Lohn und Gnade
von Paul-Ulrich Lenz (63679 Schotten-Einartshausen)
Predigtdatum
:
20.02.2000
Lesereihe
:
ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr
:
Septuagesimae
Textstelle
:
Jeremia 9,22-23
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Wochenspruch:
Wir liegen vor dir mit unserm Gebet und vertrauen nicht auf unsre Gerechtigkeit, sondern auf deine große Barmherzigkeit. (Daniel 9,18)
Psalm: 31,20-25 (EG 716)
Lesungen
Altes Testament:
Jeremia 9,22-23
Epistel:
1. Korinther 9,24-27
Evangelium:
Matthäus 20,1-16a
Liedvorschläge
Eingangslied:
EG 277
Herr, deine Güte reicht, so weit
Wochenlied:
EG 342
oder EG 409
Es ist das Heil uns kommen her
Gott liebt diese Welt
Predigtlied:
EG 323
Man lobt dich in der Stille
Schlußlied:
EG 318,9
O Gott, nimm an zu Lob und Dank
Liebe Gemeinde!
Wahrscheinlich kennen Sie alle folgendes Kinderspiel. Zwei Leute stehen Rücken an Rücken und spielen “Schere - Papier - Stein.” Wenn das Stein auf die Schere trifft, hat die Schere verloren, wenn die Schere auf das Papier trifft, hat das Papier verloren, wenn der Stein auf das Papier trifft, hat der Stein verloren.
Mit diesem Spiel, von dem es auch noch einige Varianten gibt, kann man sich wunderbar die Zeit vertreiben. Es ist unterhaltsam, auch für Zuschauer. Dahinter steckt immer die Frage: Worauf wird der andere setzen? Kann ich einschätzen, worauf er setzt und entsprechend auf anderes setzen. Denn gewonnen hat am Ende der, der besser gesetzt hat.
Wir Erwachsenen spielen solche Spiele nicht mehr. Und doch: auch bei uns geht es oft genauso zu wie in diesem Spiel. auch für uns ist die Frage ungeheuer wichtig: Worauf setze ich? Wer auf die falschen Versprechungen setzt, der steht am Ende mit leeren Händen da. Wer auf die falschen Leute setzt, der steht am Ende alleine da. Wer auf die falsche Bank gesetzt hat, der kann viel Geld verlieren.
Worauf setze ich? Das ist über diese praktischen Dinge hinaus eine Lebensfrage. Was ist mir für mein Leben entscheidend wichtig? Keiner von uns kommt um diese Frage und um seine Antwort auf diese Frage herum. Wir geben die Antwort Tag für Tag durch die Weise, wie wir leben.
Ich stelle mir eine Szene vor: drei Menschen, es können Männer sein oder auch Frauen, verhandeln dieses Thema.
Der erste sagt: Am wichtigsten ist Weisheit. Lebens-Weisheit - wer das hat, der kommt durch das Leben. Er fällt nicht mehr auf die Schönredner herein, er läßt sich nicht mehr von süßen Worten einfangen. Wer weise ist, der kann Situationen und Menschen beurteilen und die richtigen Schritte tun. Wer weise ist, der vergißt nicht, daß die Geschichte vor ihm auch schon da war, daß frühere Generationen nicht wie die Affen auf dem Baum gelebt haben - der bedient sich auch der Erfahrungen, die aus der Geschichte kommen.
Und dann sagt er weiter: Was nützt es mir, wenn ich alles habe und alles kann und keine Weisheit, keinen Verstand, keinen Abstand zu den Dingen habe? Dabei kommt nur sinnloses Zeug heraus.
Schaut euch doch nur um: die Welt ist voller starker Leute, die Unsinn machen. Sie ist voller reicher Leute, die vor Langweile sterben. Nein, Reichtum und Stärke, das alles ist nichts gegen Weisheit. Nur bei einem weisen Menschen bist du gut aufgehoben.
Aber bei seinen Gesprächspartnern kommt er damit nicht so gut an: “Was nützt dir deine ganze Weisheit, wen du nichts zu beißen hast.” so kontert der zweite. “Das wichtigste ist der Reichtum. Wer reich ist, der hat keine Sorgen mehr - er kann sich die besten Schulen für seine Kinder leisten, die besten Ärzte, wenn er krank ist, die besten Berater, wenn er Hilfe nötig hat. Er kann sich ein Haus nach seinen Wünschen bauen, er kann sich die Welt ansehen und seinen Horizont erweitern.”
“Und, vergiß es nicht: wer reich ist, der hat auch Einfluß. Auf das Wort eines armen Schluckers hört niemand - aber ein Reicher findet allemal das Gehör der Menschen.”
Aber da mischt sich auch schon der dritte in der Runde ein: “Was weiß ein Reicher schon von Einfluß. Geld ist nicht alles. Es gibt entsetzlich dumme Leute, die Geld haben. Auf die hört keiner. Es gibt auch weise Leute - unbestritten, aber auf die hört auch keiner. Was wirklich zählt, das ist Macht und Stärke. Was wirklich zählt: man muß sich durchsetzen können! Das sehen Sie dir schon von weitem an, ob du ein harter Typ bist, ein Sieger, oder ob Du ein Verlierer-Typ bist. Man muß sich behaupten können im Kampf ums Dasein.
Wer schwach ist, der geht unter. Ich könnte dir Geschichten erzählen von reichen und weisen Leuten, die doch nichts bewirkt haben! Aber ein Starker, der braucht kein Geld und auch keine Weisheit: zupacken, den richtigen Augenblick erkennen und dann mit voller Kraft hinlangen.”
Wie würden Sie entscheiden? Wer aus der Runde hat die besten Argumente? Wer ist Ihr Favorit?
Vielleicht würde mancher noch eine vierte Stimme einführen: Das wichtigste ist doch die Gesundheit! Das sagen mir viele. Was nützt dir alle Weisheit, aller Reichtum, alle Stärke, aller Einfluß, wenn du nicht gesund bist an Leib und Seele. Wer gesund ist - der hat das höchste Gut.
Reichtum, Stärke, Weisheit - das alles ist wichtig. Keiner von uns muß sich wünschen, arm, schwach und unbedacht zu sein. Keiner muß glauben oder sich weis manchen lassen, es wäre toll, arm, schwach und unbedacht zu sein. Nein, ich denke, in jedem von uns ist der Wunsch da nach Stärke, nach Weisheit, nach genügend Geld für die Lebensbedürfnisse.
Und doch noch einmal: was ist das wichtigste?
Ich lese uns, was der Prophet Jeremia sagt - Jeremia 9, 22-23:
22 So spricht der HERR: Ein Weiser rühme si4ch nicht seiner Weisheit, ein Starker rühme sich nicht seiner Stärke, ein Reicher rühme sich nicht seines Reichtums. 23 Sondern wer sich rühmen will, der rühme sich dessen, daß er klug sei und mich kenne, daß ich der HERR bin, der Barmherzigkeit, Recht und Gerechtigkeit übt auf Erden; denn solches gefällt mir, spricht der HERR.
1. Der Streit ist schon von höherer Instanz entschieden!
Das kennen Sie: Kinder streiten heftig, wo die Fahrt mit dem Auto hingehen soll, und die Eltern haben den ganzen Streit schon längst entschieden! Sie haben das Ziel schon ausgeguckt und den Weg schon gewählt.
Worüber wir Menschen uns streiten - über die Wichtigkeiten des Lebens, das hat Gott längst entschieden! Und diese Entscheidung Gottes steht fest - gleich zweimal heißt es hier: Spruch Gottes!
Gott sagt, was wichtig und was nicht so wichtig ist. Daran darf ich mich halten. Und wenn die ganze Welt eine andere Rangfolge aufstellt - ich will der Rangfolge Gottes mehr trauen als denen, die wir Menschen mit unserem beschränkten Durchblick aufstellen.
Ich bin froh, daß hier nicht noch ein Mensch in die Runde tritt und sagt: fromm sein - das ist das Wichtigste. Dann läge nämlich der Schluß nahe: er will nur sich selbst wichtig machen. Oder wenn die Kirche sagt “fromm sein - das ist das Wichtigste”, dann will sie nur sich Zulauf sichern. Nein, es ist gut, daß hier jetzt nicht noch ein Frommer auftritt und mitmischt, sondern Gott selbst sich einmischt. Gott selbst hat uns allen die Wichtigkeiten des Lebens geordnet. Er hat den Streit entschieden.
2. Gott erkennen - das ist Lebensmitte / Lebensziel
Das Wichtigste im Leben ist, daß einer mich erkannt hat - so sagt Gott. Dann weiß er, wo er hingehört: zu mir. Dann weiß er, was das Ziel seines Lebens ist: daß er auf dem Heimweg in die Ewigkeit ist. Dann weiß er, wem er sich verdankt mit allen Gaben und mit allen Grenzen, die er an sich erfährt. Dann hat er eine Adresse, wo er klagen kann, wenn ihm das Leben zu schwer ist, wo er sich freuen kann, wenn er vor Glück überläuft, wo er mit seinen Freudentränen hin kann, wenn ihn das Leben ganz reich beschenkt hat.
Um noch einmal auf unsere drei Gesprächspartner zurückzukommen:
Es bleibt ja nicht aus: der Reiche kommt an seine Grenze, wo er den Reichtum loslassen muß. Der Starke kommt in die Lebenssituation, wo seine Stärke zerbricht oder ein Stärkerer ihn besiegt. Und der Weise gerät irgendwann an Lebensfragen und in Lebenslagen, wo seine Weisheit nicht mehr trägt.
Wo ist dann Zuflucht, wenn nicht bei Gott?
3. Aber da bleibt eine Frage: Wie geht das Erkennen Gottes?
Ich habe nur eine Antwort, die vom Neuen Testament herkommt: Lassen Sie uns hinschauen auf den Herrn Jesus Christus. Von ihm haben die Seinen gesagt: Er spinnt - aber Gott hat ihn bestätigt in seinen Taten. Von ihm haben sie gesagt, als er am Kreuz hing: er ist zerbrochen, er kann sich selbst nicht einmal mehr helfen - aber er hat sich als stärker als der Tod erwiesen in der Auferstehung.
Von ihm konnten alle sehen: er hat nichts, keinen Reichtum - aber er hat viele reich gemacht durch seine Liebe und seine Vergebung. Er hat Gottes Himmel verschenkt und Menschen so die Gegenwart Gottes erfahren lassen.
An Jesus können wir erkennen, wer Gott ist - und, was fast noch wichtiger ist, wie Gott ist: daß er für uns ist, daß er uns mit Liebe und Barmherzigkeit begegnet. An ihm können wir erkennen, daß Gott Menschen sich selbst recht macht, daß er ihr Leben verwandelt durch seinen Geist und seine Kraft, daß er sie auf rechter Bahn führt um seines Namens willen.
Ich schließe mit einem Zitat von Lothar Zenetti, einem katholischen Pfarrer aus Frankfurt
“Du fragst, was ich von Gott ergriffen habe?
- daß ich von Gott ergriffen bin.
Du fragst, was ich von Jesus halte?
- daß er mich hält.”
Das wünsche ich uns, daß wir das auch so sagen können - denn dann machen wir unser Leben nicht mehr fest an dem, was wir selbst schaffen und können und leisten, sondern an dem, was Gott uns schenkt. Und da allein ist das Leben wirklich auf festen Grund gestellt. Amen.
Verfasser: Pfr. Paul-Ulrich Lenz, Leonhardstr. 20, 61169 Friedberg
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