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Sieghafter Glaube

von Cornelia Synek (61440 Oberursel)

Predigtdatum : 30.09.2007
Lesereihe : ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr : 15. Sonntag nach Trinitatis
Textstelle : Johannes 9,35-41
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Wochenspruch:

Unser Glaube ist der Sieg, der die Welt überwunden hat.
(1. Johannes 5,4)
Psalm: 25,8-15 (EG 713)

Lesungen

Altes Testament:
Jesaja 49,1-6
Epistel:
Römer 10,9-17 [18]
Evangelium:
Matthäus 15,21-28

Liedvorschläge

Eingangslied:
EG 302
Du meine Seele, singe
Wochenlied:
EG 346
Such, wer da will, ein ander Ziel
Predigtlied:
EG 441
Du höchstes Licht, du ewger Schein
Schlusslied:
EG 157
Lass mich dein sein und bleiben

35 Es kam vor Jesus, dass sie ihn ausgestoßen hatten. Und als er ihn fand, fragte er: Glaubst du an den Menschensohn? 36 Er antwortete und sprach: Herr, wer ist's? dass ich an ihn glaube. 37 Jesus sprach zu ihm: Du hast ihn gesehen, und der mit dir redet, der ist's. 38 Er aber sprach: Herr, ich glaube, und betete ihn an. 39 Und Jesus sprach: Ich bin zum Gericht in diese Welt gekommen, damit, die nicht sehen, sehend werden, und die sehen, blind werden. 40 Das hörten einige der Pharisäer, die bei ihm waren, und fragten ihn: Sind wir denn auch blind? 41 Jesus sprach zu ihnen: Wärt ihr blind, so hättet ihr keine Sünde; weil ihr aber sagt: Wir sind sehend, bleibt eure Sünde.

Liebe Gemeinde,
„und Jesus ging vorüber und sah einen Menschen…“ – völlig passiv ist dieser Blindgeborene, kein Gegenüber für Jesus, eher ein Demonstrationsobjekt, kein Bartimäus, der um Hilfe schreit, kein Zachäus, der Ausschau hält, sondern ein hilfloser und resignierter Bettler, irgendwo am Rande der Gesellschaft, dem erstaunlich mitgespielt wird. Ohne Vorwarnung werden ihm Speichel und Lehm auf die Augen gelegt, er wäscht sich und kann sehen.
Ein Wunder, ein Wendepunkt im Leben, mit dem der Blinde nicht gerechnet hat.
Der Geheilte wird zum Stadtgespräch, Thema seiner Nachbarn ist er jetzt. Und er tritt heraus aus seiner Passivität. Er erzählt sein Erlebnis, er übernimmt seine Erfahrungen in eigener Regie und gibt sie weiter an andere. Der Blindgeborene wird Zeuge seiner selbst, er übernimmt die Verantwortung für seine Erfahrung. Das ist der erste Schritt zum Glauben, heraus aus dem passiven Erleben hin zum Bezeugen.
Diese Erfahrungen des Blindgeborenen werden nun zum öffentlichen Thema: Die Klugen und Weisen, die Vorgesetzten und Aufsichtsgremien, die religiösen Profis und theologischen Lehrer bestreiten die gemachten Erfahrungen. Sie versuchen, Unsicherheit und Zweifel zu säen, das einzigartige Erlebnis des blinden Menschen soll relativiert werden, soll einsortiert und in den Schubladen des Möglichen verpackt werden. Der Blindgeborene aber wird nicht unsicher, seine Antwort lautet: Jesus ist ein Prophet. Weitere Autoritäten werden bemüht, seine Eltern befragt. Sie geben ihn frei und sagen: Er ist alt genug. Nun folgt für den Geheilten der Schritt zum Glauben, er muss seine Erfahrungen verteidigen, aus dem Zeugen wird ein Bekenner, er muss seinen Glauben öffentlich verantworten. Pfiffig und vielleicht auch ein wenig ironisch verteidigt er sich „Wollt ihr Jesu Jünger werden?“
Bis hierher ist der Blindgeborene seinen Weg alleine gegangen und an den Widerständen seiner Umwelt gewachsen. Nun sucht Jesus ihn auf und inzwischen hat der Geheilte erkannt, dass Jesus mehr ist als ein Prophet, mehr als ein Wunderheiler, dass Jesus selbst der Ort der Unterscheidung zwischen Glaube und Unglaube, d.h. zwischen Sehen und Nichtsehen ist. Denn wer sich selbst für sehend hält, so sagt Jesus, der braucht nicht zu wachsen, der geht keinen Weg des Glaubens mehr, sondern kennt sich immer schon aus, weiß so viel, dass er nichts Neues erkennen kann. An Jesus scheiden sich die Geister, die die genug wissen und nichts mehr sehen wollen von denen, die noch wachsen wollen im Glauben, im Sehen und im Erkennen.
In den etablierten Kreisen ließ man sich auch zur Zeit Jesu nicht durch eine spektakuläre Heilung im Glauben erschüttern, man bezweifelte das Wunder und prüfte kritisch alle Quellen, man vertraute der Tradition und war skeptisch gegen alles Neue auf dem religiösen Markt.
Was diese ehrenwerten Pharisäer (und ich sage dies ohne Spott oder Zynismus), was diese ehrenwerten Frommen so blind werden ließ, war ihre durch Rechtschaffenheit verklärte Gläubigkeit. Die in der Tradition und in ihrem Gesetz verankerte Sicherheit blendete ihre Augen für das Wunder, in dem sich Gott ihnen offenbaren wollte und damit kommen sie uns menschlich näher.
Liebe Gemeinde, als Erben der Aufklärung erheben wir den Anspruch, alles zu durchschauen und alles zu verstehen, und doch fehlt uns so oft der Durchblick für unsere eigenen Lebensprobleme. – Die Pharisäer wollen wissen, der Blindgeborene aber lernt sehen, die Pharisäer haben einen Standpunkt, der Blindgeborene hat einen Zielpunkt.
Wie die Pharisäer setzen auch wir gerne auf die Autorität unserer Erfahrung und darauf, dass die Wahrheit auf Seiten derer ist, die nach dem, was üblich ist, handeln.
Wofür sind die Pharisäer blind, wofür ist der Blindgeborene sehend? Ich meine dafür: dass unser Leben Gottesgeschenk ist. Die Pharisäer können nicht annehmen, dass alles, was sie zum Leben brauchen, mit dem Ja Gottes ihnen schon geschenkt ist. Darum suchen sie sich Regeln und Gesetze und halten sich an das, was sie sich selbst geschaffen haben. Wie viele Menschen in der heutigen Gesellschaft können nicht annehmen, dass Leben Gottesgeschenk ist.
Darum erklären sie die Welt nach den Regeln der Beweisbarkeit und reiben sich wund an ihren eigenen Grenzen. Wir brauchen sie nicht zu belächeln, die Pharisäer, mit ihren vielen frommen Regeln fürs Leben.
Mit grenzenloser Toleranz und mit Gleichgültigkeit der Religion gegenüber ist unsere Gesellschaft auch nicht weiter gekommen. Damals sollten die Gesetze der Pharisäer dem Leben Sinn geben, heute sind es Gesellschaftsordnungen, politische Ideologien und Wirtschaft, die es für sich beanspruchen, Sinngeber unseres Lebens zu sein. Funktionäre und Organe erliegen dem Urteil Jesu, das da heißt:
Wäret ihr blind und offen für Gott, so hättet ihr keine Sünde. Nun ihr aber sprecht: Wir sind sehend, wir haben alles Leben im Griff, so bleibt eure Sünde.
Der Blindgeborene hat Gottes Liebe erfahren und sie nicht wegdiskutiert, sondern sich zu dieser Liebe bekannt. Er wurde nach seiner Heilung in den Kampfplatz der Welt entlassen, dort durchlebte er neue Ängste und wurde verächtlich gemacht, ohne dass jedoch sein tiefes Bewusstsein der Geborgenheit in Gott dadurch aufgehoben wird.
Der Blindgeborene macht uns Mut, wo immer wir im Leben stehen, inne zu halten und zu sagen: Gott hat uns das Leben geschenkt, er begegnet uns auf unseren Wegen, er stellt uns in sein Licht und lässt über uns sein Angesicht leuchten.
Und der Friede Gottes, welcher höher ist als all unserer Vernunft, er bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus.

Verfasserin: Pfarrerin Cornelia Synek, Dornbachstr. 45, 61440 Oberursel

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