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Nachfolge

von Thomas Kluck (64287 Darmstadt)

Predigtdatum : 27.02.2005
Lesereihe : ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr : Reminiszere
Textstelle : Markus 12,41-44
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Wochenspruch:

Wer seine Hand an den Pflug legt und sieht zurück, der ist nicht geschickt für das Reich Gottes. (Lukas 9,62)
Psalm: 34,16-23 (EG 718)

Lesungen

Altes Testament:
1. Könige 19,1-8 (9-13a)
Epistel:
Epheser 5,1-8a
Evangelium:
Lukas 9,57-62

Liedvorschläge

Eingangslied:
EG 346
Such, wer da will, ein ander Ziel
Wochenlied:
EG 82
oder EG 96
Wenn meine Sünd’ mich kränken
Du schöner Lebensbaum des Paradieses
Predigtlied:
EG 394
Nun aufwärts froh den Blick gewandt
Schlusslied:
EG 96
Du schöner Lebensbaum

Hinführung:
Der Sonntag Okuli sieht unter dem Thema Nachfolge. Dass Nachfolge kein Sonntagsspaziergang ist, wird in den Texten des Sonntags deutlich. Der Predigttext stellt die Frage des Verzichts auf Besitz als Weg der Nachfolge. Diese Frage soll einerseits nicht vorschnell spiritualisiert werden („Haben, als hätte man nicht“), andererseits aber der Gemeinde auch nicht als unerfüllbarer Anspruch um die Ohren gehauen werden („Wenn ihr nicht alles gebt wie die Witwe, dann seid ihr auch keine guten Christen!“). Die Frage soll vielmehr offen gehalten werden, weil so vielleicht am besten dazu eingeladen werden kann, den eigenen Weg der Nachfolge zu finden.
Um den Ort des Textes im Kontext der Passion Jesu deutlich zu machen, wird seine Vorgeschichte ausführlich erzählt. Wer Jesus nachfolgt, folgt dem Mann am Kreuz. Gleichzeitig macht der Kontext klar: Jesus ist nicht nur der sanftmütige Heiland, sondern ein Ärgernis, und zwar nicht nur für manche frommen Juden seiner Zeit, sondern für alle Menschen. Auch wer heute meint, auf der richtigen Seite zu stehen und „Hosianna“ ruft, kann morgen vielleicht schon ins „Kreuzige“ einstimmen. Schließlich wird die Härte der Nachfolge durch den alttestamentlichen Text (1, Kön 19,1 8) gemildert: niemand ist auf dem Weg der Nachfolge allein und ohne Versorgung mit dem Notwendigen.

Liebe Gemeinde,
der heutige Predigttext führt uns in die Zeit, als Jesus in Jerusalem für Aufsehen sorgt. Auf einem kleinen Eselsfüllen war er in die heilige Stadt eingezogen. Die Menge hatte ihm zugejubelt, den neuen König aus dem Hause Davids mit Hosiannarufen begrüßt, ihm Palmzweige auf den Weg gelegt, um ihn zu ehren. Jesus sieht sich erst einmal um in Jerusalem. Er geht in den Tempel und schaut sich alles an, abends geht er dann in den kleinen Ort Betanien ganz in der Nähe zum Übernachten.
Am nächsten Tag ist er wieder im Tempel. Dort ist wie immer viel los, so kurz vor dem Pessachfest. Pilger von weither sind zusammengekommen, um ihren religiösen Pflichten nachzukommen. Händler und Wechsler bieten Opfertiere und eine spezielle Tempelwährung an. Und Jesus? Der Sohn Gottes sollte sich doch eigentlich freuen über so viel religiöse Geschäftigkeit. Aber Jesus wird sauer. Er wirft die Tische der Händler um, schreit sie an: Gottes Haus soll ein Bethaus sein, und ihr habt eine Räuberhöhle daraus gemacht!
So mancher, der gestern noch Hosianna schrie, wird sich jetzt geärgert haben: Wenn es an die Existenzgrundlage geht, hört der Spaß auf. Und einige fassen schon den Beschluss: der Unruhestifter muss weg! Am dritten Tag ist Jesus wieder im Tempel. Jetzt diskutiert er mit den Vertretern der verschiedenen religiösen Gruppierungen: den Hohepriestern, den Pharisäern und Sadduzäern. Sein Verhalten hatte sie neugierig gemacht, und sie haben Fragen, manche eher misstrauisch, andere fragen aus echtem Interesse am theologischen Disput: Wer ist dieser Wanderprediger aus Galiläa? Aus welcher Vollmacht handelt er? Was ist für ihn das größte Gebot in der Tora?
Jesus steht allen geduldig Rede und Antwort. Schließlich hält er noch eine kurze Rede. Er warnt vor einer falschen, rein äußerlichen Frömmigkeit: alltags die Armen ausbeuten und am Sabbat lange Gebete sprechen, das läuft nicht.
Und dann, kurz bevor Jesus den Tempel wieder verlässt, um in den Tod zu gehen, setzt unser heutiger Predigttext ein. Er steht bei Markus im 12. Kapitel:
41 Jesus setzte sich dem Gotteskasten gegenüber und sah zu, wie das Volk Geld einlegte in den Gotteskasten. Und viele Reiche legten viel ein. 42 Und es kam eine arme Witwe und legte zwei Scherflein ein; das macht zusammen einen Pfennig. 43 Und er rief seine Jünger zu sich und sprach zu ihnen: Wahrlich, ich sage euch: Diese arme Witwe hat mehr in den Gotteskasten gelegt als alle, die etwas eingelegt haben. 44 Denn sie haben alle etwas von ihrem Überfluss eingelegt; diese aber hat von ihrer Armut ihre ganze Habe eingelegt, alles, was sie zum Leben hatte.
Der Gotteskasten im Tempel, liebe Gemeinde, das war eine Einrichtung, die so recht nach dem Geschmack heutiger Fachleute für Fundraising und Spendenmarketing wäre. Dreizehn solcher Kästen standen im Tempel, und neben jedem saß ein Priester. Wenn jemand eine Spende zu geben hatte, dann nannte er laut den Betrag und gab dem Priester das Geld. Der zählte nach, und schon klapperte das Geld im Gotteskasten.
Ich kann mir lebhaft vorstellen, wie das manchmal abgelaufen sein mag. Ein Reicher wird seine Spende laut hinausposaunt haben nach dem Motto: Tue Gutes und rede darüber!“ Ein Armer wird sich vielleicht geschämt haben für die paar Pfennige, die er übrig hatte. Und die Umstehenden werden ihre Kommentare abgegeben haben, hinter vorgehaltener Hand: neidische Bewunderung für den Reichen, abschätziges Naserümpfen und Hohngelächter für den Armen.
Jesus dreht den Spieß um: nicht die leisten Großes, die viel geben, entscheidend ist, ob jemand bereit ist, alles zu geben.
Wer die Hand an den Pflug legt und sieht zurück,
der ist nicht geschickt für das Reich Gottes. (Luk.9, 62).
(evtl. meditative Musik]
Nachfolge - darum geht es am heutigen Sonntag Okuli. In alter Zeit begannen an diesem Sonntag die „Skrutinien“, die Prüfungen der Katechumenen, also der Menschen, die sich auf ihre Taufe an Ostern vorbereiteten. Für sie ging es um die Frage, was in ihrem Leben Priorität haben sollte: Jesus Christus oder die Götter ihrer Umwelt.
Und da gab es damals eben nur ein Entweder-Oder. Nicht: Christ sein und dem Kaiser opfern. Entweder-Oder.
Nachfolge, liebe Gemeinde, fordert den ganzen Menschen. Wir haben das im Evangelium gehört (Luk. 9,57-62), gipfelnd im Wochenspruch.
Ein bisschen Nachfolge - für die Bibel ist das genauso undenkbar wie ein bisschen Frieden oder ein bisschen schwanger. All das gibt es nur ganz oder gar nicht.
Die Witwe im Tempel gibt alles und trotzdem wird sie nicht Hungers gestorben sein nach ihrer großzügigen Spende. Es gab in Israel ein funktionierendes soziales Netz, so dass sie damit rechnen konnte, aufgefangen zu werden. Aber sie wird zumindest für die nächsten Tage nichts mehr gehabt haben zum Leben. Sie gibt mehrere Tagessätze ihres kargen Lebensunterhalts an den Tempel ab.
Ich glaube nicht, dass Jesus von jedem von uns erwartet, alle Habe abzugeben und in Armut von der Hand in den Mund zu leben. Schon im Urchristentum gab es ja Menschen, die so gelebt haben, die Evangelien bieten reiche Zeugnisse davon. Wandercharismatiker, die umherzogen und das nahe Reich Gottes verkündeten. Aber auch sie konnten nur überleben, weil es auch sesshafte Anhänger Jesu gab, die sie am Leben erhielten, bei denen sie Unterschlupf finden konnten und die sie auch durchfütterten. Besitzlosigkeit - das ist nicht die einzig mögliche Form der Nachfolge. Wer Verantwortung für sich selbst und für andere hat, braucht auch Vermögen, das heißt die Möglichkeit, sich und andere am Leben zu erhalten.
Aber die Sache hat ihre Kehrseite: mit dem Vermögen läuft man immer auch Gefahr, die Prioritäten falsch zu setzen. Worauf baut mein Lebensgefühl auf? Was ist die Grundlage? Mein Bankkonto, meine gesicherte Existenz?
Wenn ja: wo ist dann noch Platz für den Glauben? Nehme ich mir die Zeit dafür? Empfinde ich überhaupt noch, dass mir da etwas fehlen könnte, wo doch meine Kontoauszüge immer so erfreulich beruhigend zu lesen sind?
Franz von Assisi hat Nachfolge im Verzicht auf allen Besitz geübt. Er kam aus reichen Verhältnissen, ein stinkreicher, verwöhnter junger Mann, dem irgendwann alles über war. Seinem Vater hat er alles zurückgegeben, hat ihm die Klamotten vor die Füße geschmissen und ist nackt davongelaufen. Für ihn war Besitzlosigkeit der rettende Ausweg aus der Leere des Überflusses.
Die Zeit vor Ostern ist von alters her eine Fastenzeit. Verzicht üben, alte Gewohnheiten hinter sich lassen. Loslassen üben. Wir haben das in unserer Kirche wieder entdeckt, nachdem Fasten lange Zeit als unevangelisch verpönt war. Zu erfahren, was man alles nicht braucht das kann den Blick für das Wesentliche schärfen.
Nachfolge bedeutet auch Buße, Umkehr von falschen Wegen auf den Weg zum Leben mit Jesus Christus.
Dieser Weg der Nachfolge ist kein Sonntagsspaziergang. Es ist ein Weg, der vielleicht auch in Leid und Tod führen kann. Es ist aber ein Weg, den niemand unversorgt gehen muss. Wir haben die Lesung vom Propheten Elia gehört: Er wurde mit dem Nötigsten versorgt, als er am Ende zu sein schien, bedroht und verfolgt, kraftlos und ohne Hoffnung und Selbstvertrauen. Durch Gottes Engel gestärkt, konnte er den weiten Weg zum Horeb gehen, durch vierzig Tage und vierzig Nächte.
Jesus selbst ist seinen Leidensweg gegangen, gestärkt durch das Pessachmahl. Mit seinen Freunden hatte er das Mahl gefeiert, in dem Gottes Befreiungstat für sein Volk gegenwärtig wird. So konnte er Gottes Befreiungstat am Kreuz vollenden für alle Menschen.
Weil wir teilhaben dürfen an der Befreiung durch Jesus Christus, darum können wir unsere Wege der Nachfolge gehen durch Freude und Leid, durch Genuss und Entbehrung, als reiche Leute oder als arme Witwe. Amen.

Verfasser: Pfr. Dr. Thomas Kluck, Herdweg 122, 64287 Darmstadt

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