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Liebe mutet neue Weg zu

von Christian Kurzke (Kraftsdorf)

Predigtdatum : 21.10.2018
Lesereihe : ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr : 21. Sonntag nach Trinitatis
Textstelle : Jeremia 29,1.4-7.10-14
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Wochenspruch: "Lass dich nicht vom Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse mit Gutem." (Römer 12, 21)

Psalm: 19, 10-15

Lesungen

Reihe I: Matthäus 5, 38 - 48
Reihe II: Epheser 6, 10 - 17
Reihe III: Matthäus 10, 34 - 39
Reihe IV: Jeremia 29, 1. 4 - 7. 10 - 14
Reihe V: Johannes 15, 9 - 12 (13 -17)
Reihe VI: 1. Korinther 12, 12 - 14. 26 - 27

Liedvorschläge

Eingangslied: EG 445 Gott des Himmels und der Erden
Wochenlied: EG 377 Zieh an die Macht, du Arm des Herrn
Predigtlied: EG 322 Ermuntert euch und singt mit Schall
Schlusslied: EG 222,3 O Herr, verleih

Predigttext Jeremia 29, 1.4 - 7.10 – 14

Jeremias Brief an die Weggeführten in Babel

1 Dies sind die Worte des Briefes, den der Prophet Jeremia von Jerusalem sandte an den Rest der Ältesten, die weggeführt waren, an die Priester und Propheten und an das ganze Volk, das Nebukadnezar von Jerusalem nach Babel weggeführt hatte –

4 So spricht der HERR Zebaoth, der Gott Israels, zu allen Weggeführten, die ich von Jerusalem nach Babel habe wegführen lassen:

5 Baut Häuser und wohnt darin; pflanzt Gärten und esst ihre Früchte;

6 nehmt euch Frauen und zeugt Söhne und Töchter, nehmt für eure Söhne Frauen und gebt eure Töchter Männern, dass sie Söhne und Töchter gebären; mehrt euch dort, dass ihr nicht weniger werdet.

7 Suchet der Stadt Bestes, dahin ich euch habe wegführen lassen, und betet für sie zum HERRN; denn wenn's ihr wohlgeht, so geht's euch auch wohl.

10 Denn so spricht der HERR: Wenn für Babel siebzig Jahre voll sind, so will ich euch heimsuchen und will mein gnädiges Wort an euch erfüllen, dass ich euch wieder an diesen Ort bringe.

11 Denn ich weiß wohl, was ich für Gedanken über euch habe, spricht der HERR: Gedanken des Friedens und nicht des Leides, dass ich euch gebe Zukunft und Hoffnung.

12 Und ihr werdet mich anrufen und hingehen und mich bitten, und ich will euch erhören.

13 Ihr werdet mich suchen und finden; denn wenn ihr mich von ganzem Herzen suchen werdet,

14 so will ich mich von euch finden lassen, spricht der HERR, und will eure Gefangenschaft wenden und euch sammeln aus allen Völkern und von allen Orten, wohin ich euch verstoßen habe, spricht der HERR, und will euch wieder an diesen Ort bringen, von wo ich euch habe wegführen lassen.

Liebe Gemeinde,

Propheten haben einen schweren Beruf. Der heutige Predigttext steht in einem Brief, der von Jerusalem nach Babylon ging. Der Absender ist ein Prophet, der bei seinen Mitmenschen äußerst unbeliebt war. Er wurde von seinen eigenen Landsleuten als "Verräter" angefeindet und einmal sogar fast ermordet. Er war ein eher pessimistischer Mensch, so erzählte man sich und manchmal so verzweifelt, dass er am liebsten sterben wollte.

Es geht heute um Jeremia, den Propheten, der noch bei seiner Berufung ins Prophetenamt sagte, er könne diese Last nicht tragen, er sei zu jung dafür. Aber schon bald Gottes verkündigte Stimme auf Erden, auch wenn er Anfeindungen in Kauf nehmen musste. Jeremia war einfach einer, der den Glauben an die Zukunft von Gottes Volk in schweren Zeiten nicht aufgegeben hat und sich nicht entmutigen ließ.

Im heutigen Predigttext schreibt Jeremiah seinem Volk einen Brief:

1 Dies sind die Worte des Briefes, den der Prophet Jeremia von Jerusalem sandte an den Rest der Ältesten, die weggeführt waren, an die Priester und Propheten und an das ganze Volk, das Nebukadnezar von Jerusalem nach Babel weggeführt hatte. 4 So spricht der HERR Zebaoth, der Gott Israels, zu den Weggeführten, die ich von Jerusalem nach Babel habe wegführen lassen:  5 Baut Häuser und wohnt darin; pflanzt Gärten und eßt ihre Früchte;  6 nehmt euch Frauen und zeugt Söhne und Töchter, nehmt für eure Söhne Frauen, und gebt eure Töchter Männern, daß sie Söhne und Töchter gebären; mehret euch dort, daß ihr nicht weniger werdet.  7 Suchet der Stadt Bestes, dahin ich euch habe wegführen lassen, und betet für sie zum HERRN; denn wenn's ihr wohlgeht, so geht's auch euch wohl.  10 Denn so spricht der HERR: Wenn für Babel siebzig Jahre voll sind, so will ich euch heimsuchen und will mein gnädiges Wort an euch erfüllen, daß ich euch wieder an diesen Ort bringe.  11 Denn ich weiß wohl, was ich für Gedanken über euch habe, spricht der HERR: Gedanken des Friedens und nicht des Leides, daß ich euch gebe das Ende, des ihr wartet.  12 Und ihr werdet mich anrufen und hingehen und mich bitten, und ich will euch erhören. 13 Ihr werdet mich suchen und finden; denn wenn ihr mich von ganzem Herzen suchen werdet, 14 so will ich mich von euch finden lassen, spricht der HERR, und will eure Gefangenschaft wenden und euch sammeln aus allen Völkern und von allen Orten, wohin ich euch verstoßen habe, spricht der HERR, und will euch wieder an diesen Ort bringen, von wo ich euch habe wegführen lassen.

Jeremia macht Mut in schweren Zeiten. Damals im 6. Jh vor Chr. war Jerusalem unter der Herrschaft der Babylonier. Die oberen Zehntausend wurden, wie damals üblich verschleppt nach Babylon. Die, die einstmals das Sagen hatten, waren zu einer kleinen Minderheit in einem fremden Land geworden. Sie haben deutlich gespürt, dass sie die Fremden blieben, weil sie nicht in Babylon geboren wurden, weil hier ihr Glaube nichts zählte, weil man vielleicht nicht den Dialekt sprach.

Es ist ein hartes Los, im Exil neu anfangen zu müssen und dabei den Glauben an eine gute Zukunft nicht zu verlieren. Es ist ein hartes Los für jeden heute, der sich als Mitglied einer Minderheit einer großen Mehrheit andersdenkender, andersglaubender Menschen gegenübersieht. Das geht heute Millionen Menschen auf der ganzen Erde so. Menschen, die ins Exil gegangen sind, weil sie in ihrer Heimat an Leib und Leben bedroht waren. Und solche, die regelrecht vertrieben wurden.

Die Botschaft des Jeremiabriefes an die Juden im Exil lautet nun: Haltet an eurer inneren Mitte fest. Findet getrost eine Heimat in der Fremde, weil ihr wissen dürft, dass Gott, der Herr, euch hilft und begleitet und euer Zentrum bleiben will. Suchet der Stadt Bestes sagt Jeremia. Schottet euch nicht ab, haltet Gemeinschaft miteinander, vor allem aber hört nicht auf, die Gemeinschaft mit mir, eurem Gott, zu halten und daran zu glauben, dass ich mitten unter euch bin.

Heute können wir diese Mahnung Jeremias durchaus auch an die christliche Minderheit in unserem Land gerichtet hören. Längst sind wir ja in der Minderheit unter der großen Zahl der Konfessionslosen. Wie eine kleine Gruppe Exulanten in Babylon kann man sich da vorkommen. Für viele Menschen in unserem Land ist die Bindung zu einer Kirchgemeinde längst nicht mehr selbstverständlich.

[Hier kann eine Beschreibung der konkreten Verhältnisse am Ort eingefügt werden]

Überlegen Sie einmal, wie viele Leute aus unserem Ort heute zu Hause geblieben sind oder schon zum Sonntagsausflug aufgebrochen oder auf dem Sportplatz sind.

Kirche, so hört man es immer wieder, ist doch nur noch etwas für ältere Menschen und Senioren, nicht mehr zeitgemäß. Als Christen fragen wir uns dann manchmal ratlos: Was wird die Zukunft eigentlich noch bringen? Wie soll es weitergehen, ob sinkender Mitgliederzahlen, der Überalterung unserer Kirchgemeinden, immer größerer Pfarrbereiche?

Längst spüren wir: wir sind Mitglieder einer Minderheit geworden. Die Soziologie hat gezeigt, dass so ein Minderheitenmitglied zu verschiedenen Handlungsmustern neigen kann. Das galt wohl schon für die Israeliten in Babylon. Das gilt heute hier für Christen in diesem Ort.

Da kann es erstens eine Stärkung des verbleibenden Restes durch das Wachsen eines starken Gemeinschaftsgefühls dort geben. Die Gefahr liegt jedoch in der Abschottung nach dem Motto: Ist uns doch egal, was der Rest da draußen über uns denkt. Wenn wir was machen, dann nur für uns.

Die zweite Gefahr ist ein übertriebener Aktionismus: Wir müssen doch hinaus in die Welt, der Stadt Bestes suchen, komme, was wolle. Wer wenn nicht wir?! Die Gefahr liegt hier im Aufreiben und dem Ansichziehen von Aufgaben, die auf Dauer mit einem hohen Anspruch und Qualität nicht durchzuhalten sind, weil eine Mehrheit einfach bessere Ressourcen hat, personell als auch finanziell.

Die dritte Gefahr nun betrifft dann aber den eigentlichen Kern der Gruppe. Man hängt schwärmerisch der Vergangenheit an. Damals waren es noch rosige Zeiten, heute bläst nur noch ein rauer Wind – so heißt es dann. Kollektiv wird um die gute alte Zeit getrauert: „Damals in Jerusalem …“ hieß es wohl oft in Babylon. Und heute gibt es auch so eine Nostalgie: „Damals als noch ganze Schulklassen geschlossen zur Konfirmation gingen, da war die Welt noch in Ordnung.“ Und jetzt ist man schon froh, wenn aus einer ganzen Schulklasse sich wenigstens einer konfirmieren lässt.

Interessanterweise stehen aber auch diejenigen, die so nostalgisch jammern, in der Gefahr, stillschweigend die eigenen Wurzeln, die eigene Tradition zu vergessen. Die eigene geistliche Heimat wird einem nach und nach selbst diffus. Man freut sich vielleicht noch über einen freien Arbeitstag, auf das Beisammensein in den Familien. Aber auf die Frage Jüngerer, warum eigentlich heute dies oder jenes Fest gefeiert wurde, ringen mittlerweile sogar gestandene Christen nach Antworten. Bei einer Umfrage im Berliner Stadtzentrum konnte nur eine von 10 Person korrekt sagen, was eigentlich Karfreitag gefeiert wurde. Und derjenige war ausgerechnet kein Christ, sondern Moslem.

Wir können darüber traurig, vielleicht auch enttäuscht sein. Wir können Überlegungen anstellen, woran es liegen könnte, was wir als Kirche und jeder einzelne von uns versäumt hat zu tun oder zu sagen. Wir können und sollten aber gerade heute auch die Botschaft des Jeremia hören:  Gott ist es, der dafür sorgt, dass seine Kirche nicht aufhören wird. Jeremia sagt: Gott wird sich an allen Orten und zu allen Zeiten finden lassen, wenn man ihn von ganzem Herzen sucht.

Kirche gehört dann dahin, wo wir als ihre Mitglieder diese Herzensuche deutlich machen können, auch außerhalb dieses Gebäudes. Das fängt damit an, den eigenen Glauben auch weiterzugeben, zu sagen und mit Leben zu füllen, was einen selbst geistlich durchs Leben trägt. Wenn wir das nicht mehr können, hören wir wirklich auf, Kirche zu sein auch wenn es weiter gut renovierte Kirchen in großer Zahl gibt.

Und noch etwas: Immer wieder ist es in den Augen Außenstehender eine Zumutung, worauf wir uns als Christen einlassen. Aber diese Zumutung hat über Jahrhunderte auch Achtung und Respekt befördert, wenn der christliche Glaube nicht sich selbst lebt, sondern in die Welt scheint und sie verpflichtend, so wie Gott es will, gestaltet.

Dafür braucht es manchmal einen Mutmachbrief, so wie ihn Jeremia geschrieben hat. Und dafür braucht Gott Menschen, die seinen Willen nicht allein in einem exklusiven Kreise pflegen, sondern die Gottes Willen tief in ihrem Glauben kennen und ihn überzeugend in ihrem Alltag mit Leben füllen.

Gedanken des Friedens und nicht des Leides gibt Gott für die Zukunft seines Volkes mit auf den Weg, wie es im Predigttext heißt, egal an welchen Orten und zu welchen Zeiten er uns nach diesem Gottesdienst stellt. An der Arbeitsstelle, in unseren Familien, im Beieinander der Generationen, im Blick dafür, wo Menschen unsere Hilfe und unser Wort brauchen: Alte und Kranke, Kinder und Fremde, Verzweifelte und Menschen, deren Herz zu verhärten droht, Fröhliche und Beschwingte, Traurige und Einsame. Wir dürfen das, was wir an Zuspruch in dieser Kirche erfahren, mit hinausnehmen in unseren Alltag und anderen davon erzählen, deutlich machen, wie uns die Zeit in unseren Kirchen, die Zeit mit Gott, hält und uns trägt.

Und der Friede Gottes, der höher ist als unsere Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus.

Amen

Fürbittengebet

Du, Ewiger, du hast uns verheißen, auch dort bei den Deinen zu sein, wo wir uns fremd fühlen und am Rande stehen.

Gib uns den Mut, frei und offen zu unserm Glauben zu stehen, auch wenn wir wenige sind.

Wecke und stärke in unsere Gemeinde die Gaben und Kräfte, die wir brauchen, um eine lebendige Gemeinschaft zu sein.

Dein Geist möge uns zeigen, was dran ist, um in Worten und Taten, deine Liebe zu bezeugen.

Segne alle, die „der Stadt Bestes suchen“, die sich in unserer Stadt / unserem Dorf zum Wohl der Gemeinschaft engagieren.

Steh denen bei, die - oft ganz unauffällig – Ihre Arbeit für andere tun:

im Altenheim, im Kindergarten, …

[hier gegebenenfalls andere Sozialeinrichtungen oder Vereine

vor Ort nennen]

Sei bei den Menschen, die aus ihrer Heimat fliehen mussten, die fremd sind in unserer Gesellschaft, in unserer Kultur.

Schütze und heile die Seelen derer, die Schreckliches erlebt haben.

Gib denen Trost, die sich um Angehörige sorgen, die sie zurücklassen mussten.

Zeig uns, was wir tun können, dass, wer bei uns fremd ist, ankommen kann.

Bewahre uns in Deiner Liebe, daß die Herzen nicht kalt werden und die Hände nicht müde, und die Gedanken nicht hart und wir dich loben und ehren allezeit. Amen.
 

Verfasser: Pfarrer Christian Kurzke, Rüdersdorf 30, 07586 Kraftsdorf


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