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Reue und Fürbitte

von Ralf Friedrich (Dieburg)

Predigtdatum : 27.04.2008
Lesereihe : ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr : Kantate
Textstelle : 2. Mose 32,7-14
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Lied vor der Predigt EG 231 1 - 5

Lied nach der Predigt EG 231 6 - 12



Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserm Vater,

und dem Herrn Jesus Christus.

Amen.

Liebe Gemeinde,

Es tut mit wirklich leid! Aufrichtig leid! Ich war zornig und habe böse reagiert und dich dabei verletzt! Bitte vergib mir! Meine Taten und Worte reuen mich sehr!

Wann haben Sie zum letzten Mal wirklich aufrichtige Reue gezeigt? Wann haben Sie zum letzten Mal jemanden vom innersten Ihres Herzens vergeben? Ich selbst tue mir manchmal schwer, anderen Menschen zu vegeben. Zu hoch ist mein eigener Anspruch an Andere, zu hart ist mein Urteil. Dabei kann selbst Gott Reue zeigen und vergeben! Ich lese den heutigen Predigttext aus dem 2. Buch Mose:

Der Herr aber sprach zu Mose: Geh, steig hinab; dann dein Volk, das du aus Ägyptenland geführt hast, hat schändlich gehandelt. Sie sind schnell von dem Wege gewichen, den ich ihnen geboten habe. Sie haben sich ein gegossenes Kalb gemacht und haben's angebetet und ihm geopfert und gesagt: Das ist dein Gott, Isreal, der dich aus Ägyptenland geführt hat. Und der Herr sprach zu Mose: Ich sehe, dass es ein halsstarriges Volk ist. Und nun lass mich, das mein Zorn über sie entbrenne und sie vertilge; dafür will ich dich zum großen Volk machen.

Mose aber flehte vor dem Herrn, seinem Gott, und sprach: Ach Herr, warum will dein Zorn entbrennen über dein Volk, das du mit großer Kraft und starker Hand aus Ägyptenland geführt hast? Warum sollen die Ägypter sagen: Er hat sie zu ihrem Unglück herausgeführt, dass er sie umbrächte im Gebirge und vertilgte sie von dem Erdboden? Kehre dich ab von deinem grimmigen Zorn und lass dich des Unheils gereuen, das du über dein Volk bringen willst.



Gedenke an deine Knechte Abraham, Isaak und Israel, denen du bei dir selbst geschworen und verheißen hast: Ich will eure Nachkommen mehren wie die Sterne am Himmel, und dies ganze Land, das ich verheißen habe, will ich euren Nachkommen geben, und sie sollen es besitzen für ewig.

Da gereute den Herrn das Unheil, das er seinem Volk zugedacht hatte.

Amen

Dieser Predigttext enthält meiner Meinnung nach zwei wichtige Elemente: Die Reue und die Fürbitte. Ich möchte mit dem Aspekt der Reue beginnen.

Eine Situation, wie sie jeder von uns kennt. Es gab Streit und der eine Partner schlägt die Tür von außen zu und geht weg. Der Grund? Eine Kleinigkeit, eigentlich eine Bagatelle.

Und trotzdem! Diese Frechheit einfach die Tür zuzuschlagen und wegzugehen anstatt sich zu entschuldigen. Mich einfach hier in meinem Wut und in meinem Zorn stehenzulassen!

Diese Missachtung ruft unser kleines, inneres Teufelein so richtig auf den Plan. Es beginnt sofort, und unaufgefordert, Ratschläge zu geben.

"Na wenn der denkt, der Streit ist vorbei, dann hat er sich getäuscht. Dem werde ich erstmal so richtig schön Feuer machen, wenn er heimkommt. Der soll spüren, was es heißt einfach wegzugehen!“

In Gedanken machen sich bereits einschlägige Bilder breit und wir schwelgen bereits in lustvoller Rache. Keine Gnade, der Andere muss winseln und um unsere Gnade flehen!"

Und dann? Nichts passiert. Nach 1 Stunde des Wartens, nach 2 Stunden des Wartens, nach einer ganzen Ewigkeit des Wartens: Einfach nichts. Der Partner kommt einfach nicht wieder nach Hause.



Jetzt fangen wir an uns Sorgen zu machen. Jetzt wird unser inneres Engelein wach! Hoffentlich ist ihm oder ihr nichts passiert. Hoffentlich höre ich gleich, wie sich ein Schlüssel im Türschloß dreht, sich die Tür öffnet und wir uns wieder versöhnen können. Und unser inneres Engelein hilft uns gerade in solchen Momenten.

Dann kommen wir zur Ruhe und vielleicht finden wir dann den richtigen Augenblick, um mal wieder mit Gott zu sprechen. Unser Leid zu klagen und für den Anderen Fürbitte zu halten. So wie Mose für ganz Israel bei Gott Fürbitte gehalten hat. Und Gott hat sich durch die Fürbitte umstimmen lassen. Von daher ist es eigentlich ganz einfach für uns, wirkliche Reue zu zeigen und uns umstimmen zu lassen. Gott ist unser Vorbild! Oder etwa nicht?

Ich möchte nun zum zweiten Aspekt des Predigtextes kommen. Die Fürbitte. „Die Fürbitte ist der verheißungsvollste Weg zum anderen“. So hat es Dietrich Bonhoeffer einmal ausgedrückt. Morgen feiern wir den Sonntag Rogate. Das heißt Beten.

Uns hilft nur ein Gott, dem wir nahe sein können und durch den wir unseren Nächsten nahe kommen können. Unser Gespräch mit Gott ist das regelmäßige Gebet.

Wer nicht regelmäßig betet, der betet irgendwann überhaupt nicht mehr!

Ein Konzertpianist sagte dazu: „Wenn ich einen Tag nicht übe, dann merke ich es. Wenn ich zwei Tage nicht übe, merken es meine Freunde. Wenn ich drei Tage nicht übe, dann merkt es das Publikum.“ Mir geht es ähnlich mit dem Beten: Wenn ich einen Tag nicht bete, dann merkt es Gott. Wenn ich zwei Tage nicht bete, spüre ich es selbst und wenn ich drei nicht bete, spürt es meine Umgebung.“

Mose spricht mit Gott und stimmt Ihn um. Mose kannte bereits die Kraft des Gebets. Mechthild von Magdeburg hat bereits im 13. Jahrhundert folgendes gebetet:



Das Gebet hat große Macht,

das ein Mensch verrichtet mit ganzer Kraft.

Es macht ein bitteres Herz süß,

ein trauriges Herz froh,

ein armes Herz reich,

ein törichtes Herz weise,

ein zaghaftes Herz kühn,

ein schwaches Herze stark,

ein blindes Herz sehend,

eine kalte Seele brennend.

Es zieht den großen Gott in ein kleines Herz,

es treibt die hunrige Seele hinauf zu dem Gott der Fülle.

Es vereint die zwei Lieben, Gott und die Seele,

an einem wundervollen Ort,

da reden sie viel von Liebe.

Wehe mir Unseliger in meinem gebrechlichen Leib,

dass ich dort nicht sterben kann.

Amen.

Am Eingang zum Gottesdienst haben Sie und ihr einen Zettel bekommen mit 4 Impulsen zur Fürbitte. Im Anschluß an die Predigt wird unser Organist ein besinnliches Musikstück spielen und ich möchte Sie und euch einladen über diese 4 Impulse nachzudenken oder vielleicht sogar zu meditieren.

Die Impulse sind:

• Für-was-Bitte (Warum für mich und andere beten? Für was eigentlich beten?)

• Für-dich nicht-Bitte (Welche Vorbehalte, Ängste und Neidgefühle, die Menschen vom Beten für andere abhalten können?)

• Für-mich nicht-Bitte (Vorbehalte, warum ich nicht möchte, dass andere für mich beten?)

• Für-mich-Bitte (Welche eigenen Sehnsüchte nach Geborgenheit, nach Fürsprache bei Gott, fehlen mir manchmal selbst? Welche Sprache brauche ich zum Beten? Was bedeutet für mich Kraft zum Beten?).

Und so wünsche ich uns tiefe und wichtige Erkenntnisse bei den folgenden, besinnlichen Minuten. Vielleicht möchten wir nächste Woche ja für einen Menschen im unseren Leben ganz bewußt und besonders stark beten. Es wird der- oder demjenigen sicher ein großer Nutzen sein.

Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, behüte und bewahre unsere Herzen und Sinne.

Amen