und eine bestimmte Spur; aber wir haben in ihm einen Bischof, einen Hirten der mit auf unseren Weg schaut und auf uns Acht gibt.
Der gute Hirte mit seiner Schafherde ist bis heute das Urbild von Geborgenheit und Schutz, von Behütet-Sein. Bis heute ist der Hirtenstab Symbol dafür, dass die Herde den Weg findet.
Meine Schafe hören meine Stimme und ich kenne sie und sie folgen mir und ich gebe ihnen das ewige Leben, sagt Jesus im Evangelium.
Das ist die Spur, die uns auch in schwierigen Zeiten zum Leben führt.
Amen.
[Predigtlied]
Gott,
du bist der gute Hirte. In Weisheit und Liebe leitest du uns.
Wir bitten dich:
Für alle, die in der Kirche Verantwortung tragen:
gib ihnen, dass sie gute Hirten sind.
Herr, erhöre uns
Für Christinnen und Christen aller Konfessionen:
führe sie zur Einheit in Wahrheit und Liebe.
Herr, erhöre uns
Für die Verantwortlichen in Staaten und Gemeinden:
leite sie, dir und den Menschen zu dienen.
Herr, erhöre uns
Für alle, die Hilfe brauchen und Orientierung suchen:
dass sie Fürsorge erfahren und Rat finden.
Herr, erhöre uns
Gütiger Gott, du verbindest, leitest und führst uns durch deinen Sohn Jesus Christus zum ewigen Leben. Durch ihn loben wir dich, durch ihn beten wir dich an, durch ihn danken wir dir in deiner Kirche, jetzt und allezeit.[3]
Amen.
Der Herr segne uns und behüte uns.
Der Herr lasse sein Angesicht leuchten über uns und sei uns gnädig.
Der Herr erhebe sein Angesicht auf uns und gebe uns + Frieden.
Verfasser: Von Sabine Meister und Gottfried Greiner aktualisierte und gekürzte Lesepredigt
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Anmerkungen:
[1] Nach: Gottesdienst feiern. Gottesdienst an Sonn- und Feiertagen, M3, S. 25
[2] Nach: Gottesdienst feiern. Gottesdienst an Sonn- und Feiertagen, M9, S. 244
[3] Aus: Gottesdienst feiern. Gottesdienst an Sonn- und Feiertagen, M16, S. 390