Wochenspruch: "Wem viel gegeben ist, bei dem wird man viel suchen; und wem viel anvertraut ist, von dem wird man umso mehr fordern." (Lukas 12,48)
Psalm: 63,2–9 (EG 729)
Reihe I: Philipper 3,(4b-6)7-14
Reihe II: Jeremia 1,4-10
Reihe III: Matthäus 7,24-27
Reihe IV: Matthäus 25,14-30
Reihe V: 1. Könige 3,5-15(16-28)
Reihe VI: Matthäus 13,44-46
Eingangslied: EG 382 Ich steh vor dir mit leeren Händen
Wochenlied: EG 497 Ich weiß, mein Gott, dass all mein Tun
Predigtlied: EG 134 Komm, o komm, du Geist des Lebens
Schlusslied: EG+ 31 Der Herr segne dich, behüte dich
5 Und der HERR erschien Salomo zu Gibeon im Traum des Nachts, und Gott sprach: Bitte, was ich dir geben soll! 6Salomo sprach: Du hast an meinem Vater David, deinem Knecht, große Barmherzigkeit getan, wie er denn vor dir gewandelt ist in Wahrheit und Gerechtigkeit und mit aufrichtigem Herzen vor dir, und hast ihm auch die große Barmherzigkeit erwiesen und ihm einen Sohn gegeben, der auf seinem Thron sitzen sollte, wie es denn jetzt ist. 7Nun, HERR, mein Gott, du hast deinen Knecht zum König gemacht an meines Vaters David statt. Ich aber bin noch jung, weiß weder aus noch ein. 8Und dein Knecht steht mitten in deinem Volk, das du erwählt hast, einem Volk, so groß, dass es wegen seiner Menge niemand zählen noch berechnen kann. 9So wollest du deinem Knecht ein gehorsames Herz geben, dass er dein Volk richten könne und verstehen, was gut und böse ist. Denn wer vermag dies dein mächtiges Volk zu richten?
10Das gefiel dem Herrn, dass Salomo darum bat.
(11Und Gott sprach zu ihm: Weil du darum bittest und bittest weder um langes Leben noch um Reichtum noch um deiner Feinde Tod, sondern um Verstand, auf das Recht zu hören, 12siehe, so tue ich nach deinen Worten. Siehe, ich gebe dir ein weises und verständiges Herz, sodass deinesgleichen vor dir nicht gewesen ist und nach dir nicht aufkommen wird. 13Und dazu gebe ich dir, worum du nicht gebeten hast, nämlich Reichtum und Ehre, sodass deinesgleichen keiner unter den Königen ist zu deinen Zeiten. 14Und wenn du in meinen Wegen wandeln wirst, dass du hältst meine Satzungen und Gebote, wie dein Vater David gewandelt ist, so will ich dir ein langes Leben geben. 15Und als Salomo erwachte, siehe, da war es ein Traum. Und er kam nach Jerusalem und trat vor die Lade des Bundes des Herrn und opferte Brandopfer und Dankopfer und machte ein großes Festmahl für alle seine Großen.)
Liebe Gemeinde!
Sie haben sicher auch so etwas schon einmal erlebt: Wir sitzen auf dem Markt und trinken eine Tasse Kaffee unterm Sonnenschirm. Uns gegenüber steht ein kleiner Junge auf dem Gehweg und „bedroht“ uns ausdauernd mit seinem Plastikschwert. Wie „D’Artagnan“ kämpft er spielerisch gegen uns und lacht dabei fröhlich…
Salomo lacht nicht. Sein Vater David ist gestorben. Jetzt ist er der König Israels. Und er beginnt seine Regentschaft mit dem Befehl, drei seiner Gegner mit dem Schwert hinzurichten. Kein Spiel. Bitterer Ernst. Blut fließt. Dieses Schwert bringt den Tod. Der Weg des jungen Königs beginnt mit drei Todesurteilen, man kann sie auch Auftragsmorde nennen. Gewalt sichert den Machterhalt. Machtlogik. Salomo weiß schon als junger Mann, was ein König zu tun hat. Weiß er auch, was gut und böse ist? Was richtig und falsch, tödlich oder lebensdienlich ist? Hören wir, wie Gott sich gerade diesen jungen Mann, der sichtlich „keinen Plan“ hat, zum Werkzeug erwählt.
[Predigttext 1. Könige 3,3-15]
Liebe Gemeinde!
Salomo kommt nicht zur Ruhe. Er ist der neue König. Gerade hat er geheiratet und die Tochter des Pharaos mit nach Hause gebracht. 1000 (!) Brandopfer lässt er auf den Altar legen. Er fühlt die Last der Verantwortung im neuen Amt. „Wem viel gegeben ist, bei dem wird man viel suchen.“ (Wochenspruch) Drei Todesurteile hat er schon verhängt. Machtkampf macht müde. Was ihn tagsüber umtreibt, verfolgt ihn bis in den Schlaf.
Im Traum dann erscheint ihm Gott und verspricht Unterstützung. „Sag, was du brauchst. Bitte was ich dir geben soll.“ Gott sieht die Überforderung des jungen Königs. Er bietet seine Hilfe an und fragt: „Was würde dir helfen?“ Gott fragt. Ein Gespräch beginnt. Es werden keine Befehle gegeben, keine Ratschläge verteilt. Gott beginnt das Gespräch mit einer ehrlich gemeinten Frage. „Bitte, was ich dir geben soll.“ Gott fragt wie ein guter Freund: „Was brauchst du?“
Diese Frage ist ja oft gar nicht so leicht zu beantworten. Was wünschst du dir zum Geburtstag, fragt die Schwiegermutter. Sofort fühle ich mich gestresst: Was anzuziehen? Einen Gutschein? Oder doch besser eine gute Flasche Wein?
Salomo nimmt Anlauf. Mit traumwandlerischer Sicherheit landet er zunächst in der Erinnerung an seinen Vater. Der legendäre David. Das große Vorbild für den Sohn. Sein Vermächtnis. Salomo geht einen Umweg. Bevor er die Frage beantworten kann, was er denn braucht, denkt er an den Vater. Gott war dem David barmherzig. Und dieser wandelte und handelte „in Wahrheit und Gerechtigkeit und mit aufrichtigem Herzen“ vor Gott. Dass David auch seine Schwächen hatte, dass David u.a. eine „Schwäche“ für Bathseba hatte, Salomos Mutter, das spielt hier im Traum keine Rolle. Salomo denkt ja darüber nach, was er braucht. Seine eigenen Grenzen sind ihm deutlich genug bewusst. Davon zeugen die nächsten Worte: Gottes Barmherzigkeit ist es, die die Thronfolge vorantreibt. Gott selbst ist es, der Salomo zum König bestimmte.
„Ich aber bin jung und weiß weder aus noch ein.“ Vor Gott, im Schutz des Traumes, ist Salomo ganz ehrlich. Ich weiß, dass ich nichts weiß. Alles wächst mir gerade über den Kopf. 1000 Brandopfer! Ein Volk, so groß, dass ich es nicht überblicken kann! Viele Menschen, noch mehr Probleme! Wenn der König nicht gerade träumt, liegt er nachts wach und grübelt und hadert.
„Ich aber bin noch jung, weiß weder aus noch ein“. So übersetzt Martin Luther. In anderen Übertragungen findet sich: „Ich bin ein kleiner Junge“ und „ich fühle mich der Aufgabe nicht gewachsen.“ Salomo leistet einen Offenbarungseid. Vor Gott und neben seinem Vater kann er nicht bestehen. Da steht er mit leeren Händen da. Schwach, aber ehrlich. Wie es wohl nur im Traum möglich ist. „Ich steh vor dir mit leeren Händen, Herr. … Mein Unvermögen hält mich ganz gefangen.“ (EG 382)
Salomos traumhafte Ehrlichkeit gegenüber sich selbst schafft die Voraussetzung dafür, Gottes Eingangsfrage beantworten zu können. Wenn ich weiß, wer ich bin, erkenne ich, was ich brauche. Ich denke an typische Filmszenen. Menschen im Sitzkreis der Selbsthilfegruppe. Eine beginnt: „Ich heiße Sonja, ich bin tablettenabhängig.“ Damit das erstmal klar ist.
Ich heiße Salomo. Ich bin jung, ich weiß gerade nicht, wo oben und unten ist. Damit das klar ist.
Auf diese Weise geerdet findet Salomo die richtige Antwort auf Gottes Frage. „Gib mir ein hörendes Herz.“ Das ist sein Wunsch. - Was meint Salomo damit? Wünscht er sich Empathie, Einfühlungsvermögen, Herzlichkeit? Ja, sicher und noch viel mehr. Aufmerksamkeit, Sensibilität, Liebe zu den Menschen? Ja, sicher und noch viel mehr! Auch scharfen Verstand, Vernunft, Weisheit! Ja, alles, was man lernen kann, wenn man gut beraten ist.
Martin Luther übersetzt: Salomo wünscht sich ein „gehorsames“ Herz. Salomo will also auch ein gerechter und gottesfürchtiger König werden. Er will die Gebote und Weisungen Gottes in all seinem Handeln berücksichtigen, so wie junge Leute heute ein Bändchen am Arm tragen, auf dem steht: „Was würde Jesus tun?“ (W.W.J.D.)
Salomo will also seinem Gott und seinem Volk dienen als „primus inter pares“, als „Erster unter Gleichen“.
Wenn er diesen Wunsch hegt, dann hat er schon eine erste Ahnung zumindest davon, was ein guter und ein böser König ist. Aber er traut sich selbst noch nicht über den Weg und wünscht sich deshalb ganz umfassend die Erkenntnis von Gut und Böse. Sie ist die Voraussetzung dafür, einmal ein würdiger Richter für das große Volk zu werden. Die drei Todesurteile durch das Schwert hat er gefällt ohne Weisheit und Gottesfurcht. Das wird spätestens jetzt deutlich. Denn die Erkenntnis von Gut und Böse kann man nicht einfach so lernen. Die kann man sich nicht nehmen, wenn wir uns an die Erzählung von Adam und Eva erinnern. Die Erkenntnis von Gut und Böse besitzt Gott allein. Wenn er will, kann er sie dem jungen König verleihen. Gott bewirkt, dass aus Salomo, der das Schwert unbefangen einsetzt zum politischen Mord, dann doch noch der weise König wird, wie es keinen vor ihm oder nach ihm gegeben hat. Kein Zweifel besteht daran, dass die Begabung Salomos allein von Gott herkommt. Mit Gottes Hilfe gelingt es ihm, den Weg des Schwertes hinter sich zu lassen und die sprichwörtlich gewordene „Weisheit Salomos“ zu entwickeln. Dazu gehört, dass er „ganz Ohr“ ist. So erfährt er beispielsweise von dem Konflikt der zwei Frauen. Mit ganzem Herzen, mit Liebe und Verstand nimmt er sich ihrer an. Er hört aufmerksam zu.
[Predigttext 1. Könige 3,16-28]
Liebe Gemeinde! Ein letztes Mal nimmt der König das Schwert. Mit Gottes Hilfe wird es zum Werkzeug der Weisheit und eröffnet neue Wege zum Leben in Frieden. Salomo hat seinen Weg gefunden, im Traum. Wir hören die alte Geschichte. Wir suchen unseren Weg und bitten Gott um seine Nähe, dass er auch uns seine Weisheit schenke: Komm o komm du Geist des Lebens! Amen.
Verfasser: Pfarrer Georg-Martin Hoffmann
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