Pharisäer und Zöllner
von
Predigtdatum
:
23.08.1998
Lesereihe
:
ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr
:
10. Sonntag nach Trinitatis - Israelsonntag: Kirche und Israel
Textstelle
:
Epheser 2,4-10
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Wochenspruch:
Gott widersteht den Hochmütigen, aber den Demütigen gibt er Gnade.
(1. Petr. 5, 5b)
Psalm: 113,1-8 (EG 745)
Lesungen:
Altes Testament:
2. Samuel 12,1-10.13-15a
Epistel:
Epheser 2,4-10
Evangelium:
Lukas 18,9-14
Liedvorschläge:
Eingangslied:
EG 450
Morgenglanz der Ewigkeit
Wochenlied:
EG 299
Aus tiefer Not schrei ich zu dir
Predigtlied:
EG 342
Es ist das Heil uns kommen her
Schlußlied:
EG 243
Lob Gott, getrost, mit Singen
4 Aber Gott, der reich ist an Barmherzigkeit, hat in seiner großen Liebe, mit der er uns geliebt hat, 5 auch uns, die wir tot waren in den Sünden, mit Christus lebendig gemacht - aus Gnade seid ihr selig geworden -; 6 und er hat uns mit auferweckt und mit eingesetzt im Himmel in Christus Jesus, 7 damit er in den kommenden Zeiten erzeige den überschwenglichen Reichtum seiner Gnade durch seine Güte gegen uns in Christus Jesus. 8 Denn aus Gnade seid ihr selig geworden durch Glauben, und das nicht aus euch: Gottes Gabe ist es, 9 nicht aus Werken, damit sich nicht jemand rühme. 10 Denn wir sind sein Werk, geschaffen in Christus Jesus zu guten Werken, die Gott zuvor bereitet hat, daß wir darin wandeln sollen.
Liebe Gemeinde,
Wahrlich ein komplizierter Predigttext Wer könnte ihn auf die Schnelle erfassen oder auch nur in seiner ganzen Länge aufnehmen?
Es scheint, als sei die ganze Botschaft des Neuen Testaments in diese sieben Bibelverse gepackt! Alleine die Aufzählung der Hauptwörter liest sich wie die Kapitelüberschriften eines Lehrbuches der Theologie: „Gott - Barmherzigkeit - Liebe- Sünde - Christus - Gnade - Himmel - Güte - Gabe - Werke“. Das sind viele große Wörter; Wörter, von denen wir wohl nicht einmal ein einzelnes in unserer Predigt umfassend bedenken könnten; Wörter, die wir in dieser geballten Form vielleicht auch deshalb nicht aufnehmen können, weil sie zu weit weg sind von den Erfahrungen unseres alltäglichen Lebens.
Ich habe mir darum diesen Text noch einmal vorgenommen, in einem „zweiten Anlauf“ sozusagen, und dabei konnte ich eine erstaunliche Entdeckung machen: liest man nämlich den Text einmal ohne die großen theologischen Wörter, dann redet er von einer Erfahrung, die uns als Christen verbindet: „Aber Gott hat auch uns, die wir tot waren, lebendig gemacht!“
Dieser eine Satz der Erfahrung ist sozusagen der Kern in der harten Schale theologischer Weisheit und Gelehrsamkeit, die Paulus uns mit diesem Text zu knacken gibt. „Aber Gott hat auch uns, die wir tot waren, lebendig gemacht“: Man kann wohl mit gutem Grund feststellen, daß dieses eine Wort, diese eine Erfahrung der Kern der ganzen paulinischen Theologie ist.
„Aber Gott hat auch uns, die wir tot waren, lebendig gemacht“: Dieses „ABER“ Gottes ruft Paulus hinein in all die tiefen und abgründigen Erfahrungen der ersten Christen in Ephesus, in Rom, in Korinth und anderswo. An dieses „ABER“ Gottes erinnert er Menschen, die leiden und verfolgt werden, die einander ausgrenzen, die sich gegenseitig beschuldigen und bekämpfen.
Wie sehr haben darum auch wir Christen heute diese Erinnerung des Apostels nötig. Wir in unserer achselzuckenden Gleichgültigkeit, in unserer Resignation und Lethargie; wir in mancher Mutlosigkeit, in manchen Ängsten, manchen Traurigkeiten und bitteren Erfahrungen unseres Lebens. Auch uns erinnert Paulus in all unseren Erfahrungen an diese eine Erfahrung, an den Grund und Ursprung unseres Glaubens. „Aber Gott hat auch uns, die wir tot waren, lebendig gemacht!“ Man kann ja mitten im Leben schon „tot sein“: wenn man ohne Hoffnung lebt, wenn man keinen Sinn und kein Ziel mehr sieht; dann ist man mitten im Leben schon „tot“:
Wenn man gefangen ist in Mißtrauen und Ängsten, gefangen in Schuld und Verhängnis, gefangen in einer Vergangenheit, von der man nicht loskommt. Wer in solchen Tiefen des Lebens das „ABER“ Gottes vernimmt, der erwacht zu neuem Leben. Der wird spüren: kein Dunkel kann so tief, keine Schuld so groß sein, daß sie nicht von Gottes „ABER“ umfaßt würden. Mit diesem „ABER“ hat der Schöpfer das Licht inmitten von Dunkelheit aufgehen lassen, mit diesem „ABER“ hat er Kain nach dem Brudermord leben lassen, mit diesem „ABER“ hat er Noah aus der Flut errettet. Mit seinem „ABER“ hat er sein Volk Israel aus der ägyptischen Sklaverei befreit, mit seinem „ABER“ hat er Jesus von den Toten erweckt.
Aus seiner Barmherzigkeit und großen Liebe entspringt auch Gottes „ABER“ für mich und mein Leben, sein „ABER“, das ich erfahren kann: mit jedem Zuspruch in trostloser Lage, mit jedem freundlichen Lächeln und jedem guten Wort, das mir andere schenken. Gottes „ABER“ stand am Anfang dieser Welt wie am Anfang meines Lebens; und auch am Ende meiner Wege wie am Ende der Zeiten wird sein „ABER“ stehen. Möge es uns Kraft und neue Hoffnung geben, diesen Tag und alle Tage unseres Lebens: „Aber Gott hat auch uns, die wir tot waren, lebendig gemacht und er hat uns mit auferweckt und mit eingesetzt im Himmel in Christus Jesus.“ Amen.
Verfasser: Peter Remy, Pfr., Kirchplatz 4, 36304 Alsfeld
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