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Lohn und Gnade

von Martin Bender (55128 Mainz-Bretzenheim)

Predigtdatum : 31.01.1999
Lesereihe : ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr : Septuagesimae
Textstelle : Lukas 17,7-10
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Wochenspruch:

Wir liegen vor dir mit unserm Gebet und vertrauen nicht auf unsre Gerechtigkeit, sondern auf deine große Barmherzigkeit. (Daniel 9,18)

Psalm: 31,20-25 (EG 716)

Lesungen

Altes Testament:
Jeremia 9,22-23
Epistel:
1. Korinther 9,24-27
Evangelium:
Matthäus 20,1-16a

Liedvorschläge

Eingangslied:
EG 495
O Gott, du frommer Gott
Wochenlied:
EG 342
oder EG 409
Es ist das Heil uns kommen her
Gott liebt diese Welt
Predigtlied:
EG 250,4-5
Wir wolln uns nicht auf Werke gründen
Schlußlied:
EG 318,9
O Gott, nimm an zu Lob und Dank

7 Jesus sprach: Wer unter euch hat einen Knecht, der pflügt oder das Vieh weidet, und sagt ihm, wenn der vom Feld heimkommt: Komm gleich her und setz dich zu Tisch? 8 Wird er nicht vielmehr zu ihm sagen: Bereite mir das Abendessen, schürze dich und diene mir, bis ich gegessen und getrunken habe; danach sollst du auch essen und trinken? 9 Dankt er etwa dem Knecht, daß er getan hat, was befohlen war? 10 So auch ihr! Wenn ihr alles getan habt, was euch befohlen ist, so sprecht: Wir sind unnütze Knechte; wir haben getan, was wir zu tun schuldig waren.

Liebe Gemeinde!
Es ist schon etwas verwirrend, was wir da in unserem Text aus dem Munde Jesu hören. zuerst versetzt er uns in die Rolle des harten Dienstherren, eines richtigen Leuteschinders, und dann in die Rolle des Sklaven. Was gilt eigentlich?
Nun müssen wir uns vergegenwärtigen, daß es zu Jesu Zeiten üblich war - wie auch heute noch im Orient - in Bildern zu sprechen. Und von Jesus wissen wir, daß er mitunter seine Bilder stark übertrieben hat. Er hat gerne in Extremen gesprochen, um das, was er meinte auch richtig deutlich zu machen, um es einprägsam auszudrücken.
So läßt er den Herrn, der sein Personal, seine Knechte und Dienstboten hart ‘ran nimmt, die Anforderungen bis aufs letzte hochschrauben. Wenn es damals schon Gewerkschaften gegeben hätte, dann hätte schon eine solche Rede „schärfsten Protest“ ausgelöst. Und mit einem solchen Leuteschinder vergleicht uns Jesus: Stellt euch vor, ihr seid in dieser Rolle!
Am Ende der Rede steht dann das genaue Gegenteil: Stellt euch vor, ihr seid Leute, die nach dem Willen und Befehl eines Arbeitgebers zu arbeiten haben. Das können wir ja durchaus noch nachvollziehen und für uns gelten lassen. Denn wieviele von uns sind heute noch Chef, und welcher Chef kann heutzutage ganz nach eigenem Ermessen entscheiden, handeln und Aufträge erteilen ?
Fast alle von uns stehen in abhängiger Berufsausübung. Wir haben unsere Arbeits-aufgabe zu erfüllen und unsere Pflicht zu tun. Dafür erhalten wir unseren Lohn, und wenn wir im Ruhestand sind, bekommen wir Rente oder Pension für die geleistete Arbeit, dafür, daß wir unsere Pflicht mehr oder weniger erfüllt haben oder auch unsere Gesundheit drangegeben haben. Jesus hat ja an anderer Stelle gesagt: „Jeder Arbeiter ist seines Lohnes wert.“
Wie verträgt sich das nun mit der Forderung, wir sollten uns als unnütze Knechte fühlen, weil wir nicht mehr getan haben als unsere Pflicht zu erfüllen?
Wir kennen das ja mit den Verdienstorden:
Da bekommt ein Bürgermeister oder der Präsident einer großen Behörde bei seiner Pensionierung das Bundesverdienstkreuz verliehen, weil er so gut gearbeitet hat. Haben da nicht alle die leitenden, mittleren und kleinen Mitarbeiter alle ihren Anteil daran, daß „der Laden geklappt“ hat?
Oder ist die Auszeichnung etwa damit gerechtfertigt, daß der Betreffende niemals falsche Spesen-Abrechnungen gemacht hat?
Der frühere Bundespräsident Walter Scheel hat einmal Orden so klassifiziert:
Klasse 1: Unverdiente
Klasse 2: Verdiente
Klasse 3: Erdiente
Einmal im Jahr versammelt der Bundespräsident eine Anzahl von Bürgern um sich, die sich ganz im Stillen um das Gemeinwesen, um unsere Gesellschaft, um ihre Mitmenschen verdient gemacht haben. Sie erhalten das Verdienstkreuz - in diesem Falle Klasse 2.
Oder denken wir an die Profi-Sportler mit ihren Super-Gehältern und Prämien oder an die Sieg-Prämien der sogenannten Amateure: Sie leben vom Sport - oder dem, was als solcher bezeichnet wird; und davon leben sie nicht schlecht. Und wenn sie dann auch noch Erfolg haben, dann wird der auch noch prämiiert.
Wie geht das eigentlich vor Gott zu? - Gibt es da auch so etwas wie Orden, Ehrungen oder Privilegien?
Da räumt die Rechtfertigungslehre, wie sie ganz speziell von Paulus und Luther vertreten wird, ganz gewaltig auf. Nicht unsere Verdienste sind es, die uns vor Gott gerechtfertigt erscheinen lassen, sondern allein seine Gnade ist es, die uns rechtfertigt, die uns vom Unrecht ins Recht versetzt.
Wenn wir uns so benehmen wie der Herr im ersten Teil unseres Textes, dann setzen wir uns mit Sicherheit ins Unrecht. Und selbst wenn wir dazu von Gesetzes wegen berechtigt sein sollten, so sind wir es mit Sicherheit nicht vor Gott und unter dem Blickwinkel der heute geltenden sittlichen Maßstäbe.
Und wenn wir unser Leben lang unsere Pflicht erfüllt haben, so ist das noch lange kein besonderes Verdienst. Wir sind damit nicht mehr als ehrliche Arbeitnehmer oder was auch immer sonst.
Natürlich gibt es immer Menschen, die uns Beispiele geben für gutes Verhalten, für Nächstenliebe. Menschen, die sich echt aufopfern für ihre Mitmenschen. Doch sie treten in der Regel nicht ins Rampenlicht. Sie tun ihre Pflicht im Verborgenen - und alles, was über die Pflicht hinausgeht.
Die katholische Kirche kennt da für ganz besondere Menschen die Heiligsprechung. Heilige - was sind das eigentlich für Menschen? Im Glaubensbekenntnis haben wir uns vorhin dazu bekannt, daß wir an die Gemeinschaft der Heiligen glauben. Heilige, das sind wir alle, die wir des Heils in Jesus Christus teilhaftig geworden sind. Die Heiligen in der katholischen Kirche sind Menschen, die als Vorbilder dienen. Menschen, die uns durch ihr Leben ein Beispiel dafür gegeben haben, wie ein Leben im Sinne Jesu aussehen sollte.
Ihren Verdienstorden in Form der Heiligsprechung erleben sie hier in dieser Welt nicht mehr; sie können es nur noch aus jener Welt bei Gott sehen - sofern es da überhaupt noch für sie von Interesse ist.
Und auf den anderen Verdienstorden, der uns mitunter versprochen wird, brauchen wir uns auch nicht zu verlassen: Daß wir im Himmel den Lohn bekommen für all unsere guten Taten, die wir hier in dieser Welt, in diesem Leben vollbracht haben.
Vor Gott zählt nicht die Bilanz der Guten und schlechten Taten, sondern nur der Glaube, daß er es ist, der uns rechtfertigt.
Wenn wir unnütze Knechte sind, dann allein in der Weise, daß all unser bemühen vergeblich ist, solange wir uns damit Verdienste vor Gott erwerben wollen.
Noch ein letztes:
Vielfach hat schon das letzte Wort von den unnützen Knechten dazu geführt, daß sich Menschen, die es mit dem Glauben besonders streng nahmen, abquälten in Selbstvorwürfen über ihre eigene Unzulänglichkeit. „Ich bemühe mich doch so sehr, alles recht zu machen, und dabei sehe ich ständig, wie unvollkommen ich bin. ich müßte viel mehr tun und viel mehr Liebe üben. Sie legen das Leben Jesu als Meßlatte an ihr eigenes Leben an und sehen nur den Abstand. doch Gott ist nicht so unbarmherzig, daß er von uns dieselbe Vollkommenheit verlangen wollte, wie sie Jesus praktiziert hat.
Wenn wir uns redlich bemühen und auch einmal Ja sagen zu unserer eigenen Unvollkommenheit, und wenn wir zugleich Ja sagen zu der Gnade, die uns zugesagt ist, aus der allein wir vor Gott bestehen können, dann können wir uns getrost darauf verlassen, daß er uns so annimmt, wie wir sind.
Evangelium ist nicht Gericht, sondern die Zusage der Gnade. Alles andere Denken ist knechtisch und damit unnütz.
Gott will uns durch seinen Sohn froh und glücklich machen, und das ist eigentlich schon genug. Mehr dazu braucht es von unserer Seite nicht mehr. Amen.

Verfasser: Prädikant Martin Bender, Südring 98, 55128 Mainz-Bretzenheim

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